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besucht von 474 engl., 123 franz., 46 deutschen, 19 belg., 7 ital., 12 schweizer., 1 rumän., 4 bulgar., 7 russ., 1 poln., 1 ungar., 6 amerik.
Vertretern. Dem Kongreß ging eine grofte Friedenskundgebung im Zydepark 26. Juli vorauf, wobei eine Resolution gefaßt wurde zu Gunsten des Weltfriedens und des Achtstundentags.
Die ersten drei Tage des Kon- gresses waren mit Verhandlungen über die Zulassung der Anarchisten ausgefüllt;
schließlich wurden die- selben wie in Zürich [* 2] ausgeschlossen und hielten des- halb einen eigenen anarchistischen Kongreß ab. Um für alle Zukunft das Erscheinen der Anarchisten un- möglich zu machen, wurde beschlossen, bei folgenden Kongressen Einladungen nur ergehen zu lassen 1) an Vertreter aller Gruppen, die die Umwandlung der kapitalistischen Eigentums- und Produktionsord- nung in die socialistische Eigentums- und Produk- tionsordnung anstreben und die Teilnahme an der Gesetzgebung und die parlamentarische Thätigkeit als ein notwendiges Mittel zur Erreichung dieses Zweckes ansehen;
2) an alle gewerkschaftlichen Or- ganisationen, die, wenn sie sich auch als solche nicht am polit.
Kampfe beteiligen, doch die Notwendig- keit polit. und parlamentarischer Thätigkeit anerken- nen.
Infolge des gegen die Anarchisten gerichteten Beschlusses erklärte Domela Nieuwenhuis, daß die Holland.
Socialisten nicht mehr an den I. A. teil- nehmen würden;
die Franzosen beteiligten sich in zwei Gruppen gespalten. Von den Beschlüssen des Internationalen Ar- beiterkongresses ist bemerkenswert, daß die Resolu- tion, betreffend dieVergesellschastlichung des Eigentums wieder angenommen wurde und zwar in der Fassung: «Der Kongreß erklärt, daß die Ar- beiter aller Nationen die Vergesellfchaftlichung der Produktions-, Transport- und Verkehrsmittel und die Organisation der Produktion unter demokra- tischer Kontrolle der ganzen Gesellschaft anzustreben haben, um so die Arbeiterklasse und das unterdrückte Volk überhaupt von der Herrschaft des Kapitals zu befreien.» Auch eine Resolution zu Gunsten der Durchführung internationalen Arbeiterfchutzes (Achtstundentag, Beseitigung des Sweatingsystems und Kontrolle der Hausindustrie sowie Koalitions- recht) wurde angenommen. In Bezug auf poli- tische Aktion wurde beschlossen, das allgemeine Wahlrecht unabhängig von allen bürgerlichen Par- teien zu fordern;
doch fand letzterer Zufatz bei Eng- ländern und Franzosen Widerspruch.
Für die Land - frage wurde zwar als letztes Ziel die Verstaat- lichung des Grund und Bodens gefordert, für die augenblicklichen, zur Hebung [* 3] der landwirtschaftlichen Mihstände zu treffenden Maßnahmen aber jedem Lande freie Hand [* 4] gelassen, da die Verhältnisse zu verschieden in den verschiedenen Ländern seien.
Auch bei der Erziehungs- und Kriegsfrage traten die na- tionalen Gegenfätze scharf hervor;
ein von engl. Seite gestellter Antrag auf Einführung des Tabak- uno Branntweinmonopols wurde von den deut- schen Socialdemokraten heftig bekämpft. Im ganzen zeigte der Kongreß von neuem, daß eine einheitliche Auffassung über die Ziele, Tendenzen und die Taktik der Arbeiterbewegung in den verschiedenen Län- dern nicht vorhanden ist;
namentlich die engl. Ge- werkvereinler und die franz. Allemannisten (eine Abzweigung der Possibilisten ss. d.), von ihrem Führer Allemanne so genannt) bewiesen ihre von den deutschen Marxisten durchaus abweichende Auf- fassung. Es wurde beschlossen, den nächsten Kongreß 1899 in Deutschland [* 5] oder, wenn dies Schwierig" keiten machen sollte, 1900 in Paris [* 6] abzuhalten.
Internationale Bergarbeiterkongresfe, s. Vergarbeiterkongresse, internationale.
Internationale Bureaus, Centralämter, welche von Internationalen Unionen (s. d.) zur Ord- nung der gemeinsamen Angelegenheiten (insbeson- dere Sammlung und Veröffentlichung der auf die gemeinsame Angelegenheit bezüglichen dienstlichen Mitteilungen) und zur Auskunftserteilung über die- selben unterhalten werden.
Solche I. B. unter- halten in Bern [* 7] 1) der internationale Telegraphen- verein (s. Telegraphenverkehr IV, Bd. 15);
2) der Weltpostverein (s. Internationales Bureau des Welt- postvereins, Bd. 9);
3) die internationale Union zum Schutz des gewerblichen Eigentums, seit 1888 verbunden mit dem internationalen Bureau zum Schutz der Urheberrechte an Werken der Litteratur und Kunst (s. Verner Litterarkonvention);
4) die am internationalen Verner übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom beteiligten Staaten Transport, 's.
Eisenbahnrecht II, 3, Bd. 5).
Die an der Antisklaverei-Konferenzakte vom 2.Iuli 1890 be- teiligten Staaten unterhalten I. V. in Sansibar [* 8] und Brüssel [* 9] (s. Sklaverei, Bd. 14).
Das erstere ist Sam- melstelle für alle zur Förderung der Unterdrückung des Sklavenhandels in der in der Akte vom umfchriebenen Meereszone geeigneten Urkun- den, das zweite Sammelstelle aller in Anwendung der Akte erlassenen Gesetze und Verwaltungsverord- nungen und der statist.
Nachweise, welche sich auf den Sklavenhandel, die angehaltenen und befreiten Sklaven, fowie den Waffen-, Munitions- und Spiri- tuofenhandel beziehen. In Brüssel besteht ferner ein Internationales Bureau für die Veröffentlichung der Zolltarife (s. d.).
In Paris besteht das durch die Internationale Meterkonvention vom begründete Internationale Maß- und Ge- wichtsbureau. * Internationale Gerichte.
Nach der Samoa- konferenz vom ist in Samoa [* 10] ein oberster Gerichtshof vorhanden, bestehend aus einem Oberrichter, der von Deutschland, England und den Vereinigten Staaten [* 11] gemeinfam, event, von Schwe- den ernannt wird. ^Gletscherforfchung.
Internationale Gletfcherkommission, f. Internationale Konferenz zur Verein- barung einheitlicher Prüfungsmethoden von Bau- und Konstruktionsmaterialien, f. Materialprüfungsmafchinen.
InternationalerGenofsenschaftskongreß, s. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.
Internationaler Verband [* 12] für die Mate- rialprüfungen der Technik, s. Materialprü- sungsmaschincn.
Internationales Bibliographisches In- stitut in Brüssel (Olücs intei-nationai äe didNo- ^i-Npdiö), begründet im Herbst 1895 durch einen von D. La Fontaine und P. Ottet einberufenen internatio- nalen Kongreß für Bibliographie (2. bis 4. Sept.), der von verhältnismäßig wenigen Personen, vor- zugsweise aus Belgien, [* 13] besucht war, will den zahlreichen Bibliotheken aller Länder die Arbeit des Katalogisicrens erleichtern und sie zugleich einheit- lich gestalten, indem sie ihnen Titeldrucke für die neu erscheinende und nach und nach auch für die ältere Litteratur liefert, sie zugleich nach dem Deci- malsystem des Amerikaners Melvil Dewey ordnend ¶