deutschen Turnfeste zu leiten. Die Kreisvertreter sind die Leiter der Kreise und die Vermittler des Verkehrs zwischen denselben
und dem Ausschuß der deutschen Turnerschaft innerhalb der Grenzen des Grundgesetzes der Turnerschaft und der Beschlüsse der Turntage. Grundsätzlich
sind bei allen Versammlungen die Erörterungen polit. Fragen ausgeschlossen. Nach der Statistik vom 1. Jan. 1897 besteht
die in 4913 Orten aus 5782 Vereinen mit 578 2W Angehörigen. Das Vereinsorgan ist die 1856 begründete «Deutsche Turnzeitung»
(Leipzig). 781 Vereine stehen noch außerhalb der Deutschen Turnerschaft. Eine besondere Organisation ist der «Arbeiter-Turnerbund
Deutschlands», der, 1893 in Gera begründet, 1895 in Magdeburg ein Bundesturnen abhielt und etwa 13000 Mitglieder
zählt. Die «Arbeiter-Turn-Zeitung» erscheint in Leipzig. Seit 1897 haben auch die Akademischen Turnvereine des V. C. (s. Turnvereine,
akademische) den Namen Turnerschaft angenommen. - Vgl. Goetz,
Handbuch der Deutschen Turnerschaft (5. Ausg., Hof 1896).
(spr. törnhaut), Stadt in der belg. Provinz Antwerpen, an den Linien Turnhout-Tilburg der Belg. Centralbahn und Hérenthals-Turnhout
der Staatsbahn, durch Vicinalbahnen mit Antwerpen, Arendonck und Moll, und durch Kanal mit Hasselt und Antwerpen verbunden, hat
(1891) 19 350 E., bedeutende Fabrikation von Zwillich, Leinwand, Tuchen und Spielkarten, Färberei, Gerberei
sowie Blutegelzucht. Dampftrambahnen führen nach Antwerpen und nach Arendonck. Das alte Schloß dient jetzt dem Gericht. Bei
Turnhout siegten 22. Jan. 1597 Moritz von Oranien über die Spanier und 27. Okt. 1789 die belg. Patrioten unter van der Mersch über die
Österreicher.
im Mittelalter übliches kriegerisches Kampfspiel, das nicht allein bei festlichen Gelegenheiten an fürstl.
Höfen, sondern auch sonst von zusammenkommenden Rittern viel häufiger veranstaltet wurde, als man früher anzunehmen
geneigt war. Die Turnier haben ibren Ursprung unzweifelhaft in den Waffen- und Reiterspielen der Alten, welche die
Ritter durch neu eingeführte Ordnungen, Regeln und Gebräuche zu einem schönen Feste gestalteten, an dem auch die Damen
großen Anteil hatten, vor denen die Ritter ihre Gewandtheit zeigen, sich Ansehen, Ruhm, Ehrenstellen, die angebetete Dame
und irdische Güter erringen konnten.
Der erste, der Turniergesetze niedergeschrieben und die Verfeinerung der alten Kampfspiele herbeigeführt
hat, war der Franzose Gottfried von Preuilly (gest. 1066). In Deutschland wird zuerst 1127 ein Turnier (torneamentum) erwähnt, das
zu Würzburg gehalten wurde. Das Turnier war seinem eigentlichen Zwecke nach nur eine Übung in den Waffen während des Friedens,
namentlich der Ritter. Es sollte die Körperkraft stählen, die Gewandtheit im Gebrauche der Waffen weiter
ausbilden und wie unsere heutigen Manöver für den Krieg vorbereiten.
Später kamen zwar auch Fußkämpfe auf, doch blieben die Kämpfe zu Pferde immer die Hauptsache. Anfangs wurden Turnier nur von
einzelnen Fürsten und Herren bei besondern Gelegenheiten veranstaltet; später bildeten sicb sog.
Turniergesellschaften, die zu bestimmten Zeiten diese Kampfspiele abhielten. In Frankreich waren die Turnier zahlreicher
als in Deutschland. Zur
Teilnahme an den Turnier wurden Einladungen versandt, jedoch nur Ritter zugelassen, die eine gewisse, in
einzelnen Ländern und zu verschiedenen Zeiten besonders festgesetzte Anzahl von Ahnen ausweisen konnten.
Die Turnierfähigkeit der einzelnen Ritter wurde durch den Herold mittels einer besonders vorzunehmenden
Wappen- und Helmschau untersucht. Zu dieser Schau wurden auf einem besonders bestimmten Platze Schild und Helm eines jeden
zum Turnier gekommenen Ritters aufgestellt. Öffentlicher Aufruf durch den Herold, der die aufgestellten Schilde und
Helme geprüft hatte, entschied dann über die Unbescholtenheit der Ritterwürde der Einzelnen. Diese
Aufstellung der Schilde und Helme zur Feststellung der Turnierfähigkeit ist der Grund für die Bildung der Wappen, wie sie noch
gegenwärtig bestehen.
Vor Beginn der Turnier wurden durch die Herolde die allgemeinen Gesetze und speciellen Bestimmungen vorgetragen und
die Waffen der Kämpfenden untersucht. Der Platz, wo das Kampfspiel abgehalten wurde, hieß Turnierplatz;
die Einfriedigung nannte man Schranken. Die Aufseher des Kampfplatzes hießen Grieswärtel, deren Pflicht hauptsächlich
darin bestand, die Kämpfenden in den Grenzen des Spiels zu halten und, falls sie sich ernstlich angriffen, Frieden zu stiften
und die Gefährdeten zu schützen.
Au den Seiten der Schranken waren Tribünen errichtet, teils für Damen, deren eine gewöhnlich die Preise
an die Sieger verteilte, teils für die Zuschauer und die nicht teilnehmenden Ritter. Die Waffen bei dem Turnier bestanden
in der Lanze und dem Schilde. Der Kampf war wieder sehr verschieden, z. B. über eine Schranke;
aber allgemein durfte der Stoß nur nach dem Kopfe oder der Brust geführt werden. In den verschiedenen Arten
suchte man entweder den Gegner aus dem Sattel zu heben oder den Spieß zu zerstoßen, oder auch die besonders konstruierte
Tartsche des Gegners abfliegen zu lassen.
Öffnete einer das Visier, so war der Kampf beendigt. Außer dem Kampfe mit der Lanze war auch der Fußkampf
gebräuchlich, aber seltener; hier wurden Schwert und Streitaxt gebraucht. Später arteten die Turnier vielfach aus. Aber schon
in früher Zeit mußten viele Ritter bei diesem im Gegensatz zum Buhurt (s. d.) immerhin gefährlichen Spiele mit dem Tode büßen,
und es erfolgten Verbote gegen die Turnier von geistlichen und weltlichen Fürsten. Papst Innocenz
II. verbot sogar das ehrliche Begräbnis der in einem Turnier gefallenen Ritter.
Allein die Turnier dauerten fort, namentlich in Frankreich, wo erst der auf eine im T. erhaltene Wunde erfolgte Tod Heinrichs II.
eine Abnahme dieser Spiele herbeiführte. Der letzte allgemeine Turnierhof wurde in Deutschland von der
rhein. Ritterschaft 1487 nach Worms gelegt. An die Stelle der früher maßgebenden vier Turniergesellschaften, Bayern, Schwaben,
Franken und am Rhein, traten einzelne Fürsten, welche das an ihren Höfen pflegten. Durch die schnell beliebt werdenden Ringelrennen
oder Karussells (s. d.) und die Entwicklung der Feuerwaffen verschwanden allmählich die Turnier. In Deutschland
brachte sie Kaiser Maximilian I. auf kurze Zeit zu neuer Blüte (vgl. Freydal, Des Kaisers Maximilian I. Turnier und Mummereien,
hg. von Leitner, Wien 1880-82, mit 255 Heliogravüren). -
Vgl. Schultz, Das höfische Leben (2 Bde., Lpz.
1880);
Niedner, Das deutsche Turnier im 12. und 13. Jahrh. (Berl.
1881).
Von den Turnierbüchern ist noch zu nennen: Turnierbuch Herzog Wilhelms IV. von
mehr
Bayern 1510-45, in Steindruck von Senefelder, mit Erklärungen von Schlichtegroll (Münch. 1818-29). Durch des bayr. Herolds
Georg Rürners Turnierbuch (2. Ausg. 1532), das eine Reihe erfundener Angaben enthält, ist
große Verwirrung in die Geschichte der deutschen Turnier gebracht worden, die sich bis heute noch fühlbar macht.