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Nebenlinie Seckach-Wallenstein (19,3 lim) der Bad. [* 2] Staats- babnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Mos- back), bat (1895) 3159 E.^ darnnter 37 Evangelische und 15Israeliten. Post, Telegraph, [* 3] Reste der alten Mauern, eine Wallfahrtskirche, Gewerbe-, Privat- tnaben-, Strohflechtschule, Wasserleitung, [* 4] Echlacht- daus, Sparkasse, Vorschußvcrein; Wachsgießerei, Lebkuchenbäckcrei, Blumenfabrikation, Landwirt- schaft, Sandsteinindustrie und eine Wallfabrtsmesse.
Wallenfee, s. Walensee. Wallenftadt (Walenstadt, Walenstad), Stadt im Bezirk Sargans des sckweiz. Kantons Et. Gallell, unweit der Mündnng der Seez in den Walcnsec, in 431 m Höhe, am Fuß der Chur- firsten und an der Linie Zürich [* 5] - (5hnr der Verein. Schweizerbahnen, hat (1888) 2702 deutsche E., dar- unter 337 Evangelische, Post, Telegraph; Baum- woll- und Bnntweberei, Stickerei, Feld-, Wein- und Obstban. In dem dicht am Seeufer gelegenen Vor- ort und Landungsplatz St ad befindet sich die Ka- serne der eidgenössischen Militärschule Wallenstein Wallenftädter See, s. Walensee.
Eusebius Wenzel von, Herzog von Friedland und Mecklenburg, [* 6] Fürst von Sagan, [* 7] kaiserl. Generalissi- nius im Dreißigjährigen Kriege, entstammte einem wenig begüterten böbm. Geschlecht, das seinen Na- men von der Stammbnrg Waldenstein oder Wald- stein bei Tnrnau herleitete, und wurde auf dem väterlichen Gnte Hermanie geboren. Seine Eltern waren Utraquisten gewesen, aber der früb Verwaiste wurde bald uach Olmütz [* 8] auf die Schule der Jesuiten gegeben, wo er zum Katholicis- mus übertrat, doch obne diesen je mit großem Eifer zn vertreten. Er bezog dann die prot.
Universität Altdorf, machte aber bald darauf große Reisen durch Deutschland, [* 9] Holland, England und Frankreich, be- sonders nach Italien, [* 10] wo er sich in Padua [* 11] und Bo- logna längere Zeit aufhielt. Zurückgekehrt trat Wallenstein in das österr. Heer, focht unter Basta in Ungarn [* 12] gegen die Türken, wurde 1604 Hauptmann und hei- ratete nach seiner Heimkehr 1606 eine ältere Witwe, Lukretia von Landeck, die ihm bei ihrem Tode 1614 ihre großen in Mähren [* 13] liegenden Güter binterließ; außerdem erbte er bedeutenden Grundbesitz von einem Oheim. 1617 unterstützte er bereits den Erz- bcrzog, spätern Kaiser Ferdinand II., mit selbstge- worbenem Volk gegen Venedig [* 14] und zeichnete sich be- sonders bei dem Entsatz von Gradiska ans, wofür er die Beförderung zum Oberst und den Grafcntitel erhielt.
Gegen ^rebellischen Böhmen (1618) stellte er dem Kaiser ein Kürassierregiment, das, wenn auch nicht unter seiner persönlichen Führung, in der Schlacht am Weiften Berge (s. d.) mitfocht; er selbst bewährte sich in schwieriger Lage durch Entschlossen- heit und Geschick, konnte aber auch seinen Eigennutz und seine Habgier nicht verbergen. Als nach dem Kriege die konfiscierten oder mit minderwertigem Gelde erworbenen Güter der aufständischen Böhmen zn Spottpreisen an die Anhänger des Kaisers ver- schleudert wurden, kanfte Wallenstein mit diesem Schwindel- geld, an dessen Prägung er selbst beteiligt war, große Komplexe, darunter die Herrschaften Fricdland nnd Reichenberg; [* 15] zugleich betrog er in einer Erbschafts- sache seine mütterlichen Verwandten nm ihren Besitz. .1623 erhob ihn der Kaiser znm Fürsten von Fricd- land, 1624 seinen Gesamtbesitz, den Wallenstein in glän- zender Weise verwaltete, zum Fürstentum. In nähere Veziehnngen zum Hofe trat Wallenstein 1623 dnrch seine Ehe mit Isabella, der Tochter des bei Ferdi- nand II. einflußreichen Grafen von Harrach. Im 1.1622 oder Ansang 1624, jedenfalls im Herbst 1624 nahte er dem Kaiser mit dem Erbieten, ihm auf eigeue Kosten eine Armee ins Feld zu stellen.
Nacb einigem Zögern ging der von einer im Entstehen be- griffenen großen europ. Koalition bedrohte Ferdi- nand darauf ein, erteilte Wallenstein im Mai 1625 Vollmacht zur Anwerbung von 20000 Mann und ernannte ihn zum Anführer derselben mit dem Titel eines Generaloberst-Feldhauptmaun und zum Herzog von Friedland. Lediglich für das Werbegeld hatte Wallenstein zu sorgen, alles weitere, Sold und Unterhalt, wurde aus den belegten Gegenden erpreßt. Am schlug Wallenstein, der nach der Weser und Elbe gezogen war, den Söldnerführer Mansfeld an der Dessauer Elbbrücke, während ein Wallensteinsches Hilfskorps dem Ligistengeneral Tilly gegen Christian IV. von Dänemark [* 16] half. Wallenstein folgte dem flüchtigen Mans- feld durch Schlesien [* 17] nach Ungarn, wo derselbe sich mit Bethlen Gabor von Siebenbürgen vereinigte, und verhinderte so deren Angriff auf die kaiserl. Erblande. 1627 säuberte er Schlesien, drängte mit Tilly vereint den Dänenkönig aus Deutschland hinans und drang bis in den Norden [* 18] von Iütland vor.
Anf seinen Wnnsch ächtete der Kaiser, der ihm bereits das schles. Fürstentum Sagan übertragen hatte, im Jan. 1628 die Herzöge von Mecklenburg- Schwerin und Güstrow [* 19] und gab ihre Lande an Wallenstein. Dieser, bestrebt, an der Ostsee Fuß zu fassen und die kaiserl. Herrschaft über das Meer hin auszu- dehnen, begann mit der Einnahme der festen Küsten- plätze, als 1628 bei der Belagerung von Stralsund [* 20] dnrch deren heldenmütige Verteidigung Einhalt ge- boten wurde. Wallenstein drängte nun selbst zu baldigem Friedensschluß mit Christian von Dänemark.
Wenig einverstanden war Wallenstein mit dem Erlaß des Nestitntionsedikts (s. d.) vom in dem er nur die Aufreizung der kaum Unterworfenen zu neuem Widerstand sah, und gerade jetzt hatten sich andere Gegner gegen ibn und die durch ihn er- strebte nnbeschränkte kaiserl. Gewalt in: Reich er- hoben in den bisherigen Genossen Ferdinands, den Fürsten der kath. Liga unter Führung Maxi- milians I. von Bayern. [* 21] Ihr Stolz wurde durch W.s hochfahrendes Wesen verletzt, ihre Länder litten ebenso wie die gegnerischen durch Werbungen, Durch- züge und Einquartierung der damals an 100000 Mann zählenden Wallensteinschen Truppen; die kaiserl. ^onverünität, die Wallenstein verfocht, war ihrem fürstl.
Selbständigkeitsgefühl ein Greuel. Auf einem Knrfürstentag zu Regensburg [* 22] 1630 gelang es ihnen, den schwachen Ferdinand zur Absetzung W.s zu be- wegen. Ohne Widerstand gehorchte dieser und zog sich auf seine fürstl. Residenz Gitschin zurück. Inzwischen aber war schon Gustav Adolf mit sei- nem schwed. Heer auf deutschem Boden erschienen, der nun binnen zwei Jahren die kath. Gegenbewe- gung in Norddeutschland vernichtete und auch Süd- deutschland siegreich unterwarf. Wallenstein, der im Wunsch nach Rache nicht ohne Genugthuung den Gang [* 23] der Dinge beobachtete und um seine Länder besorgt war, hat damals selbst mit Gustav Adolf über eine Ver- einigung verhandelt, brach aber ab, als Ferdinand ihm als einzigem Retter in der Not neue Anerbietun- gen machte, wieder an die Spitze des Heers zu treteu, die Wallenstein stolz ablehnte. Endlich kam im April 1632 der nene Abschluß zu stände, nachdem der Kaiser die fast unerfüllbaren .^.. ¶
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Bedingungen W.s angenommen hatte. Danack sollte niemand neben ihm ein selbständiges Kom- mando im Reich führen, er hatte das Neckt zu Kon- fiskationen, Vollmacht zu eigenen diplomat. Ver- bandlungen, und besonders unbeschränkte Selb- ständigkeit über Heer und Kriegführung. Wallenstein, der mit Leichtigkeit die in Böhmen eingefallenen Sack- seu hinausgewiesen hatte und nun nach Bayern vor- rückte, bezog im Juli 1632, gegenüber dem in Nürn- berg verschanzten Gustav Adolf, ein gleichfalls be- festigtes Lager [* 25] bei Fürth, [* 26] hütete sicb aber eine offene Feldscklackt zu wagen, und wies die Sturmversuche der Schweden [* 27] (3. Sept.) blutig ab. Diese muftten schließlich ihre unbaltbaren Stellungen aufgebeu und zogen nach Süd- und Westbavern ab. Wallenstein wandte sich gegen Sacksen, dessen Kurfürst er bereits dem schwed. Bunde abtrünnig zu machen gesucht batte, und stellte sich dem zum Schutz berbeieilenden Gustav Adolf zur Entscheidungsschlacht bei Lützen [* 28] l Wohl behaupteten die Schweden das Schlacktfeld, aber der eigentliche Erfolg des Tages war bei Wallenstein, weil in der Schlacht sein gefäbr- lichster Gegner, der ^chwedenkönig selbst, gefallen war. Wallenstein zog sich uun uach Böhmen zurück und bielt sich bis zum Frühjahr in Prag [* 29] auf. Er verfolgte jetzt uicht mehr des Kaisers, sondern sein und, so- weit sie zusammenfielen, des Reiches Interesse und war gewillt, den Kaiser zum Frieden zu zwingen, sobald dieser Friede nnr seinem ehrgeizigen Streben genug that. Im Frühjahr 1633 zog er uach Schlesien und knüpfte vou dort aus Friedensverhandlungen mit Schweden und Sackfen au, bewilligte den letztern sogar eiucn Waffenstillstand und trat mit Frankreick in Verbindung; jedoch wies er die damals genlackte Anspielung auf die böbm.
Köuigskroue ab. Plötz- lick aber brach Wallenstein, wobl mit Rücksicht auf seine Stellung in Wien, [* 30] die Verhandlungen ab, sckritt zum Angrisf, drängte nach dem Sieg von Steinau die Schweden aus Schlesieu und rückte in die Lausitz, seine Truppen drangen bis Brandenburg, [* 31] sie uahmen iörlitz und Bautzen, [* 32] Frankfurt [* 33] und Landsberg [* 34] ein. In Wien aber tadelte man bitter sein eigenmächtiges Borgehen sowie seine Weigerung, dem Herzog Mari- milian von Bayern Hilfstruppen in defsen bart be- drängte Lande zu senden, so daß schließlich der Kaiser, gegen die frühere Abmachung mit Wallenstein, dessen Unter- befeblshaber Aldringer befahl, sich Maximilian unter- zuordnen.
Sehr widerwärtig war Wallenstein auch das Büud- nio mit Spauien im Febr. 1632, in dessen Beteiligung er nur eine Schädiguug des Reichs und nutzlose Her- mlsforderuug von Spaniens ^)tival Frankreich fab. '^ilnial erbitterte ibn die Kunde, daß, wieder gegen Den Vertrag, eine selbständige span. Armee unter Feria im Reick erscheinen sollte. Alle gegen ihn ge- rickteten Vorgänge am Dose waren das Werk einer gegen ibn arbeitenden Partei, zu der der Jesuit La- mormcün, der span. und bayr. Gesandtc gcbörtcn.
Der schwerste Schlag für Wallenstein war, daß gegen seine Voraussagen in Süddeutschland das von ihm nickt nnterstützte Regensbnrg verloren ging und sein darauf durch Böhmen bis (5ham (November) unternom- mener Vorstoß erfolglos blieb, er vielmehr Winter- quartiere in Böhmen bezog. Als vom Hofe der Be- fehl kam, die Truppen aus den kaiserl. Landen zu ent- fernen, verweigerte er nach vorheriger Beratung mit seinen Obersten den Gehorsam. Bei einer Zusam- menkunft im Pilsener Hauptquartier im Jan. 1634 gab er die Absicht kund, wegen der Umtriebe am Wiener Hofe abzudanken, doch seine Offiziere be- stürmten ihn, zu bleiben, und verpflichteten sich in dem Pilsener Revers treu bei ihm auszuharren, auch wenn er vom Kaiser entlassen werde.
Die Erzählung von einer zuerst eingeschobe- nen, dann weggelassenen Klansel, die des Kaisers Dienst betraf, ist ungeschichtlich. In Wien aber ^ drängte man den Kaiser immer mehr zur Entlassung ! des übermächtigen Generals, und so erfolgte24.Jan. ! zunäckst gebeim eine Absetzungsurkunde, von der ! jedoch nur die verläßlichen Führer der kaiscrl. Partei ! im Heere, die man bereits der Sache des Kaisers ^ gewonnen hatte, darunter Piccolomini, Gallas und ! Colloredo, Kenntnis erhielten. Ihre Partei ver- stärkte sick, und Wallenstein, der sich bereits unsicher fühlte, verpflichtete seine Leute in einem zweiten Pilsener ! Schluß vom 20. Febr., mußte aber hier selbst ver- ! sprechen, nichts gegen die Hoheit des Kaisers oder gegen die Religion zu unternehmen. Aber schon war 18. Febr. ein zweites Patent von Ferdinand uuterzeichnet, das für die Öffentlichkeit bestimmt war, den in einer Verschwörung begriffenen Gene- ral für abgefetzt erklärte und die Offiziere des Ge borsams gegen ihn eutband.
Die Prager Besatzung schlug sich zuerst zum Kaiser und weigerte sich, weitere Befehle von Wallenstein anzunehmen. Wallenstein, der seine Verhandlungen mit den gegnerischen Mächten nie hatte fallen lassen, zog nun nach Eger, [* 35] um sich hier mit dein schwed. Heer unter Bernhard von Weimar [* 36] zu vereinigen. Unterwegs schloß sich ihm Oberst Putler mit einem Dragonerregiment an. Am 24. Febr. kam Wallenstein nach Eger. Dessen Komman- dant Gordon und sein Oberstwachtmeister Leslie, die Wallenstein für völlig zuverlässig hielt, traten bald mit Butter in Verbindnng; sie waren anfangs ratlos, was gegen- über dem abgesetzten Feldherrn zu beginnen sei, und sahen schließlich das sicherste Mittel in dessen Beseitignng dnrch Mord.
Während eines Gastmahls bei Gordon wurden 25. Febr. die nächsten Vertrau- ten W.s, Ilow, Terzka und Kinsty überfallen und niedergemacht, die Ausführung der Ermordung W.5 war einein Hauptmann aus Butlers Regiment, Devereur, übertragen. Mit seinen Genossen drang dieser in W.s Quartier, das Haus des Bürger- meisters von Egcr, und stieß ihm die Partisane in die Brust. Die Leiche wurde zu den übrigen Erschla- genen auf die Burg gebracht, daun in Gitschin, 1785 zu Münckcngrätz beigesetzt.
W.s Güter wurden kon- fiseiert und an die Anhänger des Kaisers verteilt. Nber die Frage von W.s Schuld und Unfchuld ist ein erbitterter Meinungsstreit geführt worden. Schon G. Echmid, Die Wallensteinlitteratur fin den «Mit- teilungen des Vereins für Geschichte der Deutscheu in Böhmen», Prag 18755, 1882 u. 1884), zählt 806 Bücher und Schriften nber Wallenstein auf. Von den ältern Bearbeitern ist zu nennen Förster, Briefe W.s l3Bde., Bcrl. 1828-29); derf., Albrecht von Wallenstein Wallenstein (Regensb. 1846); Helbig und Hurtcri?/ mehrern Einzelwerken.
Das klassische Buch über Wallenstein ist noch immer Ranke, Geschichte W.s (5. Aufl., Lpz. 1895). Die neuen Hauptvertreter des Kampfes für und gegen Wallenstein sind Hallwich und Gindely, neben ibnen stehen Schebet, Bilek, Hildebrand, Irmer lDie Verhandlungen Schwedens und seiner Verbün- deten mit Wallenstein und dem Kaiser von 1631 bis 1634, 3 Tle., Lpz. 1888-91) und Gaedeke. Letzterer hat im Histor. Taschenbuch (Sechste Folg^, Bd. 8, 1869, S. 3-120) einen über den neuern Stand der For- scknng gut orientierenden Aufsatz veröffentlicht. 31 ^ ¶