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mit 2 (1,4) und die Hauptlinie des Airekanals mit 1,9 (1,4 Mill. Tonnenkilometer. Die geringste Verkehrsdichte wies die Garonne zwischen Rocque- fort und Toulouse [* 2] mit nur 1 Tonnenkilometer auf den Kilometer auf. Über die Eisenbahnen s. Französische Eisen- bahnen. Die Straßenbahnen, bei welchen über- wiegend Zugtiere benutzt werden, haben ihre Linien auf 1739 km vermehrt, davon nur für Personen- beförderung 729 kin. Frankreich besitzt (1894) mit Algerien [* 3] 8538 Po st anst al- t e n. Die Einnahmen, einschließlich der Telegraphen, [* 4] beliesen sich auf 218,56, die Ausgaben auf 172,49 Mill. Frs. Es wurden befördert in Tausenden Stück: Art des Verkehrs ! Briefe Post- karten Drucksachen u. Warenproben Innerer Verkehr 716098 45974 928246 Internationaler Verkehr . 98502 4144 81297 Durchgangsverkehr 43063 2112 49623 Die Zahl der Wertbriefe und Postanweisungen be- trug 40,2 Mill. mit einem Werte von 4518 Mill.Frs.
Das Netz der Telegraphen umfaßte (1894) 92711 km mit Drähten in einer Länge von 311408 km. Staatsbureaus gab es 7569, Eisenbahn- und Privatbureaus 3638, Bureaus der Küsten- telegraphen 131. Die Zahl der Depeschen betrug 41434727, darunter 33,79 Mill. interne, 4,90 Mill. internationale, 1,35 Mill. Durchgangs- und 1,40 Mill. Dienstdepeschen. Kriminalität.DieZahlderVerurteilten1888-91: Jahre Assiscnhöfe Tribunale Polizeigcrichte 1888 1889 1890 1891 3034 2989 2918 2933 215 993 210119 211731 216 903 429 429 420 249 447 273 447 203 Die Gefangenenbevölkerung in Frankreich bestand aus 10478 Männern und 1402 Frauen, die zu längerer Gefängnisstrafe verurteilt waren, 20657 Männer und 3468 Frauen mit kürzerer Strafe, 5369 Knaben und 1101 Mädchen in Besserungsanstalten, 47 Arrestgefangenen und 220 im Depot für die zur Deportation Verurteilten. In Neucaledonien und Cayenne befanden sich etwa 13000 Deportierte.
Verwaltung. Das Departement der Posten und Telegraphen wurde 1890 dem Finanzministerium entzogen und dem des Handels und der Industrie unterstellt. Das von letzterm abgezweigte Departe- ment der Kolonien wurde 1894 zum selbständigen Ministerium gemacht. Finanzwesen. Das Budget für 1896 ist in der Tabelle auf S. 432 wiedergegeben. Die Staatsschuld betrug 31035, die von Paris [* 5] 1893, die der übrigen Gemeinden 1404 Mill. Frs. Zur Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld ist in das Budget 1896 die Summe von 1220 Mill. Frs. eingestellt, und zwar für die konsolidierte Schuld 694, für die kündbare 299 und für die schwebende 227 Mill. Frs.
Auf den Kopf der Bevölkerung [* 6] kommt so 646 M. Kapitalschuld uud 26 M. jährliche Zinsen. (S. Französische Rente.) Bank- und Geldwesen. Am be- standen 6314345 Privatsparkasscnbücher mit 3245 Mill. Frs. Einlagen sowie 2 293930 Postsparkassen- bücher mit 674 Mill. Frs. Einlage. 1894 wurde Gold [* 7] für 9 831060 Frs., Silber für 4 Mill. Frs. und Bronze [* 8] für 200000 Frs. geprägt. Wohlthätigkeitsanstalten. Die Zahl der Nurekux äe dienkiNZHucs belief sich 1892 auf 15 227, durch welche 1723964 Personen unterstützt wurden. 2416 arme Kinder wurden in Hospitälern, 77 559 auf dem Lande und 45 222 zu Hause gepflegt und unterstützt.
Über das Heer und die Marine s. Französisches Heerwesen. Bildungs- und Unterrichtswesen. Die Oorp8 ä63 facu1t63 führen seit 1896 den Namen Universitäten. 1891/92 gab es in Frankreich und Algerien 67262 öffentliche und 13613 private Volksschulen, die von 4281183 und 1275287 Schülern, d.h. 87,9 Proz. aller Schul- pflichtigen besucht wurden. Die Zahl der Lehrkräfte an den öffentlichen Primärschulen betrug 102506. Die 87 Normalschulen für Lehrer hatten 1892: 3878, die 85 Vorbildungsschulen für Lehrerinnen 3707 Zöglinge. In 39645 Schülerbibliotheken befanden sich 4858120, in 2861 Lehrerbibliotheken 1006421 Bände. 19 826 Schülersparkassen hatten 12,95 Mill. Frs.
Einlagen. geitungswesen. Am bestanden in Frankreich 5857 periodische Druckwerke. 2291 erschienen in Paris, darunter 137 täglich, 669 wöchentlich, 800 monatlich, 319 halbmonatlich u. s. w. Polit. Cha- rakter haben von den Pariser Blättern 163, davon sind 122 republikanisch und 31 konservativ. 79 er- scheinen täglich und 72 wöchentlich, alljährlich ein- mal nur der «kremier Nai». In den übrigen Jour- nalen sind hauptsächlich vertreten: Finanzwesen (181), Medizin (175), Moden (107), Vereinswesen (106), Unterrichtswesen (86), Rechtswissenschaft (83), kath. Religion (69), allgemeine Wissenschaft (75), Handel (62), Ackerbau u. s. w. (58), Sport (46), Litteratur (46), schöne Künste (44), Industrie (47), Biblio- graphie (43), Architektur (34), Verwaltungsfragen (31), Militärwissenschaft (38), Musik (24), Theater [* 9] (28) u. s. w. Revuen giebt es 156, illustrierte Zeit- schriften 99. Außerhalb Paris erschienen 3566 perio- discheDruckwerke,danmter336täglich,1511 wöchent- lich, 334 wöchentlich zweimal, 156 wöchentlich drei- mal, 633 monatlich, 171 monatlich zweimal u. s. w. Polit.
Indalts waren 1387 Blätter und zwar 1060 republikanisch und 327 konservativ. Von den 2179 nichtpolit. Zeitungen waren gewidmet: 377 dem Ackerbau mit seinen Zweigen, 314 den Annoncen, 304 der Religion, 132 der Litteratur, 85 dem Handel, 58 der Balneologie, 60 dem Sport, 23 der Geo- graphie;
65 waren Organe gelehrter Gesellschaften.
Die meisten Zeitungen haben die Depart. Nord (154), Rhone (142), Gironde (129) und Bouches- du-Rhöne (119). Algerien hatte 134 und die Kolo- nien 64 Blätter. Von bedeutenden Pariser Zei- tungen sind in den letzten Jahren eingegangen: «1^'^8^^6», " (lerniinHi», «I^e Drapean», «Oo- cÄi-äe», «1^6 Not ä'Oräre», «I^H Voix äu, leupie», «I^H Lat^iHe» u. a.; neu erschienen sind: «llevue äc8 I56VU63» (seit 1890),
«I^evns encxolopeäihne» und «^in äe 8iec1e» (seit 1891),
«lievue de?ali8», «Nonäe uouvean» und «I^e I^ire» (seit 1894),
«I^H I'oäte», «1^6 (^i'Hnä ^oui'nai», «I^a I^trie I^an- ^we» (seit 1896) u. a. Litteratur (seit 1892): Levasseur, 1,3. ^rance et 863 00ioui68 (3 Bde., Par. 1890-93);
Lalanne, I^a Trance et 863 ^o1oni68 (ebd. 1893);
Ardouin- Dumazet, Vo^a^e en Trance (1. bis 9. Serie, Par. und Nancy [* 10] 1.893 - 96);
Schrene, Hi8t0ii-e äe 1a popuIlUion tÄn^i86 (Par. 1893). Geschichte. Der Panamaskandal beseitigte Männer wie Freycinet, Floquet, Cliimenceau u. a. dauernd von ¶
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Budget für 1896. Einnahmen Frs. Ausgaben Frs. Grundsteuer Gebäudesteuer Personalsteuer Thür- und Fenstersteucr Gewerbesteuer Tteuerrolleutaxe Pferde-, Wagen- und Bedientensteuer . Einregistrierung Stempelsteuer Zölle Andere Taxen Mobiliensteuer Zuckcrsteucr Tabaksmonopol Zündholz- und Pulvermonopol Post, Telegraphen, Telephone Verschiedenes Domänen und Wälder Verschiedene Einnahmen Laufende Einnahmen 118 607 919 80 042 227 90 470 476 58 425 474 125 580 402 1 054 100 47 920 585 555 689 500 188 402 500 469 270 230 588 343000 66 220000 196 473000 376 301 800 39 959 300 215 014 350 10 318 862 45 019 420 57 372 575 «4 816 354 Verzinsung der öffentlichen Schuld . . . Präsident, Kammer und Senat Finanzministerium Justizministerium Ministerium des Äußern Ministerium des Innern Kriegsministerium, ordentliche Ausgaben Kriegsministerium, außerordentliche Alisgaben Marineministerium Unterricht Schöne Künste Kultus Handel und Industrie, Post und Telegraphen Kolonien Ackerbau Öffentliche Arbeiten Regie- und Erhebungskostcn Rückzahlungen u. s. w 1219 792 036 13 171 720 19 471260 35 320 233 15 934 800 75 786 209 609 145 480 42 029 340 272 614 893 195 018 342 8 148 985 44 125 953 198 213 197 79 018 500 30 115 090 270 639 764 204 469 771 40 842000 Zusammen Frankreich! Algerien j 3 395 302 074 53 015 019 Zusammen Frankreich ! Algerien > 3 373 907 578 74 010 620 Gcsamtbudget > 3 448 317 093 > der polit. Bühne. Das vorwiegend opportunistische Ministerium Dupuy, das seit die Ge- schäfte führte, bekämpfte Monarchisten und Socia- listen und unterdrückte mit Energie Straßenunruhen, die 4. bis 6. Juli in Paris stattfanden; im Novem- ber traten die weiter nach links neigenden Mitglieder des Kabinetts infolge einer straff antisocialistischen Erklärung des Ministerpräsidenten aus, das Mini- sterium Dupuy kam zu Falle (25. Nov.) und ward durch ein einheitlicheres Ministerium Casimir-Perier erseht, dessen Tendenz ganz auf Her- stellung einer festern Ordnung und auf scharfe Be- kämpfung des Anarchismus gerichtet war. Ein Bombenattentat des Anarchisten Vaillant gegen die Kammer (9. Dez.) hatte eine Reihe von Kampfgesetzen zur Folge. Bereits 11. Dez. wurde in der Kammer eine Preßgesetznovelle angenommen, die die Ver- herrlichung von Verbrechen und auch die indirekte Aufreizung dazu unter Strafe stellte, und 15. Dez. erhielten drei weitere Gesetzentwürfe über den Ver- kehr mit Sprengstoffen, über Vereinigungen zu ver- brecherischen Zwecken und über Verstärkung [* 12] der Po- lizei die Genehmigung der Kammer. Daneben hatte ein langer Kohlenstreik im Departement Pas de Calais [* 13] (Sept. bis Nov. 1893) die Parteien erregt; eben unter dessen Nachwirkungen stand der Eintritt des Ministeriums Casimir-Perier. Die Hinrichtung Vaillants bewies, daß die Negierung in energischen Händen ruhte. Bereits im Aug. und Sept. 1893 waren die Kammerwahlen gemäßigt- republikanisch ausgefallen und hatten 310 Gemäßigte, 122 Radikale, 49 Socialisten, 29 Ralliierte ls. Kon- stitutionelle Rechte, Bd. 10), 64 Monarchisten er- geben; im Jan. 1894 lieferten die Senatswahlen ebenfalls eine erhebliche opportunistische Mehrheit. Vom Febr. bis April 1894 vermehrten sich die Bom- benattentate. Trotzdem lieh die Kammer das ener- gische Kabinett Casimir-Periers 22. Mai, gelegentlich einer Debatte über das Verhältnis der Eisenbahn- gesellschaften zu ihren Arbeitern, fallen, worauf sein Vorgänger Dupuy (30. Mai) wieder Ministerpräsi- dent wurde. Das Äußere übernahm der vortrefflich geschulte Diplomat Hanotaux (s. d.). Da wurde auf einer polit. Reise der Präsident Carnot zu Lyon [* 14] von dem ital. Anarchisten Caserio durch einen Messerstoh auf den Tod verwundet; er Gesamtbudget > 3 447 918 198 starb in der nachfolgenden Nacht. Die Reaktion gegen dies Verbrechen erhob 27. Juni mit einer frei- lich geringen Mehrheit (451 von 851 Stimmen) den eben gestürzten Casimir-Perier als den Vertreter einer konservativ-republikanischen Politik zum Prä- sidenten der Republik. Ein neues Gesetz gegen die anarchistische Propaganda gelangte darauf schon 26. Juli in der Kammer, 27. Juli im Senat zur Annahme, aber diese konservative Strömung war uicht stark genug, um fortwährende radikal-sociali- stische Angriffe gegen den »Monarchisten» Perier hintanzuhalten; überdies ging auch unter diesem vornehm und stolz denkenden Manne das stete In- triguenspiel der polit.
Persönlichkeiten weiter, wie denn auch der Panamaskandal seit seiner ersten Ent- faltung und vorläufigen Lösung 1893 immer wieder hier und dort hervorbrach oder verwandte Fortsetzun- gen auftauchten und stets die Unreinlichkeit und Wahllosigkeit der parlamentarischen Parteien und Führer auf das häßlichste an das Licht [* 15] kam. Im Jan. 1895 trat unter dem Einflüsse von Kammer- verhandlungen über die vom Staat geleistete Zins- garantie für die Orleans- und Südbahn erst der Arbeitsminister Barthou, dann am 14. das ganze Kabinett Dupuy zurück, am 15. legte Casimir-Pericr selbst sein Amt nieder. Er erklärte in einer stolzen, tiefverstimmten Botschaft, er wolle nicht längermacht- los, gegen Angriffe schutzlos und ohne wirklichen Ein- fluß für die Regierungshandlungen moralisch verant- wortlich sein; es bedürfe einer thatkräftigen Regie- rung, die Achtung vor dem Gesetze erzwinge.
Das Aufsehen war ungeheuer; doch hatte diese «Fahnenflucht» Casimir-Periers, wie ^eme Partei- genossen schalten, keine tiefern polit. Folgen; weder der Anarchismus und die gelegentlichen Triumphe des Socialismus noch diese Demonstration ver- mochten die Politik aus ihrer mittlern Richtung wesentlich nach rechts oder links abzuziehen. An Stelle Periers trat nach einem Wahlkampfe mit dem Radikalen Vrisson und nach dem Rücktritt des opportunistischen Mitbewerbers Waldeck-Rousscau der opportunistische Parlamenta- rier Felix Faure, der mit 435 gegen 363 Stimmen zum Präsidenten gewählt wurde, in jeder Hinsicht ein Angehöriger der regierenden großbürgerlichen Kreise, [* 16] der sich besser in die persönliche ¶