mehr
stetig zunehmender Kultur der mediterranen Produkte, 300000 ha
Landes sind schon im
Besitz von
Franzosen. Rindvieh ist in großer
Menge vorhanden. Auch zieht man Schafe
[* 2] mit trefflicher
Wolle, andere mit Fettschwänzen, ausgezeichnete
Pferde
[* 3] sowie Dromedare.
An
Mineralien
[* 4] finden sich Seesalz, Salpeter,
Blei- und Eisenerze und
Quecksilber. Sehr ergiebig sind die
goldreichen Bleiminen von Dschebba im Korragebirge, 178 km westlich von der Stadt Tunis
,
[* 5] und die im
Dschebel-Resas, d. h.
Bleiberg, 18 km
von Tunis
und die Eisenminen bei Tabarka. 1892 bedeckten Weizen und Gerste
[* 6] fast 1 Mill. ha, das ist ein Sechstel der
bebauten
Fläche, Weingärten (1894) 7788 ha, die 178863 hl lieferten.
Fischerei
[* 7] treiben namentlich
Italiener, man fängt hauptsächlich
Anchovis,
Sardinen,
Tintenfische und Schwämme.
[* 8] Bedeutend und
reichlich lohnend ist Ölkultur.
Die Industrie ist nicht unbeträchtlich, besonders in der Nähe der
Küste; desgleichen
der Handel,
der sich besonders in den
Städten Tunis
-Goletta,
Biserta,
[* 9]
Sfaks und
Susa konzentriert. Ausgeführt werden namentlich Weizen
(1896: für 9,7 Mill.
Frs.), Gerste (3,0 Mill.),
Olivenöl (4 Mill.), Vieh (3,2 Mill.), tierische Produkte (1,2 Mill.), Fische
[* 10] (1,5 Mill.),
Halfa (1,5 Mill., meist nach England),
Weine (1,6 Mill.), Schwämme (1 Mill.) und Gerberlohe (1,4 Mill.
Frs.).
Eingeführt werden Baumwollwaren (4,4 Mill. Frs.), Weizen fehlt: ^[(] 1,9 Mill.), Mehl [* 11] (6,9 Mill.), Zucker [* 12] (2,4 Mill.), Bauholz (1,1 Mill.), Seidenwaren (1,1 Mill.) und Metallwaren (2,7 Mill. Frs.). Im ganzen betrug der Export 1895: 41,2, 1896: 34,5 Mill. Frs., der Import 44,1 und 46,4 Mill. Frs. In beiden geht Frankreich voran (58,6 und 55 Proz.). In die 16 Häfen liefen 8389 Schiffe [* 13] mit 1,81 Mill. Registertons ein, darunter 2145 Dampfer mit 1,67 Mill. Registertons. Das Bahnnetz s. Französische Eisenbahnen. Telegraphen [* 14] bestehen 4890 km Drähte; die Post hat 221 Bureaus. Die Flagge von s. auf Tafel: Flaggen [* 15] der Seestaaten, beim Artikel Flaggen.
Die Regentschaft wird von einem Bei geführt, der seit dem Vertrag von Kasr el-Saïd vom unter franz. Protektorat steht; der Vertrag ist durch die Konvention vom ergänzt worden. Regierender Bei ist Sidi Ali, geb. 1817, erwählt Thatsächlich regiert der franz. Ministerresident unter Aufsicht des Ministeriums in Paris. [* 16] Von der tunes. Armee ist nur die dem Bei bewilligte Ehrengarde (ein Bataillon, eine Schwadron und eine Batterie) übriggeblieben. Von franz. Truppen befinden sich in der Regentschaft 2 Infanterie-, 2 Kavallerieregimenter, 4 Batterien, 2 Bataillone leichter afrik. Infanterie und je 1 Kompagnie Genie- und Traintruppen. Ein franz. Kreuzer und ein Torpedoboot liegen vor der Hauptstadt.
Die alte Geschichte von Tunis
fällt mit derjenigen
Karthagos (s. d.) zusammen. Auf die Karthager folgten
Römer,
[* 17] die der
Provinz
den
Namen
Afrika
[* 18] gaben. Zur Zeit der
Völkerwanderung eroberten es 429 die
Vandalen, diese wurden 533 von den
Byzantinern unter
Belisar besiegt, und endlich unterwarfen sich die
Araber unter dem
Chalifen
Othman das ganze
Land und erhoben
Kairuan 675 zu ihrer Hauptstadt. Als sich das Chalifenreich in Einzelstaaten auflöste, gehörte Tunis
nacheinander
zu den
Reichen der
Aghlabiden, der
Fâtimiden, der
Almohaden und der Meriniden.
Ludwig der
Heilige von
Frankreich unternahm 1270 einen Kreuzzug nach Tunis
, der jedoch mißlang, da der König
am
Fieber starb. Glücklicher war
eine Expedition
Kaiser
Karls Ⅴ. gegen
Cheir-eddin (s. d.) 1535, die durch die Eroberung der
Hauptstadt, die
Befreiung von 20000 Christensklaven und die Rückgabe der Stadt an den rechtmäßigen Herrscher gekrönt wurde.
Tunis
wurde 1575 der Oberherrschaft der türk.
Sultane unterworfen und von
Beis regiert, bis sich Hammuda
(1782‒1814) von der Herrschaft der
Osmanen befreite.
Seit der Besitznahme
Algeriens durch die
Franzosen 1830 erhielt Tunis
größere polit. Wichtigkeit. Anfangs unterstützte Tunis
Abd el-Kader
(s. d.) gegen
Frankreich. Allein seitdem die osman.
Pforte ihre Oberherrschaft wirksamer geltend zu machen versuchte, schloß
sich der Bei Sidi
Achmed enger an
Frankreich an und suchte mit Hilfe seines Ministers, des ital. Chevalier
Ruffo,
Land und Hofstaat zu europäisieren. Doch verstand er sich 1854 im
Orientkrieg (s. d.) gegen
Rußland zu bedeutender Hilfsleistung
an die
Pforte. 1858 gelangte der
Reformator Sidi Mohammed auf den
Thron,
[* 19] der dem
Lande eine
Verfassung gab.
Seine Neuerungen fanden nur bei
Christen und
Juden gute
Aufnahme, während die
Araber, Mauren und
Kabylen
des
Gebirges sich dagegen erklärten und sich empörten, als der Bei die
Kopfsteuer um das Doppelte erhöhte. Am starb
Sidi Mohammed. Sein Nachfolger war Mohammed es-Sadok. Dieser sah sich genötigt, die
Verfassung aufzuheben
und die
Kopfsteuer herabzusetzen. Durch Ferman vom genehmigte der
Sultan die
Autonomie von Tunis
und bewilligte der
Familie des Bei die erbliche Regierung nach dem Erstgeburtsrecht, erließ ihm auch den
Tribut ganz.
Im März 1881 benutzte
Frankreich einige seitens der tunes.
Khrumir (s. d.) begangene Grenzverletzungen zu
einer militär. Expedition gegen Tunis
, die zur Eroberung des ganzen
Landes führte. Ein etwa 30000 Mann starkes Expeditionskorps
unter
General
Forgemol de Bostquenard überschritt ohne Kriegserklärung trotz der
Proteste des
Beis und der
Pforte 24. bis 26. April die
Grenze und schloß die
Khrumir in dem
Dschebel Chaada (10 km östlich von Tabarka) mit Hilfe der Flotte
ein. Am 25. Mai suchten sie, noch 10000 Mann stark, die franz. Linien zu durchbrechen, wurden
aber abgewiesen und lösten sich nunmehr auf.
Inzwischen war 1. Mai vor Biserta ein franz. Geschwader erschienen und hatte eine Brigade unter General Bréard gelandet. Dieser rückte 8. Mai gegen Tunis vor, erschien am 12. vor dem Bardo, der Residenz des Bei, und bewirkte die Unterzeichnung des Vertrags von Kasr el-Saïd, durch den der Bei den Franzosen alle Regierungsgewalt übertrug und auf das Recht verzichtete, mit Vertretern fremder Mächte Verträge abzuschließen, wogegen seiner Familie die Nachfolge in der Herrschaft garantiert ward. Durch Dekrete vom wurde das Verfahren bei Ausführung des Vertrags geregelt und alle Dienstzweige in Tunesien den franz. Ministerialdepartements unterstellt. Am starb Mohammed es-Sadok; ihm folgte sein 1817 geborener Bruder Sidi Ali.
Zur Sicherung des Vertrags blieben zwei franz. Brigaden in Tunis. Da erhob sich der ganze Süden von Tunesien, entflammt durch die Nachrichten über Bu Amenas Erfolge in Algerien (s. d., Geschichte). Am 28. Juni wurden die Europäer in Sfaks überfallen, worauf ein franz. Geschwader von 14 Schiffen vor Sfaks erschien und 16. Juli die Stadt mit Sturm nahm. Ein Teil des Geschwaders bemächtigte sich 24. Juli der Stadt Gabes. General Logerot sendete ¶
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im August zwei Kolonnen nach Süden vor, deren eine sich nach Hammam el-Lif zurückziehen und auch diesen Platz 7. Okt. räumen mußte. Auch die zweite Kolonne, die 26. Aug. nach dem Melianathal aufgebrochen war, geriet in eine üble Lage, doch gelang es, ihr noch rechtzeitig Hilfe zu bringen. Der Rest der tunes. Armee wurde von den Arabern bei Testur 25. Sept. geschlagen und 28. nach Medsches getrieben; mit Hilfe franz. Truppen gelang es indessen, den Feind zurückzudrängen und 6. Okt. bei Testur zu schlagen.
Endlich gelang es den Franzosen, die Aufständischen im Uled-Ayargebirge einzuschließen, worauf deren Unterwerfung Ende Dezember erfolgte. Inzwischen hatten im Melianathal 25. und 26. Sept. und vor dem Krarubapaß 11. Okt. ernste Gefechte stattgefunden, und 11. Sept. war auch Susa von den Franzosen besetzt worden. Am 28. Okt. bemächtige sich General Saussier, der über 45000 Mann verfügte, der Stadt Kairuan, des religiösen Mittelpunktes der Beduinenstämme. Damit war der Aufstand gebrochen; mobile Kolonnen durchzogen das Land und unterwarfen die Bevölkerung.
Nachdem Ende 1886 wenigstens an der Küste die Grenze zwischen Tunis und Tripolis genau bestimmt worden war, begann die civilisatorische Arbeit der Franzosen in Tunis, die seitdem große Erfolge gezeitigt hat. Seit 1885 hat der Major Landas im Auftrage des franz. Kriegsministeriums die Bohrung artesischer Brunnen [* 21] und die Schaffung von Oasen im südlichen in Angriff genommen und im Gebiete von Gabes damit bereits gute Ergebnisse erzielt. Große Anpflanzungen von Datteln, Oliven und Wäldern lohnen reichlich.
Durch den Bau zahlreicher Eisenbahnen und Häfen, durch Errichtung von Agrikulturschulen wird das Land von Jahr zu Jahr gehoben. In Biserta (s. d.) wurde ein großer Kriegshafen angelegt, durch den Frankreich eine beherrschende Stellung zwischen der östl. und der westl. Hälfte des Mittelmeers [* 22] gewonnen hat. Nachdem 1897 durch Abkommen auch der letzte Handelsvertrag zwischen Tunis und fremden Staaten aufgehoben wurde, ist auch die Handelsgesetzgebung ganz in Händen der Franzosen.
Litteratur. Rousseau, Anales tunesiennes (Par. 1864);
Hesse-Wartegg, Tunis, Land und Leute (Wien [* 23] 1882);
Guérin, Voyage archéolgique dans la régence de Tunisie (2 Bde., Par. 1881);
Tissot, Exploration scientifique de la Tunisie, Bd. 1 (ebd. 1884);
Clarin de la Rive, Histoire génerale de la Tunisie (2. Aufl., ebd. 1895);
P. H. X., La politique française en Tunisie. Le [* 24] protectorat et ses origines 1854-91 (ebd. 1891);
Correspondance des beys de Tunisie et des consuls de France avec la cour 1577-1830, hg. von E. Plantet, Bd. 1 u. 2 (ebd. 1893-95);
Rivière, La Tunisie (ebd. 1887);
Kallemand, La Tunisie (1892);
Cagnat und Saladin, Voyage en Tunisie (Par. 1894);
Riban, La Tunisie agricole (Tunis 1894);
Saurin, Manuel de l'Emigrant en Tunisie (Par. 1894);
Fitzner, Die Regentschaft Tunis (Berl. 1895);
Toutain, Les cités romaines de la Tunesie (in der «Bibliothèque des écoles françaises d'Athènes et de Rome» LXXII, 1896);
Bertholon, Les populations et les races en Tunisie (Par. 1896);
Vuillier, La Tunisie illustrée par l'anteur (Tours [* 25] 1896);
La Tunisie (4 Bde., Par. 1896);
L'étude scientifique de la Tunisie (in der «Revue Générale des sciences pures et appliquées», Nr. 22 u. 23, ebd. 1896);
Perriers Carte de la Tunisie, im Maßstabe von 1:200000, wurde 1884-86 vom franz. Kriegsministerium herausgegeben; eine topogr.
Karte in 1:50000 ist in Arbeit.