Eine dritte Anwendung des Tribunentitels fand statt bei den Konsulartribunen oder den tribuni militum consulari potestate,
deren Zahl zwischen drei, vier und sechs (der eigentlichen Normalzahl) schwankt. Sie traten von 444
v. Chr. bis 367 sehr oft
als Ersatz für die Konsuln ein und sollten, da ihr
Amt auch vonPlebejern bekleidet werden konnte, die
Ansprüche der
Plebs auf das
Konsulat beschwichtigen.
Von höchster Bedeutung für die Verfassungsgeschichte der röm. Republik waren endlich die tribuni
plebis, die
Volkstribunen.
Ihre Einsetzung erfolgte bei der ersten
Secession der
Plebs (s. d.) auf den
HeiligenBerg 494, mit dem
Rechte, jeden einzelnen
Plebejer im einzelnen Fall
vor der konsularischen Gewalt durch Einspruch (Intercession)
zu schützen, und die
Plebs zur Verhandlung über rein plebejische Angelegenheiten zusammenzurufen. Damals wurden in dem
Ausgleich
mit den
Patriciern zwei, nach anderer Nachricht fünf jährlich wechselnde
Vertreter des
Plebs bestellt.
Den
Namen entlehnte man wahrscheinlich den Offizieren, die die
Secession geführt hatten. Jeder
Volkstribun
mußte
Plebejer sein, durfte nur persönlich, nicht schriftlich, auf eigene
Initiative oder nach Beschluß des Kollegiums intercedieren
und zwar lediglich innerhalb der
Bannmeile (1000 Schritt) der Stadt. Er war unverantworlich und seine
Person unverletzlich
(sacrosanctus). Das
Abkommen wurde als lex sacrata von
Patriciern und
Plebejern feierlich beschworen; jede
Verletzung galt als Frevel gegen die Gottheit.
Die
Wahl erfolgte anfangs wahrscheinlich in den concilia plebis, seit 471 durch die lex Publilia in den plebejischen
Tributkomitien
(s.
Komitien). Der
Termin des Amtsantritts war der 10. Dez. jeden Jahres. 457
v. Chr. wurde das damals bestimmt aus fünf Mitgliedern
bestehende Kollegium auf zehn Mitglieder erhöht. Die Grundrechte der
Volkstribunen erweiterten sich in
dem von der
Plebs stetig und siegreich durchgeführten Ständekampfe. So wurde der
Kreis
[* 2] ihrer Intercession immer größer,
sie erhielten das
Recht der Senatsberufung; außerdem gewannen sie, seitdem die von ihnen geleiteten
Tributkomitien für die
Gesamtgemeinde gültige
Beschlüsse fassen konnten (449
v. Chr.), auch auf die gesamte Staatsentwicklung
einen starken positiven Einfluß.
Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit
(Geld- und Kapitalstrafen) wurden von ihnen mittelbar oder unmittelbar ausgeübt. Dadurch
erwuchs dies ursprünglich eng begrenzte Sonderamt, das weder
Imperium, noch
Auspizien, noch Amtsinsignien besaß, nach und
nach zu einer Art von Staatsamt: jede
Aushebung, jeder Senatsbeschluß, jede Beamtenverfügung war von
ihm abhängig. Als
Sulla 81 eine Restauration des alten Senatsregiments versuchte, wurde die tribunicische Gewalt eingeschränkt
und die gewesenen Tribun von der weitern Ämterlaufbahn ausgeschlossen; aber 75 und 70 wurden diese Bestimmungen wieder
aufgehoben.
Augustus übernahm schließlich in der Form der tribunicia potestas die gesamte reale Gewalt
der Tribun für das Kaisertum. Die
Behörde der Tribun blieb aber äußerlich bestehen. Der
Titel wurde sogar im 4. Jahrh. noch verliehen.
Auch in der ersten franz. Republik wurde nach der Revolution vom 18.
Brumaire durch die
Verfassung Sieyès' von 1799 ein
Tribunat eingeführt. In der neuen
Verfassung hatte der Erste Konsul das ausschließende
Recht, die Gesetzentwürfe
vorzuschlagen; die gesetzgebende Gewalt hingegen sollte ein Gesetzgebender Körper von 300 und
ein
Tribunat von 100 Mitgliedern
üben. Dem
Tribunat war die
Aufgabe zugeteilt, die Gesetzentwürfe der Regierung zu beraten; der Gesetzgebende Körper hingegen
mußte über die im
Tribunat verhandelten und von Delegierten desselben vorgetragenen
Entwürfe abstimmen,
d. h. sie verwerfen oder annehmen, ohne sich darüber in Diskussion einzulassen.
Jeder Tribun mußte wenigstens 25 J. alt sein und erhielt ein jährliches Gehalt von 15000
Frs. Die Mitglieder des
Tribunats wählte
der Senat aus der sog. Nationalliste, auf welcher diejenigen Kandidaten
der Departementswahlen standen, die nur in dritter Reihe die Stimmenmehrheit erhalten hatten. Jährlich trat der fünfte
Teil aus dem
Tribunat und wurde durch neue Ernennungen ergänzt; die Austretenden konnten jedoch so lange wiedergewählt werden,
als sie auf der Nationalliste standen.
Außer dem
Rechte, die Gesetzentwürfe zu diskutieren, hatte das
Tribunat auch das
Recht, der Regierung
Vorstellungen
und Wünsche vorzutragen. Es wagte sehr bald von diesem
Rechte Gebrauch zu machen und erlangte dadurch große Bedeutung. Nach
der Errichtung des Kaiserthrons wurde das
Tribunat durch ein Senatuskonsult vom umgewandelt. Der größere
Teil
der Tribun mußte dem Gesetzgebenden Körper beitreten, die Generalversammlungen hörten auf,
und es blieben nur drei Tribunensektionen für das
Innere, die Gesetzgebung und
die Finanzen, welche die Prüfung der Gesetzentwürfe
unter den vom
Kaiser ernannten Präsidenten und Quästoren vornahmen.
Endlich hob Napoleon I. 1807 auch diese Schattengewalt
auf, und an die
Stelle der Tribunatsektionen tratenKommissionen des Gesetzgebenden Körpers.
Hier wurde Gericht gehalten unter freiem Himmel;
[* 5]
später wurde das in bedeckte Räume, die Basiliken,
Amtsstuben, Auditorien oder Sekretarien verlegt.
Danach ist auch in den modernen
Sprachen das Gericht,
der Richterstuhl häufig als Tribunal bezeichnet, in
Deutschland
[* 6] früher insonderheit einige höhere Gerichtshöfe, die
Obertribunale
zu
Berlin
[* 7] und
Stuttgart,
[* 8] das ostpreußische in Königsberg.
[* 9]
(lat.,
d. i. Dritteil, dann
Teil überhaupt), im alten
Rom
[* 10] die
Teile des
Volks in polit. und administrativem
Sinne,
indes zu verschiedenen
Zeiten in verschiedener Bedeutung. In der ältesten
Verfassung hießen nach der landläufigen Überlieferung
Tribus die drei
Stämme oder
Gaue, aus denen der röm.
Staat gebildet war, die zuerst vorhandenen Ramnes latinischen
Stammes, die sabinischen
Tities und die zuletzt beitretenden Luceres. Jede dieser Stammtribus
war in zehn Kurien, die Kurie
in zehn Gentes oder Geschlechter, das Geschlecht in Familien eingeteilt. Diese
Tradition giebt aber zu
allerhand Zweifeln
Anlaß; die drei sog. patricischen oder Geschlechtertribus erscheinen zunächst nur als
Abteilungen der röm. Ritterschaft. Greifbarer sind die
Patricier und
Plebejer gleichmäßig umfassenden, als Grundlage für
Aushebung und Steuerzahlung dienenden lokalen Tribus, die König
Servius¶
mehr
Tullius eingerichtet haben soll, nach der herrschenden Angabe 4, nach einer andern 30. Am ältesten sind unzweifelhaft
die vier nach Stadtteilen bezeichneten und später städtische (tribus urbanae) genannten Tribus: Palatina, Suburana, Collina,
Esquilina. Ihnen gegenüber stehen die ursprünglich 15 oder 16, dann 17 ländlichen Tribus (tribus rusticae), deren Einrichtung
vermutlich mit dem Ausgleich nach der ersten Secession der Plebs zusammenhängt. Sie haben ihre Namen meist
von patricischen Geschlechtsdörfern, die offenbar ihren Mittelpunkt bildeten: Ämilia, Camilia, Cornelia, Fabia, Galeria,
Horatia, Lemonia u. s. w. Als in der Folge das Staatsgebiet sich vermehrte, wurde von 387 v. Chr. an der Zuwachs wieder nach
Tribus angefügt, deren Namen in Gegensatz zu den frühern mit Ausnahme einer einzigen von Örtlichkeiten
genommen waren. So entstanden allmählich 35 Tribus, also neben den 4 städtischen 31 ländliche.
Weiter fuhr man mit der Bildung von neuen Distrikten nicht fort, sondern was nun neu mit Vollbürgerrecht in den Staat hereinkam,
wurde in eine der vorhandenen Tribus eingeteilt. Eine Unterabteilung der städtischen Tribus bildeten
die vici, eine Unterabteilung der ländlichen die pagi oder Dörfer. Die Tribus blieben auch in Zukunft weiter Aushebungs- und
Steuerdistrikte. Sie standen später unter je 8 Curatores tribuum. Jeder Bürger gab bei genauer Angabe seiner persönlichen
Verhältnisse stets auch die an, in der er eingeschrieben war.
Ursprünglich waren wohl nur ansässige grundbesitzende Bürger in den Tribus. Aber 312 v. Chr. ließ der Censor Appius Claudius
alle Bürger, auch Freigelassene ohne Grundbesitz, aus polit. Gründen in alle Tribus einschreiben. Die Censoren drängten wieder 304 alle
Bürger ohne Grundbesitz, sowie sämtliche Freigelassene in die vier städtischen Tribus zusammen.
Und dabei blieb es trotz manchem Wechsel in der Hauptsache, so daß fortan die vier städtischen Tribus der Geltung
nach unter den ländlichen standen.
Die Versammlung des Volks nach in den Tributkomitien ist hervorgegangen aus den Sonderversammlungen der nach Tribus geordneten
Plebs (concilia plebis). (S. Komitien.) In der Kaiserzeit, wo die Tributkomitien mit den übrigen Komitien
alle Bedeutung verloren, blieb doch die der Tribus selbst als Einteilung der Bürgerschaft. Die Zugehörigkeit zu einer Tribus bildete
das Kennzeichen des Vollbürgertums, auch nachdem Caracalla das röm. Bürgerrecht 212 über alle freien Einwohner des Reichs
ausgedehnt hatte.
Vgl. Mommsen, Die römischen in administrativer Beziehung (Altona
[* 12] 1844);