Unter den dichterischen Inschriften ist zunächst eine Gesamtausgabe der bis jetzt bekannten Bruchstücke des babylon.
Weltschöpfungsepos von Delitzsch (in den «Abhandlungen der philos.-histor. Klasse der Königl. Sächsischen Gesellschaft der
Wissenschaften», 1896, Bd. 17, Nr.
2) zu nennen. Eine Reihe keilinschriftlicher Beschreibungen babylon.-assyr. Göttertypen veröffentlichte Bezold (in der «Zeitschrift
für Assyriologie», Bd. 9, S. 114 fg., 405 fg.); zwei Fragmente
einer sog. Dibbarralegende auf Amuletten gegen die Pest teilte King ebendaselbst, Bd. 11, S. 50 fg., mit. Eine Anzahl Fabeln
publizierte E. T. Harper (in den «Beiträgen zur Assyriologie», Bd. 2, S. 390 fg.). Außerdem sind in
den letzten Jahren drei große Sammlungen von Gebeten und Hymnen publiziert worden: die «Assyr. Gebete
an den Sonnengott für Staat und königl. Haus aus der Zeit Asarhaddons und Asurbanipals» von J. A. Knudtzon (2 Bde.,
Lpz. 1893),
«Babylonian magic and sorcery being the prayers of the lifting of the hand»vonL. W. King (Lond. 1896) und «Sumerisch-babylon.
Hymnen nach Thontafeln griech. Zeit» von G. Reißner (Heft 10 der «Mitteilungen
aus den orient. Sammlungen der königl. Museen zu Berlin» (1896). Eine Reihe allitterierender Hymnen edierte Zimmern in der
«Zeitschrift für Assyriologie» (Bd. 10, S. 1 fg.). Desgleichen sind
die Tafeln zweier der wichtigsten Sammlungen babylon.-assyr. Beschwörungsformeln
herausgegeben und übersetzt worden, der sog. Maqlû-Serie von K.L. Tallqvist («Die assyr.
Beschwörungsserie Maqlû», 2 Bde., Lpz.
1895) und die sog. Schurpu-Serie von H. Zimmern («Beiträge zur Kenntnis der babylon.
Religion», Lfg. 1, ebd. 1896). Eine Sammlung allerhand religiöser Texte gab J. A. ^[James Alexander] Craig, «Assyrian
and Babylonian religious texts» (Bd. 1, Lpz.
1895). Von einer Sammlung von Omen-Texten ist bisher der erste Band erschienen (A. Boissier, «Documents assyriens relatifs
aux présages», Par. 1894).
Endlich ist noch zu erwähnen die für die Mathematik der Babylonier-Assyrer grundlegend wichtige Untersuchung über
den «Saros-Kanon der Babylonier» von Epping und Straßmaier in der «Zeitschrift
für Assyriologie» (Bd. 8, S. 149 fg., nebst der Textbeigabe
ebd., Bd. 10, S. 64 fg.). Einen Beitrag zur assyr.
Kunst veröffentlichte Puchstein, «Die Säule der assyr. Architektur» (in dem «Jahrbuch des kaiserl.
deutschen archäolog. Instituts», Bd. 7, Berl.
1892, S. 1 fg.).
Vgl. im allgemeinen: Lincke, Bericht über die Fortschritte der Assyriologie in den J. 1886-93. Veröffentlichungen
des neunten internationalen Orientalistenkongresses in London 1891 (Lpz. 1894).
*, Joh. Sebastian. Zu den in Bd. 2 erwähnten
Denkmälern B.s kommt noch das in Cöthen (Anhalt) enthüllte. Von der Gesamtausgabe von B.s Werken, die seit 1850 von
der Bach-Gesellschaft bei Breitkopf & Härtel in Leipzig herausgegeben wird, sind bis 1896 44 Jahrgänge
erschienen; der letzte (hg. von Hermann Kretzschmar) enthält B.s Handschrift in zeitlich geordneten Nachbildungen. - Eine
für weitere
Kreise berechnete und brauchbare kurze Biographie hat R. Batka in Reclams «Universalbibliothek» veröffentlicht.
- Großes Aufsehen erregte im J. 1895 die Auffindung von B.s Grab, über dessen Stätte man bis dahin nichts
Genaues gewußt hatte.
Beim Neubau der Johanniskirche in Leipzig wurde der alte Kirchhof, der sie umgiebt, umgegraben, und der Kirchenvorstand nahm
diese Gelegenheit wahr, nach dem Grabe des Meisters zu forschen. Zunächst stellte Archivdirektor Gustav Wustmann Untersuchungen
über die Örtlichkeit an, die folgendes Ergebnis hatten: Bach ist in einem eichenen Sarge begraben worden.
Sein Grab war kein tiefes, sondern ein sog. flaches. Es hat nie einen Denkstein gehabt. Eine
alte Überlieferung bezeichnete eine Stelle an der südl. Außenmauer der Johanniskirche als die Stätte von B.s Grab, und dort
hatte die Stadt Leipzig am 200. Gedenktage von B.s Geburt eine Erinnerungstafel anbringen lassen mit der
Inschrift: «Auf dieser Seite des ehemaligen Johanniskirchhofes wurde Johann Sebastian am begraben.» Auf Grund dieser
Mitteilungen hat der Kirchenvorstand im Umkreis der bezeichneten Stelle unter Zuziehung des Leipziger Anatomen Wilhelm His
nachgraben lassen.
Unter den daselbst vorgefundenen 3 eichenen Särgen enthielt einer die wohl erhaltenen Gebeine eines ältern Mannes, die nun
sorgfältig gesammelt wurden. Neben andern mehr oder minder auffallenden Merkmalen zeigte der in dem Sarge gefundene Schädel
niedrige Augenhöhlen und einen etwas vorstehenden Unterkiefer. Bei der Vergleichung mit den Bildern B.s
fiel es auf, daß diese Eigentümlichkeiten auch an den letztern wiederkehrten. Die Möglichkeit, daß der Schädel echt
sein könne, lag somit unzweifelhaft vor, aber um zu sicherm Schluß zu gelangen, bedürfte es festerer Unterlagen. Um solche
zu erlangen, bat His den Leipziger Bildhauer Karl Seffner, über den Schädelabguß und nach den verfügbaren
Bildern eine Porträtbüste von Bach zu formen.
Der erste Versuch führte zu sehr befriedigenden Ergebnissen, und nun wurden die Arbeiten nach strengern Methoden wiederholt.
His bestimmte an einer Anzahl von menschlichen Körpern (37) die Dicke der Weichteile für die einzelnen Stellen des Gesichts.
Die aus diesen Messungen gewonnenen Mittelmaße (und zwar speciell die für ältere Männer geltenden)
wurden als die Normen angenommen, nach denen Seffner zu arbeiten hatte. Bei Innehaltung der ihm gestellten anatom.
Bedingungen schuf aber dieser Künstler eine Bachbüste von überraschendem Leben und entscheidender Ähnlichkeit.
Damit durfte man den Wahrscheinlichkeitsbeweis für die Echtheit des Schädels und der Gebeine als gelungen
erachten. Dies war auch das einstimmige Urteil der vom Rat zur Prüfung der Angelegenheit niedergesetzten Specialkommission,
in der außer Seffner und His noch Wustmann, Tranzschel, Jungmann und E. Vogel saßen. Von Bildnissen B.s kamen in Betracht:
das angeblich von E. G. Hausmann gemalte Ölbildnis aus der Sammlung Peters in Leipzig, das unzweifelhaft
echte (dreimal restaurierte und dabei einmal völlig übermalte), von Hausmann geschaffene Ölbildnis der Thomasschule in
Leipzig, der Kupferstich von Kütner, der 1774 nach einem Bilde von Hausmann (angeblich dem Bildnis der Sammlung Peters) gestochen
worden ist, und der bekannte Stich von Sichling (Breitkopf & Härtelsche Sammlung), der nach dem Bildnis
der
mehr
Thomasschule (im frühern, bessern Zustande) kopiert ist und mehr bietet als das Ölbildnis in seinem jetzigen Zustande.
(Ein drittes Ölbild in Berlin kam, weil erst 27 Jahre nach B.s Tode gemalt, nicht in Betracht, ein viertes, mutmaßlich echtes,
ist in Erfurt verschollen.) Die genannten beiden Ölbilder und Stiche hat Seffner benutzt und die gemeinsamen
Züge der verschiedenen Vorlagen zu einem vorzüglichen Gesamtbilde vereinigt. -
Vgl. W. His, Joh. Seb. Bach Forschungen über
dessen Grabstätte, Gebeine und Antlitz (Lpz. 1895);
ders., Anatom. Forschungen über Joh. Seb. B.s Gebeine und Antlitz in
den «Abhandlungen der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, mathem.-physik. Klasse, Bd.
22, November, ebd. 1895).