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Familien Namen oder Titel solcher Personen einzuführen, die ihnen Gutes gethan haben und die sie lieben. So sind nach Dalton gewöhnliche Namen unter ihnen Major, Kapitän, Doktor, Tickell, Name eines engl. Obersten, der sich um sie verdient gemacht hat. Die Frauen werden sehr gut behandelt; abgesehen von ihrem Wuchse sind sie eher häßlich als schön. Die MundarI werden als ein arbeitsames und gutherziges Volk geschildert, das freilich zur Lüge neigt und nicht sehr keusch ist.
Die Frauen stehen sittlich tiefer als die Männer; Abtreibung der Leibesfrucht ist häufig, der Verkehr der Knaben mit Mädchen untereinander sehr leichtfertig und unsittlich. Die Verlobung, die sehr umständlich vor sich geht, wird äußerlich symbolisch dadurch bestätigt, daß die Braut Wasser für die Verwandten des Bräutigams holt, das ihr diese vom Kopfe nehmen. Daher ist «Wasserabnahme» (argu daa) das Wort für Verlobung. An der Wasserquelle des Dorfes sieht der Bräutigam auch zum erstenmal seine Braut, die meist aus einem andern Dorfe und stets aus einem andern Clan stammt wie er selbst, eine weit verbreitete Sitte unter den Kolariern.
Die Ehescheidung ist leicht. Die Eltern der Frau zahlen den Kaufpreis zurück, und als Zeichen der Scheidung wird ein Blatt [* 2] zerrissen. Der Mann muß aber für die Frau sorgen. Ehebruch ist im ganzen selten, ebenso wie Bigamie, die meist nur stattfindet, wenn die erste Frau kinderlos ist. Die Toten werden verbrannt, oft mit ihren Kleidern und Gerätschaften. Die Überreste werden gesammelt, zusammen mit etwas Reis und Geld in ein irdenes Gefäß [* 3] gelegt und nach dem Begräbnisplatze des Dorfes gebracht, wo der Verstorbene heimatsberechtigt war.
Dort nimmt einer der Verwandten einen Halm einer bestimmten Grasart, teilt ihn in zwei Stücke zu 6 und 4 Zoll, bindet diese in Gestalt eines geraden, stehenden Kreuzes zusammen und setzt dasselbe oben in die Urne. [* 4] Dieses Kreuz [* 5] wird mit einem Hindiworte mūrt, «Götzenbild», genannt. Das einzelne Familiengrab besteht aus einem 4-5 Fuß breiten und langen, flachen Steine, der etwa einen Fuß hoch über der Erde auf andern Steinen ruht. Mit der Zeit sinkt er meist ein und wird so umwachsen, daß er auf ebener Erde zu ruhen scheint.
Von diesen Begräbnissteinen verschieden sind die Gedenksteine, die zum ehrenden Gedächtnis des Verstorbenen im Dorfe selbst errichtet werden, eine Sitte, die bei vielen Völkern der Erde sich findet. Besonders errichtet man sie solchen Personen, die von einem Tiger zerrissen worden sind, mitten im Walde oder Felde, wo der Mord stattgefunden hat. Da die Aufstellung solcher Gedenksteine kostspielig und zeitraubend ist, werden sie nur reichen oder besonders beliebten Leuten gesetzt, oft gerade am Tanzplatze des Dorfes.
Eine am Fuße hingelegte Steinplatte dient dann den Tänzern oder ältern Zuschauern als Ruheplatz. Bei der Verbrennung und Beisetzung des Toten werden alle Verwandten und Nachbarn bewirtet, so daß ein Todesfall eine kostspielige Sache ist, die mancher Familie den vierten Teil ihres beweglichen Vermögens kostet. Um sich vor zu großen Ausgaben zu retten, pflegen manche die Speisen zu verpfeffern. Musik und Tanz sind außerordentlich beliebt; beim Tanz wird ein Reisbranntwein getrunken, den jede Kolhfrau zu brauen versteht, und Lieder von oft obscönem Inhalt gesungen, wie auch der Tanz selbst meist unsittlich ausartet.
Die Mundari sind sehr musikalisch und haben schöne Stimmen. Die Dschuang sind bekannt unter dem Namen «Blattträger» oder «Blätterleute». Ihre Frauen nämlich gehen nackt und binden sich nur, wenn sie in Verkehr mit Europäern oder Hindu kommen, einen Blätterschurz vor, der nach wenigen Stunden vertrocknet. Den Frauen der unter engl. Herrschaft stehenden Dschuang wurde 1871 von seiten der Regierung ein Baumwollstreifen als Kleidung überwiesen, den aber viele bald wieder ablegten. Die Dschuang haben noch Steinwaffen und leben in auffallend kleinen und engen Hütten, [* 6] die nicht viel größer als Hundehütten sind. Die Kolhsprachen gehören zur Klasse der agglutinierenden; sie sind sehr wohlklingend und in ihrem Baue einfach, unter sich aber weit abweichend.
Der ganze Süden Indiens, das Dekan, mit Ausnahme der wenigen von Kolariern bewohnten Striche und des Gebietes der Marathen im Westen, wird von dem vierten großen Volksstamme Indiens, den Draviden (s. Drâviḍa, Bd. 5) bewohnt. Seit Caldwell (A comparative grammar of the Dravidian or South-Indian family of languages, 2. Aufl., Lond. 1875) ist es üblich, die dravidischen Sprachen in zwei Gruppen zu teilen, eine von sechs kultivierten und eine von sechs unkultivierten Sprachen. Zur ersten Gruppe werden gerechnet: Tamil, Malajalam, Telugu, Kanaresisch, Tulu und Kudagu oder Kurg;
zur zweiten Tuda oder Toda, Kota, Gond, Ku oder Kondh, Oraon und Radschmahal.
Trumpp (Grammatische Untersuchungen über die Sprache [* 7] der Brāhūīs, Münch. 1881) hat auch das Brahui in Belutschistan, das schon Caldwell hierher zog, als echt dravidisch erweisen wollen. Aber seine Darlegungen bedürfen noch weiterer Beweise, und es ist besser, die Brahui vorläufig noch aus der Reihe der dravidischen Völker zu streichen. Auch die ganze zweite Gruppe ist keineswegs als feststehend anzusehen. Sicher dravidisch sind darin allein die Toda und Kota; die übrigen haben so viele Abweichungen von dem Typus der dravidischen Sprachen und neigen zum Teil so sehr zu den kolarischen, daß man sie richtiger als kolarische ansehen wird, auf die frühzeitig die dravidischen starken Einfluß ausgeübt haben.
Das macht auch ihre geogr. Lage wahrscheinlich. Der größte und wichtigste dieser Stämme sind die Gond (s. d., Bd. 8), die Gonda der Sanskritschriftsteller. Sie sitzen in dem weiten Gebiete, das man Gondwana nennt, zerstreut finden sie sich auch in Orissa und im Westen in Khandesch und Malwa. Der Census von 1891 giebt ihre Zahl auf 1379580 an. Die Gond sind von dunkler, fast schwarzer Hautfarbe und von verschiedener Statur, je nach dem Grade ihrer Vermischung mit Hindu und je nachdem sie in den Bergen [* 8] oder der Ebene leben.
Die Berg-Gond, die allein als typisch für das Volk angesehen werden können, aber noch wenig bekannt sind, haben platte Nasen, dicke, wulstige Lippen, dickes, langes schwarzes Haar, [* 9] das auch im Alter nicht bleicht, starke, gesunde Zähne. [* 10] Sie sind kräftige, untersetzte Gestalten. Die Gond der Ebene sind meist ganz hinduisiert; sie sind zum Brahmanismus bekehrt, ein Teil sind Mohammedaner; nach dem Vorbild der Hindu zerfallen sie in viele Stämme und Kasten. Ihr Typus ist mehr negerartig als bei allen andern Stämmen der Ureingeborenen. Von den echten Gond sind die Kolam in den Centralprovinzen und vor allem die Maria in Bastar etwas besser bekannt. Die Kolam heiraten nicht unter die andern Gond, und die Ehe durch Raub ist bei ihnen üblich. Die Maria werden als sehr scheu geschildert. Wenn sie ihre jährlichen Steuern zahlen sollen, so schlägt der ¶
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Steuereintreiber, sobald er sich dem Dorfe nähert, die Trommel und zieht sich dann zurück. Die Maria legen darauf die Steuer an einem vorher bestimmten Orte nieder und verschwinden dann wieder. Sie gehen fast nackt, und ihr Körper ist mit Asche und Schmutz besudelt; das Haar lassen sie meist nach Belieben wachsen, oder sie scheren den Kopf bis auf einen Knoten auf dem Scheitel. In den Ohren tragen sie bis zu 15 kleine Ohrringe und um den Leib einen Gürtel [* 12] von kleinen Muscheln [* 13] oder 10-15 Schnüren, an dem ein Tabaksbeutel und ein blankes Messer [* 14] hängt.
Eine Axt, die von der Schulter herabhängt, oder Pfeil und Bogen [* 15] vollenden ihre Ausrüstung. Die Weiber tragen ein baumwollenes Tuch um die Taille und ein Umschlagetuch, kleine Ohrringe aus Messing und Halsbänder aus weißen Perlen; Gesicht [* 16] und Schenkel werden tättowiert. Eigentümlich sind ihre Totengebräuche. Durch eigenartigen Trommelschlag werden die Bewohner herbeigerufen, eine Kuh wird geschlachtet und alle Gäste mit Fleisch und Branntwein reichlich bewirtet.
War der Tote ein erwachsener Mann, so wird der Körper mit Stricken aufrecht stehend an den Stamm eines Mahwabaumes (Bassia latifolia Roxb.), der den Gond heilig ist, gebunden und dann verbrannt. Dann wird die Asche gesammelt und zur Seite eines Weges beigesetzt, eine Steinplatte darüber gelegt und an diese ein Kuh- schwanz gebunden zum Zeichen, daß die Totengebräuche, die ein Neffe des Verstorbenen zu vollziehen hat, richtig ausgeführt worden sind. Kinder und Frauen werden stets beerdigt.
Die Oraon in Tschutia Nagpur nennen sich selbst Khurnkh, sind aber in Indien am besten bekannt unter dem Namen Dhangar, «Bergleute». Der Census giebt ihre Zahl auf 368222 an. Sie sind eng verwandt mit den Radschmahal, die nach der Tradition der Oraon nur ein Zweig von ihnen sind, der sich von ihnen trennte, als sie aus den Hügeln in und um Rohtak im westl. Indien vertrieben wurden, wohin die einen ihre Heimat verlegen, während andere das Konkan dafür ausgeben. Bei den Oraon herrscht die, auch bei den Dschuang, Maria-Gond, Kondh, Radschmahal und sonst nachgewiesene Sitte, daß alle unverheirateten Männer bei Strafe in einem eigenen Hause im Dorfe gemeinsam schlafen müssen.
Dasselbe Gesetz gilt bei den Oraon auch für die jungen Mädchen und mag, wie man vermutet hat, in der Engigkeit der Wohnungen ihren Grund haben. Nach den einen haben auch die Mädchen ein eigenes Haus wie bei den Kondh, nach andern werden sie in die Häuser der Witwen verteilt; sicher ist, daß sie in manchen Dörfern mit den Junggesellen in demselben Haus schlafen. Über alle Vorgänge in demselben muß die strengste Verschwiegenheit bewahrt werden, und es ist dort ein richtiges «Fuchssystem» ausgebildet.
Die jüngern müssen die ältern bedienen, sie kämmen, waschen u. s. w., und sie werden einer strengen Zucht unterworfen, um richtige «Burschen» zu werden. Gegenüber diesem Schlafhause liegt unter alten, schattigen Tamarindenbäumen der Tanzplatz, wo an Festtagen oft die ganze Nacht durchtanzt und durchzecht wird. Die Oraon sind gutgewachsene Leute und, solange sie unverheiratet sind, in ihrem Anzuge sehr eigen, nachher desto nachlässiger und schmutzig. Die Frauen tättowieren sich ebenso wie die der Munda-Kolh, der Dschuang, der Kharria und anderer Kolarier.
Die jungen Leute brennen sich Zeichen auf den Vorderarm, was zu den Pflichten der Schlafhausgemeinschaft gehört. In ihrer Speise sind sie nicht wählerisch. Ihre Hauptnahrung ist Reis und eine Art Brei; neben dem Fleisch von Rindern, Schafen, Ziegen, Büffeln, Tigern, Bären verschmähen sie auch das von Füchsen, Schakalen, Feldmäusen nicht; sie verzehren Schlangen, [* 17] Eidechsen, [* 18] große Frösche, [* 19] alle Arten von Fischen, Schildkröten. [* 20] Allem aber ziehen sie Schweinefleisch vor, und in den Dörfern giebt es massenhaft Schweine. [* 21]
Sie trinken in großen Quantitäten Reisbier, und nicht selten ist das ganze Dorf völlig betrunken. Tabak [* 22] rauchen und kauen sie. Totemismus ist bei ihnen weit verbreitet. Die Kondh (s. d., Bd. 10), an Zahl 320071, sitzen in den Hügeln von Orissa und waren berüchtigt durch ihre Menschenopfer und den Mädchenmord, was beides durch die Engländer unterdrückt worden ist. Die Menschenopfer hatten einen religiösen Grund (s. Indische Religionen), der Mord der weiblichen Kinder einen, wenn man so sagen darf, volkswirtschaftlichen.
Die Kondh bezogen nämlich ihre Frauen billiger aus andern Teilen des Landes als aus ihrem eigenen Stamme; deswegen wünschten sie die eigenen weiblichen Kinder los zu werden. Dazu kommt aber noch ein anderer Brauch. Wenn nämlich ein Kind geboren ist, wird ein Astrolog von den Eltern herbeigerufen, der ein Horoskop [* 23] stellt und ein Manuskript aus Palmblättern befragt, in dem sich geschriebene Sätze vermischt mit rohen Götterbildern befinden. Nach bestimmten Ceremonien wird der Schreibgriffel in das Buch geworfen und das Schicksal des Kindes nach dem Satze oder Bilde bestimmt, worauf er trifft.
Verkündet dies Unheil für die Eltern, so wird das Kind in ein neues irdenes Gefäß gelegt, in der Himmelsrichtung fortgeschafft, aus der Unglück zu erwarten war, wenn es am Leben blieb, und begraben, über dem Grabe wird ein Huhn geopfert. Ein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Kindern wird dabei nicht gemacht, und so kommt es, daß es ganze Dörfer gegeben hat, in denen sich keine Kinder fanden. Jedes Dorf hat seinen Schulzen, eine Anzahl Dörfer wieder einen höhern Vorsteher, über denen ein höchster Beamter steht, der die Verwaltung eines weitern Landstriches führt.
Alle diese Ämter sind erblich; Streitigkeiten werden in Versammlungen geschlichtet, die der oberste Beamte beruft, dessen Anordnungen man sich willig fügt. Die Radschmahal, in den gleichnamigen Hügeln sitzend, werden auf 30838 geschätzt und ihre Stämme als Paharia zusammengefaßt. Unter ihnen sind besonders die Maler oder Malair zu nennen, die ihrem Aussehen nach den Draviden ähneln, was sich daraus erklären kann, daß sie früher sich ihre Frauen gern aus der Ebene geraubt haben sollen.
Die Männer lieben es, rote Turbane [* 24] zu tragen, die Frauen wissen sich geschmackvoll zu kleiden. Die Toten werden begraben; tote Priester werden aber in einer Bettstelle in den Wald getragen, unter einen schattigen Baum gestellt, mit Laub und Zweigen zugedeckt und dort gelassen. Alle diese Bergstämme sind dem Genusse berauschender Getränke sehr ergeben. Die Gond, Kondh, Oraon und Radschmahal hat man zusammen mit den Kharwar in Mirsapur, Tschutia-Nagpur, Schahabad und den Brahui als norddravidische Völker zusammengefaßt. Der Census von 1891 giebt ihre Zahl zusammen auf 2135352 an, wobei aber nur die gerechnet sind, die noch ihre Muttersprache sprechen. Daß die 28990 Brahui auszuscheiden sind, ist schon bemerkt worden; gleiches gilt auch gewiß von den 7651 Kharwar, die den Kolariern zuzurechnen sein werden. Das ganze, sehr zahlreiche ¶