vom bekannt, der zunächst bloß das
Verfahren zur Hervorbringung jener drehenden
Bewegung beschrieb. Es dauerte
nicht lange, bis das sich daran knüpfende Klopfen und der
Psychograph eine Art geistiger
Epidemie erzeugten, welche in
Deutschland
[* 2] nur vorübergehend, in
Frankreich aber und besonders in England um so länger herrschte. Zur Erklärung
des seltsamen
Phänomens genügen schon die Gesetze der Mechanik. Das Erzittern der lange aufliegenden
Hände summiert sich
in dem Tische zu einer Kraftwirkung, die endlich, wenn mehrere unwillkürlich herniederdrückende Seitenpressungen hinzukommen,
das Möbel
[* 3] in eine wälzende
Bewegung versetzt (Faraday,
Braid).
Letztere gilt aber den Experimentierenden für eine selbständige, weil sie ihren bisherigen Kraftaufwand
für zu unbedeutend ansehen und von der Geringfügigkeit der Reibung
[* 4] nichts ahnen, die, sobald die
Bewegung einmal eingeleitet
ist, zum größern
Teile schon durch die
Schwere des Tisches überwunden wird. (Vgl. Scheffler, Imaginäre
Arbeit, eine Wirkung
der Centrifugal- und Gyralkraft, mit Anwendungen auf dieTheorien des Kreisels, des rollenden
Rades, des
Polytrops und des Tischrückens, Lpz. 1866.) Das Klopfen dagegen erklärt sich teils als
Betrug, teils daraus, daß sich das
Bewußtsein durch eine längere abtötende mechan. Beschäftigung teilweise hemmen, gleichsam
anästhesieren läßt. Mit dem
Hypnotismus hat das Tischrücken übrigens dem Wesen nach nichts zu schaffen;
lediglich durch die irrtümliche
Anschauung, daß beim Hypnotisieren (Magnetisieren) eine Art
Fluidum (das sog. Od, s. d.)
von einer
Person auf die andere übergehe, hat man beide Vorgänge in Zusammenhang gebracht, ein
Fehler, der auch bei neuern
Mystikern wiederkehrt. (S.
Spiritismus.)
poet.Anweisungen zum höfisch anständigen
Essen,
[* 5] die im Mittelalter dadurch, daß
man mit der
Hand
[* 6] aß, daß meist mehrere einen
Teller, ein
Glas
[* 7] benutzten, besonders nötig wurden; das Benehmen bei Tisch war
ein Maßstab
[* 8] der gesellschaftlichen
Bildung. Solche Tischzuchten gab es auch lateinisch («Reineri Phagifacetus),
hg. von Lemcke, Stett. 1880), französisch und englisch (vgl.
Furnivall in der »Early English
TextSociety»,
Nr. 32, Lond. 1808). In
Deutschland ist die älteste selbständige Tischzucht die sog. Hofzucht des
Tannhäusers;
HansSachs
dichtete drei Tischzuchten. Aus der
Parodie der Tischzuchten erwuchs die grobianische Litteratur is. Grobianus). -
(spr. tiss'ráng),FrançoisFelix, franz. Astronom,
geb. zu Nuits
(Côte-d'Or), besuchte das Lyceum in Dijon
[* 11] und studierte von 1893 ab an der École
normale supérieure Mathematik und Physik. 1866 wurde er an der
PariserSternwarte
[* 12] als
Adjunkt angestellt, 1873 zum Direktor
der
Sternwarte und Professor an der
Fakultät in
Toulouse,
[* 13] 1878 zum Mitglied der
Akademie der Wissenschaften und des
Bureau des Longitudes und zum Professor der Mechanik
an der
Sorbonne, 1892 zum Direktor des
Pariser Observatoriums ernannt.
Nach Monchez'
Tode wurde er dessen Nachfolger in der Direktion der
PariserSternwarte. T.s
Arbeiten beziehen sich auf die verschiedenen
Gebiete der himmlischen Mechanik, zu deren namhaftesten
Vertretern er gehörte. Sie sind zumeist in den
Annalen und Memoiren der
Institute veröffentlicht, denen Tisserand angehörte. Außerdem hat Tisserand ein sehr wertvolles Lehrbuch
der himmlischen Mechanik:
«Traité de mécanique céleste», herausgegeben, von dem bisher 3
Bände erschienen sind (Par. 1889, 1891
u.
1894). Er starb in
Paris.
[* 14]
(spr. -oh),Victor, franz. Schriftsteller, geb. zu
Freiburg
[* 15] in der
Schweiz,
[* 16] leitete die «Gazette de Lausanne»
[* 17] bis 1874. Nachdem er
Deutschland und
Österreich
[* 18] bereist
hatte, gab er 1875 die Schmähschrift «Voyage au pays des millards» (deutsch
Bern
[* 19] 1875) heraus, die in
Frankreich außerordentlichen Beifall fand. Tissot veröffentlichte hierauf unter anderm: «Les Prussiens
es Allemagne» (1876),
(spr. tissa),Koloman von, ungar. Staatsmann, geb. zu
Geszt im
BiharerKomitat, studierte die
Rechte und trat schon 1848 ins Unterrichtsministerium. Während der Revolution zog er
sich zurück, 1855 wurde er Hilfskurator des reform. Nagy-Szalontaer Kirchendistrikts und bekämpfte 1859 energisch
das von dem
GrafenLeoThun eingeführte, gegen die autonome prot. Kirchenverfassung
Ungarns gerichtete Protestantenpatent. 1861 wurde
in den
Reichstag gewählt und übernahm nach dem Selbstmorde des
Grafen Ladislaus
Teleki die Führerschaft des linken Centrums
im ungar. Abgeordnetenhause, die er auch in den folgenden Sessionen (1865, 1869, 1872) behauptete.
Endlich gab er im Anfang 1875 seinen oppositionellen Standpunkt
auf und ermöglichte die Verschmelzung
des linken Centrums mit der
Deák-Partei zu der liberalen Partei. Im Ministerium Wenkheim vom übernahm Tisza das Ministerium
des Innern und 21. Okt. auch die Ministerpräsidentschaft. Hauptaufgabe des Tisza-Ministeriums war der wirtschaftliche
Ausgleich
mit
Transleithanien und die Neuorganisierung der Österreichisch-Ungarischen
Bank. Während der
Wahlen für
1878-81 bereitete die Occupation
Bosniens und der
Herzegowina neue Schwierigkeiten für
die Finanzen diesseit und jenseit der
Leitha, so daß das ganze Tisza-Ministerium seine Entlassung einreichte, obgleich die
Wahlen ihm eine große
Majorität gesichert
hatten. Die viel angefochtene Politik
Andrássys siegte aber in den Delegationen, und Tisza trat abermals
im Dez. 1878 an die
Spitze des neuen
Kabinetts. 1887 übernahm er nach
Szapárys¶
mehr
Rücktritt die Leitung des Finanzministeriums, wogegen er das Ministerium des Innern provisorisch an Freiherrn von Orczy abgab,
legte aber 1889 beide Portefeuilles nieder, so daß er nur noch das Präsidium behielt. Den Widerstand, auf den er bei der
Revision des Heimatsgesetzes stieß, nahm er zum Anlaß, um seine Entlassung einzureichen, die er erhielt.
(S. Ungarn,
[* 22] Geschichte.) -
(spr. tissa),Ludwig, Graf von, ungar. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. zu Geszt, wurde 1861 Mitglied
des Reichstags, gehörte anfangs zur Opposition, trat später zur Deák-Partei über, wurde 1807 Obergespan des
BiharerKomitats, 1869 Vizepräsident des Baurates in Budapest,
[* 23] 1871 Minister der Kommunikationen und öffentlichen Bauten, trat zurück
und wurde nach der Katastrophe von Szegedin
[* 24] 1879 königl. Kommissar zur Rekonstruktion der verwüsteten Stadt. Zur Belohnung
für seine Thätigkeit hierbei erhielt er 1883 den Rang eines «Grafen von Szegedin», nachdem ihm schon 1869 die
k. k. Kämmerers- und 1873 die Geheimratswürde verliehen war. Am wurde er im Ministerium Wekerle zum Minister am
königl. Hoflager ernannt, welches Amt er niederlegte.