Kügelchen (Blutkörperchen) schwimmen, welche die Eigenschaft besitzen, den Sauerstoff chemisch zu binden. Bei seinem Durchgange
durch die Lungen nimmt das Blut den Sauerstoff auf und führt ihn, zugleich mit den vom Darmkanal bezogenen Nahrungsmitteln,
zu den Organen des Körpers, welche beiderlei Substanzen als Ersatz für verbrauchte Substanz aufnehmen, überschüssige
aufspeichern oder sogleich weiter verarbeiten. Der Sauerstoff wird hier zu Oxydationen verwendet, und die dabei frei werdende
Energie wird teils in Form mechan. Arbeit, z. B. Muskelbewegung, teils als Wärme für den Körper nutzbar gemacht. Die
Umsatzprodukte werden von dem Blute aufgenommen, aus dem die gasförmigen (Kohlensäure und Wasserdampf) durch Lungen
und Haut abgeschieden werden, die löslichen durch die Nieren abfiltrieren (Harn) oder nach weiterer Verarbeitung in den Darmkanal
ergossen werden (wie die Galle aus der Leber), oder in das Blut zurückfließen (aus der Milz) und so dem Körper noch fernerhin
nutzbar werden.
Die Tierchemie schließt also sehr wichtige praktische Fragen in sich, die sich nicht bloß auf
die Ernährung und den Stoffwechsel des gesunden Körpers beziehen (z. B. die Nahrungsmittellehre), sondern
auch auf diese Vorgänge bei Krankheiten (pathologische Chemie). Ein besonderer Zweig der physiol. Chemie, die Histochemie,
beschäftigt sich mit der chem. Konstitution der Formelemente und Gewebe des tierischen Körpers.
(S. auch Mikrochemie.)
Litteratur. Unter den Forschern, die sich um die Tierchemie besondere Verdienste erworben haben, sind besonders Berzelius, Liebig,
Mulder, Scherer, Strecker, C. Schmidt, Schloßberger, Hoppe-Seyler, Kühne, Voit, Henneberg, Stohmann, Gorup-Besanez (in der
«Physiol. Chemie», 4. Aufl., Braunschw. 1878) zu nennen.
Neuere Lehrbücher der physiol. Chemie sind herausgegeben worden von
Bunge (2. Aufl., Lpz. 1894), Hammarsten (3. Aufl.,
Wiesb. 1895) und Neumeister (2. Aufl., Jena 1897).
Vgl. ferner Zeitschrift für Biologie (hg. von Buhl, Pettenkofer und Voit, Münch. 1865 fg.);
Zeitschrift für physiol. Chemie
(hg. von Hoppe-Seyler, Straßb. 1877 fg.);
Jahresbericht über die Fortschritte der Tierchemie (begründet von Maly, hg.
von Nencki und Andreasch, Wiesb. 1871 fg.).
die Verehrung der Tiere, die sich bei den Naturvölkern häufig findet, weil sie an Kraft, Mut und Schlauheit
den Menschen überlegen waren. Das zu Grunde liegende Motiv war also die Furcht. Später gilt das Tier entweder als Verkörperung
einer in ihm wohnenden Gottheit, oder es ist einer solchen geheiligt und steht unter deren besonderm
Schutz. Beide Vorstellungen gehen natürlich vielfach ineinander über. Eine Verschmelzung von Tierdienst und Ahnenverehrung (s. d.)
findet statt, wo das Tier als Inkarnation der zur Gottheit gewordenen Seele eines Vorfahren verehrt wird, wie bei dem Totemismus
(s. Totem) der Indianer Nordamerikas. Auch bei Kulturvölkern hat die Tierverehrung mehrfach Spuren des
ursprünglichen Tierdienst bewahrt, so im alten Ägypten (heilige Katzen und Schakale), bei den Hindu (heilige Kuh, Affe u. s. w.) und
im Inkareich (Schlangenkultus; dieser auch in Südasien).
oder Tierverbreitung, die Wissenschaft von der räumlichen
Verbreitung der Tiere, sowohl der horizontalen
als der vertikalen Richtung nach, also einerseits vom Äquator zu den Polen, andererseits von den größten Tiefen der Meere bis
zu den höchsten Spitzen der Gebirge. (Hierzu zwei Karten: Tiergeographie I u. II nebst Erläuterungen.)
Die Tiergeographie ist gleich wichtig für die Geographie wie für die Zoologie. Ersterer ist sie ein hervorragendes
Hilfsmittel für die Erkenntnis der Veränderungen, welche Gestalt und Zusammenhang der Erdteile im Laufe der Zeit erlitten
haben. Die Bedeutung für die Zoologie beruht hauptsächlich darauf, daß durch dies Studium viel Licht
in die Verhältnisse der geschichtlichen Entwicklung der Tierstämme kommt. Man mag über die Entstehung der Arten denken,
wie man will, jedenfalls wird man zugeben müssen, daß das, was wir eine Art nennen, an irgend einer Stelle einmal zuerst
in wenigen Exemplaren aufgetreten sein muß, und diese Stelle kann man, nur der Bequemlichkeit halber
und ohne dem Worte eine dualistische Bedeutung beilegen zu wollen, das Schöpfungscentrum der Art nennen. Jedes für tierische
Wesen bewohnbare Gebiet der Erde hat seine charakteristische Tierwelt, seine lokale Fauna.
Je mehr Arten eine Gattung, und je mehr Gattungen eine Familie hat, desto weiter sind in der Regel beide
verbreitet, es ist aber die Möglichkeit der Verbreitung für jede Art eine beschränkte, es giebt Hindernisse, die keine
zu bewältigen vermag. Diese können in den Arten selbst liegen; manche sind spröde und gehen zu Grunde, ehe sie ihrer Umgebung
durch Anpassung eine Konzession machen, solche Arten nennt man monotrop und sie haben ein sehr lokalisiertes
Vorkommen, andere sind schmiegsam, sie sind polytrop und haben um so mehr die Fähigkeit, sich auszubreiten, je mehr sie
das sind.
Von wirklich kosmopolitischen Formen kann man nicht reden, denn es giebt kein Tier, das auf dem Lande, im salzigen und
süßen Wasser gleich gut leben und sich vermehren könnte, es giebt aber sehr weit verbreitete Land- und Wasserbewohner.
Je gleichmäßiger die Verhältnisse sind, um so weiter werden sich die unter ihnen lebenden Geschöpfe, ohne daß sie es
nötig haben, gerade polytrop zu sein, ausbreiten können, solche Verhältnisse bietet gegenwärtig nur
die Tiefsee (s. Tiefseeleben).
Der erste große Schritt zur Differenzierung und Lokalisierung der Tierwelt geschah durch das Entstehen des Festlandes und
die Anpassung an das Landleben. Festland wird an mehrern Punkten zugleich und selbständig entstanden sein, und wenn auch
sonst die klimatischen Verhältnisse der Erde allenthalben noch dieselben gewesen sein mögen, so werden
die Tiere, welche die getrennten Inseln und Inselchen zu bevölkern anfingen, obgleich ihre Ahnen Individuen derselben Arten
waren, sich doch in ihrer Organisation nach und nach voneinander entfernt haben.
Eine gewisse Ähnlichkeit der Faunen der verschiedensten Länder nach den Breitegraden, oder besser nach den Isothermen, läßt
sich allerdings nicht verkennen, und während diese Ähnlichkeit im Norden infolge der stärker entwickelten
und einander näher gerückten Landmassen sehr in die Augen fallend ist, verblaßt sie nach Süden zu in dem Maße, wie durch
überwiegende Wasserflächen die Erdteile voneinander getrennt werden, immer mehr. Die unmittelbar um den Nordpol gelagerten
Teile von drei (oder, wenn man Grönland als selbständig auffaßt, von vier) Weltteilen haben eine
mehr
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same, im wesentlichen aus denselben Gestalten zusammengesetzte cirkumpolare Fauna (weiß auf Karte I); die Tierwelt der gemäßigten
Alten und Neuen Welt besteht, wenn auch aus andern, so doch oft sehr ähnlichen und einander vertretenden (sog.
vikariierenden) Arten und zeigt eine große Übereinstimmung in der Physiognomie.
Es ist nun leicht begreiflich, daß der Bestand der Fauna eines Landes im Laufe der Zeit sich ändern muß;
mit den örtlichen Verhältnissen ändern sich die Tierarten, manche sterben aus und neue wandern ein, so daß es oft sehr
schwer, ja unmöglich ist, zu sagen, welche Geschöpfe an einer Lokalität wirklich autochthon sind. Das
Einwandern neuer Arten wird um so leichter vor sich gehen, je besser dieselben aktiv oder passiv dazu befähigt sind oder
je bequemer ein Land zu erreichen ist.
Fledermäuse, Insekten, Vögel, obwohl diese letztern die modernste Wirbeltierordnung bilden, haben eine weitere Verbreitung,
als andere langsame und an der Scholle haftende Tiere. Auch die Gegenwart passender Straßen erleichtert
das Einwandern: solche Straßen sind Inselketten, wie die Alëuten und die Kurilen, die Thäler großer Ströme (z. B. für Einwanderungen
nach Westeuropa die Donau, nach Norden der Rhein), bisweilen auch hohe Gebirge, namentlich Längsgebirge, welche es durch
ihre Temperaturverhältnisse Tierarten des kalten und gemäßigten Tieflandes ermöglichen, weit gegen
den Äquator hin vorzudringen - es reichten sich z. B. in den hohen Gebirgen Mexikos und der Landenge von Panama, ja selbst
Chiles eine arktische und antarktische Fauna die Hand. So finden sich in allen Erdteilen zwei Faunen nebeneinander: eine altursprüngliche
und eine (bisweilen auch mehrere hintereinander) sekundär eingewanderte. Es giebt aber Barrieren, welche
die Tierarten bei ihrer Ausbreitung nur schwer oder gar nicht zu durchbrechen vermögen: solche Barrieren sind große, namentlich
aber auch tiefe Meeresteile, Steppen und Wüsten, sehr hohe Gebirge, besonders wenn sie (wie die Alpen und Himalajakette) mehr
in der Richtung der Breitengrade verlaufen, und gewaltige Ströme, abgesehen von kleinern, mehr lokalisierten
Hindernissen, wie wenn etwa schon an der betreffenden Stelle eine in gleicher Weise lebende, aber stärkere und daher im Kampfe
ums Dasein siegreichere Art vorhanden wäre.
Wir können uns wohl vorstellen, wie in ungeheuer langen Zeiträumen Länder einmal innig miteinander vereinigt waren, dann
sich mehr und mehr trennten und auf lange Zeit durch für Tiere unüberwindliche Schranken geschieden wurden, sich wieder,
aber in anderer Kombination, hoben und vereinigten, und durch dieses abwechselnde Spiel von langdauernder Verbindung und Isolierung
mußten die verschiedenen Faunen in ihrer oft so merkwürdigen Zusammenstellung und Mischung entstehen.
Meistens passen sich die Arten den veränderten Verhältnissen an; seltener aber bleiben sie, wenigstens
in ihren Hauptmerkmalen, unverändert und von der neu hinzutretenden Fauna auffallend verschieden, sie bilden sog.
Reliktenfaunen (so z. B. Glacialrelikte seit der Eiszeit, Meerrelikte von noch frühern Epochen u. s. w.). Nach den jetzigen
Verbreitungsverhältnissen teilt man die Erde in zoogeographische Regionen. Deren stellte Wallace folgende
auf: Die australische Region (auf Karte 1 blau) besteht aus allem Lande östlich von einer durch die Bali-, Lombok- und Makassarstraße
im
Osten der Philippinen und Bonininseln bis zum 30.° nördl. Br. verlaufende Linie und umfaßt auch die Sandwich- und Marquesasinseln
sowie im Südosten Neuseeland.
Diese Region befindet sich seit lange in der Isolierung, sie ist reich an altertümlichen Tiergestalten: hier allein werden
Kloaktiere gefunden, hier hausen von den 36 bekannten Gattungen der Beuteltiere 33, und von den 322 hier vorkommenden Vogelgattungen
haben 204 in keinem andern Teile der Erde Vertreter, und es finden sich unter ihnen so merkwürdige Tiere
wie die Paradiesvögel, die Kasuare, die Erdpapageien, die Kiwis, der Leierschwanz u. s. w.
Hochcharakteristisch für die Region ist weiter der Reichtum an Papageien (44 Proz. der Arten) und Tauben.
Die Einwanderung von Nordwesten her ist unbedeutend, und die eingewanderten Formen nehmen von Celebes nach Neuseeland stufenweise
ab. Östlich und südöstlich von Neuguinea finden sich von Säugetieren außer Beuteltieren, die aber nicht weiter gehen
als auf das kontinentale Australien und Tasmanien, nur Fledermäuse (fliegende Hunde und in Neuseeland eine eigene echte Fledermaus
als einzig autochthones Säugetier) und einige wenige Mäuse, also fliegende und hochgradig polytrope Formen und
daneben noch ein, jedenfalls vom Menschen eingeführter und verwilderter Hund (der Dingo).
Ganz oben im Nordosten auf den Sandwichinseln mischen sich einige amerik. Elemente von Insekten und Reptilien bei, und manche
Beziehungen der Fauna der Region zur südamerikanischen sind unverkennbar, es wäre aber übereilt, hieraus auf einen Zusammenhang
der austral. Region mit Südamerika zu schließen. Solche Beziehungen finden sich öfter, so zwischen Südamerika
und Westafrika, Afrika und Indien, Ostnordamerika und Europa, Westnordamerika und Ostasien, aber sie sind noch nicht beweisend
für ein früheres Vorhandensein einer Atlantis oder einer Lemuria; derartige faunistische Anklänge können doch auch sonst
verschiedene Ursachen haben, sie können auf ein durch Zufälligkeiten, Wind, Meeresströmungen u. s. w.
veranlaßtes langsames Einwandern deuten, manche sind aber gewiß nur sozusagen scheinbar specialer, in Wahrheit aber allgemeiner
Natur. Es kann eine Gesellschaft von nahe verwandten Tierformen in der Vorwelt einst weit verbreitet gewesen sein, aber ihre
große Masse starb aus, und nur hier und dort auf der Erde hielten sich unter ihnen besonders zusagenden
Lebensbedingungen einige derselben, so daß man gegenwärtig einer wunderbar versprengten Verbreitung gegenübersteht, für
die aber häufig durch das Studium der fossilen Formen ein Verständnis zu erlangen ist. Es ist wahr, in der Jetztwelt leben
bloß in Südamerika und auf Malaka, Sumatra und Borneo Tapire, aber es ist, geologisch gesprochen, noch gar
nicht so lange her, daß sie auch Bestandteile der westeurop. Fauna ausmachten. Makis bewohnen zur Zeit nur das tropische
Afrika, Madagaskar und Ostindien mit seinen Inseln, aber wir kennen Verwandte von ihnen aus dem Eocän Nordamerikas und Frankreichs.
Nach der Eiszeit rückten eine Anzahl von Norden mit der Vergletscherung eingewanderte Formen in der nördl.
Erdhälfte in die hohen Gebirge hinanf und bildeten hier eine Reliktenfauna.
Weniger isoliert als die australische ist die neotropische Region (auf der Karte grün), bestehend aus dem ganzen kontinentalen
Südamerika nebst Westindien, den Galapagos, Falklandinseln,