mehr
aufgenommen worden, nachdem schon während des
Krieges Westvirginia 1863 und Nevada 1864
Staaten geworden waren. Ferner wurde
Alaska (s. d.) für 7200000 Doll. von
Rußland gekauft und der Bancroftsche Naturalisationsvertrag
mit dem Norddeutschen
Bunde abgeschlossen. Bei der Präsidentenneuwahl errangen die Kandidaten der Republikanischen Partei
,
Ulysses Grant (1869-77) und Schuyler Colfar, einen vollständigen
Sieg über die der Demokraten Horatio
Seymour und F. P.
Blair.
Da aber dieser
Sieg nur durch Hilfe der
Neger, die sich zum erstenmal an einer Präsidentenwahl beteiligen durften, erzielt
war, sahen die
Sieger darin einen Wink, daß die Kriegserinnerungen immer wieder angefacht werden müßten,
um die
Neger zu fesseln. Für die Ausführung dieser Politik fanden die Republikaner in dem neuen Präsidenten, der politisch
und wirtschaftlich eine fast kindliche Unselbständigkeit besaß, ein gefügiges Werkzeug. Der Nepotismus im Interesse der
Partei
und ihrer Führer erreichte eine schwindelnde Höhe, und ebenso fraß sich die Korruption sowohl
in der
Verwaltung der Bundesangelegenheiten wie auch in jene der
Staats- und Gemeindeangelegenheiten (s.
Tammany Society und
Tweed) immer tiefer ein.
Selbst die auswärtigen Angelegenheiten blieben von korrupten Einflüssen nicht frei, und beispielsweise scheiterte die von Grant eifrigst betriebene Annexion der Republik Santo [* 2] Domingo nur an dem energischen Widerstande des Kongresses. Bemerkenswert war auch die Entscheidung der Fischereifrage (s. d.) mit Canada durch den Vertrag vom der gleichzeitig zur Erledigung der sog. Alabamafrage (s. d.) das Genfer Schiedsgericht einsetzte. Dieses sprach England schuldig, wegen Verletzung der Neutralität 15 ½ Mill. Doll. zu bezahlen.
Auch die San Juan-Frage (s. d.), ein Streit um den Besitz des San Juan-Archipels, wurde durch Schiedsspruch des Deutschen Kaisers zu Gunsten der v. A. beendet. Beim Herannahen der Präsidentenwahl machte sich 1872 eine starke Bewegung geltend gegen die Wiederwahl Grants, für versöhnlichere Politik gegenüber dem Süden und namentlich für gründliche Reform des Civildienstes, an der die Deutschen unter der Führung von Karl Schurz hervorragenden Anteil nahmen. Unglücklicherweise stellten diese Liberal-Republikaner, wie sie sich nannten, den excentrischen Horace Greeley (s. d.) als Kandidaten auf, und, obgleich ihn die Demokraten formell acceptierten, enthielten sie sich so massenhaft der Wahl, daß Grant mit großer Mehrheit wiedergewählt wurde.
Grants zweiter Amtstermin trug womöglich noch mehr das Gepräge nepotistischer Partei
herrschaft als der erste. Insbesondere
mischte er sich in Angelegenheiten von Südstaaten, namentlich Louisianas und
Südcarolinas, zu Gunsten der
Carpetbagger in
solchem
Maße ein, daß die Mißstimmung fast zur neuen Revolution ausartete. Das Bedürfnis nach einer
Reform des Civildienstes war indes so dringend geworden, daß beide Parteien
sie für die Präsidentenwahl 1876 in ihr
Programm aufnahmen.
Der Kandidat der Demokraten, Tilden, erhielt 4284885, der Republikaner Hayes bloß 4033950 Stimmen. Bei der Feststellung der Zahl der Elektoren gelang es den Republikanern, die Stimmen von drei Südstaaten zu eigenen Gunsten herauszuzählen und dadurch für Hayes 185 gegen 184 Elektoralstimmen für Tilden zusammenzubringen. Nach langen Verhandlungen wurde dieses Resultat durch eine vom Kongreß eingesetzte Kommission (s. Electoral Commission) gutgeheißen, und Hayes konnte als Präsident inauguriert werden.
Die Vorgänge bei diesem Wahlakte warfen auf die ganze, sonst treffliche
Verwaltung von
Hayes, der in dem
Staatssekretär Evarts, Finanzsekretär John Sherman und namentlich dem zum Leiter des innern Departements ernannten
Schurz vorzügliche
Berater fand, einen schweren Schatten.
[* 3] Zudem hatte die
Bewegung von 1876 eine überwiegend demokratische
Kongreßmehrheit zur Folge gehabt, so daß Gesetzgebung und Exekutive verschiedenen Parteien
angehörten,
was einer ersprießlichen Regierungsthätigkeit sehr im Wege stand.
Die seit 1873 eingetretene wirtschaftliche Depression [* 4] hatte ferner ein bedenkliches Anwachsen gefährlicher socialdemokratischer Strömungen herbeigeführt, die in der weit ausgedehnten und zum Teil von schweren Unruhen begleiteten Streikbewegung im Juli und Aug. 1877 gipfelten. Andererseits drohte auch eine finanzielle Krisis. Der Kongreß hatte allerdings noch unter Grant die Wiederaufnahme der Barzahlungen in Gold [* 5] principiell beschlossen und als Zeitpunkt hierfür den festgesetzt gehabt, allein es machten sich allerlei Besorgnisse geltend, daß dieses Ereignis zu einer noch viel stärkern Finanzkrisis führen möchte, wenn man nicht wenigstens für Vermehrung der Geldumlaufsmittel sorge.
Die in ungeheurem Aufschwunge befindliche Silberproduktion legte das Hilfsmittel nahe, und gegen das Veto des Präsidenten
wurde von der demokratischen Kongreßmehrheit mit der sog.
Blandbill (s. d.) obligatorische Prägung von minderwertigen, aber
mit
Zwangskurs ausgestatteten Silberdollars beschlossen. Im übrigen trug die Hayessche
Administration sehr viel zur Versöhnung
des
Südens und Herbeiführung geordneter Verhältnisse daselbst bei. Auch wurden mancherlei
Reformen in der
Verwaltung, insbesondere im Indianerdepartement, eingeführt und der Partei
patronage und Korruption entgegengearbeitet.
Bei der folgenden Präsidentenwahl trug wieder der republikanische Kandidat James Garfield über den demokratischen General Hancock den Sieg davon. Er trat sein Amt an und berief Blaine zum Staatssekretär, jedoch schon 2. Juli wurde er von einem abgewiesenen Ämtersucher Charles Guiteau durch einen Revolverschuß lebensgefährlich verwundet. Garfield starb 19. Sept. und Arthur wurde Präsident (1881-85). So stürmisch Blaine die kurze innere Verwaltung Garfields zu gestalten verstanden hatte, ebenso abenteuerlich zeigte er sich in der äußern, wozu die central- und südamerik.
Wirren, insbesondere der
Krieg zwischen
Peru
[* 6] und
Chile,
[* 7] willkommenen
Anlaß boten. Eine Föderation von
Gesamt-Amerika unter Leitung
der
Union war das eingestandene Ziel. Bevor es erreicht war, mußte
Blaine Dez. 1881 zurücktreten. Die unter
Garfield eingeleitete
Prozessierung von Schwindlern, die den Bundesschatz im Eisenbahn-Postdienste systematisch bestohlen hatten,
darunter der hervorragende Politiker Dorsey und der zweite
Gehilfe des Generalpostmeisters, Brady, endete nach zweijähriger
Beschäftigung der Gerichte als Farce (sog.
Star-Route-Prozeß). Der fortdauernde Fraktionenkampf in der Republikanischen
Partei
führte zu einer empfindlichen
Niederlage derselben bei den Kongreßwahlen und war von böser
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mehr
Vorbedeutung für die nahende Präsidentenwahl, bei der in der That der Republikaner Blaine seinem demokratischen Mitbewerber
Grover Cleveland unterlag. Mit knapper Mehrheit gelang die Wahl Clevelands und damit der Sturz der Republikanischen Partei
nach
einer Herrschaft von 24 Jahren. Der Sieg der Demokratischen Partei bewies, daß die Nachwirkungen des Krieges
denn doch endlich überwunden waren, und daß es wiederum möglich war, die ganze Union zur Führung der Bundesgeschäfte zuzulassen.
VII. Geschichte seit In seiner versöhnlichen Antrittsrede hob der neue Präsident Cleveland namentlich die Notwendigkeit einer Reform des Civildienstes hervor, und in der That suchte er der Beamtenkorruption möglichst zu steuern und eine tüchtige Verwaltung herzustellen. Ein 1886 von Cleveland bestätigtes Gesetz, wodurch die Nachfolge zur Präsidentschaft im Falle des Ablebens des Präsidenten und des Vicepräsidenten geregelt werden sollte, bestimmte, daß, falls die beiden obersten Beamten sterben oder aus andern Gründen an der Fortführung ihres Amtes verhindert sein sollten, die Kabinettsminister in einer bestimmten Reihenfolge zum Präsidentenamt berufen werden sollten, und daß derjenige Minister, der das Präsidentenamt übernähme, es bis zum Schluß des Termins bekleiden sollte. Die Indianerstämme, denen durch Verträge besondere Gebiete (Reservationen) angewiesen waren, wurden gegen die Viehzüchter geschützt, die sich um keine Grenzen [* 9] kümmerten und in die Indianergebiete eindrangen. Wo aber von den Indianern die Waffen [* 10] zum Aufstand ergriffen wurden, wie im Juli 1885 in Neumexiko, da wurde durch rasche Absendung von Truppen die Ruhe wiederhergestellt.
Die Arbeiterfrage wurde auch in den Vereinigten Staaten [* 11] immer schwieriger, und der Notstand in der Arbeiterbevölkerung nahm nie gekannte Dimensionen an. In der Stadt Neuyork [* 12] wurde in den ersten Wintermonaten 1885-86 die Zahl der Arbeitslosen auf etwa 75000 geschätzt, während sie sich in den Vereinigten Staaten insgesamt auf etwa 500000 belaufen mochte. Nachdem man durch das Antichinesengesetz die Konkurrenz der mongol. Rasse auszuschließen gesucht und zur Erreichung dieses Zwecks 1884 noch ein strenges Zusatzgesetz erlassen hatte (s. Chinesenfrage), führte der Notstand so weit, daß man durch strenge Handhabung der sog. Paupergesetze und durch das Verbot der Einführung kontraktlich angeworbener Arbeiter auch dem weitern Zufluß europ. Arbeitskräfte entgegen zu treten suchte, und daß man bereits von der Notwendigkeit einer allgemeinen gesetzlichen Suspension der Einwanderung sprach. In Chicago kam es 4. und zum blutigen Aufstand.
Mehrere Anarchisten, die Dynamitbomben geschleudert hatten, wurden verhaftet und sieben von ihnen von den Geschworenen des Mordes für schuldig erklärt und zum Tode verurteilt. Zwei wurden begnadigt, einer tötete sich selbst im Gefängnis, die andern vier wurden gehängt, trotzdem zahlreiche Petitionen um Begnadigung für sie eingegangen waren, darunter auch von den deutschen socialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Bebel, Singer, Liebknecht u. a.
Bei den erfolgten Wahlen für die Staatslegislaturen siegte in den meisten Staaten die Republikanische Partei
, dagegen
bestand das neu gewählte Repräsentantenhaus noch aus 167 Demokraten, 154 Republikanern und 3 Vertretern der Arbeiterpartei.
Der Gesetzentwurf, der
die Unterdrückung der in Utah herrschenden Vielweiberei zum Zweck hatte, wurde im Febr. 1887 von beiden
Häusern des Kongresses angenommen. Danach wurde Vielweiberei als Verbrechen behandelt, Polygamisten des Stimmrechts beraubt,
das Frauenwahlrecht in Utah abgeschafft und allen dortigen Wählern ein Eid auferlegt, daß sie den die
Vielweiberei betreffenden Gesetzen Gehorsam leisten würden.
Der Senat verwarf 26. Jan. den Antrag einer Verfassungsänderung in der Richtung, daß den Frauen das Wahlrecht erteilt werden solle, mit 34 gegen 16 Stimmen, während die Gesetzgebung von Kansas den Frauen das Stimmrecht bei Gemeindewahlen einräumte und der dortige Gouverneur diesen Beschluß bestätigte. Die vom Kongreß angenommene Pensionsbill, deren Ausführung eine jährliche Mehrausgabe von vielen Millionen Dollars erforderte, belegte der Präsident mit seinem Veto.
Das wichtigste Gesetz dieser Sitzungsperiode war jedoch die sog. Interstate Commerce Act (s. d.) über Frachtsätze, Rückfrachtvergütungen u. s. w., die allerdings nur für solche Eisenbahnen Geltung hat, die durch das Gebiet von zwei oder mehrern Staaten führen. Seine Hauptaufmerksamkeit wandte Cleveland der Zollgesetzgebung zu, indem er die hohen Schutzzölle, die alljährlich einen sehr bedeutenden Überschuß ergaben, in seiner Botschaft an den Kongreß als eine «fehlerhafte, unbillige und unlogische Quelle [* 13] unnötiger Besteuerung» kennzeichnete und eine Herabsetzung der Einfuhrzölle namentlich für Rohmaterialien in Vorschlag brachte.
Ein dahingehender Gesetzentwurf wurde vom Repräsentantenhaus 1888 angenommen, kam aber im Senat nicht mehr zur Erledigung. Ebenso scheiterte im Senat ein Vertragsentwurf, der endlich die Streitigkeiten über die Fischereifrage (s. d.) mit Canada beendigen sollte. Dagegen wurde ein Gesetz erlassen, das im Widerspruch zu den mit China [* 14] geschlossenen Verträgen die Einwanderung von Chinesen völlig verbot. (S. Chinesenfrage.) Die dagegen erhobenen Vorstellungen Chinas blieben ohne Erfolg.
Am fand die neue Präsidentenwahl statt, zu der die Demokratische Partei Cleveland wieder als ihren Kandidaten nominiert hatte, während die Republikaner Benjamin Harrison (s. d.) aufstellten. Die strenge Durchführung der Civildienstreform und mehr noch seine Haltung in der Zolltariffrage hatte Cleveland manche Gegnerschaft zugezogen, und so kam es, daß er seinem Gegner mit 168 gegen 233 Elektorenstimmen unterlag.
Am trat der neue Präsident Harrison sein Amt an und erklärte in seiner ersten Botschaft an den Kongreß, daß er das Schutzzollsystem aufrecht zu erhalten gedenke. Die hervorragendste Persönlichkeit in Harrisons Kabinett war der Staatssekretär (Minister des Auswärtigen) Blaine (s. d.). Seinem Einfluß besonders war daher auch im Okt. 1889 der Zusammentritt eines Panamerikanischen Kongresses (s. d.) zuzuschreiben, der jedoch ohne große Resultate wieder auseinander ging.
Eine andere internationale Frage, bei der außer den Vereinigten Staaten noch Deutschland [* 15] und Großbritannien [* 16] beteiligt waren, betraf die Ordnung der Verhältnisse auf den Samoa-Inseln (s. d.). Eine im April bis Juni 1889 in Berlin [* 17] tagende Konferenz von Vertretern der beteiligten drei Staaten erklärte die Inseln für unabhängig und neutral und sprach den Angehörigen der drei Mächte gleiche Rechte zu. Eine ähnliche Tendenz wie der Panamerikanische Kongreß zeigte ¶