Semler, Die tropische
Agrikultur, 4. Bd. (Wism. 1892);
Babo und Mach, Handbuch des Weinbau und der Kellerwirtschaft (1. Bd.:
Weinbau, 2. Aufl., Berl. 1893);
Vetter, Die Kultur der amerik.
Reben (1.Tl., Ödenb. 1894);
Dochnahl,
Katechismus des Weinbau, der Rebenkultur und der
Weinbereitung (Lpz. 1896); Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft (hg. von
Goethe, 9. Jahrg., Wiesb. 1897), «Der Winzer.»
Zeitschrift für alle Interessen der Winzer (hg. von
Hegner, 2. Jahrg.,
Trier
[* 3] 1897).
die Bereitung des
Weins (s. d.) aus den
Früchten des
Weinstocks.
Die erste Zerkleinerung der
Trauben erfolgt
meist im
Weinberg selbst noch während derWeinlese (s. d.) in einer
Beute (Bottich, Hotte, Mostelschaff)
entweder durch Zerstampfen mit einer Keule
(Moster) oder mit den Füßen, besser aber durch eine Traubenmühle
(Traubenraspel).
Will man den
Most gleich von den Kämmen und Schalen trennen, so wird die mit durchlöchertem
Boden und
Wänden versehene
Beute
über den Gärbottich aufgestellt.
Dieser erste
Most ergiebt den besten
Wein (Essenz). In gedecktem Raum erfolgt dann, öfters wiederholt,
das
Keltern oder Kaltern. Dies geschieht durch mechan. Vorrichtungen
(Kelter). Die älteste und gewöhnlichste
Kelter ist die
Baumpresse
(Trotte), bei der eine starke
Stange als Hebel
[* 25] wirkt; zweckmäßiger ist die eiserne Schraubenpresse oder Differentialpresse,
hierzu gehört die Rheingauer und die Mabillepresse, am besten die neueste Konstruktion der franz.
Kniehebelkelter. Sobald die Gärung des
Mostes (s. d. und
Hefe,
[* 26] Bd. 17) nahezu vollendet ist und die Kohlensäureentwicklung
nachläßt, setzen sich
Hefe,
Weinstein und die
übrigen festen
Stoffe zu
Boden und bilden den sog. «Trub», von
dem der einigermaßen geklärte
Wein «abgestochen», d. h. abgelassen
wird, und zwar in sorgfältigst gereinigte und wohl auch geschwefelte Fässer, in welchen noch längere Zeit immer schwächer
werdende
Nachgärungen mit
Bildung von Ausscheidungen stattfinden, die größtenteils aus krystallinischem
Weinstein bestehen.
Das Abstechen muß öfters wiederholt werden. Ist die Gärung abgeschlossen, so ist auch der
Wein (Jungwein)
durchsichtig und klar geworden. Bis zu diesem Punkt vergeht aber längere Zeit, oft einige Jahre. Weißweine klären sich
häufig von selbst überhaupt nicht ganz, sondern müssen «geschönt» werden.
Das Schönen (s. d.) bringt die letzten trübenden und die Haltbarkeit gefährdenden
suspendierten
Stoffe zum
Absatz, so daß der
Wein nun «glanzhell», d. h.
vollkommen durchsichtig und «flaschenreif» wird.
Ehe nicht diese trübenden
Stoffe beseitigt sind, darf der
Wein nicht auf Flaschen abgezogen werden, da er sonst leicht Weinkrankheiten
(s.
Wein) erleidet, denen man viel weniger beikommen kann, als wenn er noch in Fässern lagert und stetig beobachtet wird.
Ja manche dieser schädlichen Änderungen treten überhaupt nur in Flaschen, dagegen nicht beim Lagern
in Fässern ein. Bei letzterm steht der
Wein stets noch unter einer, wenn auch sehr schwachen Einwirkung der durch das poröse
Holz
[* 27] hindurch diffundierenden Luft. Je stärker und körperreicher die
Weine, um so besser reifen sie auf Flaschen nach.
Bilden sie, wie viele Rotweine
(Bordeaux,
[* 28] Portugieser, auch
Tokajer), in den Flaschen einen Bodensatz, so müssen sie dekantiert,
d. d. sorgsam in frische Flaschen übergefüllt werden. Mit dem Lagern auf Fässern ist andererseits aber auch wieder
ein
Verlust an der Quantität des
Weins verbunden, indem der Wassergehalt allmählich in die Luft abdunstet.
Dieser «Schwund», bei welchem der
Wein konzentrierter, auch alkoholreicher wird, muß durch Auffüllen der Fässer mit fertigem
Wein von Zeit zu Zeit ersetzt werden. Um aus jungen
Weinen möglichst rasch marktfähige Ware zu gewinnen, wird die
Elektrische Weinbehandlung
[* 29] (s. d., Bd. 17) angewandt.
Die Behandlung des
Weins von dem Beginn der Gärung bis zum Flaschenreifwerden bildet den Kellerbau oder
die Kellerwirtschaft. Man unterscheidet Gärkeller, Lager- und Flaschenkeller; im Gärkeller macht der
Wein seine erste
Entwicklung
durch. Derselbe wird halb über, halb unter Erdhöhe angelegt, weil hier wechselnde
Temperaturen angebracht erscheinen, namentlich
aber während der Hauptgärung eine erhöhte
Temperatur bis 20° C. erwünscht ist;
unter dem Gärkeller
befindet sich der Lager- und Flaschenkeller, der stets gleichmäßige
Temperatur von 10 bis 12° C. aufweisen soll;
reine
Luft und peinlichste Sauberkeit sind Hauptbedingungen;
der Raum darf nichts anderes aufnehmen als
Wein, am wenigsten Speisevorrat.
Der rationelle Kellerbau ist namentlich in
Frankreich und
Deutschland und auch in
Ungarn
[* 30] in den Edelweinlagen
voll ausgebildet worden und hat sich von hier auch allmählich verbreitet. Auch nach Abfüllung des
Weins in Flaschen bedarf
er noch der
Entwicklung
(Bau,
d. i.
Abbau) zur vollkommenen Güte und Feinheit, da frisch eingefüllter
Wein schlechter schmeckt
als kurz vorher vom Faß.
[* 31]
In klimatisch ungünstigen
Tagen und Jahren, namentlich häufig in den nördlichern
Weinbau¶
mehr
treibenden Ländern, ist die Zusammensetzung des Saftes auch gereifter Trauben häufig eine solche, daß bei der Gärung ein
kaum trinkbarer Wein entsteht. Meist fehlt es dem Most dabei an dem genügenden Zuckergehalt, womit in der Regel ein zu großer
Gehalt an Säuren verbunden ist; nicht selten ist er auch zu reich an Albuminkörpern oder schleimigen
Substanzen, welche eine gute und vollkommene Vergärung unmöglich machen. In solchen fällen ist es angezeigt, den Most zu
verbessern.
Die Zahl der hierzu dienenden Methoden ist sehr groß, die meisten sind verwerflich, weil sie den Wein in einer Weise verändern,
welche seine Zuträglichkeit vermindert, ja ihn geradezu gesundheitsschädlich machen kann. Allzu säurereicher
Most kann dadurch verbessert werden, daß man ihm etwas feines Marmorpulver zusetzt. Dadurch werden die Säuren teilweise
neutralisiert und gehen in unlösliche Kalksalze über, welche sich zu Boden setzen. Mangelnder Zuckergehalt wird dadurch verbessert,
daß man einen Teil des event. entsäuerten Mostes eindampft (einkocht) und diese nun viel konzentrierter
gewordene Lösung des Traubenzuckers dem übrigen Most hinzusetzt.
Albuminkörper und Schleimstoffe dagegen sind während der Gärung selbst aus dem Most dadurch zu entfernen, daß man den
an der Oberfläche gebildeten Schaum von Zeit zu Zeit abschöpft. Ihre Abscheidung wird durch wiederholtes «Lüften», durch
Zusatz fester poröser Stoffe, wie Spanische
[* 33] Erde u. s. w., teilweise auch durch Schwefeln (s. d.)
oder «Einbrennen» des Mostes befördert, doch dürfen alle diese Mittel nur mit höchster Vorsicht angewendet werden. Neuerdings
wird das Filtrieren
[* 34] bevorzugt.
Das 1859 aufgekommene Petiotisieren (s. d.) könnte vielleicht empfohlen werden,
doch ist dabei vorausgesetzt, daß man dazu einen Zucker
[* 35] verwende, welcher in der That an Reinheit dem
Traubenzucker möglichst gleichkommt. Auch das Chaptalisieren (s. d.) des
Mostes kann noch als zulässig bezeichnet werden. Ein von den Weinhändlern allgemein geübtes Verfahren ist das «Verschneiden»
des Weins, d. h. des Versetzen geringwertigen Weins mit besserm. Es ist gegen dieses Verfahren nichts einzuwenden,
wenn es auf Weine gleichen Charakters angewendet, wenn z. B. das Produkt eines geringern Jahrgangs
durch Zusatz eines bessern aus gleicher Lage verbessert wird.
Ganz neu ist der VorschlagNeßlers, die Weine mit Kohlensäure zu sättigen, ohne sie aber zum Moussieren zu bringen. Sie werden
dadurch haltbarer und erhalten den beliebten «spritzigen»
Geschmack. Zu den Verbesserungen gehören noch das Feuern, d. h. anhaltende Erwärmen des jungen Weins, um ihn dem alten ähnlich
zu machen;
das Glacieren, d. h. starkes Abkühlen, wodurch die Ausscheidungen sofort erfolgen, so daß
der Wein rasch flaschenreif wird;
das jetzt in Deutschland verbotene Scheelisieren, d. h. das Versetzen mit Glycerin,
um die Säure zu verdecken und dem Wein mehr Körper zu geben;
das Alkoholisieren, d. h. Vermischen mit Sprit (Weingeist), um
den Wein stärker und haltbarer zu machen.
Gegen einen mäßigen Zusatz von Gips
[* 36] (Gipsen), um den Wein klarer und haltbarer zu
machen, ist nichts einzuwenden; aber zu viel ist gesundheitsschädlich und schon zu den Verfälschungen
zu rechnen. Solche Weinfälschungen oder Weinschmierereien werden in der verschiedensten Weise vorgenommen. So ist das Verschneiden
von Weinen aus geringen Lagen mit bessern Weinsorten entschieden eine
Fälschung, sobald die Mischung als bessere Marke bezeichnet
wird. Derartige Fälschungen sind allerdings sehr gewöhnlich; namentlich werden sie häufig bei Rotweinen
vorgenommen, die durch Verschneiden von leichten und billigen Weißweinen mit sehr farbstoffreichen Rotweinen (Roussillon
u. a.) hergestellt und als Bordeauxweine verkauft zu werden pflegen.
Noch bedenklicher ist jede sog. Verbesserung eines geringwertigen Weins durch Zusatz von Stoffen, welche nicht von vornherein
im Traubensaft vorhanden waren, namentlich wenn dieselben gleichzeitig den Zweck haben, die Menge des
verwendeten Naturweins zu vermehren, wie z. B. das Gallisieren (s. d.)
und die Herstellung von Rotweinen aus Weißwein durch Zusatz von an sich unschädlichen Pflanzenfarbstoffen, wie Saft von
Heidelbeeren, Kirschen, Holunderbeeren u. dgl. Die schlimmste Weinfälschung aber besteht in der Herstellung von
weinartigen Flüssigkeiten aus Wasser, Spiritus,
[* 37] Farbstoffen, Glycerin, Weinsteinsäure und künstlich hergestellten
Riechstoffen, wenn ein solcher Kunstwein entweder direkt oder nach dem Verschneiden mit Naturwein als letzterer verkauft
wird.
Werden gallisierte, petiotisierte oder selbst Kunstweine mit ausdrücklicher Angabe der Art ihrer Bereitung verkauft, so
ist dagegen nichts einzuwenden, immer vorausgesetzt, daß die bei der Fabrikation verwendeten Stoffe ganz
rein und frei von gesundheitsschädlichen Substanzen sind. Leider ist dies sehr häufig nicht der Fall. Es ist daher die strenge
Bestrafung der Weinfälschung, wie es in Deutschland durch die neuen Weingesetze (1892-94) geschehen ist, durchaus geboten.
In neuerer Zeit wird die Verfälschung namentlich durch die chem. Analyse (s. Wein) zu entdecken gesucht,
und es sind besondere önochem. Versuchsstationen ins Leben gerufen worden. -
Vgl. Dahlen, Die Weinbereitung (Braunschw. 1878-82);
Piaz,
Die Weinbereitung und Kellerwirtschaft (3. Aufl., Wien 1892);
Neßler, Die Bereitung, Pflege und Untersuchung des Weins (7. Aufl., Stuttg.
1897);
von der Lippe,
[* 38] Die Weinbereitung und Kellerwirtschaft (4. Aufl., Weim.
1894);
Wortmann, Anwendung und Wirkung reiner Hefen in der Weinbereitung (Berl. 1895);
Dochnahl sen., Die künstliche Weinbereitung und die naturgemäße
Verbesserung und Vermehrung des Obst- und Traubenweins u. s. w. (4. Aufl.,
Bas. 1895);
Babo und Mach, Handbuch des Weinbaues und der Kellerwirtschaft (2. Bd.: Kellerwirtschaft, 3. Aufl.,
Berl. 1896);
Piaz, Handbuch der praktischen Kellerwirtschaft u. s. w. (Wien 1896);