Hallucination (s. d.). Die Muskelbewegung findet beim Traum meist
in der Schwäche der Macht des Willens über die Muskeln ein Hindernis, kann aber in den verschiedensten Graden stattfinden,
von der geringsten Regung bis zum Schlaf- oder Traumwandeln mit Vollbringung mehr oder weniger zweckmäßiger Handlungen.
(S. Somnambulismus.)
Charakteristisch für den Traum ist die Fähigkeit der Seele, die eigene Erfindung als eine fremde
zu betrachten, andern, deren Erscheinung sie schafft, mündliche Äußerungen und Handlungen unterzulegen, die sie selbst
erfindet, und so ihre eigene subjektive Thätigkeit zu objektivieren. Nicht selten endlich vereinigt sich die Thätigkeit
der Phantasie mit der des Verstandes im T. zu einem Gedankenfluge, wie er in dem Maße während des Wachens
nie stattfindet. Wenn die Einflüsse der Außenwelt auf die Sinne im wachen Zustande unsere Vorstellungen regeln, so hemmen
sie dieselben zugleich durch die Schranken der Zeit und des Raums; im Traumzustande aber waltet der Gedanke fast fessellos.
So entstehen die Traum der Vision, Inspiration und Divination.
Unser Traumdenken beruht, ganz wie das Denken im wachen Zustande, auf den Gesetzen der Ideenassociation (s. d.); doch entbehren
die Traumvorstellungen der logischen Beherrschung, und in raschem Wechsel wird im T. oft das Sinnloseste und Ungewöhnlichste
miteinander verbunden. Als krankhafte Traumzustände sind zu betrachten: das Aufschrecken und Zusammenfahren
im Schlafe, das Alpdrücken und die Hallucinationen. Daß auch die Tiere, wenigstens die höher organisierten, träumen, scheinen
die Ausdrucksbewegungen im Schlafe zu beweisen.
Litteratur. Schubert, Symbolik des Traum (1. Aufl., Lpz. 1862);
Pfaff, Das Traumleben und seine Deutung (ebd. 1868; 2. Aufl., Potsd.
1873);
Strümpell, Die Natur und Entstehung der Traum (Lpz. 1874);
Siebeck, Das Traumleben der Seele (Berl.
1877);
Spitta, Die Schlaf- und Traumzustände der menschlichen Seele (2. Aufl., 2 Bde.,
Tüb. 1882);
Radestock, Schlaf und Traum (Lpz. 1879);
Frensberg, Schlaf und Traum (Berl. 1885);
Maury, Le sommeil et les rêves
(4. Aufl., Par. 1877);
Delboeuf, Le sommeil et les rêves (ebd. 1885);
Simon, Le monde des rêves (2.
Aufl., ebd. 1888);
Gießler, Aus den Tiefen des Traumlebens (Halle 1890);
ders., Die physiolog.
Beziehungen der Traumvorgänge
(ebd. 1896); Weygandt, Entstehung der Traum (Lpz. 1893).
(vom grch. trauma, die Wunde), eine sirupdicke klare
Lösung von Guttapercha in Chloroform, die, auf die Haut aufgestrichen, nach der Verdunstung des Chloroforms eine durchsichtige
geschmeidige Hülle bildet und wie das Kollodium äußerlich gegen Hautkrankheiten, Erosionen, Verbrennungen und Frostbeulen
angewendet wird.
(grch.), durch eine Wunde oder Verletzung entstanden;
traumatische Entzündung, die nach einer Verwundung
entstehende Entzündung, führt durch unmittelbare Verklebung oder durch Granulationsbildung zur Wundheilung.
Neurose, Unfallnervenkrankheit, allgemeine Bezeichnung für diejenigen Nervenkrankheiten, die nach Unfällen
beobachtet werden und nicht auf groben materiellen Verletzungen, sondern auf feinern, anatomisch nicht nachweisbaren Veränderungen
des Nervensystems beruhen. Die Krankheit tritt entweder infolge von heftigen Erschütterungen des ganzen Körpers, insbesondere
nach Eisenbahnunfällen (s.
Rückenmarkserschütterung), oder auch nach mehr umschriebenen Verletzungen
eines bestimmten Körperteils auf.
Der Verlauf ist gewöhnlich derart, daß sich bei dem bis dahin anscheinend ganz gesunden Individuum im Anschluß an den
erlittenen Unfall allmählich eine eigentümliche psychische Veränderung entwickelt; der Kranke wird mißmutig, verstimmt,
völlig energielos, wird den Eindruck des erlittenen Unfalls nicht mehr los und grübelt nun fortwährend
über die etwaigen Folgen desselben. Der Schlaf wird unruhig, oft durch ängstliche Träume gestört, der Appetit wird geringer,
das Körpergewicht sinkt.
Ferner klagt der Kranke über allerhand Schmerzen und unangenehme Empfindungen an den Körperstellen, die durch den Unfall besonders
betroffen wurden, über Kopfdruck und Kopfschmerzen, Schwindel, Mattigkeit, Ohrensausen, Flimmern vor den Augen, undeutliches
Sehen, Herzklopfen, Erschwerung der Harnentleerung, Stuhlverstopfung u. dgl. Objektiv lassen sich oft eine allgemeine notorische
Schwäche, Sensibilitätsstörungen, Einschränkung des Gesichtsfeldes, Steigerung der Sehnenreflexe, Lähmungserscheinungen
der verschiedensten Art, Geh- und Sprachstörungen, leichtes Zittern, Ohnmachten und selbst epileptiforme
Anfälle u. dgl. nachweisen.
Die Deutung dieses Krankheitsbildes hat zu vielfachen und interessanten Erörterungen Anlaß gegeben. Während die ersten
Beobachter die Ansicht ausstellten, daß es sich bei dem geschilderten Symptomenkomplex um eine eigenartige, einheitliche,
scharf begrenzte Krankheitsform handle, die infolge des beim Unfall erlittenen Schrecks entstehe, läßt man neuerdings den
Begriff der Traumatische Neurose mehr und mehr fallen und weist die bisher unter dieser Kollektivbezeichnung
zusammengefaßten Krankheitsfälle teils der Neurasthenie, teils der Hysterie, teils den eigentlichen Psychosen (Hypochondrie,
Melancholie) zu; ein nicht geringer Teil endlich gehört in das Gebiet der Simulation, zu der die gerade hier so häufig in
Frage kommenden Entschädigungsansprüche leicht Veranlassung geben.
Der Verlauf der traumatischen Neurasthenie und Hysterie, der sich von dem der nichttraumatischen Formen nicht wesentlich unterscheidet,
ist chronisch und erstreckt sich oft über Jahre. Die Behandlung hat vor allem eine allgemeine Kräftigung des Körpers und
eine geeignete psychische Ableitung zu erstreben, im besondern sind Bäder, Massage, die Anwendung der
Elektricität, unter Umständen die hypnotische Suggestion sowie die Verabreichung von Bromsalzen von Nutzen. -
Vgl. Oppenheim,
Die Traumatische Neurose (2. Aufl., Berl. 1892);
Wichmann, Der Wert der Symptome der sog. Traumatische Neurose (Braunschw.
1892).
Sammlungen von Auslegungen der Träume, die aus dem Bestreben der Traumdeutung (Oneirokritik,
Oneiromantie), dem Bestreben, den Träumen eine höhere Offenbarung unterzulegen und diese zu enträtseln, entstanden. Im
Altertum bestanden förmliche Traumorakel, durch die z. B. Kranke die Mittel zu ihrer Heilung suchten. Im Mittelalter und in
den Folgezeiten bis auf die Gegenwart hat der Aberglaube eine Menge von Traumbücher für das bedürftige Publikum
hervorgebracht, von denen hervorzuheben sind: Cardanus, «Traumbuch. Wahrhaftige, unbetrügliche Unterweisung, wie allerhand
nächtliche Träume und Erscheinungen ausgelegt werden sollen» (Bas. 1563);
Anhorn, «Magiologia u. s. w.» (ebd. 1674);
Artemidori, «Traumbuch u. s. w.» (Straßb.
um 1580; Lpz. 1677 u. 1735; auch
mehr
lateinisch, Lyon 1546). Die Traumbücher gehören noch heute zu der am zahlreichsten verbreiteten Volkslitteratur, besonders
für die Lotterie benutzt.