Westen bergig und hügelig, im übrigen eben. Der fruchtbare
Boden trügt Getreide
[* 2] im Überfluß,
Weine, gutes Obst, vortrefflichen
Tabak,
[* 3] auch Krapp und Saflor. An Waldungen ist kein
Mangel. Ausgedehnte Wiesen und
Hutungen begünstigen die Viehzucht,
[* 4] und
in der Donau wird beträchtlicher Hausenfang betrieben.
Ackerbau, Viehzucht, Fischfang, Schiffahrt und
Handel bilden
die Hauptnahrungszweige. Hauptort ist
Szegzárd (s. d.). Das
Komitat umfaßt fünf Stuhlbezirke. – 2)
Groß-Gemeinde im Stuhlbezirk
Szegzárd des
Komitats Tolna, am rechten Ufer der Donau und der Linie
Sárbogárd-Szegzárd
(Station Tolna-Mözs) der
Ungar. Staatsbahnen,
[* 5] ist Dampferstation und hat (1890) 2946 meist deutsche E., in Garnison 3 Eskadrons des 12. Ulanenregiments «Franz
Ⅱ., König beider
Sicilien», ein gräfl. Festeticssches Schloß; Pottaschesiederei, Getreide-,
Wein-, Safran- und Tabakbau,
Hausenfang und Produktenhandel.
Bezirksstadt und früher Hauptstadt der span. und bask.
ProvinzGuipuzcoa, rechts am Küstenfluß Oria, unterhalb der Mündung des Arages, an der Linie
Irun-Burgos
der Nordbahn, hat (1887) 7223 E.;
Fabriken für Papier, Wollzeuge,
Eisen- und Messingwaren.
(Sula), ein zu der Gattung der
Ruderfüßler gehöriges, aus 9
Arten bestehendes, kosmopolitisch verbreitetes
Vogelgeschlecht. Die Tölpel nähren sich ausschließlich von Fischen, die sie, hoch aus der Luft
in das Wasser herabstürzend, erjagen. Der gemeine Tölpel
(SulabassanaL., s.
Tafel: Schwimmvögel
[* 7] Ⅰ,
[* 1]
Fig. 8) oder die
Basangans
kommt an und auf den
Meeren der nördl. Erdhälfte vor, erreicht 98 cm Länge und 190 cm Flugbreite, hat ein
mit Ausnahme der schwarzen großen Schwungfedern rein weißes Gefieder, grüne Füße, bläulichen Schnabel und schwarzen
Kehlsack. Ihr berühmtester Nistplatz ist die
InselBaß an der Westküste
Schottlands. Dort sollen außer
Alken,
Lummen und andern
Seevögeln mindestens 150000 Tölpel hausen. Mit größter Lebensgefahr holt hier der
Schottländer die
Eier
[* 8] undJungen
der Tölpel; die
Jungen werden eingesalzen und geräuchert.
russ. Geschlecht, das den Ursprung seines
Adels aus dem 15. Jahrh. herleitet.
Peter Andrejewitsch Tolstój, geb. 1645, Sohn des Wojwoden von
Tschernigow, war Gesandter in
Konstantinopel,
[* 10] begleitete dann
Peter d. Gr. auf seinen
Reisen in Europa
[* 11] und ward in den russ. Grafenstand erhoben. Unter
Peter Ⅱ.
fiel er in
Ungnade, wurde 1727 aller seiner
Ämter und der Grafenwürde entsetzt und nach dem
KlosterSolowezk verbannt, wo er starb.
Erst unter der Kaiserin Elisabeth 1760 gelang es, den Hinterbliebenen T.s den Grafentitel wieder zu verschaffen.
Einer seiner Urenkel,
GrafPeter Alexandrowitsch Tolstój, geb. 1769, focht gegen
Türken und
Polen, war 1799 russ.
Kommissar bei der
Armee des Erzherzogs
Karl und befehligte 1805 das russ. Landungskorps in Norddeutschland. Nach der
Schlacht von Friedland nahm
er an den Unterhandlungen mit
Frankreich teil und ging dann
als Gesandter nach
Paris.
[* 12] 1813 kommandierte
er ein Korps in der Bennigsenschen
Armee, mit welchem er
Dresden
[* 13] belagerte, hierauf aber nach
Hamburg
[* 14] zog, nach dessen
Übergabe
er zum
General der Infanterie erhoben wurde.
KaiserNikolaus vertraute ihm die Leitung der Militärkolonien an und
ernannte ihn 1831 zum Oberbefehlshaber des Reserveheers, mit welchem er die
Polen schlug. Er starb als Präsident des Departements
für Militärangelegenheiten im Reichsrat 1844 in
Moskau.
[* 15]
Graf Fedor Petrowitsch Tolstój, Bildhauer und
Medailleur, geb. 1783 in
Petersburg,
[* 16] diente anfangs in der Marine. Er bildete sich
in der Kunst meist selbst. Unter seinen
Arbeiten sind bemerkenswert die Zeichnungen zum Hauptthore der
Christuskirche in
Moskau, vier
Basreliefs nach
Sujets aus der Odyssee, eine
Statue des
Morpheus, eine Reihe von
Illustrationen
zur «Duschenka» des
Bogdanowitsch und
Medaillen auf den franz.
Krieg von 1812, den ungar. Feldzug von 1849 u. s. w. Er
war seit 1828 Vicepräsident der
PetersburgerAkademie und Professor der
Skulptur und der Medailleurkunst
an derselben und starb in
Petersburg.
Graf Dmitrij Alexandrowitsch, Staatsmann, geb. 1823, ging aus dem
Kreise
[* 17] der liberalen «Konstantinowzy» (s.
Konstantin Nikolajewitsch) hervor, machte sich aber als Minister der Volksaufklärung (1866‒80) bei seinen ehemaligen
Parteigenossen verhaßt, ja er wurde sogar beschuldigt, den Nihilismus, wenn nicht begründet, so doch
großgezogen zu haben. Seine Tüchtigkeit als Beamter hatte Tolstój im Dienst des Marineministeriums und darauf als
Oberprokuror (seit 1865) des
HeiligenSynods gezeigt, in welchem
Amte er sich durch energische Reformversuche, namentlich auch
in
Bezug auf die Klöster, einen großen
Teil der Geistlichkeit zum Feinde gemacht hat.
Als Unterrichtsminister zog er sich durch seine Bevorzugung des
Studiums der klassischen
Sprachen in den mittlern Lehranstalten,
besonders aber durch seine Überwachung der
Universitäten und Maßregelungen der
Studenten, die bitterste Gegnerschaft zu.
Tolstój wurde 1880 als Minister gestürzt. Auch die Prokuratur des
HeiligenSynods mußte er niederlegen. Er
wurde dann Präsident der
Akademie der Wissenschaften und war 1882‒85 Minister des Innern. Tolstój starb 7. Mai Er
veröffentlichte ein Werk über die russ.
Finanzen (russisch, Petersb. 1848) und «Le
[* 18] Catholicisme romain en Russie» (2 Bde., Par.
1863‒64).
Alexej Konstantinowitsch,
Graf, russ. Dichter, geb. 5. Sept. in
Petersburg, brachte
seine
Jugend meist in
Kleinrußland zu, studierte dann in
Moskau, nahm als Offizier am Krimkriege teil, zog sich später ins
Privatleben zurück und starb 11. Okt. auf seinem Gute Krasnyj Roj im GouvernementTschernigow.
Neben lyrischen Gedichten schrieb er epische Erzählungen: «Die Sünderin» (1858),
den durch histor.
Treue und künstlerische Vollendung ausgezeichneten histor.
Roman «Fürst Serebrjanyj» (1863; deutsch, Berl.
1882). Seine Hauptleistung ist die dramat.
Trilogie «Der
TodIwans des Schrecklichen» (1866),
«ZarBoris» (1870; alle drei
Teile zusammen erschienen Petersb. 1876). Seine «Gesammelten
Werke» erschienen in 4
Bänden (Petersb. 1886). Einiges von ihm ist übersetzt in
JessensDichtungen von
GrafAlexej Tolstój und
¶
Lew (Leo) Nikolajewitsch, Graf, russ. Schriftsteller, geb. 9. Sept. auf dem Gute
Jasnaja Poljana im Gouvernement Tula, erhielt seine Erziehung im elterlichen Hause, dann in dem einer Tante in Kasan,
[* 21] studierte
(von 1843 an) daselbst ein Jahr orient. Sprachen und zwei Jahre Jurisprudenz. Nach zweijährigem Aufenthalt
auf seinem Familiengut trat er 1851 im Kaukasus als Artilleriefähnrich zum Militär. Hier entstanden seine ersten Werke:
«Kindheit» (deutsch von Röttger, Lpz. 1882),
mit den Fortsetzungen «Knabenalter» und «Jünglingsjahre»
u. d. T. «Lebensstufen» (Berl.
1891),
«Der Überfall», «Der Morgen des Gutsbesitzers» (sämtlich
im «Zeitgenossen» gedruckt) und «Die
Kosaken» (im «Russ. Boten», 1863). Er machte den Krimkrieg mit und nahm dann seinen Abschied. «Sewastopol
[* 22] im Dez. 1854», «Sewastopol
im Mai 1855», «Sewastopol im Aug. 1855» schildern seine Kriegseindrücke. 1856 trat
er in Petersburg in freundschaftliche Beziehungen zu Turgenjew, Gontscharow, Ostrowskij, Grigorowitsch und Drushinin
und schrieb hier unter anderm die «Aufzeichnungen eines Marqueurs», den
«Schneesturm» und «Zwei Husaren». 1857 reiste
er zum erstenmal ins Ausland und kehrte enttäuscht zurück.
Die Erzählung "Luzern"
[* 23] (übersetzt von Lange in Reclams «Universalbibliothek») enthält ein herbes Urteil über die westeurop. «Pseudokultur».
In dasselbe Jahr gehört «Albert» (übersetzt ebd.). Tolstój zog sich nun auf sein Gut Jasnaja Poljana zurück,
um hier jenes Ideal eines zufriedenen Daseins zu erstreben, das er in der Novelle «Familienglück» (1859;
übersetzt ebd.) schildert. Hier entstanden ferner die Erzählungen «Drei Tote» (1859),
«Polikuschka» (1860; beide übers.
von Wolfsohn in den «Russ. Geschichten») und «Cholstomjer, Geschichte eines
Pferdes» (1861). Das Interesse für Hebung
[* 24] des Volksunterrichts in Rußland führte ihn zum zweitenmal ins Ausland, er wurde
aber dort nicht befriedigt und gründete nun auf seinem Gute eine Dorfschule nach eigenen Grundsätzen, die er in seiner
Zeitschrift «Jasnaja Poljana» verfocht. 1862 heiratete er Sofia Andrejewna Behrs, die Tochter eines MoskauerArztes. Er faßte den Plan zu einem Roman «Die Dekabristen», von dem aber nur drei Kapitel erhalten sind.
Aber bei dem Materialsammeln richtete sich sein Interesse schließlich auf den Franzoseneinfall 1812, und es entstand sein
großer Roman«Krieg und Frieden», der 1865 im «Russ. Boten» zu erscheinen begann (Einzelausg. in 4 Bdn.,
1872; deutsch von E. Strenge, Berl. 1885, und von Claire von Glümer in Löwenfelds Gesamtausgabe, auch in Reclams
«Universalbibliothek»). Anfang der siebziger Jahre beschäftigten ihn wieder volkserzieherische und volkswirtschaftliche
Fragen (er schrieb das «Abc», einige «Lesebücher» und die Schrift«Über die Volksbildung»),
1874 begann er seinen Roman«Anna Karenina» (3 Bde., 1877; deutsch von P. W.
Graff, Berl. 1885; auch in Reclams «Universalbibliothek»; vollständige deutsche Ausg. von Helene Mordaunt, Berl.
1897). Die Unzufriedenheit mit dem Parasitendasein, das er als Mitglied einer privilegierten Minorität zu führen meinte,
die Überzeugung von der der Majorität schädlichen sog. Kultur, das Verlangen sich zu vervollkommnen
und sich nützlich zu machen, führte ihn Ende der siebziger Jahre zur Abschwörung seines bisherigen Lebens und seiner bisherigen
dichterischen Thätigkeit.
Er widmete sich theol.
Studien und der Übersetzung der Evangelien. 1881 schrieb er die Erzählung «Wovon die Leute leben»,
dann seine «Beichte» (in Rußland nur als Manuskript cirkulierend; deutsch übersetzt von SophieBehrs als
«Worin besteht mein Glaube», Lpz. 1884; französisch als «Ma
religion», 2. Aufl., Par. 1885; englisch als «Christ’s Christianity», Lond. 1885); ferner «Was
sollen wir denn thun» (deutsch von H. von Samson-Himmelstjerna, Lpz. 1886); in den letzten
Jahren endlich außer Volksschriften und sociologisch-theol.
Artikeln die Novelle «Der TodIwan Iljitschs» (deutsch in «T.s neue Erzählungen», Lpz.
1887),
das naturalistische Bauerndrama «Die Macht der Finsternis» (deutsch von
Aug. Scholz, Berl. 1887),
die Novelle «Die Kreutzersonate» (ebd. 1890; im selben Jahr ins Deutsche
[* 25] und Englische
[* 26] übersetzt),
«Neueste Erzählungen und Abhandlungen» (russisch, ebd. 1895). – Eine Gesamtausgabe der Werke T.s erschien in 2. Auflage
in 12 Bänden 1885‒86 in Moskau, eine billige Ausgabe in 13 Bänden (8. Aufl. 1889‒90); in deutscher
Sprache:
[* 27] «Gesammelte Werke», hg. von R. Löwenfeld (Berl. 1891 fg.);
«Gesammelte Schriften», hg. von H. Roskoschny (ebd. 1891 fg.).
– Über Tolstój existiert eine ganze Litteratur in russ. Sprache
(vgl. K. von Reinholdt, Geschichte der russ. Litteratur, Lpz.
1886, S. 741, Anm.; seitdem erschien unter anderm Skabitschewskij,GrafL. N. Tolstój als Künstler und Denker).
Von ausländischen Arbeiten sind zu erwähnen, außer den bei Reinholdt (S. 722 fg.) genannten: de Vogüé, Le roman russe
(Par. 1886);
Löwenfeld, Gespräche mit Tolstój (Berl. 1891);
ders.,L. N. Tolstój, sein Leben, seine Werke, seine Weltanschauung (Tl.
1, ebd. 1892);