zurückgenommen hat, oder seitdem die Einlegungsfrist abgelaufen ist, ohne daß er eine Erklärung abgegeben hat (§. 482 der
Deutschen Strafprozeßordnung). Im Fall der Freisprechung kann von einer Anrechnung der nicht die Rede sein. Ob der
Staat zu
einer
Entschädigung der Freigesprochenen verpflichtet ist, ist eine Streitfrage, die wesentlich nach
denselben Grundsätzen zu beurteilen ist wie die
Entschädigung (s. d.) unschuldig Verurteilter. -
Nach §. 60 des
Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes sind bei den Landgerichten (nach §. 11 der
Österr. Strafprozeßordnung bei den Gerichtshöfen erster Instanz) nach Bedürfnis zu bestellen. Die
Bestellung erfolgt durch die Landesjustizverwaltung auf die
Dauer eines Geschäftsjahres. Dem liegt es ob, die
Voruntersuchung
in Strafsachen zu eröffnen und zu führen. Nach §. 176 der Strafprozeßordnung findet die
Voruntersuchung in denjenigen
Strafsachen statt, welche zur Zuständigkeit des Reichsgerichts oder der Schwurgerichte gehören.
Auch in den zur Zuständigkeit der Landgerichte
(Strafkammern) gehörenden Strafsachen kann die
Voruntersuchung stattfinden:
2) wenn der Angeschuldigte dieselbe beantragt und erhebliche
Gründe geltend macht, aus denen eine
Voruntersuchung zur Vorbereitung
seiner Verteidigung erforderlich erscheine.
In den vor das Schöffengericht gehörigen Sachen ist die
Voruntersuchungan sich unzulässig. Nach §.91 der Österr. Strafprozeßordnung ist die
Voruntersuchung notwendig in Schwurgerichtssachen
und im
Verfahren gegen Abwesende (s.
Abwesenheit), in allen andern fällen zunächst vom Ermessen des
Staatsanwalts oder Privatanklägers
abhängig.
Durch Beschluß des Landgerichts (in
Österreich
[* 2] der Ratskammer, s. d.) kann auf
Antrag der
Staatsanwaltschaft die
Führung einer einzelnen
Voruntersuchung auch einen
Amtsrichter (in
Österreich einem
Bezirksgericht) übertragen werden. Bei
dem Reichsgericht wird der für jede Strafsache aus der Zahl der Mitglieder durch den Präsidenten bestellt. Der Präsident
kann auch jedes Mitglied eines andern deutschen Gerichts und jeden
Amtsrichter zum oder für einenTeil
der
Geschäfte des 11. zum
Vertreter desselben bestellen. Bei allen Vernehmungen sowie bei Einnahme des
Augenscheins hat der
einen Gerichtsschreiber beizuziehen.
Wer in einer Sache als thätig gewesen, darf nicht an der Erkenntnisfällung teilnehmen.
In
Österreich bleibt der in dauernder Fühlung mit der Ratskammer, der er monatlich einmal und außerdem,
wenn er eine
Entscheidung derselben einholt, mündlich in Anwesenheit des
StaatsanwaltsBericht erstattet (§. 94).
(lat. subditus), ursprünglich der Schutzpflichtige, welchem das
Recht und der Rechtsschutz weder durch seine
eigene Machtstellung noch durch die Mitgliedschaft in einem selbstherrlichen Gemeinwesen, sondern von einer bevorzugten Körperschaft
oder einem sonstigen Oberherrn gegen
das
Bekenntnis der Abhängigkeit gewährt wird. So waren die Schutzverwandten (metoikoi)
in
Athen,
[* 5] die Bundesgenossen im röm. Freistaate, die Laten oder
Liten der deutschen Vorzeit des Vollbürgertums,
und die Gutsunterthänigkeit lieferte ebenfalls ein
bis in neuere
Zeiten heranreichendes
Beispiel des gleichen Verhältnisses.
Nach der Ausbildung der Landeshoheit wurden überhaupt diejenigen, welche in ein fürstl.
Territorium gehörten, als dem Landesherrn
befohlene Schulpflichtige angesehen. Die danach aufkommenden Staatstheorien erkannten in der Unterthanenschaft
ein notwendiges Ergebnis der
Souveränität,
da man dem wirklichen Staatsoberhaupte gegenüber nur sein und sich auch während
des Aufenthalts in einem fremden
Staatsgebiete zu einer «temporären Unterthanenschaft» verstehen müsse.
Bloß die diplomat.
Vertreter eines andern
Staates behaupten, kraft ihrer
Anerkennung als solche, das
Vorrecht der
Exterritorialität (s. d.). Neuerdings wird die
Stellung der Staatsangehörigen zur obersten Gewalt weniger aus ihrer Unterthänigkeit
als aus dem
Gesichtspunkte des Staatsbürgertums beurteilt, das nicht bloß die pflichtmäßige, sondern auch die berechtigende
Seite des Verhältnisses hervorhebt. Die Erbunterthänigkeit war ein Überrest der
Leibeigenschaft (s. d.), der die davon
Betroffenen wenigstens an dem eigenmächtigen Verlassen des Gutsgebietes hinderte
und sie außerdem zu
örtlich verschiedenen Abhängigkeitsbezeigungen verpflichtete.
der 6. Kanton
[* 6] der
Schweiz,
[* 7] grenzt im N. an den Vierwaldstätter See, im O. an den Kanton Uri,
im
S. an Bern,
[* 8] im
W. an Luzern,
[* 9] hat eine
Fläche von 765,3 qkm und wird durch den Kernwald in die Halbkantone Obwalden
und Nidwalden
geteilt. Obwalden
oder ob dem
Wald,
474,8 qkm, umfaßt das Gebiet der Sarner
Aa und des Sarner Sees sowie die Hochthäler von
Lungern und Engelberg,
Nidwalden
oder nid dem
Wald, 290,5 qkm, das übrige Gebiet der Engelberger
Aa und die Ufergelände des Vierwaldstätter Sees.
1) Obwalden.
Der Halbkanton hatte 1880: 15 356, 1888: 15 043 (7515 männl., 7528 weibl.) E., darunter 335
Evangelische;
ferner 2402 bewohnte Häuser mit 3440 Haushaltungen in 7 Gemeinden. Im Kanton geboren sind 13 144, in der übrigen Eidgenossenschaft
1500, im
Auslande 399;
Bürger ihrer Wohngemeinde sind 10 231, einer andern Gemeinde des Kantons 2336, eines andern Kantons
2020,
Ausländer 456. Der Muttersprache nach sind 14 702 Deutsche,
[* 11] 30
Franzosen und 300
Italiener.
Die Zahl
der
Geburten (einschließlich Totgeburten) betrug 1895: 325, der
Eheschließungen 94, der Sterbefälle 245. - 2) Nidwalden.
Der Halbkanton
hatte 1880: 11 992, 1888: 12 538 (6146 männl., 6392 weibl.) E., darunter 112
Evangelische;
ferner 1659 bewohnte Häuser
und 2884 Haushaltungen in 11 Gemeinden. Im Kanton geboren sind 10 371, in der übrigen Eidgenossenschaft 1610, im
Auslande
557;
Bürger ihrer Wohngemeinde sind 7854, einer andern Gemeinde des Kantons 2295, eines andern Kantons 1773,
Ausländer 616. Der
Muttersprache nach sind 12 116
¶
mehr
Deutsche und 402 Italiener. Die Zahl der Geburten (einschließlich Totgeburten) betrug (1894) 371, der Eheschließungen 80,
der Sterbefälle 301. Wie die benachbarten Oberbasler (s. Hasli) sind die Männer schlank, aber kräftig und stark gebaut.
Erwerbszweige.
1) Obwalden.
Von der Fläche sind 399,4 qkm, d. i. 84,12 Proz., produktives Land: 109 qkm
Waldungen und 290,4 Acker-, Garten-, Wiesen- und Weideland. Von dem unproduktiven Lande sind 10 qkm Gletscher, 11,3 Seen, 10,1
Flüsse
[* 13] und Bäche und 41,8 Felsen und Schutthalden. Nach der Viehzählung von 1896 hat der Halbkanton 208 Pferde,
[* 14] 11 046i Rinder,
[* 15] 3831 Schweine,
[* 16] 1925 Schafe,
[* 17] 5554 Ziegen
und 1535 Bienenstöcke. - 2) Nidwalden.
Von der Fläche sind 217,9 qkm, d. i. 75,01 Proz., produktives Land; 72 qkm
Waldungen, 145,9 Acker-, Garten-, Wiesen- und Weideland.
Von dem unproduktiven Lande sind 3,5 qkm Gletscher, 32,1 Seen und 34,4 Felsen und Schutthalden. Nach der Viehzählung von 1896 hat
der Halbkanton 176 Pferde, 8036 Stück Rindvieh, 2553 Schweine, 464 Schafe, 1323 Ziegen und 1415 Bienenstöcke.
Haupterwerbszweige sind Alpenwirtschaft, Viehzucht
[* 18] und Obstbau, in Obwalden
entwickelte Hausindustrie (Strohhüte, Seidengewebe);
Vieh, Käse und Holz
[* 19] die wichtigsten Ausfuhrartikel. Die Steinbrüche liefern Kalkstein, Gips
[* 20] und Schiefer.
Von Mineralquellen sind zu erwähnen die Eisenquelle von Schwendikaltbad in Obwalden
und die alkalische Schwefelquelle
von Rotzloch in Nidwalden.
Industrie (Parkettfabrikation) und Handel sind im Aufblühen; Bahnen sind die über den Brünig (s. d.), die
Pilatusbahn (s. d.), die StraßenbahnStansstad-Stans, die Stanserhorn- und die Bürgenstockbahn, die Uferorte des Vierwaldstätter
Sees sind durch Dampfboote verbunden, gute Fahrstraßen durchziehen die Hauptthäler.
Verfassung. Die Landesgemeinde entscheidet über Gesetze, wählt den Landammann, ein Mitglied in den Ständerat,
den Regierungsrat, die Landschreiber u. s. w. Dagegen wird die vorberatende Behörde, in Obwalden
Kantonsrat (80 Mitglieder), in NidwaldenLandrat
(je ein Mitglied auf 250 E.) genannt,in den einzelnen polit. Gemeinden gewählt. Die unterste richterliche Instanz ist in
beiden Halbkantonen das Friedensrichter- bez. Vermittelamt der Gemeinden, die höchste das Obergericht.
In den schweiz. Nationalrat und in den Ständerat wählt jeder Halbkanton je ein Mitglied. Hauptorte der beiden Halbkantone
sind Sarnen (Obwalden)
und Stans(Nidwalden).
In kirchlicher Beziehung gehört zum Bistum Chur;
[* 21] Ob- und Nidwalden
besitzen je drei Klöster. Neben den Primarschulen
bestehen ein Lyceum in Sarnen und ein Gymnasium in Stans sowie eine Klosterschule (Progymnasium) zu Engelberg,
in Nidwalden
4 Sekundärschulen. Militärisch gehört zum Stammbezirk der 4. Division. Das Wappen von Obwalden
ist ein von Silber und Rot geteilter
Schlüssel im rot und weiß quergeteilten Felde, von Nidwalden
ein silberner Schlüssel im roten Felde mit doppeltem
Schaft und Bart.
Geschichte. Der jetzige Kanton wahrscheinlich vom 7. Jahrh. an von Alamannen besiedelt
und schon seit der Mitte des 12. Jahrh.
in zwei Hälften geschieden, stand im 13. Jahrh. unter der gräfl. Gewalt der Habsburger, 1291 schlossen
Ob-und Nidwalden
mit Uri
und Schwyz
den Bund der drei Waldstätte, der die Grundlage der spätern Eidgenossenschaft bildete. 1309 erlangte
die Reichsfreiheit; der Einführung der Reformation stand es entschieden feindlich gegenüber.
In der Folgezeit teilte die Schicksale der Eidgenossenschaft (s. Schweiz) bis zu deren Umsturz 1795. Durch die helvet. Verfassung
ward es dem Kanton Waldstätten zugeteilt. Obwalden
unterwarf sich; Nidwalden
aber wollte die neue Ordnung nicht anerkennen
und ward nach heldenmütigem Kampfe von den Franzosen erobert und furchtbar verwüstet (Sept. 1798). Die Mediationsakte von 1803 und
der Bundesvertrag von 1815 setzten wieder in die Rechte eines selbständigen Kantons ein. Nidwalden,
das den neuen
Vertrag nicht annehmen wollte, wurde durch eidgenössische Truppen dazu gezwungen. Seither gehörte beständig der konservativ
ultramontanen Partei der Schweiz an; 1832 trat es dem reaktionären Sarner Bunde, 1845 dem Sonderbunde bei. Bei denAbstimmungen
von 1872 und 1874 über Revision der Bundesverfassung stimmten beide Halbkantone für Verwerfung. -