Gerhard, luth. Theolog, geb. zu Osnabrück,
[* 2] studierte in Göttingen,
[* 3] wurde daselbst Repetent und 1852 Privatdocent, 1855 Hilfsprediger an der Schloßkirche, dann Konsistorialrat und Hofprediger
in Hannover,
[* 4] 1866 Mitglied des Landeskonsistoriums und Oberkonsistorialrat, 1878
Abt von Loccum. hat besonders für die Einführung
der Gemeinde- und Synodalordnung in Hannover gewirkt. Er veröffentlichte: «Fundamenta chronologiae Tertullianeae»
(Gött. 1852),
«Die Homilien und Rekognitionen des Clemens
Romanus» (ebd. 1854),
«Das Leben Jesu in seinen neuern
Darstellungen» (4. Aufl., Stuttg.
1892),
«Die kirchliche Armenpflege in ihrer Bedeutung für die Gegenwart» (Gött.
1892),
«TäglicheAndachten» (Hannov. 1895). Zu den als «Die
hauptsächlichsten Unterscheidungslehren der evang.-luth. und der röm.-kath.
Kirche» gesammelten Vorträgen lieferte er als
Beiträge Heft 1 und 7 (Braunschw. 1888).
Als solcher
stand er mehrere Jahre hindurch fortwährend in
Konflikt mit den
Behörden. 1848 war Mitglied des
Frankfurter Parlaments
und der preuß. Nationalversammlung; er starb zu
Magdeburg. Von seinen
Schriften sind zu nennen:
«Bekenntnisse» (Lpz. 1845; 4. Aufl.
1846),
[* 12]
Instrumente, die zur Messung und
Einteilung der Zeit dienen.
(Tafel: Uhren I zeigt verschiedene Modelle moderner
Zimmeruhren, während Taf.
II den innern Mechanismus einzelner Uhrengattungen erläutert.) Die Alten kannten
nur die
Sonnenuhr
[* 13] (s. d.), die Sanduhr (s. d.)
und die
Wasseruhr (s. d.).
Tycho
de
Brahe verfertigte sich zu astron. Gebrauch eine Uhr,
[* 14] wobei er statt des Sandes
Quecksilber
verwandte. Die modernen sind mit Räderwerk versehen. Der Erfinder dieser Räderuhren ist nicht mit Bestimmtheit anzugeben.
Erst im 12. Jahrh. fing man in den
Klöstern an, Schlaguhren mit Räderwerk zu gebrauchen.
Dante erwähnt
ausdrücklich die Schlaguhren, die hiernach schon zu Ende des 13. Jahrh. in
Italien
[* 15] bekannt gewesen sein müssen. 1288 erhielt
ein engl. Mechaniker ein Privilegium für die Verfertigung einer Uhr für den
Turm
[* 16] der Westminsterhalle. Doch
wurden die
Turmuhren erst im 14. Jahrh. allgemeiner, wo sie in
Bologna,
Nürnberg,
[* 17]
Straßburg,
[* 18] Courtray,
Speyer
[* 19] u. s. w. vorkommen
und Jak. Dondi in
Padua
[* 20] sowie
Heinrich von
Wiek oder Wyck, ein
Deutscher, als Verfertiger von
Turmuhren berühmt waren.
Gegen Ende des 15. Jahrh. waren die auf dem Kontinent wie in England schon
sehr verbreitet; um 1484 brauchte man sie schon zu astron.
Beobachtungen. Die
Taschenuhren (Sackuhren) hat, wie unzweifelhaft
nachgewiesen worden ist, der
Nürnberger Schlosser
PeterHele (1480-1542) erfunden; schon 1511 hatte er die tragbare Uhr so
vervollkommnet, daß sie 40
Stunden ging und schlug. Nach ihrer Form bekamen die
Nürnberger Sackuhren
den
Namen«Nürnberger Eyerlein»; noch heute nennt man scherzhaft
«Nürnberger Eier»
Taschenuhren, die eine ungewöhnliche
Größe
oder
Dicke besitzen.
Die ältesten
Turm- und Zimmeruhren, besaßen zur Regelung eines gleichförmigen Räderablaufs einen hin und her schwingenden,
mit Gewichten belasteten
Stab
[* 21] (Wag oder
Bilanz genannt), dessen
Achse an einem
Faden
[* 22] aufgehangen war. Huyghens
erfand 1656 die eigentliche Pendeluhr, d. h. die
Verbindung des durch die Wirkung der
Schwere schwingenden Pendels mit der
Spindelhemmung der alten
Waguhren (s. unten). Galilei war schon 1641 auf die Idee gekommen, das Pendel
[* 23] in den damaligen
anzuwenden. Die Repetieruhren erfand
Barlow in
London
[* 24] 1676. Als Erfinder der sehr genauen tragbaren
(Chronometer,
s. d.) ist der Engländer
Harrison (gest. 1776) zu betrachten.
An jeder heutigen Räderuhr sind vier Hauptbestandteile zu unterscheiden:
1) der Bewegungsapparat, welcher die zum
Gange erforderliche Kraft
[* 25] entwickelt;
2) das Räderwerk, ein
System ineinander greifender verzahnter
Räder, wodurch die Zeiger mit der angemessenen
und gleichförmigen
Geschwindigkeit bewegt werden;
3) der
Regulator,
[* 26] das eigentlich Zeitmessende an der Uhr, nämlich eine Vorrichtung, welche kleine, aber höchst regelmäßige
Bewegungen von bestimmter kurzer Zeitdauer fortwährend vollbringt, die dann durch das Räderwerk gleichsam gezählt
und mittels der Zeiger auf dem Zifferblatt registriert werden;
4) die
Hemmung, auch der
Gang
[* 27] oder das Echappement genannt, ein Verbindungsglied zwischen Räderwerk und
Regulator mit der doppelten Bestimmung, einerseits das
Ablaufen des Räderwerkes zu verzögern, andererseits dem
Regulator fort
und fort mittels kleiner Einwirkungen dasjenige an seiner selbständigen Bewegkraft zu ersetzen, was er durch Reibungen und
Luftwiderstand einbüßt. Die
Bewegungen desRegulators sind Schwingungen eines Pendels oder eines kleinen
Schwungrades, der sog.
Unruhe (s. d.); danach teilen sich die in Pendeluhren (frz.
pendules, engl. clocks) und Unruhuhren (frz. montres, engl.
watches). Das Pendel besteht aus
¶
mehr
einem Holz- oder Metallstabe, an welchem unten ein linsenförmiger Körper befestigt ist, während er oben mittels einer
biegsamen Stahlfeder aufgehängt ist (Federaufhängung). Hinsichtlich der bewegenden Kraft unterscheidet man Gewichtuhren,
Federuhren, Elektrische Uhren
[* 29] (s. d.), nach der Art des Gebrauchs Schlaguhren, Wecker,
Taschenuhren, Stutzuhren, Standuhren, Wand- und Turmuhren, astronomische Schiffsuhren u. s. w. Bei den Gewichtuhren,
welche fast ohne Ausnahme Pendeluhren sind, wird das Räderwerk durch ein Gewicht in Bewegung gesetzt, das an einer um eine
bewegliche Walze gewundenen Schnur hängt, vermöge seiner Schwere herabsinkt und dadurch jene Walze um ihre Achse dreht.
Ein mit der Walze verbundenes Zahnrad setzt nun weiter eine Reihe von Rädern und Getrieben in Bewegung,
so daß das letzte Rad sich mit der größten Geschwindigkeit umdreht. Dieses letzte Rad wird aber vermöge der Schwingungen
des Pendels durch die Hemmung (s. unten) dergestalt verzögert, daß die Gewichtwalze und das niedersinkende Gewicht
nur äußerst langsam sich bewegen können und das Werk geraume Zeit nach einem Aufzuge im Gange bleibt
(12-Stunden-, 24-Stunden-, 8- Tage-, Monats- und Jahruhren).
Zufolge gehöriger Einrichtung des Räderwerkes muß darin ein Rad vorkommen, welches genau in einer Stunde einmal sich umdreht
(Minutenrad); auf die Achse dieses Rades wird der Minutenzeiger gesteckt, und durch ein besonderes kleines Räderwerk (Zeiger-
oder Vorlegewerk) empfängt der Stundenzeiger seine zwölfmal langsamere Bewegung. Bei den Federuhren, welche Pendeluhren (wie
die Stutzuhren) oder Unruhuhren (wie die Taschen- und Reiseuhren) sein können, ist die bewegende Kraft die Elasticität einer
langen, mehr oder weniger breiten, sehr dünnen Stahlfeder, die im Innern einer Trommel (des Federhauses) um deren
Achse (den Federstift) spiralförmig gewunden, mit einem Ende an dieser Achse, mit dem andern an der Wand der Trommel befestigt
ist (s. Tafel: Uhren II,
[* 28]
Fig. 1 a u. b). Entweder die Trommel oder ihre Achse ist unbeweglich; durch das Bestreben der Feder,
sich zu entwickeln, wird daher im ersten Falle der Federstift, im zweiten Falle das Federhaus umgedreht
und kann so das Räderwerk in Gang setzen.
Dabei nimmt die Kraft der Feder desto mehr ab, je weiter sie sich entwickelt. Damit aber dieser Umstand keinen nachteiligen
Einfluß auf den gleichförmigen Gang der Uhr habe, muß eine vollkommen konstruierte Hemmung angewendet
werden; außerdem macht man die Feder möglichst lang, gebraucht jedoch nur die mittelsten Umgänge derselben, während welcher
die Kraft annähernd gleichmäßig bleibt. In andern Fällen benutzt man zur Ausgleichung des allmählich abnehmenden Zugs
der Feder die Schnecke
[* 28]
(Fig. 2), einen abgestutzt kegelförmigen Körper, welcher mit dem Federhause
durch die Kette verbunden ist.
Letztere befindet sich, wenn die Uhr aufgezogen ist, ganz um die Schnecke, von dem dickern nach dem dünnern Ende derselben
aufgewunden. Wenn nun die Feder das Federhaus umdreht, zieht dieses die Kettean sich, durch deren Abwicklung von der Schnecke
auch letztere sich dreht. Indem die Kette zuerst an dem kleinsten, später mehr und mehr an einem größern
Halbmesser der Schnecke thätig ist, erfolgt die Ausgleichung der Zugkraft der Feder. Die frühern Taschenuhren mit der jetzt
nicht mehr angewendeten Spindelhemmung konnten infolge
der Unregelmäßigkeiten der Zugfeder, des Räderwerkes und der Mängel,
welche mit dem Spindelgange unzertrennlich waren, Schnecke und Kette nicht entbehren; jetzt wendet man
die Schnecke nur noch in Präcisionswerken an, in den Chronometern ausschließlich.
Von den Hemmungen ist die älteste die Spindelhemmung der Waguhr
[* 28]
(Fig. 3). Die Schwingungen des Wagebalkens (Bilanz) a a, deren
Dauer durch versetzbare Gewichte reguliert werden kann, werden auf die Spindel b übertragen; die beiden
an der Spindel befestigten Lappen stellen sich abwechselnd den Zähnen des kronenförmigen Hemmungs-, Steig- oder Gangrades
c entgegen und zwingen es zu einer ruckweisen Bewegung, deren Abschnitte unter sich gleich sind. Für Pendeluhren geringerer
Art (Schwarzwälder hat man die einfache Hakenhemmung, bestehend aus einem Rade mit schräg eingeschnittenen,
spitzen Zähnen (dem Steigrade) und dem stählernen Haken, welcher durch die Schwingungen des Pendels sich derartig hin und
her bewegt, daß er wechselweise auf der einen und auf der andern Seite des Steigrades einem Zahne desselben sich entgegenstellt
und so dasselbe einen Augenblick anhält. Bei weitem vorzuziehen ist die Ankerhemmung von Graham
[* 28]
(Fig.
4), bei der das Gangrad von ähnlicher Beschaffenheit ist, an die Stelle des Hakens aber der nach seiner Gestalt benannte Anker
[* 30] tritt. Dieser Anker a hat zwei Arme, an deren Enden verstellbare Klauen m und n sitzen, die abwechselnd die Zähne
[* 31] des Steigrades
b aufhalten. Bei der Stiftenhemmung
[* 28]
(Fig. 5) hat der Anker v eine veränderte Form und das Gangrad w statt
der Zähne einen Kreis
[* 32] von Stiften auf seiner Fläche.
Künstlichere Hemmungen werden bei astron. Pendeluhren angewendet; doch ist man in neuerer Zeit fast allgemein auf die allereinfachste
Form, auf den vorzüglichen Grahamschen Anker zurückgekommen und erzielt damit große Erfolge. Die Normaluhr
der Berliner
[* 33] Sternwarte
[* 34] ergiebt beispielsweise nur eine Abweichung von 0,015 Sekunde in ihrem täglichen Gange; doch genügt
für die Präcisionsbestimmung der Zeit eine Genauigkeit von 0,1 Sekunde täglicher Abweichung, während für den bürgerlichen
Gebrauch eine größere Anzahl von Sekunden zulässig ist; bei den alten Spindeluhren bestand die Abweichung
allerdings in Minuten.
Unruhuhren der ältesten Art haben die Spindelhemmung, die schon die alte Waguhr (s. oben) besaß, und heißen aus diesem GrundeSpindeluhren. Die allgemein verbreitetsten Unruhuhren besitzen die Cylinderhemmung (von Tompion 1695 erfunden und von
Graham wesentlich verbessert), welche statt der Spindel einen kleinen stählernen, halb ausgeschnittenen
Cylinder und ein Gangrad (Cylinderrad) mit eigentümlich gestalteten, senkrecht gegen die Radfläche stehenden Zähnen enthält.
Die perspektivische Ansicht des Cylinders und des Cylinderrades giebt
[* 28]
Fig. 6. In
[* 28]
Fig. 7 sind
fünf Stellungen des im Querschnitt gezeichneten Cylinders gezeichnet; m ist die Eingangs- und n die Ausgangslippe
des Cylinders. In
[* 28]
Fig. 13 ist das ganze Räderwerk einer Taschenuhr mit Cylinderhemmung (Cylinderuhr) wiedergegeben. Das mit
einem Zahnkranz versehene Federhaus a ist links in Ansicht, rechts im Schnitt dargestellt;
t und v sind die beiden Haken zum
Einhängen der Zugfeder, b der vierkantige Stift, über den zum Aufziehen der hohle Uhrschlüssel gesteckt
wird;