Eindringen übelriechender
Gase
[* 2] aus den Abzugskanälen in die innern Räume oder in städtische
Straßen verhindert wird. Jedoch
wirkt ein derartiger Verschluß nur so lange, als eine Sättigung der Wasserschicht mit den
Gasen noch nicht stattgefunden
hat. Aus diesem
Grunde muß die Wasserschicht häufig erneut werden, was bei jedem Durchgang von Wasser
geschieht. Unterbleibt letzteres, also z. B. wenn die betreffenden Räume nicht benutzt werden,
so tritt trotz des Wasserverschluß eine Verpestung ein. In der Nähe des Wasserverschluß befindet sich außerdem
gewöhnlich ein Lüftungsrohr.
der
Inbegriff aller Einrichtungen zur Beschaffung von Trink- und Verbrauchwasser (Nutzwasser).
Geschichtliches. Die älteste Art der Wassergewinnung bildet die
Anlage von
Cisternen und
Brunnen.
[* 3] Man findet
uralte Reste von
Cisternen in Westasien und Nordafrika sowie
Brunnen, die lange vor unserer Zeitrechnung bestanden und noch
heute benutzt werden. Beispielsweise sind die 3–4 m weiten Schöpfbrunnen, welche das Grundwasser
[* 4] des Nilthals nutzbar
machen und mit Göpelwerk betrieben werden, nach
Ansicht von M. Eyth so alt wie die ältesten Hieroglyphen;
von den
Brunnen, welche die
Oase von
Theben wie ein
Sieb durchlöchern, spricht schon Olympiodor; sie sind bis 200 m und darüber
tief und eine Anzahl derselben ist in den letzten 60 Jahren wieder aufgeräumt und in Gebrauch genommen.
Nicht weniger bemerkenswert sind die ebenso alten
Bohrbrunnen (s. d.) im südwestl.
China.
[* 5] Auch die Kunst,
das Wasser vom Gewinnungsorte den entfernt liegenden Verbrauchsstellen zuzuführen, wurde bereits vor den
Römern in
Kleinasien
und
Ägypten
[* 6] vielfach geübt. So erbaute Polykrates im 6. Jahrh.
v. Chr. eine Quellwasserleitung für die Stadt
Samos, in welcher
eine Tunnelstrecke von über 1000 m Länge lag. Von den Griechen empfingen die
Römer
[* 7] die Anregung zum
Bau ihrer zahlreichen Wasserleitungen, von denen
die erste, die AppiaClaudia, zur Versorgung ihrer Hauptstadt angelegt und 313
v. Chr.
eröffnet wurde.
Gleichem Zwecke dienten der
Aniovetus (273), die
AquaMarcia (144) und verschiedene andere Leitungen,
fast alle mit großen
Aquädukten (s. d.) zur Überschreitung von
Thälern ausgestattet. Sie hatten die mit der wachsenden
Stadt immer großartiger angelegten
Thermen,
Brunnen und
Teiche(piscinae) zu speisen und noch jetzt werden vier derselben (AcquaVergine, Acqua Marcia, Acqua Felice und Acqua Paola) zur Versorgung des heutigenRoms benutzt. Reste der
umfassenden Werke, welche die
Römer anlegten, um die
Städte der eroberten
Provinzen mit Wasser zu versorgen, finden sich unter
andern noch bei
Arles,
Avignon,
Arcueil,
Konstantinopel,
[* 8]
Lyon,
[* 9] Mainz,
[* 10] Nimes,
[* 11]
Paris,
[* 12]
Trier;
[* 13] einzelne derselben sind neuerdings wiederhergestellt
und in Gebrauch genommen
(Antibes,
Bologna, Metz,
[* 14] Segovia, Sevilla,
[* 15]
Spalato).
Das Mittelalter ließ die Mehrzahl der überkommenen großen Werke verfallen, ohne neues dafür an die
Stelle zu setzen. Die Versorgung der
Städte erfolgte meistens aus den innerhalb der Stadtmauern angelegten
Brunnen, und erst
den letzten Jahrzehnten des gegenwärtigen Jahrhunderts war es vorbehalten, Leitungen herzustellen, welche das unentbehrliche
Lebenselement selbst den Bewohnern der höchsten
Stockwerke unmittelbar zuführen. Nicht weniger ist auch
die Möglichkeit, große Wassermengen durch Filtrationzureinigen, eine Errungenschaft der neuesten Zeit.
Wasserbedarf wechselt nach Gewohnheit, Wohlhabenheit und Reinlichkeitsbedürfnis der Bewohner, nach dem
Umfang des gewerblichen Betriebes und den
Ansprüchen, welche an öffentliche Einrichtungen
(Springbrunnen, Badeanstalten,
Besprengung
derStraßen und
Anlagen) gestellt werden; endlich auch nach Art der
Abgabe
(Verbrauch nach Belieben gegen
feste Vergütung oder
Abgabe nach Wassermesser). Nach Erfahrungen bei deutschen
Wasserwerken ist bei
Abgabe nach Wassermessern
als Durchschnittsbedarf zu
rechnen:
Ein Feuerpfosten soll liefern pro Minute . . . . . . . . .
400–600
Der
Gesamtverbrauch, gleichmäßig auf die
Tage eines Jahres verteilt, beträgt je nach den Verhältnissen 55–135 l für
Kopf und
Tag und ist im großen Durchschnitt zu 100 l anzunehmen. Erfolgt die
Abgabe nicht nach Wassermesser,
so kann derselbe bis auf das Doppelte ansteigen. Für die
Anordnung des
Wasserwerkes kommt nicht allein der durchschnittliche,
sondern der größteTagesbedarf, außerdem auch der größteStundenbedarf in Frage. Ersterer beträgt das anderthalbfache
(im
Mittel also 150 l), letzterer 10 Proz. des Tagesdurchschnitts (im
Mittel also 10 l pro
Kopf und
Tag).
In engl.
Städten ist der
Verbrauch etwas, in amerikanischen erheblich (bis dreimal und darüber) größer als in deutschen.
Dieser starke
Konsum hängt nicht allein mit dem Fehlen der Wassermesser, sondern auch mit der oft unzureichenden
Beschaffenheit des gelieferten Wassers zusammen. Bei
Entwurf einer Wasserleitung
[* 16] ist ferner das Anwachsen der Stadt zu berücksichtigen,
welches 1871–90 in deutschen
Städten von über 50000 E.: 2,8 Proz., in
Städten von 35–50000 E.: 3 Proz., in kleinern
Städten von 20–35000 E.: 2,25 Proz. jährlich betragen hat. In
Städten unter 20000 E. weicht der Prozentsatz
der
Steigerung nur wenig von dem des allgemeinen Wachstums der
Bevölkerung
[* 17] (etwas über 1 Proz. jährlich) ab. Eine über 40 Jahre
hinausgehende Vorausberechnung des Rohrnetzes ist wegen zu großer
Amortisations- und Zinsbeträge sowie wegen der Möglichkeit
einer abweichenden
Entwicklung der Stadt nicht zu empfehlen. Vorstehende
Zahlen über Wasserbedarf beziehen
sich auf Versorgung durch eine Druckwasserleitung und setzen zugleich einen bestimmten
Kulturzustand der Abnehmer voraus.
Muß das Wasser in
Gefäßen herbeigeholt werden, so ist der
Verbrauch viel geringer, etwa 10–15 l pro
Kopf und
Tag. Bei großer
Bedürfnislosigkeit und mangelhafter
Ableitung des Wassers liegt er zuweilen noch unter dieser Grenze.
BeschaffenheitdesWassers.GutesTrinkwasser soll 9–12° C. warm, klar, farb-
und geruchlos sein; die Gesamthärte (s. Härte des Wassers) kann 25–30 deutsche
Grade betragen. Zu hoher Gehalt an Kalk
und
Magnesiumsalzen kann
¶
mehr
Verdauungsbeschwerden veranlassen. Weiches Wasser (mit weniger als 15 Härtegraden) ist jedoch für Haushalt und Industrie
sowie für fast alle andern Zwecke vorzuziehen, sonstige Grenzwerte für die zulässige Menge fremder Bestandteile lassen
sich nur schwer feststellen; doch müssen Verunreinigungen durch metallische Gifte (Blei,
[* 19] Arsen) und durch menschliche Abgänge
für das zu Genußzwecken dienende Wasser jedenfalls ausgeschlossen sein. Auch gilt als Regel, das; in 1 l
nicht mehr als 50 mg organische Stoffe vorkommen dürfen. Da jedoch der Ursprung derselben eine große Rolle spielt, so ist
hier nicht die chem., sondern die bakteriologische Untersuchung entscheidend.
Jedoch genügt es nicht, eine Quantität entnommenen Wassers auf Bakterien zu untersuchen; es muß auch
die Brunnenanlage daraufhin untersucht werden, daß dieselbe vor Zuläufen von der Erdoberfläche gesichert ist. Salpetersaure
Salze sind für Zuckerindustrie, Eisensalze für Färberei, Druckerei, Papierfabrikation
[* 20] und die Wäsche nachteilig. Sehr weiches
Wasser befördert die Rostbildung der Eisenrohre; ist es zugleich kohlensäurehaltig, so greift es auch
das Innere der Bleirohre an und kann dann zu BleivergiftungenAnlaß geben. In solchen Fällen dürfen zu den Zweigleitungen
im Innern der Häuser Bleirohre nur dann verwendet werden, wenn sie mit einem innern Zinnmantel überzogen sind.
Gewinnung des Wassers. A. Cisternenanlagen. Dieselben dienen zur Ansammlung des Regenwassers in Gegenden,
wo die Herstellung von Brunnen wegen felsigen Untergrundes nicht möglich ist, oder deren Boden unbrauchbares Wasser liefert
(z. B. an flachen Seeküsten, wo das Brunnenwasser vielfach brackig, d. h.
mit Seewasser gemischt ist), endlich in heißen Landstrichen, wo infolge der starken Verdunstung von dem Regen nur wenig Wasser
in die tiefern Bodenschichten gelangt.
Das Wasser für die Hauscisternen wird meistens den Dachflächen der Gebäude entnommen und beträgt das 0,6–0,8fache der
Regenmenge, also bei 100 qm Fläche und 50 cm Regenhöhe 30-40 cbm jährlich. Die Cisterne erhält zweckmäßig eine Sandfüllung,
in welche das Wasser versinkt und dadurch gereinigt und kühl erhalten wird. Die in
[* 18]
Fig. 1 u. 2 der Tafel:
Wasserversorgung I dargestellte, vor der Einführung der Wasserleitung in Venedig
[* 21] daselbst übliche Anordnung besteht aus einem
brunnenartigen, 4 m tiefen Schacht, welcher sich in der Mitte eines mit Sand gefüllten, durch Eichenholzschalung (oder Mauerwerk)
und Thonschlag gedichteten Behälters befindet.
Das durch Rohrleitungen zugeführte Wasser tritt durch offene Fugen in den untern Teil des Brunnens ein
und wird durch eine Pumpe
[* 22] oder durch Schöpfeimer gehoben. Von Zeit zu Zeit muß eine Reinigung und Nachfüllung mit frischem
Sande vorgenommen werden. GroßeCisternen, welche das Wasser von felsigen, oft künstlich gedichteten Flächen entnehmen, werden
überwölbt und mit einer Bodenschicht abgedeckt; vielfach sind sie auch in den natürlichen Felsen gehauen
und nehmen nicht nur Regenwasser, sondern auch die Zuflüsse von Quellen auf, welche sich nur zur Regenzeit bilden.
B. Quellfassungen. Die große Mehrzahl der Quellen schwankt erheblich in ihrer Ergiebigkeit (die geringste beträgt oft nur
10–20 Proz. der mittlern, letztere 30–50 Proz.
der größten). Da die geringste Ergiebigkeit in die Sommermonate fällt, wo der Bedarf am stärksten ist, so sind große
Städte
aus Quellen nur schwer zu versorgen und meistens zur Mitverwendung von Grund- oder Flußwasser gezwungen (Wien,
[* 23] Frankfurt
[* 24] a. M., Paris). Die Quellen treten entweder aus Abhängen zu Tage oder sie steigen von unten auf. Um gegen
Frost und Verunreinigung durch von oben zufließendes Sickerwasser geschützt zu sein, erfolgt die Fassung mindestens 1,5–2
m tief mittels einer besteigbaren Brunnenstube (Brunnenkammer, Quellschacht, Wasserschloß), in welcher etwa mitgeführter
Sand zurückgehalten wird und in welche Abfluß-, sowie Entleerungs- bez. Überlaufleitung münden. In
[* 18]
Fig. 3 u. 4 ist S ein Seiher zur Zurückhaltung etwaiger Schwimmstoffe, HÜberfall bei zu starken Zuflüssen, R die zum Entleerungs-
bez. Überlaufrohr führende Rinne und G Entleerungsschieber. Das Sickerwasser wird hier durch eine Abdeckung aus Thon von der
Quelle
[* 25] ferngehalten und durch die Leitung L abgeführt.
C. Gewinnung von Grundwasser. Grund- und Quellwasser haben den nämlichen Ursprung: sie entstammen dem versickerten Regenwasser,
welches die Zwischenräume in den Bodenarten und Gesteinen ausfüllt, sich auf den undurchlässigen Schichten fortbewegt
und da, wo diese die Oberfläche schneiden, als Quelle zu Tage tritt oder durch feine Wasseradern die offenen,
in die Bodenschichten eingeschnittenen Wasserläufe speist. Die Gewinnung des Grundwassers erfolgt in der Regel durch Brunnen,
seltener durch Sammelleitungen oder Stollen. Letztere sind da am Platze, wo mächtige wassergesättigte Gesteinsschichten
(Kreidemergel bei Lüttich,
[* 26] Kohlenkalk bei Aachen,
[* 27] Serizit bei Wiesbaden)
[* 28] vorhanden sind und durch wasserdichten Abschluß des
Tunnels aufgespeichert werden können. Sammelgräben für das Grundwasser des Dünensandes sind unter
andern für Amsterdam,
[* 29] Haag,
[* 30] Leiden
[* 31] und einige andere holländ. Städte ausgeführt.
Die Brunnen zerfallen nach ihrer Bestimmung in Haus- und Wasserwerksbrunnen, nach der Art ihrer Ausführung in gemauerte
oder Kessel- oder Schachtbrunnen und eiserne oder Rohrbrunnen. Das von den Hausbrunnen zu liefernde Wasser
ist der Menge nach in der Regel leicht zu gewinnen; meistens sind dieselben sog. Flachbrunnen, indem sie das Wasser der obersten,
in mäßiger Tiefe unter der Erde liegenden Grundwasserschicht entnehmen. Sie erhalten gewöhnlich einen gemauerten Brunnenkessel
(Schacht) von 1 bis 1,5 m Durchmesser (Holz
[* 32] ist als Nährboden für Kleinwesen nicht zu empfehlen)
von Ziegeln (sog. Brunnensteinen), Bruchsteinen, Werkstücken oder Cementbeton.
Die Absenkung erfolgt 1–1,5 m unter dem niedrigsten Grundwasserstand, die Entnahme durch eine auf der Abdeckung stehende
Pumpe, vielfach auch durch Schöpfeimer (Hebebrunnen im Gegensatz zu den Laufbrunnen, S. 544b). Für eine Hubhöhe bis 12 m
genügt eine einfache Saugpumpe mit mehr oder weniger tief liegendem und mit Ventilklappe versehenem Saugkolben
(Saugbrunnen). Da das der Oberfläche zunächst liegende Grundwasser in der Nähe bebauter Grundstücke oft eine mangelhafte
Beschaffenheit besitzt (Wasser in weniger als 3–4 m Tiefe ist stets verdächtig), so verdient ein einfacher Rohrbrunnen
von 5 bis 7,5 cm Lichtweite
[* 18]
(Fig. 5) vor dem Kesselbrunnen den Vorzug, weil er sich durch Einrammen leicht
in größere Tiefe bringen läßt und nur einen geringen Fassungsraum besitzt, so daß das Wasser bei mäßiger Entnahme weniger
dem Stagnieren ausgesetzt ist.
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