Geldschulden sind mindestens
Verzugszinsen (nach
Bürgerl. Gesetzb. §. 288: 4 Proz.), bei fruchttragenden Sachen die
Früchte
zu leisten, die inzwischen hätten gezogen werden können.
Bei Handelsgeschäften betragen die
Verzugszinsen nach Handelsgesetzbuch
von 1861, Art. 287: 6, nach dem von 1897, §. 352: 5 vom
Hundert jährlich.
Wurde ein individuell bestimmter
Gegenstand geschuldet, so hat der Vervielfältigungsapparate die Folge, daß der auch unverschuldete
Untergang desselben den Schuldner nicht von seiner
Verpflichtung befreit, dem
Gläubiger den Wert der Leistung zu ersetzen, es sei denn, daß er beweist, der Gegenstand wäre
auch beim
Gläubiger untergegangen
(Bürgerl. Gesetzb. §. 287).
Insoweit gilt auch der
Satz, daß wer eine
Sache zurückzugeben hat, welche er infolge einer unerlaubten Handlung innehat, von Zeit der Innehaltung ab als im V. befindlich
gilt.
Das Handelsgesetzbuch von 1861 hat für den Erfüllungsverzug des Käufers und des Verkäufers in Art. 354 fg. ein
dreifaches
Wahlrecht des nichtsäumigen
Teils anerkannt
(Erfüllung und
Schadenersatz wegen verspäteter
Erfüllung;
Schadenersatz wegen Nichterfüllung oder Rücktritt vom
Vertrag);
das
Bürgerl. Gesetzbuch dehnt es auf alle gegenseitigen
Verträge aus (§. 326).
Auch sonst kann der
Gläubiger, wenn die Leistung für ihn kein Interesse mehr hat, unter
Ablehnung
der Leistung
Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern (§. 286).
Der Vervielfältigungsapparate des Schuldners wird aufgehoben
(purgatio morae) außer durch von dem
Gläubiger angenommene Leistung auch durch ein vom
Gläubiger zurückgewiesenes
Angebot
der Leistung, wenn sich dasselbe auf alles erstreckt, was der
Gläubiger infolge des Erfüllungsverzugs fordern durfte;
denn
der
Gläubiger kommt in Vervielfältigungsapparate, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt (§.
293).
Zur Wirksamkeit des
Angebots muß die Leistung so, wie sie zu bewirken ist, von dem Schuldner oder einer
Person, die
für ihn oder statt seiner leisten darf, und nicht am unpassenden Ort oder zur unpassenden Zeit angeboten werden.
Um Annahmeverzug zu begründen, genügt wörtliches
Angebot des Schuldners, wenn der
Gläubiger erklärt
hat, daß er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des
Gläubigers erforderlich
ist, insbesondere derselbe die geschuldete Sache abzuholen hat.
Der
Gläubiger kommt aber nicht in Vervielfältigungsapparate, wenn der Schuldner
zur Zeit des
Angebots außer stande war, die Leistung zu bewirken. In andern Fällen, und wenn der Schuldner
dem
Gläubiger zu bringen hat, ist thatsächlich anzubieten (realiter zu offerieren).
Der Schuldner, welcher Handlungen bei
dem
Gläubiger vornehmen soll, muß sich dazu, gehörig ausgerüstet, zur rechten Zeit einstellen;
wenn er
bewegliche Sachen
zu leisten hat, muß er dieselben mitbringen und anbieten.
Der Schuldner hat nach eingetretenem Annahmeverzug
und, solange derselbe dauert,
nur für bösen
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit einzustehen.
Wird eine nur der Gattung nach
bestimmte Sache geschuldet, so geht die Gefahr auf den
Gläubiger über.
Der Schuldner kann sich durch Hinterlegung von seiner
Schuld befreien, sonst Ersatz der Aufwendungen fordern, welche er für
Angebot, Aufbewahrung und
Erhaltung der
Sache machen muß. S. auch Verkaufsselbsthilfe.
Der
Gläubiger hebt den Annahmeverzug auf (purgatio morae), wenn er sich zur
Annahme unter Leistung dessen, was er zu leisten hat, erbietet und auch thatsächlich bereit ist (§§. 284–304).
Andreas,
Arzt und Begründer der neuern
Anatomie, geb. zu
Brüssel
[* 2] aus einer
Familie, die sich nach ihrer Heimatsstadt Wesel
[* 3] benannte, studierte zu Löwen,
[* 4] Montpellier
[* 5] und
Paris
[* 6] und widmete sich vorzugsweise
anatom.
Arbeiten. Bereits erfreute er sich eines großen Rufs, als er 1540 nach Basel
[* 7] kam, wo er bis 1544, wie
nachher zu
Padua,
[* 8]
Bologna und Pisa,
[* 9] öffentliche Lehrvorträge über
Anatomie hielt. Sein großes Werk über
Anatomie mit
Tafeln:
«De corporis humani fabrica libri septem», mit trefflichen
Illustrationen von
Johann von
Calcar, einem
SchülerTizians, erschien
zum erstenmal in Basel
(3. Aufl., Vened. 1568). Hiermit begann eine neue
Epoche in der Geschichte der anatom. Wissenschaft, die eigentlich erst
durch Vesalius als solche begründet ward.
Von
Karl Ⅴ. zum ersten Leibarzt ernannt, begleitete er den
Kaiser auf allen
Reisen und ging nach der Abdankung desselben in
die Dienste
[* 10] Philipps Ⅱ. über. Vesalius lebte meist zu Madrid,
[* 11] wo er sich eine
Anklage zuzog, die ein Todesurteil
von seiten der
Inquisition zur Folge hatte. Doch wurde dasselbe von Philipp Ⅱ. in eine Pilgerfahrt nach dem
HeiligenGrabe
verwandelt. Auf der Rückkehr ward Vesalius beim Scheitern des Schiffs an die Ufer der
InselZante geworfen, wo er in
Hunger und Elend starb. Eine vollständige Sammlung seiner
Schriften besorgten
Boerhaave und Albinus (2
Bde.,
Leid. 1725). –
Vgl. die biogr.
Schriften von Burggraeve (Gent
[* 12] 1841), Mersman
(Brügge 1845), Weynants (Löwen 1846)
undRoth (Berl. 1892).
1)
Arrondissement des franz. Depart.
Haute-Saône in der
Franche-Comté, hat auf 1844,87 qkm (1896) 85203 E., 10 Kantone und 215 Gemeinden.
– 2) Hauptstadt des Depart.
Haute-Saône, an der Mündung der Colombine in den Durgeon (linken Zufluß der Saône) und an den
Linien
Troyes-Belfort, Gray-Nancy der
Ostbahn und
Vesoul-Besançon (64 km, nach
Lyon)
[* 15] der Mittelmeerbahn, ist
Sitz des
Präfekten, eines Gerichtshofs erster Instanz, Forstamtes, einer Ackerbaukammer, Tabaksinspektion,
Sparkasse, Filiale
der
Bank von Frankreich und hat (1896) 8551, als Gemeinde 10083 E., in Garnison das 11. reitende Jägerregiment,
Kleines Seminar,
Lyceum, Lehrerseminar,
Krankenhaus,
[* 16] Irrenspital,
Bibliothek mit 26000
Bänden,
Theater;
[* 17]
Weinbau und
Handel
mit Getreide,
[* 18]
Eisen,
[* 19] Vieh, Leder, Fourage und
Wein. Vor Vesoul entspannen sich vom an eine Reihe von
Gefechten zwischen
Bourbaki und Werder.
TitusFlavius, röm.
Kaiser (69–79 n. Chr.), wurde 9 n. Chr.
bei Reate in Mittelitalien geboren. SeineMutter, die aus einer vornehmen umbrischen Familie stammte,
brachte ihn dazu, die höhere Beamtenlaufbahn einzuschlagen. Er war 51 Konsul und erhielt dann den hohen
¶
mehr
Statthalterposten in Afrika.
[* 21] 65 fiel er beim Kaiser Nero, weil er dessen musikalische Leistungen nicht genügend würdigte,
in Ungnade, begleitete ihn aber 66 wieder auf der Kunstreise nach Griechenland.
[* 22] Im Winter 66/67 erhielt er den Befehl gegen
die aufständischen Juden, den er mit Energie und Umsicht führte. 69 waren nur noch Jerusalem
[* 23] und einige
wenige feste kleinere Orte niederzuwerfen, da fiel Nero, und nach ihm traten zuerst Galba, dann Otho und Vitellius als Kaiser
auf. Vespasianus hatte Galba, danach Otho gehuldigt.
Nach OthosSturz jedoch ließ er sich, namentlich auf Betreiben des StatthaltersMucianus in Syrien, selbst zum Kaiser ausrufen.
Die pannonischen und mösischen Truppen fielen ihm zu, und diese eroberten ihm, während er selbst noch im Orient blieb, bis
Ende 69 den Thron.
[* 24] (S. Vitellius.) Der Senat erklärte sich für ihn und bestätigte ihm durch die zum Teil erhaltene Lex de
imperio Vespasiani, die sog. Lex regia, die Regierungsgewalt. Doch war damit
das Reich noch nicht sofort beruhigt.
Jerusalem, dessen Belagerung Vespasianus seinem SohneTitus (s. d.) überließ, leistete hartnäckigen Widerstand, und im Norden
[* 25] hatten
sich die Bataver unter Civilis (s. d.) erhoben. Aber schon im Sommer 70 fiel Jerusalem, und Gallien unterwarf Petillius Cerialis; 71 herrschte
überall Friede. Vespasianus selbst war nach langsamer Reise 70 erst in Rom
[* 26] eingetroffen. Er stellte vor allem die
durch die vergangenen Bürgerkriege stark gelockerte militär. Disciplin her. Ferner brachte
er die arg zerrüttete Reichsverwaltung durch äußerste Sparsamkeit und strenge Steuerkontrolle wieder in Ordnung.
Den Ehrennamen eines Neubegründers des Principats hat er durchaus verdient. Daneben entwickelte er eine
großartige Bauthätigkeit; er unternahm unter anderm den Wiederaufbau des eben abgebrannten Jupitertempels auf dem Kapitol,
den Bau des Friedenstempels auf dem Forum
[* 27] und des Amphitheatrum Flavium (s. Kolosseum).
[* 28] Auch das Unterrichtswesen förderte er
durch Anstellung von Lehrern, wie Quintilian, und erwarb sich ein hohes Verdienst um Hebung
[* 29] und Verbesserung
der sittlichen Zustände.
Dabei war Vespasianus im ganzen ein sehr milder Herrscher, wenn auch unter ihm harte Maßregeln nicht ausblieben.
Namentlich verfuhr er gegen die altrepublikanische Gesinnung zeigenden Anhänger der stoischen Philosophie mit Strenge. Vespasianus starb 23. Juni 79 mit
Hinterlassung von zwei Söhnen, Titus und Domitianus, die ihm nacheinander als Kaiser folgten. Aus der kurz
vor 1347 aufgefundenen Lex regia suchte der Tribun Rienzi (s. d.) dem mittelalterlichen Römervolk seine althergebrachten
Rechte zu erweisen.