beiden Ostgaue am reichsten vertreten und nehmen nach Nordwest mehr und mehr ab. Über die Verbreitung der übrigen Insektenordnungen läßt sich kaum etwas Allgemeines sagen.
Von den Krustentieren hat bezüglich seiner Verbreitung in Deutschland [* 2] bloß der Flußkrebs allgemeines Interesse. Er findet sich in zwei Formen: als Steinkrebs bloß im südwestlichen Teile und als Edelkrebs im engeren Sinne im übrigen Deutschland.
Von Würmern sei bloß einiger Eingeweidewürmer des Menschen gedacht. Der breite Bandwurm [* 3] findet sich in den Küstenländern der Nord- und Ostsee und in der Umgebung des Starnberger Sees. Der bewaffnete Bandwurm (Taenia solium L.) herrscht im nördl., der unbewaffnete (Taenia saginata Goetze) im südl. Deutschland vor, da hier häufiger rohes Rind-, dort häufiger rohes Schweinefleisch von der Masse der Bevölkerung [* 4] genossen wird. Dem letztern Umstande ist es zuzuschreiben, daß Erkrankungen an Trichinose nördlich vom Main im Verhältnis zur Einwohnerzahl viel häufiger vorkommen als südlich von diesem Flusse.
Die Verbreitung der übrigen Gruppen der wilden Land- und Süßwassertiere in Deutschland hat wenig allgemeines Interesse, mehr die des Großviehs. Die Rinderzucht wird am stärksten in Schlesien [* 5] im südwestl. Teil des Kreises Neisse [* 6] betrieben (7-8000 Stück auf eine geogr. Quadratmeile), dann folgt (durchschnittlich über 3200 Stück auf die geogr. Quadratmeile) das Gebiet zwischen Donau und Inn südöstlich von Straubing, [* 7] der mittlere Teil von Schwaben vom Allgäu bis in die Ulmer Gegend um Gmünd, [* 8] Heilbronn, [* 9] Ludwigsburg, [* 10] Eßlingen [* 11] bis Tübingen, [* 12] um Eupen [* 13] im Rheinland, an der Wesermündung und um Wesselburen in Schleswig-Holstein. [* 14] Die schwächste Rindviehzucht (bis 800 auf die geogr. Quadratmeile) findet auf dem Harz, in der Lüneburger [* 15] Heide, in der Mark und in Pommern [* 16] statt.
Schafzucht ist am stärksten (über 7000 Stück auf die geogr. Quadratmeile) entwickelt in der Gegen nördlich vom Harz um Liebenburg, auf Rügen, um Greifswald, [* 17] Prenzlau, [* 18] östlich einer Linie von Kolberg [* 19] bis Stargard [* 20] bis zu einer Linie von Köslin [* 21] bis Arnswalde, um Wongrowitz und Wreschen in Posen [* 22] und um Strehlen [* 23] in Schlesien. Die wenigsten Schafe [* 24] (bis 1000 Stück auf die geogr. Quadratmeile) zieht man im Rheinland, Elsaß-Lothringen, [* 25] in der Pfalz, Baden, [* 26] Schwaben, Oberfranken und Schleswig-Holstein.
Die stärkste Schweinezucht (bis 1600 Stück auf die geogr. Quadratmeile) hat die goldene Aue, die Gegend östlich von Weimar [* 27] und Bernburg, [* 28] um Halle, [* 29] Altenburg, [* 30] Merseburg, [* 31] die Amtshauptmannnschaft Leipzig [* 32] und der nordwestl. Teil der Amtshauptmannschaft Dresden, [* 33] ferner Elsaß in dem Landstrich zwischen Mosel und Saar, die Gegen zwischen Krefeld, [* 34] Geldern und Wesel, [* 35] zwischen Magdeburg [* 36] und Halberstadt [* 37] und einige Striche im Großherzogtum Baden (um Heidelberg, [* 38] Karlsruhe [* 39] und Offenburg). [* 40] Die wenigsten Schweine [* 41] (bis 400 Stück auf die Quadratmeile) zieht man im Allgäu und Oberbayern, in Schlesien, Ostfriesland, in Pommern um Bütow und Konitz, [* 42] in Ostpreußen [* 43] zwischen Soldau und Lyck [* 44] und in Schleswig. [* 45]
Die Pferdezucht [* 46] ist am blühendsten (über 7000 Stück auf die geogr. Quadratmeile) um Straßburg, [* 47] Metz, [* 48] Dortmund, [* 49] Bremen, [* 50] an der Elbmündung, südöstlich von Freising [* 51] in Bayern, [* 52] im Weichseldelta, bei Königsberg, [* 53] Tilsit, [* 54] Rössel und Melkehmen in Ostpreußen. Die wenigsten Pferde [* 55] (unter 1000 Stück auf die geogr. Meile) zieht man in der Gegend der Eifel, des Westerwaldes, in der Lüneburger Heide, im südl. Thüringen, in der Gegend des Spessart und der Rhön und im größten Teil von Oberfranken.
Die Fauna der beiden deutschen Meere ist sehr verschieden, die der Ostsee in ihren einzelnen Teilen gleichfalls, hier findet eine allmähliche Abnahme von Westen nach Osten zu statt. Die in der deutschen Ost- und Nordsee vorkommenden Waltiere sind wohl alle teils Irrgäste teils regelmäßige Besucher, es ist aber unwahrscheinlich, daß irgend eine Art hier heckt. Der gemeine Seehund ist in der Nordsee und namentlich in der Ostsee sehr häufig, und thut in der letzteren den Fischern beträchtlichen Schaden.
Auch die Kegelrobbe (Halichoerus grypus Nilss.) findet sich in beiden. Fische [* 56] finden sich in der Nordsee (um Helgoland) [* 57] 70 Arten, davon sind 20 als Gäste zu betrachten, unter ihnen sehr selten der bunte Lippfisch (Labrus mixtus Kroyer), der Heringskönig (Zeus [* 58] faber L.), der Thunfisch und der Seebarsch. Seltenere Standfische sind 22 Arten, unter ihnen der gemeine Knurrhahn oder die Seeschwalbe, der Hornhecht, der Froschdorsch (Raniceps ranius L.), der wundervolle Leierfisch (Callionymus lyra L.).
Häufige Standfische sind 28 Arten, darunter der Seehase, der Dorsch, der gemeine Schellfisch, der Wittling (Gadus merlangus L.), der ungeheuer häufige, als Fischköder benutzte kleine Sandaal, der Steinbutt, der Glattbutt, die gemeine Scholle, die Kliesche, die gemeine Seezunge, das Lanzettfischchen. In der westl. Ostsee kommen 69 Fischarten vor, aber 35 davon, also mehr als die Hälfte, sind bloß Gäste. Gemeinsam der Fischfauna Helgolands und der westl. Ostsee sind 14 Arten, darunter der Heringskönig, der Leierfisch, das Lanzettfischchen u.s.w.
Nur in der westl. Ostsee treten 19 Arten auf, aber es sind meist nur Irrgäste, die zufällig in die Ostsee geraten sind und ebenso gut auch einmal bei Helgoland könnten gefangen werden, so der Schwertfisch, die Brachsenmakrele (Brama Rayi Bloch,), der Mondfisch u. a. m. Doch finden sich in der That in der Ostsee ein Paar Standfische, die der Nordsee durchaus zu fehlen scheinen. Es sind das arktische Fische, die vielleicht entlang der skandinav. Westküste, durch das Kattegatt, die Belte oder den Sund von Norden [* 59] her eingewandert sind, vielleicht aber auch auf einen uralten unmittelbaren Zusammenhang der Ostsee mit dem Weißen Meer hindeuten.
Die deutsche Nordsee ist viel ärmer an solchen Fischen, die wie Heringe und Sprotten an der Oberfläche des Wassers leben. In der westl. Ostsee sind, abgesehen von den oberflächlichen und mittleren Schichten des freien Wassers, die flachen, pflanzenbewachsenen Küstenstriche am reichsten an Fischen, jenseits dieser Striche ist aber der Boden des Meeres sehr fischarm. Bei Helgoland liegt die Sache genau umgekehrt; hier sind die Grundfische bei weitem am zahlreichsten. Die letzte Ursache dafür ist, daß im Helgoländer Gebiet das Seewasser einen höheren Salzgehalt als in der westl. Ostsee hat, hierdurch können sich dort grundbewohnende, schalentragende Weichtiere weit besser entwickeln, die ihrerseits die Hauptnahrung zahlreicher Grundfische ausmachen.
In der mittleren Ostsee, an den preuß. Küsten wird die Fischfauna ärmer, da sich hier nur noch 24 maritime Standfische finden. In den Haffen tritt eine ¶
gemischte Fischfauna auf, indem sich hier neben Formen des Meeres auch solche des süßen Wassers einstellen. Bei Helgoland sind 117 lebende Weichtiere beobachtet worden, davon sind 46 Muscheln, [* 61] 2 Käferschnecken, 30 Vorderkiemer, 37 Hinterkiemer und 2 Kopffüßer. Bei Kiel [* 62] sind 62 Mollusken [* 63] aufgefunden, nämlich 23 Muscheln, 1 Käferschnecke, 17 Vorder- und 21 Hinterkiemer, aber keine Kopffüßer. Von den letztern wurde aber eine Art (jedenfalls versprengt) in der Travemünder Bucht beobachtet.
Austern finden sich nicht in der Ostsee. In der deutschen Nordsee liegen zunächst Bänke 4 Seemeilen ostsüdöstlich von Helgoland in einer durchschnittlichen Tiefe von 25 m. Ferner sind zahlreiche (45) Austernbänke [* 64] hinter den Nordfriesischen Inseln von Röm im Norden bis Südfall vor Husum [* 65] im Süden. Die Miesmuschel und die eßbare Herzmuschel sind im Wattenmeer weit häufiger als in Helgoland, erstere findet sich auch massenhaft in der westl. Ostsee, geht aber auch in die östliche, wobei sie an Größe immer mehr abnimmt. So messen die größten Exemplare aus der Kieler Bucht 9, aus dem Meer von Memel [* 66] bloß 5 cm. Der Hummer ist auch erst mit der Gewinnung Helgolands der deutschen Fauna einverleibt worden, da er sich weder in der südl. und östl. Nordsee noch in der Ostsee findet.
Der gemeine Taschenkrebs wird auch in der Nordsee angetroffen, wo er sehr gemein ist. Die gemeine Krabbe [* 67] (Carcinus moenas Penn.) ist auch in der westl. Hälfte der Ostsee keine Seltenheit. Im Wattenmeer findet sich massenhaft die Garneele (Crangon vulgaris Fabr.) sowie der kleine und der große Garnat (Palaemon serratus Penn. und squilla L.), von denen bloß der letztere auch in die Ostsee geht. Gleichfalls im Wattenmeer ist der Sandwurm oder Pier, ein wichtiges Tier als Angelköder, ungeheuer häufig. Von Stachelhäutern sind aus der deutschen Nordsee bekannt: 9 Arten Schlangensterne, 7 Arten Seesterne, [* 68] 9 Arten Seeigel und 4 Arten Seewalzen. Die ganze Tierklasse ist nur in den westlichen Teilen der Ostsee sehr spärlich vertreten durch einen Seeigel, einen oder zwei Schlangensterne und den großen roten Seestern (Astropecten rubens L.).
Von den verschiedenen Quallenarten der Nordsee findet sich hauptsächlich und sehr häufig eine, die gemeine Ohrenqualle, durch die ganze Ostsee.
Litteratur. Allgemeines: Leydig, Verbreitung der Tiere im Röhngebrige und Maintal u. s. w. (in den «Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins Rheinland und Westfalens», 38 Jahrg., oder 4. Folge, 8. Jahrg., Bonn [* 69] 1881);
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Wirbeltiere überhaupt: Brehms Tierleben (3. Aufl., Bd. 1-8, Lpz. 1890-92).
Säugetiere: Blasius, Naturgeschichte der Säugetiere Deutschlands [* 70] (Braunschw. 1857).
Vögel: [* 71] Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands (Bd. 1-12, Lpz. 1820-44; Bd. 12, fortgesetzt von Blasius u.a. 1846-60; neue Ausg., hg von Hennicke, Gera [* 72] 1896 fg.);
Gloger, Vollständiges Handbuch der Naturgeschichte der Vögel Europas (Tl. 1, Bresl. 1834);
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Marshall, Deutschlands Vogelwelt im Wechsel der Zeiten (Hamb. 1886);
Gätke, Die Vogelwarte Helgoland (Braunschw. 1891).
Reptilien: Leydig, Die in Deutschland lebenden Saurier (Tüb. 1871).
Amphibien: Knauer, Naturgeschichte der Lurche [* 73] (Wien [* 74] 1878);
Leydig, Anure Batrachier der deutschen Fauna (Bonn 1878);
ders., Die Molche der württemb.
Fauna (Berl. 1868).
Fische: Th. von Siebold, Die Süßwasserfische von Mitteleuropa (Lpz. 1863);
Benecke, Fische, Fischerei [* 75] und Fischzucht in Ost- und Westpreußen (Königsb. 1881);
Heincke, die Fische (in Martins «Illustrierter Naturgeschichte der Tiere» (Bd. 2, Abteil. 1, Lpz. 1882);
Möbius und Heincke, Die Fische der Ostsee (Berl. 1883).
Gliederfüßer: A. und Aug. Speyer,
[* 76] Die geogr. Verbreitung der Schmetterlinge
[* 77] in Deutschland und der Schweiz
[* 78] (2 Tle., Lpz. 1885); Erläuterungen
Hofmann, die Isoporien der europ.
Tagfalter (Jena
[* 79] 1873); Naturgeschichte der Insekten
[* 80] Deutschlands. Käfer,
[* 81] begonnen von Erichson, fortgesetzt von Schaum, Kraatz,
Kiesenwetter u. a. m. (Berlin,
[* 82] von 1848 an);
Erichson, Die Käfer der Mark Brandenburg (Bd. 1, Abteil. 1 u. 2, ebd. 1837-39; Taschenberg, Die Hymenopteren Deutschlands (Leipzig 1866);
Meigen, Systematische Beschreibung europ. zweiflügeliger Insekten (7 Tle., Hamm [* 83] 1818-38);
Schiner, Fauna austriaca.
Die Fliegen [* 84] (2 Bde., Wien 1862-64): Latzel, Die Myriopoden der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (ebd. 1880-84);
Hahn [* 85] und Koch, Die Arachniden u. s. w. (Nürnb. 1831-49);
Ohlert, Preuß. Spinnen [* 86] (in den «Verhandlungen des Zoologisch-Botanischen Vereins, Wien», Bd. 4, 1854).
Weichtiere: Elessin, Deutsche [* 87] Exkursions-Mollusken-Fauna (2. Aufl., Nürnb. 1884-85);
H. A. Meyer und Möbius, Fauna der Kieler Bucht.
Bd, 1: Die Hinterkiemer. Bd. 2 Die Protobranchiea und Lamellibranchia (Lpz. 1865-72).
Eingeweidewürmer: Leuckart, Die Parasiten des Menschen (2. Aufl., Lpz. 1879 fg.).
Süßwassertiere überhaupt: Zacharias, Die Tier- und Pflanzenwelt des Süßwassers (Lpz. 1891).
Seetiere überhaupt: Die wirbellosen Tiere der Ostsee (von Möbius u. a. im «Jahresbericht der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere», Berl. 1873);
Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, hg. von der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel und der Biologischen Anstalt auf Helgoland (von Heincke u. a., Kiel und Lpz. 1894 fg). ¶