deutschen
Turnfeste zu leiten. Die Kreisvertreter sind die Leiter der
Kreise
[* 2] und die Vermittler des Verkehrs zwischen denselben
und dem
Ausschuß der deutschen Turnerschaft innerhalb der Grenzen
[* 3] des Grundgesetzes der Turnerschaft und der
Beschlüsse der
Turntage. Grundsätzlich
sind bei allen Versammlungen die Erörterungen polit. Fragen ausgeschlossen. Nach der
Statistik vom besteht
die in 4913 Orten aus 5782
Vereinen mit 578 2W
Angehörigen. Das Vereinsorgan ist die 1856 begründete «Deutsche
[* 4] Turnzeitung»
(Leipzig).
[* 5] 781
Vereine stehen noch außerhalb der
Deutschen Turnerschaft. Eine besondere Organisation ist der «Arbeiter-Turnerbund
Deutschlands»,
[* 6] der, 1893 in Gera
[* 7] begründet, 1895 in
Magdeburg
[* 8] ein Bundesturnen abhielt und etwa 13000 Mitglieder
zählt. Die
«Arbeiter-Turn-Zeitung» erscheint in
Leipzig. Seit 1897 haben auch die
AkademischenTurnvereine des
V.
C. (s.
Turnvereine,
akademische) den
Namen Turnerschaft angenommen. - Vgl. Goetz,
Handbuch der
Deutschen Turnerschaft (5. Ausg.,
Hof
[* 9] 1896).
im Mittelalter übliches kriegerisches Kampfspiel, das nicht allein bei festlichen Gelegenheiten an fürstl.
Höfen, sondern auch sonst von zusammenkommenden Rittern viel häufiger veranstaltet wurde, als man früher anzunehmen
geneigt war. Die Turnier haben ibren Ursprung unzweifelhaft in den Waffen- und Reiterspielen der Alten, welche die
Ritter durch neu eingeführte Ordnungen, Regeln und Gebräuche zu einem schönen Feste gestalteten, an dem auch die
Damen
großen Anteil hatten, vor denen die Ritter ihre Gewandtheit zeigen, sich Ansehen, Ruhm, Ehrenstellen, die angebetete
Dame
und irdische
Güter erringen konnten.
Der erste, der Turniergesetze niedergeschrieben und die Verfeinerung der alten Kampfspiele herbeigeführt
hat, war der
FranzoseGottfried von Preuilly (gest. 1066). In
Deutschland
[* 12] wird zuerst 1127 ein Turnier (torneamentum) erwähnt, das
zu
Würzburg
[* 13] gehalten wurde. Das Turnier war seinem eigentlichen Zwecke nach nur eine
Übung in den Waffen
[* 14] während des Friedens,
namentlich der Ritter. Es sollte die Körperkraft stählen, die Gewandtheit im Gebrauche der Waffen weiter
ausbilden und wie unsere heutigen Manöver für den
Krieg vorbereiten.
Später kamen zwar auch Fußkämpfe auf, doch blieben die Kämpfe zu
Pferde
[* 15] immer die Hauptsache. Anfangs wurden Turnier nur von
einzelnen Fürsten und Herren bei besondern Gelegenheiten veranstaltet; später bildeten sicb sog.
Turniergesellschaften, die zu bestimmten
Zeiten diese Kampfspiele abhielten. In
Frankreich waren die Turnier zahlreicher
als in
Deutschland. Zur
Teilnahme an den Turnier wurden Einladungen versandt, jedoch nur Ritter zugelassen, die eine gewisse, in
einzelnen
Ländern und zu verschiedenen
Zeiten besonders festgesetzte Anzahl von
Ahnen ausweisen konnten.
Die Turnierfähigkeit der einzelnen Ritter wurde durch den Herold mittels einer besonders vorzunehmenden
Wappen- und Helmschau untersucht. Zu dieser Schau wurden auf einem besonders bestimmten Platze Schild
[* 16] und
Helm eines jeden
zum Turnier gekommenen Ritters aufgestellt. Öffentlicher Aufruf durch den Herold, der die aufgestellten Schilde und
Helme
[* 17] geprüft hatte, entschied dann über die Unbescholtenheit der Ritterwürde der Einzelnen. Diese
Aufstellung der Schilde und
Helme zur Feststellung der Turnierfähigkeit ist der
Grund für die
Bildung der Wappen,
[* 18] wie sie noch
gegenwärtig bestehen.
Vor Beginn der Turnier wurden durch die Herolde die allgemeinen Gesetze und speciellen Bestimmungen vorgetragen und
die Waffen der Kämpfenden untersucht. Der Platz, wo das Kampfspiel abgehalten wurde, hieß Turnierplatz;
die
Einfriedigung nannte man Schranken. Die Aufseher des Kampfplatzes hießen Grieswärtel, deren Pflicht hauptsächlich
darin bestand, die Kämpfenden in den Grenzen des
Spiels zu halten und, falls sie sich ernstlich angriffen, Frieden zu stiften
und die Gefährdeten zu schützen.
Au den Seiten der Schranken waren
Tribünen errichtet, teils für
Damen, deren eine gewöhnlich die Preise
an die
Sieger verteilte, teils für die Zuschauer und die nicht teilnehmenden Ritter. Die Waffen bei dem Turnier bestanden
in der Lanze und dem Schilde. Der Kampf war wieder sehr verschieden, z. B. über eine Schranke;
aber allgemein durfte derStoß nur nach dem
Kopfe oder der
Brust geführt werden.
In den verschiedenen
Arten
suchte man entweder den Gegner aus dem Sattel zu heben oder den
Spieß zu zerstoßen, oder auch die besonders konstruierte
Tartsche des Gegners abfliegen zu lassen.
Öffnete einer das Visier, so war der Kampf beendigt.
Außer dem Kampfe mit der Lanze war auch der Fußkampf
gebräuchlich, aber seltener; hier wurden Schwert und
Streitaxt gebraucht. Später arteten die Turnier vielfach aus. Aber schon
in früher Zeit mußten viele Ritter bei diesem im Gegensatz zum
Buhurt (s. d.) immerhin gefährlichen
Spiele mit dem
Tode büßen,
und es erfolgten Verbote gegen die Turnier von geistlichen und weltlichen Fürsten. Papst Innocenz
II. verbot sogar das ehrliche
Begräbnis der in einem Turnier gefallenen Ritter.
Allein die Turnier dauerten fort, namentlich in
Frankreich, wo erst der auf eine im T. erhaltene Wunde erfolgte
TodHeinrichs II.
eine
Abnahme dieser
Spiele herbeiführte. Der letzte allgemeine Turnierhof wurde in
Deutschland von der
rhein. Ritterschaft 1487 nach Worms
[* 19] gelegt. An die
Stelle der früher maßgebenden vier Turniergesellschaften,
Bayern,
[* 20]
Schwaben,
Franken und am Rhein, traten einzelne Fürsten, welche das an ihren
Höfen pflegten. Durch die schnell beliebt werdenden Ringelrennen
oder Karussells (s. d.) und die
Entwicklung der Feuerwaffen verschwanden allmählich die Turnier. In
Deutschland
brachte sie
Kaiser Maximilian I. auf kurze Zeit zu neuer
Blüte
[* 21] (vgl. Freydal, Des
Kaisers Maximilian I. Turnier und Mummereien,
hg. von Leitner,
Wien
[* 22] 1880-82, mit 255 Heliogravüren). -
Vgl. Schultz, Das höfische Leben (2 Bde., Lpz.
1880);
Niedner, Das deutsche Turnier im 12. und 13. Jahrh. (Berl.
1881).
Von den Turnierbüchern ist noch zu nennen: Turnierbuch
Herzog Wilhelms IV. von
¶
mehr
Bayern 1510-45, in Steindruck von Senefelder, mit Erklärungen von Schlichtegroll (Münch. 1818-29). Durch des bayr. Herolds
Georg Rürners Turnierbuch (2. Ausg. 1532), das eine Reihe erfundener Angaben enthält, ist
große Verwirrung in die Geschichte der deutschen Turnier gebracht worden, die sich bis heute noch fühlbar macht.