der Oberflächentemperaturen (die auf den Weltmeeren zwischen +30° und -3° schwanken). Als
Ursache der niedrigen Bodentemperaturen
nimmt man eine allmähliche
Bewegung der Bodenwassermassen von den
Polen nach dem
Äquator hin an; am
Äquator dringt das kalte
Bodenwasser bis nahe an die Oberfläche hinan.
Litteratur. E. Forbes, Distribution of marine life (Edinb. 1854);
Ch. W.
Thomson, The depths of the sea
(Lond. 1873);
Deap sea soundings in the
NorthPacific Ocean, obtained in the U.S. steamer
Tuscarora (Wash. 1874);
Sir W.
Thomson,
The
Atlantic. A preliminary account of the general results of the exploring voyage of H.M.S.
Challenger (Lond. 1877);
A.
S.
Barker, Deep sea sounding (Neuyork
[* 2] 1892);
Albert I., Fürst von Monaco,
[* 3] Zur Erforschung der
Meere und ihrer Bewohner
(Wien
[* 4] 1891; deutsch von E. von Marenzeller);
Vgl. auch Petermanns Mitteilungen; Maury, Explanations and sailing directions (Wash.
1858);
die von der
Deutschen Seewarte herausgegebenen Segelhandbücher für den Atlantischen Ocean (1885), für
den
Indischen Ocean (1892) und für den
Stillen Ocean (1895) mit je einem
Atlas,
[* 5] sowie die beim
ArtikelMeer angegebene Litteratur.
Das Wesen und
Treiben von in bedeutendem
Tiefen des
Meers hausenden Organismen hat
man erst in neuester Zeit angefangen besser kennen zu lernen. Es ist selbstverständlich, daß die hier vorhandenen eigenartigen
Verhältnisse auch in besonderer Art auf die Organismen zurückwirken müssen. Da ist zunächst der Druck zu berücksichtigen,
der bei 1800 m schon 200
Atmosphären beträgt, und doch leben noch bei 5000 m unter anderm ansehnliche
Fische.
[* 6] Ferner gestalten sich die Verhältnisse der
Temperatur auf dem
Boden des tiefen
Meers teilweise sehr eigentümlich:
so ist auf drei Viertel des ganzen
Bodens des Atlantischen Oceans und zwar bei einer
Tiefe von mehr als 3650
m eine
nahezu gleichmäßige
Temperatur von 1,8° C. Das
Tageslicht dringt bis zu einer
Tiefe von 400 m ein, ist aber hier nur noch
mit Hilfe sehr empfindlicher photogr. Vorrichtungen nachweisbar. Es sind bei einer solchen
Tiefe die wenigen
Lichtstrahlen
nicht mehr im stande, pflanzliches Leben zu erhalten, das von etwa 200 m ab aufhört.
In den meisten
Teilen
der Tiefsee wird ruhiges Wasser oder doch nur solches mit für Organismen unmerklicher
Bewegung sein, der Einfluß der bewegten
Luft und der
Brandung berührt nur die Oberfläche des
Meers, und die ausgesprochenen raschern Tiefseeströmungen sind lokalisiert.
Die
Tafel: Tiefseeleben zeigt eine Reihe von Repräsentanten des Tiefseeleben und zwar aus verschiedenen
Klassen und Ordnungen. Die abgebildeten Schwämme
[* 7] sind, abgesehen von einer schönen Monaktinellide (Chondrocladia virgata
Deud.,
[* 1]
Fig. 6, natürliche
Größe 20-40 cm, von der
Straße vonGibraltar
[* 8] aus einer
Tiefe von 924 m), lauter
Glasschwämme (s.d.)
oder Hexaktinelliden, nämlich: Pheronema Carpenteri Leidy
[* 1]
(Fig. 1, natürliche
Größe 20 cm), das sehr weit verbreitet ist, Hyalonema Sieboldii Gray
[* 1]
(Fig. 2, natürliche
Größe bis 60 cm), Semperella Schultzei
Semp.
[* 1]
(Fig. 3, natürliche
Größe bis über 60 cm) aus dem
Indischen Ocean, der schüsselförmige
feste Dactylocalyx pumiceus
Bowerb.
[* 1]
(Fig. 4, natürliche
Größe 16 cm im Durchmesser) und der gleichfalls
feste, aber wie ein überreifter
Busch aussehende Sclerothamnus Clausii Marsh.
[* 1]
(Fig. 5, natürliche
Größe bis 70 cm). Von andern Cölenteraten bewohnen merkwürdige
Korallen
[* 9] die Tiefsee, auch Seeanemonen,
wie im Atlantischen Ocean bei einer
Tiefe von 3000 m die weiße, mit rosenroten
Tentakeln geschmückte Actinotheca pellucida
Filh.
[* 1]
(Fig. 7), ferner Quallen, von denen Pecanthis asteroïdesAgass.
[* 1]
(Fig. 8) eine auf dem
Boden kriechende
Form ist, während Drymonema Victoria
[* 10] Perr.
[* 1]
(Fig. 9) frei schwimmt.
Sehr merkwürdig sind die
Stachelhäuter
[* 11] der
Tiefe: zunächst sind fast alle Crinoiden bathybische
Tiere;
weiter haben aber
namentlich die
Franzosen auf ihrer Expedition desTalisman sehr seltsame Formen von Holothurien
[* 12] (s. d.)
aufgefunden. Da sind zunächst, wie es scheint, unbewegliche, festbepanzerte Formen, wie Ypsliothuria attenuata Perr.,
[* 1]
Fig. 10 (in Wahrheit nur 17
mm hoch), eigentümlich U-artig gebogen, und die flaschenförmige Rhopaladonia Heurteli Perr.
[* 1]
(Fig. 11,4 cm hoch), bei welcher Mund- und Afteröffnung oben am Flaschenhalse sich
befinden.
Ebenso fremdartig sind die kriechenden
Arten: Oneirophanta mutabilis
Wyv.
Thoms.
[* 1]
(Fig. 12, aus einer
Tiefe von 5000 m)
sieht aus wie eine Meeresnacktschnecke oder eine abenteuerliche Tagfalterraupe, nur die Füßchen ihrer
Gleitfläche sind
entwickelt, aber ihr Körper besitzt oben und an den Seiten dünne, zapfenförmige
Anhänge, die wohl als
Kiemen funktionieren. Euphronides Talismani Perr.
[* 1]
(Fig. 13) gleicht einer verzeichneten
Maus und Peniagone rosea Perr.
[* 1]
(Fig. 14) ist nicht weniger ungewöhnlich. Am sonderbarsten aber durch einen großen segelartigen
Anhang am Kopfende ist der stattliche 28 cm lang werdende Psychropotes buglossa
Wyv.
Thoms.
[* 1]
(Fig. 15), welcher 14 Paar Füßchen
besitzt und in manchen
Teilen des Atlantischen Oceans bei einer
Tiefe von 4000 m häufig ist.
Manche der Seesterne
[* 13] zeichnen sich durch zierliche Gestalt und zarte Färbung und
Skulptur aus; so sind die
Arme von Styracaster
spinosusAgass.
[* 1]
(Fig. 16) wie mit weißen durchscheinenden Porzellanplättchen eingefaßt und Hymenaster
rexAgass.
[* 1]
(Fig. 17) hat eine Art zeltförmige Rückenhaut mit einer Öffnung,
die mittels fünf
Klappen geöffnet oder geschlossen werden kann, und durch die Wasser einzutreten vermag. Auch die
Krebse
der Tiefsee bieten manches Eigentümliche und Interessante.
Arcturus Baffini Newm.
[* 1]
(Fig. 18) ist eine abenteuerliche
Assel
von 7 cm Körperlänge, die ihre
Jungen an ihrem zweiten enorm verlängerten Antennenpaare mit sich herumträgt.
Der hochrote Nematocarcinus gracilipes Filh.
[* 1]
(Fig. 19) hat ungefähr eine Leibeslänge von 6 bis 7 cm,
aber sowohl seine Extremitäten, wie namentlich seine Fühlerpaare sind ungemein verlängert, und wenn er mit diesen Körperanhängen
ausgebreitet im Wasser schwebt, beherrscht er ein sehr ausgedehntes Gebiet, in dem er die leiseste, durch
ein anderes nahendes
Tier hervorgebrachte Erschütterung empfinden wird. Nicht zu den
Krebsen, sondern zu den
Spinnentieren
und zwar zu den Seespinnen (s.
Asselspinnen) gehören Colossendeïs
Titan Perr.
[* 1]
(Fig.
20) und Nymphon robustumAgass.
[* 1]
(Fig. 21). Ersterer (in der
[* 1]
Figur in natürlicher
Größe dargestellt)
ist ein
Riese seiner
Sippe, welcher, von durchscheinend bernsteingelber
Farbe, auf dem
¶
mehr
Meeresboden in einer Tiefe von 4000 m wie ein Wandkanker umherstelzt; letzterer (auch natürliche Größe in der
[* 14]
Figur) scheint
in gewissen Tiefen sehr häufig zu sein. Die bathybischen Mollusken
[* 15] sind weder durch Färbung, Größe, noch anatom. Verhältnisse
auffallend, aber sie sind dadurch merkwürdig, daß sie eine sehr weite Verbreitung haben und Repräsentanten
sonst ausgestorbener Geschlechter unter sich zählen. Tunikaten oder Manteltiere sind in großen Meerestiefen selten, nur
die einfachen Ascidien (s. Seescheiden), wie Bolzenia pedunculata
[* 14]
(Fig. 22) eine
ist, gehen beträchtlich tief.
Von hervorragendem Interesse sind die Tiefseefische. Eustomias obscurus Günth.
[* 14]
(Fig. 23) wurde
von den Franzosen im Nordatlantischen Ocean bei 2700 m gefunden, er ist etwa 18 cm lang, mit glatter sammetschwarzer
Haut;
[* 16] an seiner Kehle befindet sich ein etwa 6 cm langer, zarter, weißer Faden
[* 17] mit einer gefiederten Anschwellung, der wahrscheinlich
ein sehr feines Tastorgan ist. Die Flossen sind sehr wenig ausgebildet, bestehen bloß aus zarten Strahlen, der
Fisch ist auch kein Schwimmer, sondern ein Schlammbewohner.
Eine der bizarrsten Tiergestalten ist das «pelikanähnliche Weitmaul»,
Eurypharnyx pelecanoides Perr.
[* 14]
(Fig. 24), das sich mit nichts besser vergleichen läßt als mit einem schwimmenden Löffel; auch
dies lebt bei einer Tiefe von 2300 m, wie scheint in den Schlamm eingebohrt, aus dem nichts als sein weites
Maul hervorragt. Seine Länge beträgt 50 cm, seine gleichfalls sammetschwarze Haut ist glatt, an seinem ungeheuern Maul verläuft
entlang dem vordern Ende des Körpers und entlang dem Kopfe zum Oberkiefer eine dehnbare Hautfalte, unten findet sich ein
zwischen den Ästen des mit seinen Enden weit nach hinten geschobenen Unterkiefers aufgehängter elastischer
Sack.
Auch seine Bewegungsorgane sind in hohem Grade rückgebildet. Ein schöner eleganter Fisch mit großbeschuppter Haut und daher
wohl kein Schlammbewohner ist Halosaurus macrochir. Günth.
[* 14]
(Fig. 25), glatt aber ist wieder das
prachtvoll schwarze Neostoma bathyphilum Günth.
[* 14]
(Fig. 26), ungefähr 26 cm lang und bei
den Azoren in einer Tiefe von 2220 m entdeckt. Ein wunderliches Tier mit seinem großäugigen gewaltigen Kopfe, seinem kurzen
Leibe und langen flachen Schwänze, mit seinen gering entwickelten Gliedmaßen und seiner eigentümlichen Beschuppung, ist
auch der kugelköpfige Langschwanz (Macrurus globiceps Günth.
[* 14]
(Fig. 27), der im Atlantischen Ocean
zwischen 1400 und 3000 m haust.
Ein Schlammbewohner ist Melanocetus Johnstoni Wyv. Thoms.
[* 14]
(Fig. 28), 14-16 cm lang, mit ungeheuerm Maul und ungeheuerm Bauch
[* 18] und einem vielleicht zum Anlocken anderer Fische dienenden beweglichen Apparat auf der Stirn. Schon seit längerer Zeit bekannt
ist Stomias boa Risso
[* 14]
(Fig. 29), der auch im Mittelmeer in bedeutenden Tiefen vorkommt. Abgesehen von einem
Fadenanhang am Kinn hat er entlang der Kehle und des Bauches jederseits eine Doppelreihe eigentümlicher glänzender Plättchen,
die oberhalb sehr nervenreicher Gruben liegen und zusammen mit diesen überaus wunderbare Gebilde darstellen, die vielfach
an Augen erinnern und früher auch dafür gehalten worden sind, während man sie jetzt als Leuchtorgane
kennen gelernt hat.