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Abgeordnetenhause mit großer Mehrheit angenommen, 10. Mai jedoch vom Oberhause abgelehnt, worauf das Abgeordnetenhaus 21. Mai die Vorlage nochmals unverändert der Magnatentafel zuzusenden beschloß. Wekerle begab sich nach Wien, [* 2] um einen geheimen Einfluß, der, wie man glaubte, sich dort gegen die liberale Kirchengesetzgebung unter den Hofwürdenträgern geltend machte, zu brechen und durch einen Pairsschub ihre Annahme im Oberhause durchzusetzen. Da diese Forderung abgeschlagen wurde, reichte er 1. Juni seine Entlassung ein, übernahm aber 11. Juni, nachdem Graf Khuen-Hedervary vergeblich versucht hatte ein Ministerium zu bilden, sein Amt von neuem; an Stelle des Kultusministers Grafen Csaky trat Baron Roland Eötvös, an Stelle des Ministers a latere Grafen Tisza Graf Julius Andrássy.
Dieser Lage gegenüber gab das Oberhaus 22. Juni nach und nahm das Gesetz über die Civilehe an, ebenso wurden auch 9. und 10. Okt. die Gesetze über die Religion der Kinder aus Mischehen und über die staatliche Matrikelführung angenommen, während die Vorlagen über die freie Religionsübung 6. Okt. und über die Reception der jüd. Religion 8. Okt. abgelehnt wurden. Am 10. Dez. erfolgte die Genehmigung der drei kirchenpolit. Gesetze durch den König. Inzwischen hatten aber verschiedene Ereignisse die Stellung des Kabinetts Wekerle von neuem erschüttert. Am war Kossuth, der unversöhnliche Feind der habsburg.
Dynastie, in Turin [* 3] gestorben und sein Leichenbegängnis in Budapest [* 4] in überschwenglicher Weise gefeiert worden. Damit aber nicht genug, wurden im ganzen Lande Sammlungen für Kossuth-Denkmäler veranstaltet, und ein Sohn Kossuths agitierte in taktlosester Weise für Aufhebung des Ausgleichs und eine reine Personalunion mit Österreich. [* 5] Wenn schon hierdurch in Wien eine Verstimmung entstanden war, so trug der immer mehr sich verbitternde Nationalitätenstreit ebenfalls nicht zur Befestigung des Kabinetts bei.
Während die siebenbürg. Sachsen [* 6] durch verschiedene Zugeständnisse zur Regierungspartei hinübergezogen waren, fühlten sich besonders die Rumänen in Siebenbürgen durch die ungesetzlichen Übergriffe der magyar. Behörden und die Nichtbeachtung des Nationalitätengesetzes von 1868 beschwert. Schon 1892 hatten sie beschlossen, mit Umgehung des ungar. Ministeriums, eine Deputation an den Kaiser nach Wien zu schicken, die diesem eine Denkschrift überreichen sollte, in der sie ihre Beschwerden dargelegt hatten.
Zwar wurde die Deputation nicht empfangen und die Denkschrift nicht angenommen, aber dennoch setzte sich die Bewegung in verstärktem Maße fort, und ein rumän. Nationalkongreß, der im Juli 1893 in Hermannstadt [* 7] stattfand, hielt alle Forderungen der Rumänen aufrecht. Eine Denkschrift, die die Führer der Rumänen veröffentlichten, bildete den Anlaß, gegen sie einen Prozeß wegen Hochverrats einzuleiten, der mit ihrer Verurteilung zu mehrjährigen Gefängnisstrafen endete.
Alle diese Umstände trugen dazu bei, dem Kabinett Wekerle das Vertrauen des Königs zu entziehen, und als es von neuem um seine Entlassung bat, wurde ihm diese am folgenden Tage zu teil. Die Kabinettskrisis zog sich längere Zeit hin, bis sie endlich durch die Ernennung des Freiherrn von Bánffy ihr Ende fand. Lukacs übernahm die Finanzen, Perczel das Innere, Erdelyi die Justiz, Graf Festetics den Ackerbau, Wlassics den Unterricht und Kultus, Daniel den Handel, Graf Jósika wurde Minister a latere, während Fejérváry als Landesverteidigungsminister und Josipovich als Minister für Kroatien im Amte blieben.
Die Erneuerung des Ministeriums bedeutete, wie Bánffy 18. Jan. im Abgeordnetenhanse erklärte, nur einen Personen-, keinen Systemwechsel, vielmehr werde er sich bemühen, die begonnene Kirchengesetzgebung durchzuführen. Den Beweis dafür lieferte er durch seine Rede am 1. Mai, als er auf eine Interpellation des Abgeordneten Perenyi erklärte, der päpstl. Nuntius Agliardi habe durch seine Äußerungen gegen die ungar. Kirchenpolitik seine Befugnisse als Vertreter einer auswärtigen Macht überschritten, weshalb der Minister des Auswärtigen bei der Kurie vorstellig geworden sei.
Eine scharfe Note des Grafen Kalnoky, der diese Erklärung für einen Eingriff in seine Amtsführung ansah, veranlaßte einen Konflikt zwischen beiden Ministern, der endlich 15. Mai zu dem Rücktritt Kalnokys führte. Sein Nachfolger wurde Graf Goluchowski. Inzwischen setzte das Oberhaus den Kampf gegen die kirchlichen Gesetzentwürfe noch einige Zeit fort. Am lehnte es mit geringer Majorität das Gesetz ab, das die Konfessionslosigkeit gestattete. Am folgenden Tage nahm es den Entwurf über die Reception der israel. Religion an, verwarf aber die Bestimmung, die den Übertritt zum Judentum gestattete. Erst die Ernennung von fünf Liberalen zu erblichen Mitgliedern des Oberhauses (28. Juni) brach den Widerstand der Magnaten, und 21. Okt. wurden auch jene beiden Bestimmungen angenommen, womit die Regierung die gesamte kirchenpolit. Gesetzgebung durchgesetzt hatte.
Hatte das Ministerium Bánffy auf dem Gebiete der kirchenpolit. Gesetzgebung einen großen Erfolg aufzuweisen, so setzte es auch in andern Fragen seinen Willen durch. Es wurden eigene ungar. Hofwürdenträger ernannt, die im Falle der Anwesenheit des Monarchen in [* 8] fungieren sollten, und der Titel «Minister des kaiserl. Hauses» in den eines «Ministers des kaiserl. und königl. Hauses» umgewandelt. Auch der glänzende Verlauf der Millenniumsfeier, die in Verbindung mit einer großen ungar. Landesausstellung in Budapest (s. Milleniumsausstellung, Bd. 17) zur Erinnerung an die vor tausend Jahren erfolgte Niederlaßung der Magyaren in im Sommer 1896 veranstaltet wurde und einerseits das größte Entgegenkommen des Kaisers und seines Hauses gegen den ungar. Staatsgedanken zeigte, andererseits zu einer begeisterten Huldigung des ungar. Reichstags und Volks für ihren König Anlaß gab, mußte die Stellung der Regierung befestigen.
Dagegen verursachte die bevorstehende Erneuerung des österr.-ungar. Ausgleichs große Schwierigkeiten, und da der 1892 gewählte Reichstag nicht mehr über die nötige Zeit verfügte, diese wichtige Angelegenheit zu erledigen, so sah sich die Regierung veranlaßt, 5. Okt. den Reichstag zu schließen und Neuwahlen auszuschreiben. Diese fanden 28. bis 31. Okt. statt und ergaben ein glänzendes Resultat für die Regierungspartei, die 287 Mandate errang, während die Nationalpartei 37, die beiden Unabhängigkeitsparteien 56 und die klerikale Volkspartei nur 20 Sitze davontrugen. Da aber die Ausgleichsverhandlungen bei der Kürze der Zeit ihre parlamentarische Erledigung nicht mehr finden konnten, so kündigte die ungar. Regierung 1. Dez. das österr.-ungar. Zoll- und Handelsbündnis. Die im Laufe des J. 1897 zwischen den Regierungen ¶
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stattfindenden Verhandlungen führten zwar zu einem für die Dauer eines Jahres abgeschlossenen provisorischen Ausgleich in den Zoll- und Handelssachen sowie in der Bankangelegenheit, dagegen gelang es nicht, in der Quotenfrage eine Einigung zu erzielen, da Österreich eine Erhöhung der ungar. Quote zu den gemeinsamen Ausgaben beider Reichshälften forderte, diese aber nicht zugestehen wollte. Diese provisorischen Abmachungen wurden den Parlamenten beider Länder vorgelegt und von dem ungar. Reichstage angenommen, dagegen machte die Obstruktion der Deutschen ihre Erledigung im österr.
Reichsrat unmöglich, und so sahen sich beide Regierungen gezwungen, einseitig vorzugehen, um ihre volkswirtschaftliche Gemeinschaft aufrecht zu erhalten. Schon im Dezember unterbreitete die ungar. Regierung dem Reichstage eine Vorlage, wodurch der bestehende Zustand bis zum verlängert wurde. Weil sie aber wegen des Widerstandes der äußersten Linken nicht rechtzeitig erledigt werden konnte, so trat am thatsächlich ein gesetzloser Zustand ein, da die Gültigkeit des Ausgleichs mit dem erlosch. Allerdings dauerte dieser Ausnahmezustand nur wenige Tage, da beide Häuser bis Mitte Januar das Provisoriumsgesetz bewilligten, worauf die Verhandlungen zwischen beiden Regierungen zur Herstellung eines endgültigen Zustandes von neuem ihren Anfang nahmen.
Litteratur. Von Urkundenwerken sind zu nennen: Monumenta comitialia regni Hungariae (9 Bde., Budapest 1874 fg.);
Monumenta Vaticana historiam regni Hungariae illustrantia (Serie I, 6 Bde.; Serie II, 2 Bde., ebd. 1884-91).
Allgemeine Darstellungen geben: Georg Pray, Annales regum Hungariae (5 Bde., Wien 1763-70);
Katona, Historia critica regum Hungariae (42 Bde., Pest und Ofen 1779-1808);
Feßler, Geschichte der Ungarn und ihrer Landsassen (10 Bde., Lpz. 1814-25; neue Bearbeitung von Klein, 2. Aufl., 5 Bde., ebd. 1867-83);
Engel, Geschichte des Ungarischen Reichs (5 Bde., Wien 1813-14; neue Ausg. 1834);
Mailáth, Geschichte der Magyaren (5 Bde., ebd. 1828-31; 2. Aufl., Regensb. 1852-53);
Szalay, Magyarország története (Bd. 1-3, Lpz. 1850-53; Bd. 4-6, Pest 1854-59; deutsch, Bd. 1-3, Pest 1866-75);
Horváth, Magyarország történelme (6 Bde., Pest 1860-63; neue Bearbeitung in 8 Bdn., Budapest 1871-73).
Einzelne Perioden behandeln: Horváth, A kereszténység elsö százada Magyarországon (Das erste Jahrhundert des Christentums in Budapest 1878);
Pauler, A magyar nemzet története az Árpádházi királyok alatt (2 Bde., ebd. 1894);
Kupelwieser, Die Kämpfe U.s mit den Osmanen bis zur Schlacht von Mohacs (Wien 1895);
Marczali, Geschichte U.s im Zeitalter Josephs II. (2. Aufl., 3 Bde., Budapest 1885-88);
Sayous, Histoire des Hongrois et de leur littérature politique de 1790 à 1815 (Par. 1872);
Horváth, Huszanöt év Magyarország történelméböl 1823-48 (3 Bde., Genf [* 10] 1864; deutsch u. d. T. Fünfundzwanzig Jahre aus der Geschichte U.s, 2 Bde., Lpz. 1867);
Falk, Széchényi István gróf és kora (Széchenyi und seine Zeit, Pest 1868).
Über die Zeit der Revolution sind hervorzuheben: Archiv des ungar. Ministeriums, hg. von Adlerstein (3 Bde., Altenburg [* 11] 1851);
Adlerstein, Chronol. Tagebuch der magyar. Revolution (3 Bde., Wien 1861);
Görgey, Mein Leben und Wirken in (2 Bde., Lpz. 1852);
Klapka, Memoiren (ebd. 1850);
ders., Der Nationalkrieg in und Siebenbürgen (2 Bde., ebd. 1851).
Die neueste Geschichte U.s behandeln vom österr.-liberalen Standpunkte aus Rogge in: Österreich von Világos bis zur Gegenwart (3 Bde., Lpz. 1872-73), vom konservativen Gesichtspunkt Freiherr von Helfert, Geschichte Österreichs (6 Bde., Prag [* 12] 1868-86). Ein histor. Archiv giebt die Ungarische Historische Gesellschaft heraus.