Winchester (Erfinder eines Mehrladers) - Winckelmann
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gegründet.
Außer demselben besitzt die Stadt ein Grafschaftshospital, Gefängnis, Markthalle, Stadtbibliothek, ein Museum
u. s. w. – Wiesau
war in alter Zeit Hauptstadt von Wessex, dann seit Egberts Krönung daselbst (827) von ganz England. 652 zum
Bischofssitz erhoben, nahm die Stadt den Rang einer Metropole ein und zählte noch später viele Klöster, 90
Kirchen und
Kapellen, während jetzt nur 9
Kirchen und eine Benediktinernonnenabtei mit einer kath. Schule (Hidehouse) bestehen. Als
nach der normann. Eroberung
London
[* 2] sich zur königl. Residenz erhob, begann der
Verfall.
College (spr. winntschestr kollĕdsch), die älteste und eine der angesehensten
unter den
Public Schools (s. d.) in England, die von
Bischof Wykeham 1387 gegründet ist. –
Vgl. H. Marshal, Winchester College with prose
and verse contributions by old Wykehamists (Lond. 1893).
«Lehrbuch der Frauenkrankheiten» (2. Aufl.,
Lpz. 1892),
«Lehrbuch der
Geburtshilfe» (2. Aufl., ebd. 1893),
«Die Pathologie der weiblichen Sexualorgane» (ebd. 1878‒81,
mit 42 Lichtdrucktafeln),
«Die königl. Universitäts-Frauenklinik in
München in den J. 1884‒90» (ebd. 1892). Auch giebt
er die neuen
Auflagen der bekannten verdienstlichen
Schrift von
Ammon:
[* 8] «Dieersten Mutterpflichten und
die erste
Kindespflege» (neue Aufl., Lpz. 1894),
heraus und übernahm nach dem
Tode von R. von
Volkmann in Gemeinschaft mit von
Bergmann
und
Erb die Redaktion der neuen Folge der Volkmannschen «Sammlung klinischer Vorträge».
GeorgeFranz Dietr.
aus dem, Schriftsteller im Fache des Forst- und Jagdwesens, geb. auf dem
Rittergute Priorau bei
Bitterfeld,
[* 9] studierte in
Leipzig
[* 10] die
Rechte, wandte sich aber später der Forstwissenschaft zu und wurde
im anhalt. Forstdienst angestellt. Doch legte er 1802 seine
Stelle nieder und verwaltete 1812‒32 die Forsten des
Freiherrn
von Thüngen in
Franken, worauf er sich in Schierau bei
Dessau
[* 11] niederließ. Hier starb er Sein
weit verbreitetes Hauptwerk ist das ausgezeichnete «Handbuch für
Jäger und Jagdliebhaber» (3
Tle., 1805‒6; 5. Aufl., vonTschudi, 2 Bde., Lpz. 1878).
Johann Joachim, Begründer der wissenschaftlichen
Archäologie und der Geschichte der alten Kunst, geb. zu
Stendal
[* 12] in der
Altmark, war der Sohn eines armen, aus
Schlesien
[* 13] stammenden Schusters.
Nachdem er unter den
entmutigendsten Verhältnissen die Schule durchgemacht hatte, bezog er 1738 die
UniversitätHalle
[* 14] und studierte
Theologie.
Die
Verbindung mit dem Kanzler von Ludewig brachte ihn in das damals blühende
Studium der deutschen Reichsgeschichte hinein,
das er 15 Jahre lang eifrig betrieb, während er in seinem geliebtesten
Studium, den «ionischen und attischen
Charitinnen»,
damals und später durchaus
Autodidakt war.
Hierauf versuchte er es, nach einem kurzen Intermezzo als
Lehrer in einer adligen Familie, in
Jena
[* 15] mit
Medizin und Mathematik;
aber
Armut nötigte ihn, eineStelle als Erzieher des in der Folge schwärmerisch von ihm geliebten Lambrecht
(in Nadmersleben bei
Magdeburg)
[* 16] anzunehmen. Nachdem er dann seit 1743 fünf Jahre Konrektor zu Seehausen in der
Altmark gewesen
war, trug er dem
GrafenHeinrich von
Bünau auf Nöthnitz bei
Dresden seine Dienste
[* 17] an und war als Hilfsarbeiter bei
der umfangreichen deutschen
Kaiser- und Reichsgeschichte sowie an der Katalogisierung der großen
Bibliothek des
Grafen fünf
Jahre lang thätig.
Die
DresdenerGalerie erweckte seinen
Sinn für bildende Kunst, und der Umgang mit
Lippert, Hagedorn und besonders mit dem
Maler
Öser machte rasch den etwas späten
Schüler zum
Meister. Sein seit frühester
Jugend gehegter Wunsch einer
Reise nach
Rom
[* 18] lebte jetzt mit erneuter Kraft
[* 19] wieder in ihm auf. Er knüpfte deshalb Unterhandlungen an mit dem päpstl.
Nuntius
Archinto,
um an der
Bibliothek des Kardinals Passionei eine Anstellung zu erhalten, deren unumgängliche
Bedingung der
Übertritt
zur röm.
Kirche war.
Diesen letzten Schritt that er jedoch erst nach fünfjährigem innerm Kampfe. Die
Frucht eines nun folgenden
unabhängigen Jahres in
Dresden (1754‒55) war seine ersteSchrift: «Gedanken über die Nachahmung der griech. Werke in Malerei
und
Bildhauerkunst»
[* 20] (3 Bde.,
Dresd. und Lpz. 1755; 2. Aufl. 1756),
der er im «Sendschreiben» einen
Angriff und in der
«Erläuterung» eine
Apologie unter der
Maske einer dritten
Person nachsandte. Beide
Schriften sind ungleich schwächer als der
erste Essay, der fast alle seine spätern Ideen im
Keime und seinen herrlichen
Stil schon fast ganz entwickelt zeigt. Diese
Schrift war der Beginn seines Ruhms,
und sie verschaffte ihm durch die Fürsprache des königl.
Beichtvaters
Pater
Rauch eine Pension von 200 Thlrn. zur
Reise nach
Rom.
Zuerst lebte Winckelmann in
Rom (seit Nov. 1755), wo ihm
Rafael Mengs das künstlerische Verständnis der
Denkmäler erschloß, in freier
Stellung. Dann wohnte er als Bibliothekar des Kardinals Archinto in der Cancelleria und gewann das
Vertrauen des gelehrten und liberalen Kardinals Passionei, des Besitzers der reichsten Privatbibliothek
Roms; mit dem berühmten
GemmensammlerPhil. von
Stosch in
Florenz
[* 21] trat er in Korrespondenz und katalogisierte nach dessen
Tode 1757 sein
Kabinett.
Einen bedeutsamen
Wendepunkt in W.s Leben und
Arbeiten führte sein Eintritt in das Haus des Kardinals
Albani, des ersten Kunstkenners und
Sammlers seiner Zeit, herbei. Winckelmann lebte seit 1758 in dessen
Palast und Villa als Bibliothekar
und Freund. Mehrfache
Reisen nach Neapel
[* 22] (zuerst 1758 mit dem jungen
GrafenBrühl, dann 1762 mit dem
Maler Füßli und
Volkmann, 1765 und
zuletzt 1767), wohin ihn die
Ausgrabungen von Herculaneum und
Pompeji
[* 23] zogen, veranlaßten sein «Sendschreiben
von den herculanischen Entdeckungen»
(Dresd. 1762),
die
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«Nachricht von den neuesten herculanischen Entdeckungen» (ebd. 1764) und
die «Briefe an Bianconi», für den Kurprinzen von Sachsen
[* 25] und dessen Gemahlin bestimmt und erst nach W.s Tode in der «Antologia
Romana» 1779 herausgegeben. Diese Sendschreiben übten auf die Reinigung desGeschmacks in den dekorativen Künsten großen
Einfluß. Mehrere Entwürfe zu Schriften, deren Titel in den Briefen aus den ersten röm. Jahren sich häufig
genannt finden, wurden die Elemente, aus denen sein Hauptwerk erwuchs, die «Geschichte
der Kunst des Altertums» (2 Quartbände, Dresd. 1764; neue Ausg. von Julius Lessing, mit Biographie W.s, Berl. 1870). W.s Vorarbeiten
zu einer zweiten Ausgabe, der er bereits 1767 «Anmerkungen über die Geschichte
der Kunst» vorangeschickt hatte, kamen nach Wien
[* 26] und wurden bei der dort erschienenen Ausgabe 1776 benutzt. Dieses Werk ist
nicht bloß Geschichte, sondern auch System der griech. Kunst, vor allem Charakteristik des Stils der griech. Plastik nach
seinen wesentlichen Bestandteilen und nach den Typen und Klassen, wie sie innerhalb der Sphäre des Idealschönen
zulässig sind.
Höchste Aufgabe der Kunst ist nach Winckelmann die Schönheit, der das Individuellwahre, das Charakteristische, Aktion und Affekt schlechthin
untergeordnet werden muß. Die Schönheit ist ihm Idealität, d. i. Darstellung eines allgemeinen, durch Auswahl und Begeisterung
aus der Natur gewonnenen Typus; sie beruht auf den normalen Proportionen, wie solche Polyklets Kanon aufstellte,
auf einer «edeln Einfalt und stillen Größe» in der Aktion, auf jenen Linien des Contours endlich, in welchen kein einzelner
Teil (Muskeln,
[* 27] Sehnen, Adern) den sanft verschmolzenen Zug
der großen Umrißkurve (das «Unbezeichnete»)
unterbricht.
In dem histor. Teil hat Winckelmann durch Kombination der Notizen der Alten, mit einer kritischen Auswahl röm. Denkmäler
und ahnender Intuitionen da, wo ihn (wie bei der Zeit des Phidias) die Monumente im Stiche ließen, mit genialer Kunst ein Gebäude
aufgeführt, dem trotz des reichen Denkmälerzuwachses der folgenden hundert Jahre und trotz der geschärften
archäol. und philol. Methoden noch kein ebenbürtiges Werk an die Seite gesetzt worden ist. Winckelmann schuf die
Kunstgeschichte, indem er die Perioden der Kunst nach den Grundzügen einer gesetzmäßig aufeinander folgenden Reihe von
Stilformen charakterisierte und die mannigfaltigen Ursachen der Kunstblüte unter den Griechen mit histor.
Sinn analysierte. Dabei wirkte er zur Erweckung des Geschmacks und der Liebe zur Antike in weiten Kreisen
hauptsächlich durch seine Schilderungen der antiken Meisterwerke (des Heraklestorso, des Apoll vom Belvedere, des Laokoon
u. a.). Die Frucht langjährigen Sammelfleißes, obwohl am kühlsten aufgenommen, war der «Versuch
einer Allegorie» (Dresd. 1766; aus W.s Handexemplar mit dessen zahlreichen eigenhändigen Zusätzen neu
hg. von A. Dressel, 1866), mehr ein gelehrtes Repertorium bildlicher Darstellungen von Gedanken als eine begriffliche Scheidung
der Arten und ihres verschiedenen Werts für die Kunst.
Auf das Gebiet der Archäologie trat Winckelmann über mit dem großen Kupferwerk «Monumenti
antichi inediti» (2 Bde.,
Rom 1767‒68; 2. Ausg.
1821),
denen er im «Trattato preliminare» eine Übersicht der Kunstgeschichte
vorausschickte. Winckelmann schuf dadurch die archäol. Hermeneutik, indem er die bei den Archäologen herrschende
Erklärung aus der röm. Geschichte beseitigte und
im Homer die Hauptquelle der Stoffe nachwies. Im April 1768 reiste Winckelmann in
Begleitung des Bildhauers Cavaceppi von Rom ab, um Deutschland
[* 28] wieder zu besuchen. Aber beim Eintritt in
die TirolerBerge überfiel ihn eine Traurigkeit und Unruhe, die nahezu mit Symptomen einer Gemütskrankheit auftrat. Er war
nur mit Mühe dahin zu bringen, seinen ital. Reisegefährten bis München zu begleiten.
Dann reisten sie zusammen nach Wien, wo Winckelmann auch der Kaiserin vorgestellt wurde. Da alle Überredungskünste
scheiterten, so reiste Cavaceppi allein weiter, während Winckelmann nach Triest
[* 29] fuhr, wo er die Bekanntschaft eines kürzlich ans
dem Gefängnis entlassenen Bösewichts Arcangeli machte, der sein Vertrauen gewann und in der Absicht, die von Maria Theresia
ihm geschenkten Goldmünzen zu rauben, ihn in seinem Zimmer überfiel und ihm fünf Stiche beibrachte,
an denen Winckelmann bald darauf, verschied, nachdem er den Kardinal Albani zum Universalerben eingesetzt.
Eine Gesamtausgabe seiner Werke wurde von Fernow 1808 begonnen und von HeinrichMeyer und Joh. Schulze vollendet (8 Bde., Dresd.
1808‒20; der Nachtrag dazu, Bd. 9‒11,
enthält den schon früher veröffentlichten Teil seiner Korrespondenz), die viele philol. und archäol. Bemerkungen hinzufügten.
– Eine Charakteristik W.s und seines Verdienstes gab zuerst Heyne in der «Lobschrift
auf Winckelmann» (Cass. 1778). Den ganzen Kreis
[* 30] seiner Schicksale, seiner Persönlichkeit, seiner Beziehungen zu Kunst und Altertum, Wissenschaft
und Zeitgenossen beleuchten Goethes meisterhafte Skizzen in dem mit H. Meyer und andern zusammen gearbeiteten
Werk: «Winckelmann und sein Jahrhundert» (Tüb.
1805). Eine vortreffliche Biographie W.s lieferte Justi, Winckelmann, sein Leben, seine Werke und seine Zeitgenossen (2 Bde.,
Lpz. 1866‒72); vgl. noch Rosetti, W.s letzte Lebenswoche (Dresd. 1818).