mehr
prachtvoll eingerichtet; ein Gitterthor, auf dessen Pfeilern Reiterstandbilder von Kastor und Pollux, 1842 nach Modellen von Abb. Sangiorgio gegossen, stehen, trennt den Schloßhof von der Piazza Castello; ein Flügel des Schlosses enthält die königl. Rüstkammer (Armeria reale), in der sich viel Ausgezeichnetes (darunter Schild [* 2] von Benvenuto Cellini mit Scenen aus den Kämpfen des Marius gegen Jugurtha) befindet, die königl. Bibliothek mit 60000 Bänden, 3000 Handschriften, reich an histor., geogr. und genealog.
Werken, und eine Sammlung von Münzen, [* 3] Emaille-, Gold- u. a. Arbeiten. Der Palazzo Carignano, 1680 von Guarini erbaut, mit merkwürdiger Backsteinfaçade und einer neuen, 1871 von Bollati und Ferri hergestellten Façade an der Rückseite, war 1848-60 Sitz des sardin., 1860-65 des ital. Parlaments und birgt in den ehemaligen Parlamentsräumen ein naturhistor. Museum (Zoologie und vergleichende Anatomie, Paläontologie, Geologie [* 4] und Mineralogie). Der Palast der Akademie der Wissenschaften, 1674 von Guarini als Jesuitenkollegium erbaut, enthält im Erdgeschoß ägypt. und röm.-griech. Skulpturen, im ersten Stock kleinere Altertümer und im zweiten Stock die Gemäldesammlung mit Bildern von Gaudenzio Ferrari, Sodoma, Caravaggio, Paolo Veronese, Rembrandt, Holbein [* 5] d. J., van Dyck, Memling, Velazquez u. a.; der Palazzo delle Torri, ein röm. Stadtthor, ist umgebaut und zur Zeichenschule eingerichtet; der Palazzo di Città, Sitz der städtischen Behörden, ist 1659 erbaut.
Das Arsenal nimmt ein ganzes Straßenviertel ein und enthält das Artilleriemuseum, eine Sammlung von Geschützen vom 14. Jahrh. bis auf die Gegenwart; die Universität, nach Plänen des Genuesen Ricca erbaut, mit schönem Spätrenaissancehof und einem Museum röm. Altertümer, namentlich Inschriften; die Akademie der schönen Künste, 1652 gegründet, mit einer Gemäldesammlung, und das städtische Museum mit Skulpturen, Terrakotten, [* 6] Holzschnitzereien des 16. Jahrh., Gemälden und Altertümern. Der Neuzeit gehört an die sog. Mole [* 7] Antonelliana, 1863 von Antonelli als Synagoge begonnen, 1878-89 auf Kosten der Stadt umgebaut und zu einem dem Andenken Victor Emanuels II. gewidmeten Nationalmuseum bestimmt; das turmartige Gebäude (40 m im Quadrat) hat eine Kuppel und ist 164 m hoch.
Behörden. Turin [* 8] ist Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs, eines Appellhofs, Kassationshofs, einer Eisenbahn-Betriebsdirektion und eines Eisenbahn-Bezirksaufsichtsamtes sowie des Generalkommandos des 1. Armeekorps, der Kommandos der Infanteriebrigaden «Pinerolo» und «Puglie» und der 1. Kavalleriebrigade.
Unterrichtswesen. Die Universität, 1412 gestiftet und 1632, nachdem sie in Verfall geraten war, von Victor Amadeus neu eingerichtet, hat eine jurist., mediz.-chirurg., philos. und mathem.-naturwissenschaftliche Fakultät, eine pharmaceutische Schule, ein Collegio Carlo Alberto und ein Istituto Dionisio und zählt (1895/96) 2418 eingeschriebene Hörer. Die königl. Akademie der Wissenschaften (s. Akademien IV) hat eine physik.-mathem. und eine moralwissenschaftlich-histor.-philol.
Klasse. Mit der königl. Ingenieurschule (380 Hörer) ist das königl. Industriemuseum vereinigt. Die Nationalbibliothek, zugleich Universitätsbibliothek, enthält 212 933 Druckbände, 4138 Manuskripte und 10 321 Kupfer, [* 9] die städtische Bibliothek (1714) 74 684 Druckbände und 22 133 kleinere Schriften. Das Staatsarchiv ist 1871 aus dem Archivio di Corte des Hauses Savoyen und dem Archivio Camerale gebildet und durch die Akten der Centralverwaltungskörper des Königreichs Sardinien [* 10] vervollständigt. Ferner hat Turin eine Militärakademie, eine Schule für Artillerie und Genie und eine Kriegsschule, eine Tierarzneischule, eine Gewerbeschule, eine Akademie der schönen Künste, eine Musterturnschule, ein erzbischöfl. Seminar, vier öffentliche Gymnasien und drei Lyceen, ein technisches Institut, mehrere Handelsschulen, eine Ackerbauschule, eine philharmonische Akademie, eine Musikschule u. s. w.
Unter den zahlreichen Theatern sind hervorzuheben: das Teatro Regio (königl. Theater), [* 11] vom Grafen Alfieri in edelm Stile erbaut, mit sechs Logenreihen übereinander, für Oper und Ballett während des Winters bestimmt, eins der schönsten Theater Italiens; [* 12]
das große und elegante Teatro Carignano für Schauspiele, auch geeignet für Opern;
das neue Teatro Vittorio Emanuele, ohne Logen in Form eines Amphitheaters, auch als Hippodrom benutzt, das größte der Stadt;
das Teatro Scribe, das Teatro Alfieri, die Arena, das Teatro Gerbino für Lustspiele, und das Teatro Rossini, meistens für eine piemont.
Truppe reserviert.
Unter den Wohlthätigkeitsanstalten sind hervorzuheben das große städtische Ospedale di San Giovanni Battista e della Città di Torino, das großartige neue Ospedale Mauriziano Umberto I. und das Ospedale di San Luigi; ferner das große königl. Hospital di Carità (für 2500 Kranke); das Armenasyl, die Piccola Casa della Divina Provvidenza, das Kinderhospital, das Ospedale Maria Vittoria und das Blindeninstitut.
Das große Centralgefängnis, nach pennsylv. System eingerichtet, liegt außerhalb der Stadt, doch innerhalb ihres Weichbildes. Sehr zur Verschönerung der Stadt tragen auch die Getreidehalle und die vielen mit Marmor belegten und mit fließendem Wasser reichlich versehenen Markthallen [* 13] bei.
Die Industrie ist bedeutend; es bestehen zu Turin Fabriken für Seidenstoffe, für Bijouteriewaren, Möbel, [* 14] Pianofortes, Schokolade, Bier, Liqueure, Handschuhe, Lederarbeiten, Stearinkerzen, Papier, Seife, Zucker, [* 15] Tabak, [* 16] künstlichen Marmor, Maschinen und Wagen. Turin hat einen bedeutenden Durchfuhrhandel. Hauptgegenstände des Exports sind piemont. Seide [* 17] und Wein. Unter den Geld- und Kreditinstituten sind hervorzuheben: eine Filiale der Banca d'Italia, eine Filiale der Neapolitanischen Bank, eine Skontobank, der Credito Mobiliaro Italiano, die Banca di Torino, Banca Subalpina, der Credito Torinese und eine Kleinhandelsbank (Banca del piccolo commercio).
Verkehrswesen. Turin liegt an den Linien Modane-Turin-Alessandria-Genua, Mailand-Turin (150 km), Turin-Pinerolo-Torre Pellice (55 km), Turin-Settimo-Volpiano-Castellamonte, Turin-Trofarello-Chieri, Turin-Bra-Ceva-Savona, Turin-Carmagnola- Savigliano-Mondovi, Turin-Ciriè-Lanzo (32 km) und Turin-Rivoli (12 km) des Mittelmeernetzes, hat Dampfstraßenbahnen nach Volpiano, Settimo, Chivasso und Brusasco, Moncalieri und Poirino, Carmagnola, Saluzzo, Cuneo und Dronero, Vinovo, Cumiana und Giaveno, Pianezza, Druent, Venaria und Lingotto; ferner zahlreiche elektrische und Pferdebahnlinien innerhalb der Stadt und eine Drahtseilbahn auf die Superga. ¶
Bildertafeln und Karten
Seite | |
---|---|
Sognefjord (Karte) | 25 |
Die Sonne | 51 |
Sonnensystem (Karte) | 55 |
Sonntagsarbeit, Ausnahmen vom Verbot (Tabellen) | 58 |
Spanien, Portugal (Karte) | 82 |
Spanische Kunst I. II. III. | 106 |
Spechte (Chromotafel) | 128 |
Spektralanalyse (Chromotafel) | 137 |
Spezia und Umgebung (Plan) | 145 |
Spinnentiere und Tausendfüßler I. II. | 158 |
Spinnerei I. II. | 161 |
Spiritusfabrikation I. II. | 173 |
Spitzen I. II. | 181 |
Verteilung der Staatsformen und Kolonialverfassungen auf der Erd (Karte) | 209 |
Staatsverträge des Deutschen Reichs | 220 |
Stachelhäuter I. II. | 224 |
Industriegebiet von Süd=Stafford (Karte) | 247 |
Steinbrücken I. II. | 293 |
Steinobst (Chromotafel) | 301 |
Stelzvögel I. II. III. IV. | 311 |
Stenographie I. II. | 316 |
Sternenkarte des nördl. Himmels, mit Vorblatt | 334 |
Sternenkarte des südl. Himmels, mit Vorblatt | 334 |
Astronomische Instrumente I. II. | 337 |
Stettin und Umgebung (Plan) | 338 |
Strickmaschinen | 350 |
Stiller Ocean (Karte) | 362 |
Stockholm (Plan) | 372 |
Strahlinge (Chromotafel) | 406 |
Straßburg im Elsaß (Plan) | 411 |
Straßenbahnen I. II. | 416 |
Straußvögel I. II. | 430 |
Stuttgart (Plan) | 464 |
Karte der Südpolarländer | 488 |
Sydney und Umgebung (Plan) | 535 |
Tabakfabrikation | 574 |
Tadsch=Mahal | 582 |
Schabrackentapir (Chromotafel) | 614 |
Tauben (Chromotafel) | 632 |
Telephon und Telephonanlagen | 678 |
Temperaturverteilung auf der Erde (Karte) | 694 |
Terebinthinen | 707 |
Terrainzeichnung (Karte) | 716 |
Theater I. II. | 748 |
Thonwarenfabrikation I. II. | 794 |
Thonwarenfabrikation II | 794 |
Thore I. II. | 796 |
Thorwaldsen (Chromotafel) | 800 |
Tiefseeforschung | 828 |
Tiefseeleben | 831 |
Tiergeographie I. II. (Karten) mit "Erläuterungen" | 831 |
Königstiger (Chromotafel) | 846 |
Tirol und Vorarlberg (Karte) | 860 |
Tizian, der Zinsgroschen (Chromotafel) | 872 |
Torpedos und Seeminen | 909 |
Toulon (Plan) | 928 |
Industriegebiet von Roubair=Tourcoing (Karte) | 931 |
Transportable Eisenbahnen | 950 |
Tricoccen | 984 |
Triest, fiume und Pola (Pläne) | 990 |
Tubifloren | 1042 |
Turbinen | 1057 |
Turin (Plan) | 1062 |
-
Abbildungen im Texte:
Seite | |
---|---|
Soest (Stadtwappen) | 23 |
Soldin (Stadtwappen) | 31 |
Solingen (Stadtwappen) | 34 |
Solothurn (Stadtwappen) | 40 |
Sondershausen (Stadtwappen) | 49 |
Sonneberg (Stadtwappen) | 51 |
Sonnenfinsternis | 53 |
Sorau (Stadtwappen) | 65 |
Spandau (Stadtwappen) | 79 |
Spanische Reiter (2 Figuren) | 116 |
Speckkäfer | 131 |
Spektralapparate | 137 |
Spektrographie | 138 |
Spektrum (2 Figuren) | 138. 139 |
¶
mehr
Umgebung. Der 1839 eröffnete Friedhof ist einer der schönsten Italiens. Die Klosterkirche La Superga, auf einem Berge im Nordwesten von Turin, ein Kuppelbau mit Säulenvorhalle, ist die Begräbnisstätte der savoyischen Herrscher; sie ist von Victor Amadeus II. für die Befreiung der Stadt 1706 gelobt, 1718-31 nach Juvaras Plan erbaut und 1749 geweiht. Zu dieser Kirche führt seit 1884 eine Drahtseilbahn vom Dorfe Sassi, nach Sassi Dampfstraßenbahn. Das ehemalige königl. Lustschloß Il Valentino, im franz. Stil des 17. Jahrh. erbaut, ist jetzt Sitz der höhern Ingenieurschule; das jenseit des Po auf einem Hügel, auf welchen eine Drahtseilbahn führt, liegende Kapuziner-, später Camaldulenserkloster (aufgehoben) hat Aussicht auf die Stadt und die Alpenkette, besonders von der vom ital. Alpenverein errichteten Warte aus; das schöne Lustschloß Stupinigi, 10 km im Südwesten von Turin, unter Karl Emanuel III. nach Juvaras Plänen erbaut, und das Jagdschloß La Mandria mit herrlichem Park. Weiter entfernt sind Rivoli (s. d.) und Moncalieri (s. d.).
Geschichte. Turin war der Hauptort der gallischen Taurini, wurde 218 von Hannibal erobert und erhielt unter Augustus eine röm. Kolonie und den Namen Augusta Taurinorum. Unter den Langobarden war es Sitz von Herzögen. Karl d. Gr. erhob es zur Residenz des Herzogs von Susa, dessen Linie bis 1032 regierte, worauf das Haus Savoyen eintrat. Die Franzosen eroberten Turin 1506 und behielten es bis 1562, wo Herzog Philibert von Savoyen die Stadt zurückerhielt und sie zur Residenz machte. Um die sehr französisch gesinnten Einwohner im Zaume zu halten, baute er 1567 die Citadelle. 1640 nahmen die Franzosen unter Harcourt die Stadt nach 17tägiger Belagerung ein. Am wurde daselbst der Separatfriede zwischen Savoyen und Frankreich geschlossen. Im Spanischen Erbfolgekrieg von den Franzosen belagert, ward Turin durch den großen Sieg der Kaiserlichen unter Prinz Eugen und der Preußen [* 20] unter Leopold von Dessau [* 21] befreit.
Bonaparte schloß hier Waffenstillstand mit dein Turiner Hof; [* 22] 1798 wurde es wieder von den Franzosen eingenommen, aber (die Citadelle erst 20. Juni) von den Österreichern und Russen unter Suworow wieder befreit. Nach der Schlacht bei Marengo [* 23] 1800 kam es aufs neue in die Gewalt der Franzosen und wurde Hauptort des Po-Departements, bis es, unterdessen seiner Festungswerke bis auf die Citadelle beraubt, 1814 wieder an Sardinien zurückfiel. Nach der Errichtung des Königreichs Italien [* 24] wurde Turin dessen Haupt- und Residenzstadt und blieb es, bis auf Grund der Septemberkonvention (s. d.) der Sitz der Regierung nach Florenz [* 25] verlegt wurde. 1898 soll eine allgemeine ital. Nationalausstellung stattfinden.
Vgl. Cibrario, Storia di Torino (ebd. 1846, für das Mittelalter);
Carlo Promis, L'antica Torino (ebd. 1871);
Torino e dintorni (ebd. 1874);
Borbonese, Torino illustrata e descritta (ebd. 1884);
P. Boselli, La Duchessa di Borgogna e la battaglia di Torino (ebd. 1892);
Isaia, Führer durch Turin (deutsch, edd. 1895).
Guida Bianchi und Guida Marzorati erscheinen zu Anfang jeden Jahres.