mehr
dem Kaiserornat Karls d. Gr., die kaiserl. Reichsinsignien, den kostbaren Familienschmuck, unschätzbare Kleinodien, wie den 133½ Karat schweren florent. Diamanten aus dem Besitz Karls des Kühnen von Burgund. Ferner sind zu nennen die berühmte Kupferstichsammlung «Albertina» im Palais des Erzherzogs Friedrich (117000 Handzeichnungen und 220000 Kupferstiche), die Gemäldesammlungen der Akademie der bildenden Künste, des Fürsten Liechtenstein [* 2] (mit Bildern von Rubens, van Dyck und Teniers), die Galerien der Grafen Czernin, Harrach, Schönborn und der Stadt Wien, [* 3] das städtische Museum mit reicher Waffen- und Trophäensammlung aus den Türkenkriegen, das Heeresmuseum, eine berühmte Waffensammlung im Arsenal, die Sammlungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie mit der Papyrussammlung des Erzherzogs Rainer, des Orientalischen Museums, des Technologischen Museums, der Universität und der Technischen Hochschule.
Das Naturhistorische Hofmuseum (s. S. 706 a) enthält im Parterre die mineralog. (reich an Meteoriten), geolog., paläontol., anthropol. und ethnogr. Sammlungen, im ersten Stock die zoolog. Sammlung (besonders reich an Fischen und Vögeln) und im zweiten Stock die botan. Sammlung. Das Museum für österr. Volkskunde wurde eröffnet. Unter den botan. Gärten zeichnet sich der der Universität sowie der in Schönbrunn (s. d.) aus. Ausstellungen der bildenden Künste finden statt im Wiener Künstlerhause und im Wiener Kunstverein. Die Malerschule und die Bildhauersckule zählen zu ihren Mitgliedern Ruß, Darnaut, Griepenkerl, Lichtenfels, Friedländer, Benk, Kundmann, Weyr, Zumbusch u. a.
Das Musikleben wird gefördert durch die Konzerte der Philharmoniker (Hofopernorchester), der Gesellschaft der Musikfreunde, des Singvereins, Haydnvereins, Wiener Männergesangvereins, Schubertbundes u. a. Die Aufführungen finden meist in dem Saale der Gesellschaft der Musikfreunde statt, der 2063 Personen faßt; der Bau eines großen Sängerhauses mit einem Saale für 6000 Personen im Reservegarten an der Wien ist geplant. Größere Orchester sind die von Eduard Strauß, [* 4] Ziehrer und die Militärkapellen, bedeutendere Volkskapellen die «Grinzinger».
Theater. [* 5] Den ersten Rang behauptet seit Joseph Ⅱ. das Burgtheater (s. d. und oben S. 706a) auf dem Gebiete der Tragödie, des Schauspiels und des Lustspiels. Dieselbe Bedeutung hat für die Musik und das Ballett das Hofopernhaus (s. S. 706a), gegenwärtig (1898) von Gustav Mahler geleitet, das durch seine Kräfte und den Glanz der scenischen Ausstattung hervorragt, mit 2352 Zuschauerplätzen. Von den übrigen Theatern pflegt das Theater an der Wien und das Carl-Theater in der Leopoldstadt vorzüglich die Operette, das Deutsche [* 6] Volkstheater und das Raimund-Theater, letzteres in Mariahilf, das Schauspiel und die Posse, das Theater in der Josefstadt die Lokalposse; ferner Jantsch’ (früher Fürsts) Volkstheater im Prater und das Volkstheater in Rudolfsheim. Das Stadttheater und die komische Oper (Ringtheater) verlor Wien durch Brand. Ersteres ist durch Ronacher in ein Etablissement für gymnastische u. s. w. Produktionen umgewandelt worden; denselben Zwecken dient das Orpheum am Alsergrund.
Über die in Wien erscheinenden Zeitungen s. Österreichisch-Ungarische Monarchie (Zeitungswesen).
Institute, Gesellschaften und Vereine. Die bedeutendsten sind die kaiserl. Akademie der Wissenschaften (s. Akademien B, Ⅱ), Geologische Reichsanstalt, Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, Universitätssternwarte, das Militärgeographische Institut, bekannt durch seine ausgezeichneten Leistungen in der Kartographie, die Statistische Centralkommission und die Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und histor. Denkmale; die Niederösterreichische Landwirtschaftsgesellschaft, Gartenbaugesellschaft, der Reichsforstverein, Niederösterreichische Gewerbeverein, die Gesellschaft der Ärzte, der Verein für niederösterr. Landeskunde, Ingenieur- und Architektenverein, Wissenschaftliche Klub, die Wiener Künstlergenossenschaft, der Österreichische Kunstverein, die Gesellschaft der Musikfreunde, der Alpenverein, Touristen-, Alpenklub, der Niederösterreichische Gebirgsverein, zahlreiche kaufmännische, polit., Bildungs- und gesellige Vereine (Gesamtzahl 1895: 5897), das Adelskasino, der Jockeyklub u. a.
Wohlthätigkeitsanstalten. Das k. k. Allgemeine Krankenhaus [* 7] am Alsergrund, eins der größten Spitäler der Welt (10 ha groß), von Kaiser Joseph Ⅱ. gegründet, mit mehr als 100 Krankensälen und 2000 Betten, steht in Verbindung mit den Universitätskliniken; das k. k. Krankenhaus auf der Wieden (600 Betten), die k. k. Krankenanstalt Rudolfstiftung (860) auf der Landstraße, das 1889 errichtete Kaiser-Franz-Josephs-Spital in Favoriten (640), Kaiserin-Elisabeth-, Stephanie-, Wilhelminen-, Rochus-Spital, 4 städtische Epidemie-, 21 private, 6 Kinder- und 2 große Garnisonspitäler; die niederösterr.
Landes-Irrenanstalt (22 ha) für 700 Kranke, die allgemeine Poliklinik, die Krankenhäuser im Kloster der Barmherzigen Brüder in der Leopoldstadt, der Elisabethinerinnen auf der Landstraße, der Barmherzigen Schwestern zu Gumpendorf und in der Leopoldstadt, das Israelitenspital, Rudolfinerkrankenhaus, Sophienspital;
das städtische und zwei Vereins-Asylhäuser (1895: 98233 Obdachlose), das städtische Werkhaus für Arbeitslose;
1 k. k., 8 Gemeinde- und 12 private Waisenhäuser;
das Findelhaus und die niederösterr.
Landes-Gebäranstalt; das k. k. Taubstummen- und das k. k. sowie das israel. Blindeninstitut, das Invalidenhaus; die sechs städtischen Versorgungsanstalten (4165 Pfründner), zahlreiche Säuglings- und Kleinkinderbewahranstalten, 117 Wohlthätigkeitsvereine mit 41973 Mitgliedern (529794 Fl. an 60702 Arme) u. s. w. Die neun Armenfonds hatten 1895: 3020377 Fl. Einnahmen, 2793265 Fl. Ausgaben und 19 Mill. Fl. Vermögen, die 1509 Armenstiftungen besitzen 12,03 Mill. Fl. Kapital mit 516158 Fl. Einnahmen. Vorübergehende Unterstützung genossen 94327 Personen (681767 Fl. aus öffentlichen Mitteln) und 61000 Personen (540538 Fl. aus Privatmitteln), dauernde 6241 Männer und 15740 Frauen (1506764 Fl.). Aus Stiftungsgeldern wurden 2131 Arme dauernd mit 202143 Fl. unterstützt.
Bäder. Die größten sind: das Städtische Bad [* 8] (für nahezu 1 Mill. Fl. im regulierten Donaustrom erbaut), das Centralbad in der innern Stadt, Römische [* 9] und Dianabad in der Leopoldstadt, Sophien-, Beatrix- und Josephsbad auf der Landstraße, Florabad auf der Wieden, Margarethenbad in Margarethen, Esterházybad in Mariahilf, die k. k. Militärschwimmanstalt, außerdem noch zehn städtische Volksbäder. ¶
0711a ¶
mehr
Industrie und Gewerbe. Die Gewerbthätigkeit der Stadt Wien ist sehr bedeutend. Hervorzuheben sind folgende Industriezweige: Fabrikation von Maschinen und Lokomotiven, Waggons, Fahrrädern, Werkzeugen, mathem., Physik., optischen und chirurg. Instrumenten, Klavieren, Blasinstrumenten, Eisenkonstruktionen für Hochbauten, feuerfesten Kassen (10 Fabriken), eisernen Möbeln, emaillierten Kochgeschirren (bedeutende Ausfuhr nach dem Orient), Lampen, [* 12] Bronze- und Zinnwaren, besonders Kunstgegenstände aus Bronze, [* 13] Chinasilberwaren (1893: 394 Betriebe, 2398 Arbeiter), Juwelierarbeiten, Gold- und Silberwaren (749, 3171) und Terracottawaren, Mühlenbauanstalten, Ziegeleien, die chem. Industrie, besonders die Erzeugung von Parfümerien, Soda, Farben, Lacken und Firnissen, Brauereien (9 Brauereien mit einer Produktion [1894/95] von 1514781 hl, ohne die Anton Drehersche Brauerei in Klein-Schwechat mit 681740 hl), die Erzeugung von Seidenwaren, besonders Modestoffen (82 Betriebe, 1041 Arbeiter), Bändern (32, 776), Shawls, Wollwaren, Möbelstoffen und Teppichen, Baumwollstoffen, Posamentierwaren (307, 2569), türk. Kappen, Betten und Wäsche, Schirmen, Kleidern (bedeutende Ausfuhr nach dem Orient, 6172 Betriebe, 24991 Arbeiter), Kunstblumen (1499 Arbeiter), Leder (165 Fabriken, 1922 Arbeiter), Schuhwaren (4547,17641), Handschuhen, Täschner-, Riemer- und Lederwaren mit bedeutender Ausfuhr, Hüten, Putzwaren, Papier, Möbeln, Perlmutter- und Drechslerwaren, Tapeziererarbeiten (718 Unternehmer mit 1396 Arbeitern), Baugewerbe (2685, 43210), Buch- und Kunsthandel (Firmen: Braumüller, Gerold, Hartleben, Hölder, Hölzel, Tempsky, s. diese Artikel), Photographie und Kunstgießerei. (S. auch Niederösterreich.)
Handel. Wien ist durch seine günstige Lage am Ausgange der Alpen [* 14] und an der Donau der natürliche Vereinigungspunkt der großen Handelsstraßen nach dem Süden und dem Osten und hat als Hauptstapelplatz für den großartigen Getreide- und Viehhandel eine hervorragende Bedeutung.
Die Getreideeinfuhr nach Wien auf den Schiffen der Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft umfaßte:
Jahre | Tonnen | Jahre | Tonnen | |
---|---|---|---|---|
1870 | 72609 | 1890 | 266881 | |
1875 | 80740 | 1893 | 192576 | |
1876* | 157747 | 1894 | 148798 | |
1885 | 294012 | 1895 | 184165 |
* Eröffnung des städtischen Lagerhauses.
Der Getreideverkehr im Lagerhaus der Stadt betrug 1895: 171180 t Ein- und 174313 t Auslagerung, der höchste Lagerstand 42470, der niedrigste 20440, die Tagesbewegung im Mittel 1464, im Oktober an einem Tage 2192 t. In allen Lagerhäusern betrug der durchschnittliche Lagerstand 60000, der höchste 100000 t Getreide. [* 15] Sehr bedeutend ist auch der Weinhandel. Zum Konsum wurden eingeführt 1895:521724 hl Wein in Fässern, 5707 hl in Flaschen, 40841 hl Weinmost, 6505 hl Obstmost, 2691 t Weintrauben und 1158115 hl Bier.
Außerdem wurden in Wien erzeugt und verbraucht 1333349 hl Bier. Von großer Bedeutung ist der Viehhandel, dem der Centralviehmarkt (s. S. 707b) dient. Außer dem Vieh wurden 6,5 Mill. kg Rindfleisch, 3,9 frisches Kalbfleisch, 2,26 Mill. kg eingesalzenes Fleisch, 450738 kg Salami und Zungen, 1300700 Gänse, Kapaunen und Truthühner, 3580937 Hühner [* 16] und Tauben, [* 17] 425102 Stück Wild und 1799000 kg Fische [* 18] eingeführt. Der Verbrauch an Kohle betrug 1,46 Mill. t. Die Einfuhr von Brennholz betrug 114700 t, von Bau-, Werk- und Nutzholz 148900 t.
Bank und Versicherungswesen. Wien ist Sitz einer Geld- und Effektenbörse, der Hauptbörse der Monarchie und einer der bedeutendsten europ. Börsen;
ferner einer Börse für landwirtschaftliche Produkte, besonders durch die alljährliche Veranstaltung eines internationalen Saatenmarktes von großer Bedeutung. 1895 bestanden 18 Banken mit einem Aktienkapital von 270,1 und einem Pfandbriefumlauf von 386,38 Mill. Fl.;
das durchschnittliche Erträgnis betrug 8,51 Proz., ohne die Österreichisch-Ungarische Bank 9,09 Proz. Die hervorragendste Stelle nimmt die Österreichisch-Ungarische Bank (s. d.) ein;
dann folgen die Österreichische Credit-Anstalt (s. d.), Österreichische Boden-Credit-Anstalt (s. d.), die Österreichische Länderbank (s. d.), der Wiener Bankverein (1869 gegründet, 25 Mill. Fl. Aktienkapital, 1895: 8 Proz. Dividende), die Anglo-Österreichische Bank (1863 gegründet, 18 Mill. Fl. Aktienkapital, 7½ Proz. Dividende), die Unionbank (1870 gegründet, 12 Mill.Fl. Aktienkapital, 8½ Proz. Dividende).
Ferner bestehen 66 Spar- und Vorschußvereine mit beschränkter Haftung (25181 Mitglieder mit 30,27 Mill. Fl. Krediten) und 12 Vorschußvereine mit unbeschränkter Haftung (1583 Mitglieder mit 3,38 Mill. Fl. Krediten), 19 Konsumvereine (46772 Mitglieder, 1,40 Mill. Fl. Aktiven), 55 sonstige Wirtschaftsgenossenschaften (2228 Mitglieder, 3,29 Mill. Fl. Aktiven), 6 Sparkassen, darunter die Erste Österreichische Sparkasse, die größte Sparkasse der Monarchie (1819 gegründet, 198,74 Mill. Fl. Einlagen), die Neue Wiener Sparkasse und vier Wiener Gemeinde-Sparkassen mit zusammen 474331 Einlegern und 241,06 Mill. Fl. Einlagekapital. Lebens- und Rentenversicherung betreiben 21 Gesellschaften, Versicherung gegen körperliche Unfälle 4, gegen Feuer 13, Transportschäden 15, Hagel 1, Spiegelglasversicherung 1, Rückversicherung 6.
Verkehrswesen. Schiffsverkehr. Auf der Donau wurden von der Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft 1895 befördert: thalwärts 108052, bergwärts 106740 Passagiere. Angekommen sind thalwärts 69248, bergwärts 20800 Passagiere.
Der Frachtenverkehr betrug 1895 in Tonnen:
Richtung | Kaufmannsgüter | Getreide | Zusammen |
---|---|---|---|
Ausfuhr | |||
Thalwärts | 133118 | 222 | 133340 |
Bergwärts | 6720 | 11196 | 17916 |
Zusammen | 139838 | 11418 | 151257 |
Einfuhr | |||
Thalwärts | 17100 | 459 | 17559 |
Bergwärts | 88379 | 188706 | 277086 |
Zusammen | 105479 | 189165 | 294645 |
Durchfuhr | |||
Thalwärts | 56067 | 69 | 56137 |
Bergwärts | 56303 | 104659 | 160963 |
Zusammen | 112370 | 104728 | 217100 |
Die Süddeutsche Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft beförderte thalwärts 7407, bergwärts 43990 t. Die Raaber Dampfschiffahrt-Aktiengesellschaft brachte 1895: 42087 t Getreide nach Wien. An Ruderschiffen kamen an: 248 Schleppschiffe, 1818 Plätten, [* 19] ¶