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gleiten, und nahm, als ihm dieser entfloh, tief ge- kränkt seine Entlassung;
er lebte uun als Privatmann 1804-9 in Iagsthausen, dcmn in Weikersheim. 1820-24 vertraiW. das Oberamt Künzelsau in der württemb.
Ständeversammlung. Er starb zu Knpferzell.
Als Schriftsteller trat er zuerst auf mit seiner «Möncherei» (3 Bde., Stuttg. 1818-20),
einer Geschichte des Mönchtums, die, obgleich als Geschichtswerk mit wesentlichen Män- geln behaftet, doch das Gepräge eines eigentümlichen Geistes trägt.
Ahnliches gilt von seiner Schrift «Das Ritterwesen» l3 Bde., Stuttg. 1822-24).
All- gemeinen Beifall fanden seine fatir.-humoristifcheu Schriften «Deutfchland, oder Briefe eines in Deutsch- land reisenden Deutschen» (4 Bde., Stuttg. 1826-28) und der noch heute gelesene «Demokritos, oder hin- terlassene Papiere eines lachenden Philosophen > Ausg., 12 Bde., 1888; Auswahl, Verl. 1870; auch in Reclams »Universalbibliothek»).
Eine Samm- lung seiner «Sämtlichen Werke» erschien nach seinem Tode (30 Bde., Stnttg. 1834-44). Weber, Karl Maria, Freiherr von, Kom- ponist, geb. in Eutin, Sohn des Offiziers Franz Anton von Weber (des Vetters der Konstanze von Weber, f. Mozart).
Sein Vater war vom Militär zur Musik und Theaterleitung über- gegangen und damals Kapellmeister am Eutiner Hofe, zog aber später, voller Projekte und ohne Ruhe, in Deutschland [* 2] umher, besonders nachdem fein Wunsch, seinen Sohn zu einem musikalischen Wunderkinde gedeihen zu sehen, in Erfülluug zu gehen schien.
W.s Kunstneignngen blieben lange unentschieden, so daß er auch in den bildenden Künsten Fortschritte machte, bis endlich die Musik die Oberhand gewann.
Bei Heuschkel in Hildburg- Hausen legte er 1796 den Grund zu einem soliden und fertigen Klavierspieler;
1738 genoß er in Salz- burg Michael Haydns Unterricht und ließ sechs Fughetten als sein erstes Wert drucken, worauf er noch in demselben Jahre bei dem Gesanglehrer Wal- lishauser (Valesi) und dem Organisten Kalcher seine Studien fortsetzte.
Während er bei Kalcher mit.Har- monie- und Kompositionslehre beschäftigt war, schrieb er seine erste Oper «Die Macht der Liebe und des Weins».
Die Erfindung des Steindrucks durch Senefelder in München [* 3] und die Unvollkommenheit seiner Maschinen brachte die beiden Weber, Vater und Sohn, auf die Idee, durch Selbstdruck und Selbst- verlag sich von den fpröden Musikvcrlegern zu eman- cipieren.
Senefelders Verfahren wnroc von ihnen verbessert und schon 1798 in den so gedruckten «Sechs Variationen fürs Klavier Nr. 1» erprobt. In Freiberg [* 4] in Sachsen, [* 5] wohin sie 1800 kamen, gedachten sie die Sache im großen zu betreiben, waren aber bald mit ihren Mitteln zu Ende.
Hier komponierte Weber als vierzehnjähriger Knabe die Oper «Das Waldmädchen», die im Okt. 1800 zuerst in (Hemnitz aufgeführt wurde. In Salzburg [* 6] schrieb er 1801 die zweiaktige Oper «Peter Schmoll und seine Nachbarn», die 1802 in Augsburg [* 7] zur Auf- führung kam. 1803 ging Weber nach Wien, [* 8] wo er bei Abt Vogler ein Jahr lang eifrig studierte, auch einige Variationen und den Klaviersauszug zu Voglers Oper «Samori» herausgab. Vogler ver schaffte ihm die Stelle eines Musikdirektors in Vre^ lau, die er im Herbst 1804 antrat. Ende 1806 ginq er auf Einladung des kunstliebenden Prinzen Eugen von Württemberg [* 9] nach Karlsrube in Schlesien. [* 10] Außer zwei Sinfonien für die dortige Kapelle schrieb" er noch mehrere Konzert- und Harmomestücke. Als der Krieg die Kapelle wie überhaupt diefen Kunst- und Ruhesitz zerstörte, tam an den Hof [* 11] des Her- zogs Louis von Württemberg nach Ludwigsburg [* 12] bei Stuttgart [* 13] als dessen Sekretär. [* 14] Hier, an einem wilden, verderbten Hofe, als Schuldenverwalter des Bruders des Königs, führte ihn feine vom Vater ererbte und genährte Neigung, den Kavalier zu fpielen, in bedauerliche, mit ihren Nachwirkungen tief in fein folgendes Leben sich hineinziehende Ver- irrungen. Als dann anch noch fein alter Vater im April 1809 bei ihm anlangte, kam er bald dem pe- kuniären wie moralischen Bankrott nahe. Ende Febr. 1810 wurde er nebst seinem Vater des Landes verwiesen: ein unrühmlicher Abschluß seiner Staats- laufbahn, aber die größte Wohlthat, die ihm als- Künstler widerfahren konnte. Weber ging im April 1810 nach Darmstadt [* 15] zu sei- nem Lehrer Abt Vogler, wo er in Gemeinschaft mit Gänsbachcr und Meyerbeer seine Studien wieder aufnahm. In Stuttgart entstanden trotz seiner amtlichen Stellung ^ mehrere bedeutende Kompo- sitionen: die Rochlitzsche Kantate «Der erste Ton»,. Lieder, die erste der vier großen Klaviersonaten, Ouvertüren, Sinfonien und endlich seine erste nam- hafte, von Hiemer in Stuttgart nach der Handlung, des «Waldmädchen» umgebildete Oper «Silvana»,. die nicht nur in der Musik, sondern auch in der Hand- lung (Wald- und Ritterleben) als eine Vorläuferin feiner beiden Hauptwerke «Freifchütz» und «Eu- ryanthe» angefehen werden muß.
Merkwürdig, wie die Oper selbst, war für fein folgendes Leben auch ihre erste Aufführung in Frankfurt, [* 16] weil die Titelrolle von feiner nachherigen Frau, Karoline Brandt, gegeben wurde. Im Nov. 1810 fchrieb er in Mannheim [* 17] bei Gottfried Weber die Ope- rette «Abu Hassan», ebenfalls von feinem Freunde Hiemer gedichtet, welche Stuttgarter Vorgänge (drängende Gläubiger und gequälte Schuldner) be- bandelt und dortige Persönlichkeiten persifliert.
Von Ostern 1813 bis Okt. 1816 leitete Weber die Oper in. Prag [* 18] als Nachfolger Wenzel Müllers und entfal- tete eine bedeutende Thätigkeit. Im Sept. 1814 ent- standen auf einer Erholungsreife als Nachwirkung der in Berlin [* 19] erhaltenen nationalen Anregung feine- begeisternden, Auffehen erregenden Kriegstieder zu Theodor Körners Dichtungen, an deren Spitze «Lützows wilde Jagd» und das «Schwertlied» stehen.
Nach der Schlacht bei Waterloo [* 20] folgte die große Kantate «Kampf und Sieg». 1816 war Weber vorübergehend in Berlin und kam Ende dieses Jahres nach Dresden [* 21] als Kapellmeister an die im Entstehen begriffene deutfche Oper, die neben der vom Hofe begünstigten und mit allen Mitteln der Kunst ausgerüsteten ital. Oper einen harten Stand hatte. zu Hoffesten entstanden eine Iubelkantate^ Iubelouverture, Iubelmesse in ^8, die kleinere Messe in (^ und mehrere Kantaten. Zu Anfang 1817 geriet Weber in Gemeinschaft mit Friedrich Kind auf die Geschichte des Freischützen^ die schon 1810 in Mannheim ihm und seinem Freunde Dusch als passender Opernstoff erschienen war. Die Komposition war 1820 vollendet. Un- mittelbar darauf fchrieb Weber die reizende und charak- teristische Musik zu Wolffs Schauspiel «Preciosa», die zum erstenmal in Berlin mit nachhaltigem Erfolg auf die Bühne kam und die Er- ! Wartungen in hohem Grade spannte auf W.s neue ¶
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Oper, die ebenfalls dort zuerst erscheinen sollte. 'Am wurde dann dort «Der Freischütz» zum erstenmal aufgeführt und durchflog die Welt mit einer Schnelligkeit, wie nie zuvor eine andere Oper. 1822 erhielt Weber den Auftrag, für Wien eine neue große Oper zu schreiben. Bestrebt, etwas von dem «Frei- schütz)) möglichst Abweichendes zu liefern und dadurch manche laut gewordene Zweifel über die Grenzen [* 25] seines Talents zu widerlegen, wählte er die von Helmine von Chezv gedichtete »Euryanthc», deren erste, von Weber selbst geleitete Aufführung in Wien 25. Okt. desselben Jahres stattfand.
Das Schicksal des Werkes war schon durch die Wahl des Texten vorbestimmt; er repräsentiert die unklare und ver- schwommene, wie der «Freiscbütz» die frische nnd populäre Seite der Nomantik. Anfang 1824 er- hielt Weber von London [* 26] den Auftrag, eine Oper zu schreiben, und wäblte den «Obcron». Trotz seiner KränNicbleit ging er im Febr. 1826 nach London, wo er 12. April den «Obcron» mit lebhaftem Bei s'ali aufführte. Aber scbon 5. Juni starb er daselbst an einem Hals- und Luugeuübel. 1814 wurden seine Neste nach Dresden gebracht und 1860 ihm hier auf dem Theaterplatz ein von Nietfchel ausge- fübrtes Denkmal errichtet. Weber ist der Schöpfer der romantischen Oper mit allen ihren Vorzügen und Mängeln. W.s eigentliche Schule (Marschner u. a.) wurzelt im «Freischütz»; doch auch «Euryantbe» und «Oberon» zeigen sicb dadurch als Werke von histor. Bedeutung, daß sie auf die Kunst der folgenden Epocke (Mendelssobn, Wagner u. s. w.) vorbildend gewirkt baben. W.s «Hinterlassene Schriften» wurden durch Tbeodor Hell (3 Bde., Dresd. 1828) herausgegeben. - W.s Leben ist ausführlich beschrieben von seinem Sobne Mar Maria von Weber in «Karl Maria von Weber. Ein Le- bensbild» (3 Bde., Lpz. 1864-66).
Vgl. noch Iähns, Chronol.-thematischer Katalog der Werke von Karl Maria von Weber (Berl. 1871);
ders., Karl Maria von Weber. Eine Lebensstizze (ebd. 1873).
Als Festschrift zu W.s 100. Geburtstag erschienen Neisebriefe von Karl Maria von an seine Gat- tin (hg. von seinem Enkel Karl von Weber, Lpz. 1886). Eine um dieselbe Zeit in die Öffentlichkeit gebrachte nachgelassene Oper von K. M. von Weber:. «Die drei Vintos» (textlich von Karl von Weber, musikalisch von G. Mahler überarbeitet, zuerst aufgeführt 1888 in Lcipzig), beruht nur auf ganz unzulänglichen Ori- ginalsNzzen des Komponisten. Weber, Karl Otto, Chirurg, geb. 29. Dez. 182? zu Frankfurt a. M., studierte zu Bonn, [* 27] habilitierte sich 1853 daselbst als Privatdocent der Chirurgie und wurde 185? zum außerord.
Professor ernannt; 1862 erbielt er die außerordentliche Professur der pathol. Anatomie zu Boun. 1865 wurde er als ausierord. Professor der Chirurgie nach Heidelberg [* 28] berufen; er starb daselbst 11. Juni 186? an Dipb' therie. Weber hat bahnbrechende Arbeiten auf dem Gc- biete der allgemeinen chirurg. Pathologie geliefert. Er veröffentlichte unter andern «Die Knochcnge- schwülste in anatom. und praktischer Beziehung» (Abteil. 1, Bonn 1856),
«Chirura. Erfahrungen und Untersuchungen» (Berl. 1859). Weber, Konstanze, s. Mozart. > Weber, Mar Maria, Freiherr von, Eisenbahn- techniker, Sohn des Komponisten Karl Maria vonW., geb. zu Dresden, war nach vollende- tem Studium als Ingenieur in den Etablissements von Borsig in Berlin und bei verschiedenen Eisen- bahnen thätig, trat 1850 in den sächs. Staatsdienst, führte als Direktor der Staatstelegraphen mehrere Linien im Königreich Sachsen aus und trat 1852 als technisckes Mitglied in die Etaatseisenbahnverwal- tung.
Später erbielt er die Stelle emes Staats- eiseubahndirettor^ und Negierungsrats zu Dresden. 1870 als vortragender Nat in das Handelsmini- sterium uach Wien berufen, übte er bedeutsamen Einfluß auf die Neugestaltung des österr. Eisenbahn- wesens. Er verließ 1875 diese Stellung, weil er in seinen Ansichteil von denen des Ministeriums ab- wich, und wurde 1878 Hilfsarbeiter im preuß. Han- delsministerium. Weber starb in Berlin. Unter seinen fachwissenschaftlichen Werken sind hervorzuheben: «Die Technik des Eisenbahn- betriebs» lLpz. 1854),
wesens" (4. Aufl., bearbeitet von Koch, ebd. 1885), «Abnutzung des physischen Organismus der Eisen- babnbeamten» (ebd. 1860),
lChemn. 1819),
«Die Lebensversicherung der Eisen- bahnpassagiere in Verbindung mit der Unterstützung und Pensionierung der Eisenbahnbeamteu» (Lpz. 1855),
«Das Telegraphen- und Signalwesen der Eisenbahnen» (Wcim. 186?),
«Die Stabilität des Gefüges der Eisenbahngleise» lebd. 1869),
«Die Praris des Baues und Betriebes der Sekundär- babnen» (ebd. 1873),
«Die Sicherung des Eisenbahn- betriebes» (Wien 18?6),
«Nationalität und Eisen- bahnpolitik» (ebd. 1877),
«Wert und Kauf der Eisen- bahnen» (ebd. 1877),
«Die Stellung der deutschen Techniker im staatlicben und socialen Leben» (Wien, Pest und Lpz. 1877),
«Der staatliche Einfluß auf die Entwicklung der Bahnen minderer Ordnung» lWien 1878),
«Studie über die Wasserstraßen Eng- lands», «Studie über die Wasserstraßen Schwe- dens» (beide Berl. 1880),
«Die Wasserstraßen Nord- europas» lLpz.
1881) u. s. w. Außerdem verfaßte er auch eine Biographie seines Vaters («Karl Maria von Weber. Ein Lebensbild», 3 Bde., Lpz. 1864-66) und belletristische Schriften: «Aus der Welt der Ar- beit» (Berl. 1868),
«Werke und Tage» (Wenn. 1869), «Schauen und Schaffen» (Stuttg. 1878). -
Vgl. Bcrghaus, Mar Maria, Freiherrvon Weber (Berl. 1881).
Weber, Tbeodor, Viscbof der Altkatboliken des Dcutscben Neichs, s. Bd. 17. Weber, Wilhelm Eduard, Physiker, Bruder Ernst Heinrich und Eduard Friedr. W.s, geb. 24 Okt. 1804 zu Wittenberg, [* 29] studierte in Halle. [* 30] Schon als Schüler nahm Weber teil an den experimentalen Unter- suchungen seines ältern Bruders, die in der Her- ausgabe der «Wellenlehrc» (Lpz. 1825) ihren Ab- schluß fanden. Nachdem sich Weber 1827 in Halle auf Eirund einer Abhandlung über die Theorie der ')Ungenpfeifen habilitiert hatte und bald darauf zum außerord.
Professor ernannt worden war, folgte er 1831 einem Nufe als ord. Professor für Physik nach Göttiugen. Hier wurde er als einer der sieben Göttinger Professoren, welche gegen die Aufhebung der Verfassung protestierten, seines Amtes entsetzt, lebte seitdem teils als Pri- vatgelehrter in Göttingen, [* 31] teils auf Neifen, bis er 1843 als Professor nach Leipzig [* 32] berufen wurde. Von hier kehrte er Ostern 1849 in seine frühere Stellung in Göttingen zurück, wo er 23. Iuui 1891 starb. In Göttingen knüpfte sich eiu enges Freund- schaftsband zwifchen Weber und Karl Friedrich Gauß, aus welchem als Frucht gemeinsamer Arbeit der erste elektromagnetische Telegraph [* 33] im 1.1833 ber- vorging. Zwei Kupfcrdrähte, üoer die Dächer der ¶