der Riechstoff der Veilchenwurzel (s. Iris, Bd. 9) und wahrscheinlich auch der Veilchenblüten,
eine zur Klasse der Ketone gehörende Verbindung von der Zusammensetzung C13H20O ist ein leichtes Öl, das unter einem
Druck von 16 mm bei 144° siedet.
In dem im Handel vorkommenden Irisöl sind etwa 10 Proz. I. enthalten.
Bei dem Versuche, den Körper künstlich zu gewinnen, wurde das im Geruch ganz ähnliche Ionon (s. d.) entdeckt, das, weil
billiger, fabrikmäßig gewonnen wird.
*. Der rechtlich wichtigste Unterschied, den das I. in Deutschland und Österreich macht, ist der zwischen
öffentlichen, d. h. von Staat, Gemeinden oder andern öffentlichen Korporationen eingerichteten, unterhaltenen
und verwalteten Irrenanstalten und Privatirrenanstalten. Bezüglich der Konzessionspflichtigkeit der letztern enthält die
Novelle zur deutschen Reichsgewerbeordnung vom 6. Aug. 1896 die Bestimmung, daß die Konzession auch zu versagen sei, wenn die
Anstalt nur in einem Teil eines auch von andern Personen bewohnten Gebäudes untergebracht werden soll und durch
ihren Betrieb für die Mitbewohner erhebliche Nachteile oder Gefahren hervorgerufen werden können, und ferner, wenn die
Anstalt durch ihre örtliche Lage für Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke erhebliche Nachteile oder Gefahren
hervorrufen kann (§. 30, Absatz 1).
In Preußen beschließt über die Erteilung der Konzession der Bezirksausschuß. Nach ministerieller Verordnung
vom 19. Aug. 1895 über Anlage, Bau und Einrichtung öffentlicher und privater Irrenanstalten und ministerieller Anweisung vom 20. Sept. 1895 über
Aufnahme und Entlassung in und aus Privatirrenanstalten sowie über Einrichtung, Leitung und Beaufsichtigung solcher Anstalten
(mit Ergänzungen vom 24. April 1896 über die Aufnahme von Idioten und Epileptischen) ist bei der Konzessionierung
dahin zu wirken, daß von vornherein in Lage, Bau und Einrichtung den allgemeinen sanitären sowie den besondern Forderungen
Genüge geleistet wird, die zur Erreichung des Anstaltszwecks zu verlangen sind.
Insbesondere ist festzustellen, welches die Maximalzahl der gleichzeitig zu verpflegenden Kranken mit Rücksicht auf Zahl
und Größe der Aufenthaltsräume für Kranke sein darf. In Anstalten, die heilbare Irren aufnehmen oder
für mehr als 50 Geisteskranke bestimmt sind, muß mindestens 1 Arzt wohnen, von mehr als 100 Kranken ab 2, von mehr als 300 ab
ist für je 100 je ein weiterer Arzt zu bestellen. Des weitern ist (und dies ist gegen die bisherige Verordnung
vom 19. Jan. 1888 die bedeutendste Neuerung und eine Frucht der durch den Beleidigungsprozeß Mellage in der Alexianer Irrenanstalt
Mariaberg bei Aachen 1895 aufgedeckten Mißstände) bestimmt, daß die Anstalten außer in wirtschaftlichen und Bureauangelegenheiten
und Fragen des Unterrichts der Kranken von einem in der Psychiatrie bewanderten Arzt geleitet werden müssen,
der durch längere Thätigkeit an einer größern öffentlichen Anstalt oder an einer psychiatrischen Universitätsklinik,
wenn auch als Volontär, sich die nötigen Kenntnisse verschafft hat.
Der Unternehmer bedarf für eigene Übernahme der ärztlichen Leitung oder für die Anstellung des leitenden Arztes der Genehmigung
der Ortspolizeibehörde, die nicht ohne Zustimmung des Regierungspräsidenten erteilt werden darf. Der
bei der Zahl von mehr als 100 Kranken nötige
zweite Arzt muß zwar auch psychiatrische Vorbildung haben, doch brauchen in
dieser Hinsicht nicht die Bedingungen erfüllt zu werden, die an den leitenden Arzt zu stellen sind. Die Aufsicht über
die Privatanstalten üben regelmäßig der Kreisphysikus oder ein zu dessen Vertreter bestellter Medizinalbeamter und eine
von den Ministern der Medizinalangelegenheiten und des Innern einzusetzende Besuchskommission in Form unvermuteter Besichtigungen,
der Physikus einmal im Sommer und einmal im Winter jährlich, die Besuchskommission in der Regel einmal jährlich.
Die Aufnahme in eine Privatanstalt darf selbst unter dringenden Umständen nur auf Grund eines ärztlichen
Zeugnisses erfolgen, aus dem ersichtlich sind: Veranlassung zur Ausstellung und Zweck des Zeugnisses, Zeit und Ort der Untersuchung,
die dem Arzt gemachten Mitteilungen und seine eigenen Wahrnehmungen. In der Regel soll das Zeugnis vom Kreisphysikus oder,
wenn dieser behindert oder Arzt der Anstalt ist, von dem für das Physikat geprüften Kreiswundarzt des
Kreises, in dem der Kranke seinen Wohnsitz hat, ausgestellt werden. In dringenden Fällen kann die Aufnahme vorläufig auf
Grund des Zeugnisses eines jeden approbierten Arztes erfolgen; jedoch ist alsdann der Kranke innerhalb der ersten 48 Stunden
durch den Physikus oder Kreiswundarzt zu untersuchen. In zweifelhaften Fällen haben diese ihr Zeugnis
spätestens innerhalb zweier Wochen nach Aufnahme auszustellen, überhaupt darf die Aufnahme immer nur innerhalb einer Frist
von zwei Wochen nach der letzten ärztlichen Untersuchung geschehen.
Die Aufnahme ist binnen 24 Stunden der Ortspolizeibehörde der Anstalt anzuzeigen, ebenso der Polizeibehörde
des Wohnortes, wenn die Aufnahme ohne Wissen derselben erfolgte. Außerdem ist über Aufnahme nicht Entmündigter innerhalb
gleicher Frist dem Ersten Staatsanwalt des Gerichts, das für Entmündigung zuständig ist, oder, falls dieses Gericht unbekannt
ist, dem Ersten Staatsanwalt des Gerichts Anzeige zu erstatten, in dessen Bezirk die Anstalt liegt. Die
Aufnahme entmündigter Kranker ist dem Vormundschaftsgericht zu melden.
Die Entlassung muß erfolgen 1) wenn der Kranke geheilt ist, 2) sein gesetzlicher Vertreter es verlangt. Ist der Kranke unter
Mitwirkung einer Polizeibehörde aufgenommen worden, so darf die Entlassung nicht ohne Zustimmung dieser Behörde geschehen.
Beurlaubungen eines Kranken dürfen die Dauer von zwei Wochen nicht überschreiten und in dem eben angegebenen
Fall nur mit Genehmigung der Polizei geschehen. Eine Rückführung nach Ablauf dieser Zeit gilt als Neuaufnahme.
Ein Kranker, der als für sich oder andere gefährlich zu betrachten ist, darf nur entlassen oder beurlaubt werden, wenn
die Polizeibehörde des zukünftigen Aufenthaltsortes zustimmt und wenn für die sichere Überführung
gesorgt ist. Sobald die Entlassung eines Kranken erfolgte, muß den Behörden, denen die Aufnahme mitzuteilen ist, auch davon
Anzeige erstattet werden. Diese Behörden sind auch dann zu benachrichtigen, wenn ein Kranker gestorben ist oder sich aus der
Anstalt entfernt hat.
Will das Unternehmen auch für freiwillige Pensionäre, d.h. solche Kranke eingerichtet werden, die aus
eigener Entschließung in die Anstalt einzutreten wünschen, so ist hierzu die Erlaubnis der Ortspolizeibehörde erforderlich.
Die Aufnahme
mehr
eines Pensionärs setzt voraus 1) eine ärztliche Bescheinigung der Zweckmäßigkeit der Aufnahme vom mediz. Standpunkt, 2)
die schriftliche Einwilligung des Pensionärs selbst, die, wenn er einen gesetzlichen Vertreter hat, von diesem zu genehmigen
ist. Die Aufnahme ist auch hier binnen 24 Stunden bei der Ortspolizeibehörde der Anstalt anzuzeigen. Anträgen auf
Entlassung muß, wenn sie von den gesetzlichen Vertretern der Pensionäre ausgehen, in jedem Fall entsprochen werden. Ablehnung
eines vom Pensionär selbst gestellten Antrags darf nur stattfinden, wenn der Anstaltsvorstand zugleich das Verfahren der Zwangsaufnahme
einleitet. Die Entlassung ist der Ortspolizei zu melden.
Bezüglich der Behandlung der Kranken gilt: der Unternehmer hat dem leitenden Arzt zu überlassen und zu
übertragen 1) die Anordnung der Isolierung, abgesehen von Notfällen, wo nachträgliche ärztliche Genehmigung erforderlich
ist, sowie die Eintragung jedes Falls von Isolierung in ein besonderes Buch;
2) die Anordnung etwaiger mechan. Beschränkungen durch sog. Jacken u. s. w. sowie die Eintragung
jedes solchen Falls und des Grundes der Anordnung in ein besonderes Buch;
3) die Anordnung der einzelnen Kranken zu gewährenden besondern Kost und Verpflegung;
4) die Bestimmung über die gesamte Thätigkeit des Wartepersonals in der Krankenpflege;
5) die Beantwortung aller Anfragen von Behörden u. s. w. über den Zustand der Kranken. Außerdem darf der Unternehmer
Verlegung von Kranken auf eine andere Abteilung, ihre Beschäftigung und die Regelung ihrer Beköstigung sowie die Verteilung
des Wartepersonals nur mit Zustimmung des leitenden Arztes vornehmen.
In ähnlicher Weise sind auch in Bayern, Sachsen und Württemberg neuerdings die Vorschriften über Unterbringung in Irrenanstalten
zur Sicherung der Interessen der dadurch betroffenen Personen einer Revision unterstellt worden. In Bayern
ist sogar durch Ministerialverordnung vom 3. Dez. 1895 jede Aufnahme in eine Privatirrenanstalt nicht, wie in Preußen in der
Regel, nur an eine nachgängige Anzeige, sondern an eine vorgängige Genehmigung der Distriktspolizeibehörde (Bezirksamtmann)
geknüpft.
Und dieser Genehmigung muß nicht allein eine Konstatierung des gestörten Geisteszustandes seitens eines
deutschen Arztes (gegründet auf persönliche Untersuchung innerhalb der letzten vier Wochen), sondern außerdem seitens der
Distriktspolizeibehörde des letzten Aufenthaltsorts der aufzunehmenden Person auf Grund selbständiger Erhebungen vorausgehen.
Ferner ist zustimmende Erklärung des gesetzlichen Vertreters oder Vormundes, in deren Ermangelung der nächsten Angehörigen
(Ehegatten, Kinder u. s. w.) erforderlich. Die Behörde selbst holt das Gutachten des Bezirksarztes ein.
Für die öffentlichen Irrenanstalten sind inhaltlich in der Hauptsache übereinstimmende Vorschriften über Leitung, Aufnahme,
Entlassung und Aussicht in den Statuten der einzelnen Anstalten erlassen. Die öffentlichen Irrenanstalten sind in Österreich
alle Landesanstalten, also Anstalten der Kronländer (1890: 24 mit 9000 Betten gegen 6 Privatirrenanstalten
mit 479 Betten), in Preußen meist solche der Landarmen-(Provinzial-) Verbände, in Bayern freiwillige Einrichtungen der Kreise.
Hinsichtlich solcher Irrsinnigen, die nicht in Anstalten untergebracht sind,
ist überall den Ortspolizei- und Medizinalorganen
die Überwachung der Pflege zur Pflicht gemacht. Eventuell haben sie die zwangsweise Einschaffung der Kranken in
Anstalten zu veranlassen. Die Kosten der Anstaltsverpflegung armer Geisteskranker haben die Unterstützungswohnsitzgemeinden
mit Unterstützung durch Kreis- und Provinzialverbände zu tragen (preuß. Gesetz vom 11. Juli 1891).
Mit den vorstehenden Neuerungen sind die hauptsächlichsten Forderungen einer Reform des Irrenrechts (s. d., Bd.
9) erfüllt. Die auf dem Gebiete der Entmündigung liegenden wird die 1898 zu erwartende Novelle zur
Civilprozeßordnung bringen. Im Hinblick darauf hat der Reichstag bereits 1. Juli 1896 eine Resolution angenommen, wonach die
von dem zu Entmündigenden angebotenen Gegenbeweise erhoben werden müssen, ein Wunsch, dem bisher schon durch entsprechende
Weisungen der Justizministerien an die Gerichte nachgekommen war.
Die Erfüllung einer letzten Forderung bringt der Entwurf der neuen mediz. Prüfungsordnung (vom Juni 1896)
mit der Aufnahme der Psychiatrie unter die obligatorischen Prüfungsgegenstände des ärztlichen Approbationsexamens. Unerfüllt
bleiben freilich, weil über das Bedürfnis hinausgehend, die sog. Göttinger Thesen, Vorschläge zur Irrenreform, die von
Männern verschiedener Berufsarten und verschiedener Parteien aus Preußen, Sachsen und Baden 21. Nov. 1894 in
Göttingen vereinbart wurden.
Sie verlangen Übertragung der Entmündigung von den Amtsgerichten an landgerichtliche Entmündigungskammern, die aus einer
Civilkammer (also drei Richtern) und vier Laienbeisitzern bestehen sollen; dabei soll der zu Entmündigende durch das Gerichtspersonal
in Abwesenheit der Anstaltsärzte zu vernehmen sein. Der Entmündigte soll die Wahl seines Vormundes haben.
Der strafrechtliche Begriff der falschen Anschuldigung soll auf die Behauptung von Thatsachen ausgedehnt werden, die, wenn sie
wahr wären, eine Entmündigung oder Unterbringung in eine Irrenanstalt zur Folge hätten.
Der in eine Irrenanstalt Eingelieferte soll das Recht des Einspruchs an ein besonderes Irrenaufsichtsamt (für jedes
Oberlandesgericht eins, bestehend aus einem Richter, einem Verwaltungsbeamten, einem Geistlichen und fünf gewählten Vertrauensmännern)
haben, dem überhaupt die Aufgabe zukommen soll, die Interessen der Irren wahrzunehmen. Welche Bedeutung übrigens der Frage
der Irrenreform zukommt, mag daraus erhellen, daß allein in Preußen die Zahl der Anstaltsirren von 1880 bis 1891 von 25568 auf
45407, also um 77,6 Proz. gestiegen ist.
Vgl. Schröder, Zur Reform des I. (Zür. und Lpz. 1891);
Lähr, Zur Reform des Irrenwesens in Preußen (Berl. 1893);
Berichte
des Vereins der deutschen Irrenärzte zur Reform des Irrenwesens in Preußen und des Verfahrens in Entmündigungssachen wegen
Geisteskrankheit (Münch. 1893);
Engelmannn, Zur Reform des I. (ebd. 1894);
Scholz, Über Fortschritte in der
Irrenpflege (Lpz. 1894);
ders., über Reform der Irrenpflege (ebd. 1896);
Erlenmeyer, Unser Irrenwesen, Studien und Vorschläge
zu seiner Reorganisation (Wiesb. 1896);
Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Bd. 52 (Berl. 1896),
S. 818 fg.
Auch in England hat die Gesetzgebung der Jahre 1889-91 das I. vollständig umgestaltet; es ist jetzt
in einer sehr vollständigen Weise organisiert