See, im engern die 90 km lange untere
Stufe, die von der Landschaft
Bormio durch den Engpaß Serra di Morignone getrennt wird.
Das eigentliche Veltlin ist ein üppiges, nach Westen geöffnetes
Thal
[* 2] zwischen den
Bernina- und den
Bergamasker Alpen, deren Abhänge
bis hoch hinauf mit Nadelwäldern und Almweiden bekleidet sind. Die Vorhügel sind ungemein fruchtbar
und liefern auf der rechten Thalseite hoch geschätzte Rotweine (Sassella, Inferno, Grumello u. s. w.);
der Thalgrund, im untersten
Teile sumpfig, wird in dem obern von Obstgärten,
Mais- und Kornfeldern eingenommen.
Malerische Nebenthäler,
Val Malenco,
Val Masino u. s. w., öffnen sich zu beiden Seiten.
AußerWein gelangen auch
Vieh,
Honig, Rohseide und Holz
[* 3] zur Ausfuhr. Die wichtigsten Ortschaften sind außer
Sondrio das Städtchen
Tirano (s. d.) am
Eingang des
Poschiavo (s. d.),
Teglio, nach dem das
Thal benannt ist, Morbegno (260 m, 3400 E.) mit schöner
Kirche, mehrern
ehemaligen
Klöstern und einem alten
Palast der Malacrida und Grossotto, Grosotto, oberhalb
Tirano mit 1998 E.
Die Hauptverkehrslinie ist die
BahnColico-Sondrio und die große
Straße des Addathals,
Sondrio-Bormio.
Im Mittelalter machte das Veltlin, wie
Bormio und Cbiavenna, einen
Teil der
Lombardei aus, fiel an das Herzogtum Mailand
[* 4] und wurde 1512 an
Graubünden
abgetreten. Am versuchten die Katholiken des Veltlin sich durch Ermordung der
Beamten und aller
Reformierten von der Herrschaft der
Bünde frei zu machen (Veltliner
Mord). Nach mannigfachen Wechseln im Dreißigjährigen
Krieg gelang es aber den Bündnern, mit Hilfe
Spaniens und
Österreichs sich im
Besitz der
Thäler zu behaupten. 1797 sagte sich
das Veltlin von Graubünden los und wurde von
Bonaparte der Cisalpinischen Republik einverleibt. 1814 kam das an das
Lombardisch-Venetianische
Königreich unter österr. Herrschaft, 1859 an
Italien.
[* 5] -
Vgl. Romegialli, Storia della Valtellina
(Sondrio 1834);
(spr. wĕnässäng), ehemalige
Grafschaft im franz. Depart.
Vaucluse in der Provence, hat seinen
Namen von
dem StädtchenVenasque (mittellat. Vendascum). Ursprünglich im Gebiete des
DeutschenReichs den
Grafen
von
Toulouse
[* 7] gehörig, wurde das Venaissin vom letzten
GrafenRaimund VII. an die
Kirche abgetreten, von dieser aber 1243 wieder an
Raimund zurückgegeben. Als dessen
Erbe, sein Schwiegersohn
Alfons von Poitou, 1271 kinderlos gestorben war, erbte die franz.
Krone sein Gebiet. Diese trat das Venaissin 1273 an den Papst ab, ebenso wie 1348 das von
Venaissin umschlossene Gebiet von
Avignon. Der Papst ließ
die Landschaften, nachdem sie wiederholt von den franz. Königen
eingezogen worden waren, durch Rektoren regieren, bis sie für immer mit
Frankreich vereinigt wurden.
Fortunatus, lat. Dichter, geb. um 530 zu
Duplavilis bei
Treviso, erwarb sich zu Ravenna eine ausgezeichnete
Bildung in
Grammatik und Rhetorik,
Philosophie und
Theologie,
zog um 560 durch
Germanien
[* 8] und
Gallien, lebte längere Zeit am
Hofe Sigeberts von
Austrasien und begab sich
dann nach Poitiers, wo Radegunde, Gemahlin
Chlothars I., deren Leben er später beschrieb, in einem
Kloster lebte. Jetzt erst
trat Venantius Fortunatus in den geistlichen
Stand, wurde 599
Bischof von Poitiers und starb als solcher 609. Venantius Fortunatus ist der letzte bedeutende
Dichter vor
Karl d. Gr. Die beste
Ausgabe seiner Werke veranstaltete Luchi (2 Bde.,
Rom
[* 9] 1786-87).
In den «Monumenta
Germaniae historica.
Auctores antiquissimi» erschienen die
«Opera poetica» (hg. von
Leo, Berl.
1881) und die
«Opera pedestria» (hg. von Krusch, ebd. 1885). -
Vgl.
Bormann,
Über das Leben des lat. Dichters Fortunatus (Programm,
Fulda
[* 10] 1848);
Le
[* 11]
Roux, Le poète Fortunat (Poitiers 1885).
1) 75 km langer franz.
Fluß in Poitou im Departement Vendée, entspringt an der Südwestseite der Hauteurs de la Gatine, geht
in südwestl. Lauf an Fontaney-le-Comte vorüber und mündet, zuletzt schiffbar, oberhalb
Marans rechts in die
Sèvre-Niortaise. - 2)
Franz. Departement, besteht aus dem westl. (Nieder-)Poitou, liegt zwischen den Depart.
Loire-Inférieure im N.,
Deux-Sèvres im O.,
Charente-Inférieure im
S. und dem Atlantischen Ocean im W., hat auf 6707,75 nach
Berechnung 6971) qkm (1896) 441 735 E (620 weniger als 1891), darunter 198 Fremde, also 66 E. auf 1 qkm,
zerfällt in 3
Arrondissements
(Fontenay-le Comte, La Roche-sur Yon, Les Sables d'Olonne) und 30 Kantone mit 303 Gemeinden
und hat La Roche-sur-Yon (früher Napoléon Vendée genannt) zur Hauptstadt.
Das Land wird von der Sèvre-Nantaise an der Nordostgrenze sowie der ihr zufließenden Maine, von der Sèvre-Niortaise (mit
der an der Südgrenze, den Küstenflüssen Vie, Jaunay, Ausance und dem 104 km langen, 22 km schiffbaren
Lav (mit Yon) sowie von der links zur Loiremündung gehenden
Boulogne bewässert, hat eine einförmige
Küste mit wenig
Vorgebirgen
(Pointe de l'Aiguille), Häfen
(Beauvoir, St. Gilles-sur-Vie, Sables d'Olonne) und den vorgelagerten
InselnBouin 45 qkm),
mit Fischerei
[* 12] und Salzgewinnung,
[* 13] Noirmoutier und
Yeu. Es enthält verschiedenartige Gebiete, wie Le
Marais (Morastland) im
S., südlich von Luçon und Fontenay, dem
Meere abgerungener Alluvialboden mit Salzsümpfen,
Weide- und Ackerland, wo Hanf,
Getreide,
[* 14] Gemüse und guter
Wein gedeihen, aber ungesund und ohne Trinkwasser;
sodann Le
Bocage (Buschland)
im O., Hügelland mit
Wald und
Heide sowie mittels der vielen Wasserläufe urbar gemachtem
Boden, der Obst, Gemüse und guten
Wein trägt;
die Hauteurs de la Gatine steigen im Mont-Malchus 285 m empor;
ferner La Plaine (Ebene) im S., ein aus Jurakalk
bestehendes dürres Gebiet.
Das Klima ist feucht, aber gesund. 1020 qkm sind Wiesen und 4616 qkm Ackerland,
wo Weizen (1895:
¶
mehr
3000 920 hl), Gerste
[* 16] (228000), Roggen (51000), Hafer
[* 17] (850 500), Buchweizen (139 020 hl), Gemüse, Kartoffeln, Raps und Wein
(1895: 352 480, 1885-94 durchschnittlich jährlich 388 447 hl) gebaut werden. Sonst bietet das Land auch Steinkohlen bei Chantonnay
und Vouvant im O. (1896 im ganzen 23 472 t), Eisen,
[* 18] Blei,
[* 19] Antimon, Granit, hydraulischen Kalk, Mühlsteine,
[* 20] Pierres de Chamberteaud (oder Diamants de la Vendée), Thon, Torf und Mineralquellen. Die Bevölkerung, die viel Matrosen liefert,
treibt besonders Ackerbau und Viehzucht
[* 21] (1895: 333 891 Rinder,
[* 22] 24 835 Pferde,
[* 23] 154 118 Schafe,
[* 24] 60 740 Schweine),
[* 25] Fischerei,
Salzgewinnung 1896: 23 923 t); unerhebliche Industrie, als Herstellung von Pottasche, Hausleinwand, Segeltuch,
Seilerwaren, grobe Wollstoffe, Papier, Glas,
[* 26] Topfwaren, ferner Spinnereien, Gerbereien, Brauereien, Ziegeleien, Kalköfen und
Küstenhandel. An Eisenbahnen besitzt das Departement 398,6 km, an Nationalstraßen (1895) 539,4 km und an höhern Unterrichtsanstalten
ein Lyceum und zwei Collèges. -
Vgl. Loudun, La Vendée, le pays, les mœurs etc. (2. Aufl.,
Par. 1873);
Geschichte. Die Vendée ist berühmt durch die Bürgerkriege während der Französischen Revolution. In diesem Sinne aber versteht
man unter Vendée nicht bloß das Departement dieses Namens, sondern rechnet dazu auch noch den größern Teil des alten Poitou
und Teile von Anjou und der Bretagne. Die sociale Kluft, die in Frankreich vor 1789 den dritten Stand vom
Adel und Klerus trennte, bestand dort nicht; vielmehr bildete die Vendée mit ihrer kelt.
Bevölkerung,
[* 27] ihren religiösen und gesellscbaftlichen Verhältnissen, ihrem Mangel an städtischer Kultur einen sehr scharfen
Gegensatz gegen die meisten übrigen Landesteile.
Die Revolution fand darum hier nur geringen Anklang. Schon 1790 war das Land in Gärung, und die Streifzüge
der Chouans (s. d.) bildeten die Vorboten eines allgemeinen Aufstandes, zu dem eine große Rekrutenaushebung den
Anstoß gab. Zu St. Florent wurde Cathelineau (s. d.), in Niederpoitou Charette (s. d.)
zum Führer gewählt. Ehe ein Monat verging, zeigten sich in allen Gegenden bewaffnete Scharen unter Stofflet,
Elbée und andern Führern. Mitte Mai gab Henri de Larochejacquelein (s. d.) im Verein mit andern der Erhebung durch die Siege
bei Fontenay-le-ComtebeiThouars, bei Saumur (10. Juni) einen größern Aufschwung. Man machte Saumur
zum Mittelpunkt des ganzen Unternehmens, setzte einen Obern Rat ein und wählte Cathelineau zum Oberanführer. Die versprochene
Unterstützung Englands blieb jedoch aus, weshalb die Armee der Vendéer die Loire überschritt, um die reichern Mittel jener
Gegend auszunutzen. Ein unternommener Angriff auf Nantes
[* 28] fiel so unglücklich aus, daß die
Royalisten sich fast ganz zerstreuen mußten. Diese Lage hielt der Konvent für geeignet, die Erhebung zu unterdrücken. Zwei
große Armeen, die eine von La Rochelle aus unter Rossignol, die andere von Brest aus unter Canclaux, sollten das Küstenland
unterwerfen. Dagegen rüsteten auch die Vendéer ein Heer unter d'Elbée an Stelle des 11. Juli gestorbenen
Cathelineau, und nur sehr allmählich gelang es, mit Übermacht die Aufständischen zu erdrücken. Die brit.
Flotte vermochte nicht zu landen, und Larochejacqueleins Zug
nach der Küste, wo er die Hilfe erwarten wollte, brachte den Vendéern
große Verluste. Auf dem Rückzüge siegte
er zwar 21. Nov. in dem blutigen Gefecht bei Dol; aber 12. Dez. wurde
er unweit Le Mans
[* 29] von Westermann uud Marceau angegriffen und nach verzweifelter Gegenwehr zurückgeworfen. Gegen 10000 gefangene
Vendéer, von jedem Alter und Geschlecht, mußten zu Le Mans sterben. Am 23. Dez. vernichtete Westermann die Reste der Royalisten,
die in Unordnung der Loire zueilten, bei Savenay; nur Larochejacquelein und Stofflet entkamen mit wenigen
Gefährten. Die Gefangenen, Männer, Weiber, Kinder, schaffte man nach Nantes, und hier ließ sie Carrier (s. d.) in Masse durch
Kartätschen niederschmettern und ertränken.
Doch blieb noch immer Charette übrig, der sein Korps wieder verstärkte und den Republikanern harte
Schläge versetzte. Der Konvent schien jetzt das Land veröden zu wollen. Die «infernalen Kolonnen» des Obergenerals Turreau
hätten aber schwerlich den Widerstand besiegt, wäre nicht, zumal seit Larocbejacqueleins Tode die Uneinigkeit
unter den Royalisten selbst ihnen zu Hilfe gekommen. Im Mai wurde Turreau abgerufen, und seine Nachfolger
schlugen ein milderes System ein, das namentlich nach Robespierres Sturze auch vom Konvent angenommen ward.
Auf CarnotsVorschlag wurde durch öffentlichen Aufruf den Vendéern Frieden und Verzeihung angeboten. Zugleich traten
die Konventsabgeordneten mit den Häuptern des Aufstandes in Unterhandlung und bewogen Charette zu La
Jaunaye zu einem Vertrage, dem 2. Mai Stofflet und andere beitraten. Als im Juni 1795 eine brit. Flotte das
franz. Emigrantenheer zu Quiberon (s. d.) ans
Land setzte, begann jedoch Charette aufs neue den Kampf. Die Uneinigkeit der Führer, das Schicksal des Emigrantenheers und
die Maßregeln Hoches (s. d.) ließen indes die Erhebung nicht aufkommen.
Charette und Stofflet wurden im Frühjahr 1796 gefangen und erschossen. Der Aufstand drohte seitdem mehrmals wieder auszubrechen;
die Politik Hoches und später die geschickte Hand
[* 30] Bonapartes erstickten indes diese Versuche im Keime. Eine völlige Unterwerfung
der Vendée brachte erst der durch Bonaparte abgeschickte General Hedouville im Jan. und Febr. 1800 zu stande.
Trotz des Friedens behandelte Napoleon die Vendée immer mit Mißtrauen. Schon nach dem Ausgange des russ. Feldzuges von 1812 verweigerten
die Vendéer Abgaben und Rekruten, und im Feldzuge von 1814 erhoben sich 80000 Bauern, gingen aber nach Napoleons I. Abdankung
wieder auseinander.
Während der Hundert Tage griffen die Vendéer unter Sapinaud und Suzannet abermals zu den Waffen.
[* 31] Napoleon
schickte den General Lamarque gegen sie, der die Ruhe in dem Augenblicke völlig herstellte, als die Kaiserherrschaft durch
die Schlacht von Waterloo
[* 32] zum zweitenmal zusammensank. Die Bourbons überhäuften die Häupter der Vendée mit Gnaden und Ämtern.
Nach der Julirevolution von 1830 erhob sich unter dem Adel der Vendée eine zahlreiche Partei, die das Land
zu Gunsten der alten Dynastie wieder in Aufstand zu versetzen suchte. Im April 1832 schlich sich sogar die Herzogin von Berry
(s. d.) in das Land ein, um einer ErhebungNachdruck zu geben. Allein ihre Gefangennahme und die Entdeckung
ihrer Schwangerschaft brachten das Volk zur Besinnung.
Vgl. Beauchamp, Histoire de la guerre de la Vendée (4. Aufl., 4 Bde.,
Par. 1820);
La guerre des Vendéens et des Chonans contre la République française (6 Bde.,
ebd. 1824-27);