Vert-jus
(frz., spr. wär schüh), s. Most.
(frz., spr. wär schüh), s. Most.
bildliche Darstellungen von Küstenstrecken oder Inseln, vom Meere aus gesehen, die dem Seefahrer zur Orientierung dienen (s. Küstenvermessung).
das durch Zusage und Annahme zum Abschluß gelangende Rechtsgeschäft (s. d.), durch welches die Menschen ihre Bedürfnisse wechselseitig ausgleichen und einander ergänzen. Vertrag werden geschlossen zwischen Völkern oder Staaten (Bündnis-, Handels-, Zoll-, Friedensverträge; Vertrag zur Beförderung der Rechtspflege u. s. w., s. Völkerrechtliche Verträge), zwischen Staat und Stadt, zwischen Regierung und Volksvertretung (vereinbarte Verfassung), zwischen Staat und Kirche (Konkordate), zwischen polit.
Parteien (über Kooperationen, z. B. bei Wahlen), zwischen Korporationen, zwischen Gesellschaften und Einzelpersonen. Bei jedem Vertrag stehen einander zwei oder mehrere Parteien mit verschiedenem Interesse oder doch mit einem Interesse einander gegenüber, das die eine Partei glaubt für sich allein nicht oder nicht so gut oder nicht so leicht erreichen zu können. Der Vertrag bietet das Mittel zur gegenseitigen Ergänzung, wenn die Kontrahenten nicht allein das haben oder vermögen, was sie sich gegenseitig bei Abschluß des Vertrag zutrauten, sondern auch durch Haltung des Wortes das Vertrauen bethätigen, das sie einander oder der eine dem andern geschenkt haben, als sie sich das Wort gaben.
Auf dieser Heiligkeit des gegebenen Wortes beruht zum größten Teil die Heiligkeit des Rechts. Denn wenn auch im Privatrecht Vertragserfüllung durch Urteil und Exekution erzwingbar ist, so ist dieser Zwang, wie im Völkerverkehr der Krieg, doch nur die ultima ratio. Ein Rechtszustand wäre nicht mehr denkbar, wenn nicht die meisten Vertrag freiwillig gehalten würden. Vertrag werden abgeschlossen, um dauernde Verbindungen von Menschen zu begründen. Zwar beruhen Staat und Kirche und Gemeinde nicht auf Vertrag (Contrat social von Rousseau), sondern auf geschichtlichen Vorgängen, denen sich die einzelnen fügen; aber Staatenverbindungen, z. B. das Deutsche Reich, werden durch Vertrag geschlossen.
Die Ehe wird durch Vertrag eingegangen, wenn sie auch nicht durch Vertrag löslich ist. Die Gesellschaften und Genossenschaften des Privatrechts werden sämtlich durch Vertrag geschlossen und aufgelöst. Durch Vertrag wird gegeben und genommen (s. Dinglicher Vertrag und Veräußerung), versprochen und acceptiert (s. Forderungsrecht), das Versprechen geleistet in der Erfüllung (s. d.), Leistung gegen Leistung ausgetauscht oder zugesagt (s. Doppelseitige Schuldverhältnisse), ein Streitverhältnis ausgeglichen (s. Vergleich), Erbschaften und Vermächtnisse zugesichert (s. Einseitige Verträge) u. s. w. Die tiefste Einsicht in das Wesen des Vertrag hatten die Römer; sie stellten den Pakt (Pactum) als die bloße Verabredung dem Vertrag. (Contractus, s. d.) gegenüber.
Gültige Vertrag kann für sich oder für andere nicht abschließen 1) wer das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat, 2) wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistesthätigteit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (Fieber, sinnlose Trunkenheit), 3) wer wegen Geisteskrankheit entmündigt ist (Bürgerl. Gesetzb. § 104). Andere Personen, welche noch nicht die volle Handlungsfähigkeit (s. d.) erlangten, bedürfen zu Vertrag, durch die sie nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangen, sondern veräußern (s. Veräußerung) oder sich verpflichten, der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters (Bürgerl. Gesetzb. § 107). Übrigens können die Kontrahenten den Vertrag, mit wenigen Ausnahmen, durch Stellvertreter (s. d.) abschließen.
Zur Gültigkeit des Vertrag ist ferner erforderlich ein erklärter Wille und daß die Erklärung nicht im Zustande der Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistesthätigkeit abgegeben wird (§. 105). Für die Erklärung kann eine Form (s. d.) vorgeschrieben sein. Soweit das nicht der Fall, kann der Wille durch jedes Zeichen ausgedrückt werden, durch welches er der andern Partei verständlich wird, unter Umständen auch durch Schweigen, wenn anzunehmen ist, der Schweigende würde geredet haben, wenn er nicht zustimmen wollte.
Ein zweifelhafter Ausdruck bedarf der Auslegung (s. d.). Bei der Auslegung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Im übrigen sind Vertrag so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es fordern (§§. 133 u. 157). Über Mentalreservation s. d., über Scheingeschäft s. d. Hat die Gegenpartei eine Erklärung im Scherz gemacht, so ist nach der im Gemeinen Recht herrschenden Ansicht die Erklärung, also auch der Vertrag selbst, ungültig. So auch Preuß.
Landr. Ⅰ, 4, §. 52; Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 91; Österr. Gesetzb. §§. 565, 869; nach Preuß. Landr. §. 56 muß, wer den andern durch ungebührlichen Scherz zu Handlungen wissentlich verleitet, ihn schadlos halten. Nach Deutschem Bürgerl. Gesetzb. §. 118 ist die (aus Scherz oder Prahlerei) nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung nichtig, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden. Über den Einfluß des Irrtums s. d., über Betrug, Drohung und Zwang s. diese Artikel.
Der Vertrag ist endlich erst geschlossen, wenn die Parteien über die nach dem Gesetze oder nach ihrer Absicht wesentlichen Punkte einig geworden sind und dies einander erklärt haben. Sollte nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung noch über einen Punkt getroffen werden, so ist der Vertrag im Zweifel noch nicht geschlossen, wenn jener Punkt an sich auch ein Nebenpunkt war. Anders bei entgegengesetzter Ansicht der Kontrahenten (§. 154). Umgekehrt wird nach Schweiz.
Obligationenrecht Art. 2 vermutet, daß der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrag nicht hindern soll, wenn sich die Parteien über alle im Sinne des Gesetzes wesentlichen Punkte einigten. Daß der Vertrag bindend sei, wird auch mit dem Ausdruck bezeichnet, er sei perfekt. In anderm Sinne ist ein Vertrag perfekt, wenn er in allen Punkten bezüglich Leistung und Gegenleistung so bestimmt ist, daß weder durch den Gang der Ereignisse noch durch die Thätigkeit einer Partei oder eines Dritten etwas zu bestimmen bleibt: also die etwa verabredete Bedingung ist eingetreten, die nur der Gattung nach bestimmte Ware ist ausgewählt, die den Preis bestimmende Messung oder Wägung ist erfolgt u. s. w. Über das Verhältnis von Offerte und Annahme s. Antrag und Acceptation. Unsittliche Vertrag sind nichtig (§. 138), ebenso Vertrag, die gegen gesetzliches Verbot verstoßen, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergiebt (§. 134).
Kontraktbruch, die schuldhafte Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung, insonderheit die vorsätzliche Nichterfüllung oder das bewußte Handeln gegen den Vertrag. Der
Gläubiger kann die Vertragserfüllung durch Klage erzwingen oder in den geeigneten Fällen auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung, und wenn eine Konventionalstrafe festgesetzt ist, auf diese klagen. Mit öffentlicher Strafe wird der Vertragsbruch in der Regel nicht bestraft. Zwei Ausnahmen kommen vor:
1) Die Nichterfüllung von Lieferungsverträgen über Kriegsbedürfnisse des Heers oder der Marine oder über Lebensmittel zur Beseitigung eines Notstandes wird mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten und fakultativem Ehrverlust bestraft, fahrlässige Nichterfüllung mit Schadenserfolg geringer. Dieselben Strafen treffen Unterlieferanten, Vermittler und Bevollmächtigte des Lieferanten, wenn sie die Nichterfüllung mit Kenntnis des Zwecks der Lieferung vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit herbeiführen (Strafgesetzb. §. 329: zuständig Strafkammer).
2) Der Bruch des Heuervertrags ist strafbar, im Inlande und Auslande, nach Strafgesetzb. §. 298, wenn ein Schiffsmann mit der Heuer entläuft oder sich verborgen hält, um sich dem Dienste zu entziehen, mit Gefängnis bis zu 1 Jahr (Strafkammer), in andern leichtern Fällen strafbar nach §. 81 der Seemannsordnung vom In Landesgesetzen ist zuweilen der Vertragsbruch seitens des ländlichen Gesindes unter Strafe gestellt. So in Preußen durch das Gesetz vom das auch auf Schiffsknechte im Dienste von Stromschiffern Anwendung findet.
Neuerdings haben die seitens der Arbeiter in großer Zahl unter Bruch des Arbeitsvertrags zur Ausführung gebrachten Arbeitseinstellungen (s. Streik), die schwere Schädigung, die dadurch für die öffentlichen Interessen herbeigeführt wurde, und die Wahrnehmung, daß das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitern eine allgemeine Verbitterung erfuhr, zu der Erwägung geführt, ob nicht die öffentliche Aufforderung zur widerrechtlichen Arbeitseinstellung oder zur widerrechtlichen Entlassung von Arbeitern zu strafen sei.
Diese Erwägungen hatten zu einem entsprechenden Vorschlage seitens der verbündeten Regierungen in der dem Reichstage 1890 vorgelegten Novelle zur Gewerbeordnung (dem sog. Arbeiterschutzgesetz) geführt. Zum Gesetz ist dieser Vorschlag nicht geworden. Die geltende Gesetzgebung giebt unzweifelhafte Mittel, die öffentliche Aufforderung zum Vertragsbruch zu strafen, nicht an die Hand, wenngleich das Reichsgericht gelegentlich ausgesprochen hat, daß diese Aufforderung als Aufforderung zum Ungehorsam gegen die Gesetze nach §. 110 des Strafgesetzbuchs unter Umständen strafbar sein könne. –
Vgl. Löning, Der Vertragsbruch und seine Folgen, Bd. 1 (Straßb. 1876);
Sickel, Die Bestrafung des Vertragsbruch und analoger Rechtsverletzungen in Deutschland (Halle 1876);
Lueder, Über die kriminelle Bestrafung des Arbeitskontraktbruchs (Erlangen 1875);
Dietz, Vertragsbruch im Arbeits- und Dienstverhältnis (1890);
Löning im «Handwörterbuch der Staatswissenschaften», Bd. 1 (Jena 1890).