untere,
Überschwemmungen ausgesetzte Stadt zieht, ist Sitz des Gouverneurs und
Bischofs von Tobolsk und
Sibirien und hat (1897) 20 427 E., 20
Kirchen,
darunter die
Kathedrale der heil.
Sophia, Mönchskloster,
DenkmalJermaks (1839 errichtet), Gymnasium, geistliches Seminar, 4
Zeitungen, 2 Buchdruckereien, 1
Buchhandlung,
Stadtgarten, Staatsgefängnis, Filiale der
Russischen Reichsbank, 2 Stadtbanken, Flußhafen mit Dampfschiffahrt.
Betrieben werden Fischerei,
[* 2] Fuhrwesen,
Schiffbau, Gerbereien,
Talg- und Seifensiedereien, Ziegeleien u. a. Die Handwerke werden
meistens von den Verbannten (mit ihren Familienangehörigen etwa 3000) betrieben. Der frühere bedeutende
Handel ist zurückgegangen.
Bezeichnung für ein gewisses äußeres Verhalten geistig Gestörter ohne strenge wissenschaftliche
Bedeutung. Tobsucht kann im Verlauf der meisten Formen von
Geistesstörung gelegentlich auftreten; bei einzelnen Formen bildet sie
eine regelmäßige, das Gesamtbild bestimmende Erscheinung. Die Erscheinungsweise der Tobsucht wechselt vielfach je
nach der Art der zu
Grunde liegenden Hirnkrankheit; insbesondere kommen in Betracht die
Manie, die progressive
Paralyse der Irren, die Verrücktheit, die
Epilepsie u. s. w. Bei der maniakalischen Tobsucht tritt oft anfangs nur eine
mäßige Aufregung hervor, die sich in nutzloser Geschäftigkeit, Schwatzhaftigkeit, ruhelosem Umherirren
u. dgl. kundgiebt.
Bei höhern
Graden der Erregung kommt es zu anhaltendem
Gehen und Laufen,
Singen und Schreien, Lachen oderWeinen,
zu gewaltthätigen Handlungen, erhöhtem
Geschlechtstrieb, unsittlichen und rücksichtslosen Reden und Handlungen, zu
Angriffen
auf
Personen, Zerstörungen, Sammeln nutzloser Dinge, Zerreißen der Kleider, groben Verstößen gegen
Anstand und
Sitte. Der
Gedankenablauf ist beschleunigt, macht sich in stundenlangem, überstürztem, unzusammenhängendem Reden, Reimen,
Singen und
Lärmen Luft, während der
Kranke äußern Einflüssen, Zureden, völlig unzugänglich ist.
Die Stimmungen wechseln; von Lustigkeit und Übermut fällt er in mutloses, verzagtes
Treiben, förmlich triebartig treten
Genußsucht, Begehrlichkeit und geschlechtliche Empfindungen auf, schließlich kann es zu sinnlosem blinden Wüten und zur
Raserei kommen. Während so die maniakalische Tobsucht im wesentlichen einem excessiv gesteigerten Triebleben entspricht,
wird die Tobsucht der sog. Verrückten bedingt durch Wahnvorstellungen
und
Sinnestäuschungen aufregenden, schrecklichen
Inhalts.
Hier suchen sich die
Kranken vermeintlicher Gefahren zu erwehren, dringen in blinder Wut auf die Umgebung ein oder äußern
laut ihre Verzweiflung
u. dgl. m. Ähnliche Zustände von großer unbewußter
Aufregung treten in heftigen
Fiebern, z. B. imTyphus, vorübergehend auf. Besonders starke Tobsuchtszustände,
die ganz plötzlich und vorübergehend eintreten, und in denen oft die schwersten Gewaltthätigkeiten,
Mord und Selbstmord,
begangen werden, die sog.
transitorische Manie, die von
Stunden bis zu
Tagen dauern, entstehen meist auf epileptischer Grundlage.
Diese Art der Tobsucht ist besonders in gerichtlich-mediz.
Beziehung von großer Wichtigkeit.
(spr. -kangtíngs), einer der großen
StrömeBrasiliens, entsteht unter 4° 40' südl.
Br. und 49° westl.
L. (von Greenwich) bei dem
FortSão João de
Araguaya aus der
Vereinigung des
Araguaya (s. d.) und des obern Tocantins. Der obere Tocantins bildet
sich im
Staate Goyaz aus dem
Kleinen Tocantins oder Tocantins-Pequeno und dem Rio
[* 3] Maranha. Der vereinigte
Strom
fließt nach N., zuletzt die Grenze gegen
Maranhão bildend. Dann tritt er in Para ein. Etwa 300 km unterhalb der
Vereinigung
mit den
Fluten des stärkern
Araguaya erweitert er sich zu einem Ästuar, welches unterhalb Cameta oder Villa Vicoza denNamen
Rio Para annimmt.
Dieses 222 km lange und an der Mündung in den Atlantischen Ocean 63,8 km breite Ästuar wird häufig als ein Nebenfluß
des
Amazonenstroms betrachtet, kann aber nicht einmal als ein Zwillingsstrom desselben angesehen werden, da ihre Wassermassen
durch die
InselMarajo geschieden bleiben und nur durch einige schmale, aber tiefe
Kanäle miteinander in
Verbindung stehen. Die Stromlänge des Tocantins wird zu 2040 km, die schiffbare
Strecke zu 1800 km, das ganze
Flußgebiet zu 979000
qkm angegeben. Das letztere wird hauptsächlich durch den Araguay erweitert. Die regelmäßige Benutzung als Wasserstraße
fängt erst bei
Porto-Imperial unter 10° südl.Br. an. Doch bereiten
Riffe,
Stromschnellen und
Untiefen
vielfache Hindernisse, so daß der Tocantins noch schlechter als der
Araguaya zu befahren ist.
(spr. -délji), richtiger
Toccategli (ital.,
d. i. berühret sie) geschrieben, in span. Namensform Toccadille,
ein seit dem 16. Jahrh. sehr beliebtes, jetzt fast vergessenes
Spiel, das auf dem Puffbrett von zwei
Personen
gespielt wird und dessen Regeln von denen des
Trictrac nur wenig abweichen.
(ital., von toccare,
d. i. berühren), ein früher sehr gebräuchlicher Tonsatz für Tasteninstrumente
(Klavier,
Orgel), der ohne festes Form- und Melodiegefüge war und mit dem Präludium und der Etüde, der
Phantasie und dem
Capriccio ziemlich identisch ist, auch historisch den Ausgangspunkt dieser Formen bildet. Die Toccata blühte
im 16., sowie zu Anfang des 17. Jahrh., doch haben noch neuere
KomponistenStücke freiern Charakters zuweilen Toccata genannt.
S.
Bach hat eine Reihe von solchen großen und effektvollen Orgelsätzen Toccaten genannt, die aus einem oder
zwei kurzen Motiven entwickelt sind.
derheiligenDreifaltigkeit, s.
Trinitarierorden. ^[= oder Dreifaltigkeitsorden, zwei religiöse Genossenschaften, in Frankreich gestiftet, um christl. ...]
(spr. tock'wil),AlexisClérel de, franz. Publizist und Staatsmann, geb. zu
Verneuil (Seine-et-Oise), wurde nach Beendigung seiner jurist.
Studien 1826 zum Instruktionsrichter in
Versailles
[* 6] ernannt und 1831 von der Regierung beauftragt, das Strafsystem in den
¶
mehr
Vereinigten
[* 8] Staaten von Amerika
[* 9] zu studieren. Tocqueville brachte von da sein Hauptwerk zurück: «La démocratie en Amérique» (2 Bde.,
Par. 1835 u. d.),
das man Montesquieus «Espit des lois» an die Seite gestellt hat. Das Buch erhielt 1836 den Preis Montyon
von der Akademie, deren Mitglied Tocqueville 1841 wurde. 1839 wurde Tocqueville Deputierter
und gehörte bis 1848 zur gemäßigten Opposition. Nach der Februarrevolution in die Konstituierende Nationalversammlung
abgeordnet, bekämpfte er den Socialismus und stimmte mit der monarchischen Rechten. Als Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung
übernahm er 1849 das Portefeuille des Auswärtigen, trat aber aus dem Ministerium, als Ludwig Napoleon in der Botschaft
vom 31. Okt. sein eigenes Regierungssystem schärfer betonte.
Als einfacher Volksrepräsentant opponierte er seitdem gegen die persönliche Politik des Präsidenten der Republik und erwies
sich als einen der letzten Verteidiger des parlamentarischen Regiments. BeimStaatsstreich wurde er verhaftet, aber
bald wieder in Freiheit gesetzt, zog sich dann ins Privatleben zurück und starb zu Cannes.
Außer dem genannten Hauptwerk T.s sind noch zu nennen seine «Histoire philosophique
du règne de Louis XV» (2 Bde., Par.
1846; 2. Aufl. 1847, deutsch von Boscowitz, Lpz. 1857),
sein «Coup d'œil sur le règne de Louis XVI» (1850)
und «L'ancien régime et la révolution» (1856). Von diesem Buch sind die spätern Taineschen Arbeiten stark beeinflußt. Seine
«Œvres complétes» erschienen in 9 Bänden (Par. 1860-66). -