(ital. appoggiatura), in der Musik ein hinsichtlich der Harmonie unwesentlicher Ton, der irgend einem Hauptton
in einer Melodie hinzugefügt wird, um auf ihn vorzubereiten und ihn dadurch besonders zu heben. Als Verzierung der Melodie
werden die Vorschlag daher mit kleinen Noten geschrieben, um sie von den wesentlichen Noten zu unterscheiden.
Der Vorschlag kann lang oder kurz sein und aus dem Ton über oder unter der Hauptnote bestehen; seine Bedeutung ist immer, die Lücken,
die durch eine sprungweise Fortschreitung der Melodie entstehen, angenehm und gesangmäßig auszufüllen.
die Schoten (s. d.) eines Segels vorholen, so daß die Schothörner an die Nocken
(s. Nock) der untern Rahen kommen;
dies geschieht beim Setzen (Entfalten) der Segel.
häufig soviel wie Darlehn; Vorschußgeschäft soviel wie Lombardgeschäft (s. d.) oder Pfandleih-
und Rückkaufsgeschäft (s. d.). Im engern Sinne, namentlich im Handelsverkehr, ist Vorschuß eine im voraus
geleistete Zahlung, wie der Vorschuß, welchen der Kommissionär auf das von ihm abzuschließende Geschäft seinem Auftraggeber giebt,
der Vorschuß, welchen der Dienstherr seinem Handlungsgehilfen oder Arbeiter auf den noch nicht fälligen Lohn giebt, der Vorschuß, welchen
die Parteien zur Sicherheit der Gerichtskasse bei Beginn des Prozesses, bei Einlegung eines Rechtsmittels
u. s. w. auf die demnächst zu liquidierenden Gerichtskosten zu zahlen haben u. s. w.
Der Vorschuß ist, wenn die Forderung fällig wird, auf welche er geleistet ist, davon abzurechnen, und wenn eine
Forderung nicht oder nicht in der Höhe entsteht, ganz oder zum überschießenden Teile zurückzugeben. Der Kaufmann kann von
seinem Vorschuß Zinsen berechnen.
und Kreditvereine, Kreditgenossenschaften, auch Volksbanken oder Gewerbebanken genannt, die seit 1850 von
Schulze-Delitzsch und seinen Anhängern in Deutschland und dann in fast allen europ. Ländern ins Leben gerufenen Vereine, namentlich
der kleinern Unternehmer, zur Erzielung ähnlicher Vorteile für ihr Kreditbedürfnis, wie sie die Großunternehmer
früher allein genossen. Durch die Vereinigung und (ursprünglich) solidarische Haftung aller einzelnen Vereinsmitglieder
sollten Verbände geschaffen werden, welche befähigt sind, sich billigen Kredit zu beschaffen und ihn an ihre Mitglieder
zu einem etwas höhern Zinsfuße zur Verfügung zu stellen.
Über die hierauf bezügliche Genossenschaftsgesetzgebung und deren Abänderung von 1889 s.
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Die Einrichtung hat sich für den Kredit der kleinen Gewerbtreibenden (Händler,
Handwerker, Landwirte) vorzüglich bewährt, und die Kreditgenossenschaften nehmen unter den Genossenschaften die erste Stelle
ein. Von den 31. Mai 1896 im Deutschen Reiche gezählten 13005 Genossenschaften sind 8069 Kreditgenossenschaften (gegen 6417 im
Vorjahre), einschließlich vieler genossenschaftlich organisierter Darlehnskassen nach dem System Raiffeisen
(s. Darlehnskassenvereine). Es betrug 1895 die Mitgliederzahl von 1068 Genossenschaften, deren Statistik in den Jahresbericht
aufgenommen ist, 525748, die gewährten Credite und Prolongationen 1659305785 M., die Geschäftsguthaben der Mitglieder 125791326
M.,
die Reserven 37693574 M., die aufgenommenen fremden Gelder 467123041 M., das eigene Vermögen 163484900
M. (34,99 Proz. des gesamten Betriebskapitals). An gewährtem Kredit kam auf den einzelnen Genossen 3156 M. gegen 3040 M.
im Vorjahre.
Von den Mitgliedern waren, soweit diese erhoben wurden, 32 Proz. selbständige Landwirte, Gärtner,
Förster, Fischer, 25,4 Proz. selbständige Handwerker, 8,7 Proz. Kaufleute
und Händler; der Rest fällt auf andere Berufe und unselbständige Erwerbszweige. Anfang 1896 bestanden
endlich 20 Centralkassen für Kreditgenossenschaften, davon 17 in Preußen, wohl zumeist zu dem Zwecke errichtet, den Genossenschaften
die Mittel der in Preußen durch das Gesetz vom 31. Juli 1895 errichteten Centralgenossenschaftskasse zuzuführen, welche dazu
berufen ist, den Vereinigungen und Verbandskassen von Genossenschaften Darlehen zu gewähren. In Österreich
gab es Ende 1894: 2342 registrierte Vorschußvereine, wovon 986 mit beschränkter, die übrigen mit unbeschränkter Haftung.
Der Zuwachs des Jahres betrug 337 Vereine. Aufgelöst wurden 24 Vereine. Von den andern Ländern weist namentlich Italien eine
rasche Zunahme der Vorschußvereine auf; so zählte man dort an Volksbanken (banche popolari), d. i. Kreditgenossenschaften
mit beschränkter Haftung, 1894: 720, welche ein Vermögen (eingezahltes Kapital und Reservefonds) von 114,72 Mill. Lire besaßen.
Auch bestehen zahlreiche Darlehnskassen nach dem System Raiffeisen, die in neuerer Zeit auch von der kath. Partei sehr propagiert
werden.–
Vgl. Schulze-Delitzsch, K. Vorschuß- und Kreditvereine als Volksbanken (6. Aufl., Bresl. 1897);
Henry W. Wolf, People’s
Banks (Lond. 1893);
ferner die Jahresberichte über die auf Selbsthilfe gegründeten Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften
(s. d.).
Fürsehung (lat. providentia), religiöse Bezeichnung für die göttliche
Leitung der Weltentwicklung, oder auch für die Gottheit selbst, sofern sie gemäß ihrer allweisen und
allgütigen Voraussicht alles Geschehen zu einem zweckvollen Ziele lenkt. Der Ausdruck ist gebildet unter Übertragung zeitlicher
Unterschiede auf Gott (Vorher und Nachher, Beschließen und Ausführen u. s. w.), was bei streng wissenschaftlicher Fassung
fern zu halten ist.
Schon dies macht den Begriff der Vorsehung zu einem sehr schwierigen. Weitere Schwierigkeiten erwachsen ihm aus
den Thatsachen des weltlichen Übels und der menschlichen Sünde und Freiheit. Von jeher sind diese Fragen Hauptprobleme der
christl. Theologie gewesen. Mit besonderer Energie nahm die altprot. Theologie sie auf, doch vorerst nur im Interesse besonderer
religiöser Fragen. So nahm sie z. B. an der zeitlichen Fassung der Vorsehung keinen
Anstoß, erklärte das Übel einfach als Strafe der Sünde, ging aber über die Freiheitsfrage völlig auseinander.
Die reform. Theologie leugnete, die lutherische behauptete die menschliche Freiheit, beide ohne die dabei entstehenden Widersprüche
bewältigen zu können. (S. Prädestination.) Diese hinderten auch in der supranaturalistischen und rationalistischen Theologie
des 18. Jahrh. jede klare Erledigung dieser Fragen, obwohl der Prädestinationsstreit
längst zurückgetreten war. Kant brach mit der Übertragung zeitlicher Anschauungsweise auf Gott, und forderte aus praktisch-sittlichen
Gründen die Freiheit des Menschen, ließ aber ihr Verhältnis zur göttlichen Allmacht im Dunkeln und forderte
mehr
die letztere nur, um die Hoffnung auf eine mit der sittlichen Würdigkeit des Menschen in Übereinstimmung stehende Glückseligkeit
festhalten zu können, die nur ein die physische und sittliche Welt zugleich ordnender Allmachtswille verwirklichen könne.
Die Hegelsche Philosophie brach andererseits mit der äußerlichen Gegenüberstellung von Gott und Welt, führte aber dabei
die Vorsehung auf ein rein innerweltliches Walten der absoluten Vernunft zurück, womit dem religiösen Sinne des Vorsehungsglaubens
nicht Genüge geschehen konnte. Nachdem dann Schleiermacher zuerst versucht hatte, mit der Lehre von der Immanenz Gottes in der
Welt ein religiöses Verhältnis des Menschen zu Gott im Sinne wirklicher Gegenseitigkeit zu vereinigen,
schritt man von anderer Seite zur völligen Leugnung jeder religiösen Weltbetrachtung fort.
Die wissenschaftliche Theologie kann keinen Vorsehungsbegriff zulassen, der entweder die religiös-sittlichen oder die metaphysischen
Gesichtspunkte vernachlässigt. Die gleichmäßige Geltendmachung beider führt zu einer Anschauung, wonach in allem weltlichem
Dasein, dem Größten wie dem Geringsten, die schlechthin einheitliche Allwirksamkeit Gottes in der That
zugegen ist, als räumlich und zeitlich aber dem menschlichen Bewußtsein nur erscheint.
Das endliche Einzelsein kommt dabei als Realität dadurch zur vollen Geltung, daß die göttliche All-Wirksamkeit stets nur
durch dasselbe und unter Verwertung seiner individuellen Eigenart sich in der Welt thätig erweist, so daß der
thatsächliche Weltzustand immer als Ergebnis eines schlechthin simultanen Zusammenwirkens göttlicher und endlicher Ursächlichkeit
zu betrachten ist. Die Vorstellung einer zeitlichen Vorausbestimmung alles Geschehens fällt damit weg. Indem alle endlichen
Einzelelemente, durch die ihnen allen immanente Gesamtursache untereinander verbunden, in Wechselwirkung stehen, hat einerseits
jedes von ihnen seine ganz bestimmte Funktion; andererseits ist der Gesamtsinn des ganzen Daseins durch
den geistigen Charakter der einen göttlichen Gesamtursache stets als ein unendlich weiser und heilvoller gewährleistet.
Die Frage nach der Stellung des Menschen als endlicher Einzelursache können nur die Thatsachen unsers Bewußtseins beantworten.
Unser religiöses Abhängigkeitsgefühl bezeugt uns, in Übereinstimmung mit unserm Denken, daß unser
Wille durchweg im Dienst eines auch durch ihn sich vollziehenden allmächtigen Gesamtwillens steht. Unser Verantwortlichkeitsgefühl
bezeugt andererseits, daß unser Wille als ein Vermögen spontaner Initiative in irgend welchem Grade wirklich vorhanden sein
muß.
Beide Aussagen vereinigen sich zu der im Christentum erreichten Anschauung, daß die volle Entbindung unserer
Willenskraft innerhalb des Systems endlicher Ursächlichkeit eben der letzte Sinn der, wie die Welt überhaupt, so auch das
menschliche Geistesleben durchwaltenden göttlichen Allwirksamkeit ist. –
Vgl. Lotze, Mikrokosmos (4. Aufl., Lpz. 1884‒88);
Lipsius, Die göttliche Weltregierung (in der 2. Sammlung der «Wissenschaftlichen
Vorträge über religiöse Fragen», Frankf. a. M. 1878);
Kreibig, Die Rätsel der göttlichen Vorsehung (Berl.
1886);
W. Schmidt, Die göttliche Vorsehung und das Selbstleben der Welt (ebd. 1887);
Beyschlag, Zur Verständigung über den christl.
Vorsehungsglauben (Halle 1888).