Tiberiassee - Tiberius (Claudius Nero, röm. Kaiser)
mehr
Vertreter hier die Mischna (s.
Talmud) zusammenstellten. Der Normannenfürst
Tankred setzte sich 1099 in Tiberias fest und wurde
zum Fürsten von Galiläa ernannt. Doch schon fiel die Citadelle von in die
Hände des siegreichen
Saladin. Die
Mauern
der jetzigen Stadt wurden durch den Scheich Dahirel-Amr um 1750 wiederhergestellt. Durch die
Erdbeben
[* 2] von 1759 und 1837 wurde Tiberias stark verwüstet. In der neuesten Zeit beginnt sich Tiberias wieder zu heben,
besonders der Besuch der heißen
Quellen (el-Hammi) im
Süden von der Stadt.
ClaudiusNero, röm.
Kaiser (14-37 n. Chr.), geb. 42
v. Chr. als der ältere Sohn der Livia Drusilla aus ihrer
ersten
Ehe mit seinem gleichnamigen
Vater. Als Livia 38 Oktavian heiratete, blieb Tiberius mit seinem
Bruder Drusus
im Hause des
Vaters, bis dieser 34 starb. Dann wurden er und Drusus als Stiefsöhne in Oktavians Hause erzogen.
Früh schon
zeigte Tiberius bedeutende, namentlich kriegerische Fähigkeiten, zugleich brennenden Ehrgeiz, einen stolzen, verschlossenen,
ernsten Charakter, der sich auch in seinen Zügen und in der Haltung seines großen und kräftigen Körpers
kundgab.
Nachdem er als
Tribun in
Spanien
[* 5] gegen die
Asturer und
Cantabrer gedient hatte, wurde er 20 als Feldherr abgesandt, den
Tigranes
als König in
Armenien einzusetzen. 15
v. Chr. unterwarf er mit Drusus die Rhätier und Vindelicier; 13 bekleidete
er zum erstenmal das
Konsulat. Tiberius
war in glücklicher
Ehe verheiratet mit Vipsania
Agrippina, einer Tochter des
Agrippa. Da zwang
ihn 12
Augustus nach
AgrippasTode aus dynastischen Rücksichten diese
Ehe zu lösen und
AgrippasWitwe zweiter
Ehe, des
Kaisers
Tochter Julia (s. d.), zu heiraten (11
v. Chr.). Im J. 9 unterdrückte Tiberius den
Aufstand der Pannonier und
Dalmatier; nach seines
Bruders Drusus
Tode im J. 8 war er in
Germanien
[* 6] thätig. Im J. 6 wurde ihm die tribunizische Gewalt auf
fünf Jahre und damit eine gewisse
Anwartschaft auf den
Thron
[* 7] verliehen; zugleich erhielt er den
Auftrag,
Armenien den Parthern zu entreißen. Tiberius lehnte unter dem Vorwand, daß seine Gesundheit angegriffen sei,
ab und begab sich in eine Art freiwilliger
Verbannung nach Rhodus, wo er mehrere Jahre, mit griech. Litteratur und
Astrologie
[* 8] beschäftigt, verlebte.
Die wahren
Gründe seiner Entfernung vom
Hofe waren das Gefühl der Zurücksetzung gegenüber seinen Stiefsöhnen
Gajus und
LuciusCäsar und das unerträgliche Verhältnis zu seiner Gattin Julia.
Endlich wurde ihm 2 n. Chr. durch Livia,
der Julias
Sturz gelungen war, die Rückkehr nach
Rom
[* 9] ausgewirkt, und 4 n. Chr. brachte sie ihren Gemahl dazu, Tiberius trotz
seiner
Abneigung gegen ihn zu adoptieren. Zugleich freilich adoptierte
Augustus auch seinen einzigen noch
lebenden Enkel
Agrippa Postumus, und Tiberius selbst mußte seines
Bruders Drusus Sohn
Germanicus (s. d.) an
Sohnes Statt annehmen.
Tiberius erhielt damals wieder die tribunizische Gewalt auf fünf oder wahrscheinlich gleich auf zehn Jahre. Im J. 5 befehligte
er in
Germanien und drang bis zur
Elbe vor; dann beschäftigte ihn und
Germanicus die Niederwerfung eines
neuen gefährlichen
Aufstandes der Pannonier und Dalmatier.
Nach
Varus'
Niederlage (9) sicherte Tiberius bis zum J. 11 abermals die Rheingrenze. Währenddessen war
Agrippa Postumus seines ungezügelten
rohen Wesens wegen, vielleicht unter Livias Einwirkung, verbannt worden. So blieb Tiberius der einzige
Thronerbe; 13 wurde ihm auf Lebenszeit die tribunizische und die prokonsularische und zugleich die censorische Regierungsgewalt
und damit die Mitregentschaft verliehen.
Augustus hatte jetzt endlich seinen Wert erkannt. Als bald darauf 14
Augustus starb,
wurde Tiberius vom Senat nach einigem Zögern als
Kaiser anerkannt.
Agrippa Postumus ward jedenfalls mit Tiberius'
Wissen
beseitigt. Ein Militäraufstand der pannonischen und german.
Legionen, die die Gelegenheit zur Erlangung günstigerer Dienstverhältnisse
benutzen wollten, fand durch Tiberius' Sohn Drusus mit dem einen Gardecommandeur Sejanus und durch
Germanicus rasche Unterdrückung.
Tiberius' Regierung bietet das
Bild einer musterhaften, einheitlichen
Verwaltung des gesamten
RömischenReichs. Dem Dienste
[* 10] desStaates
hat sich Tiberius mit rastloser selbstloser
Energie und weitem staatsmännischem
Blick gewidmet. Die auswärtigen und militär. Verhältnisse
traten zurück. Abgesehen von den im ganzen erfolglosen demonstrativen Zügen des
Germanicus nach
Deutschland
[* 11] (14-16 n.Chr.),
abgesehen von kleinern
Aufständen in
Gallien,
Thrazien und
Afrika
[* 12] (Tacfarinas), hat Ruhe geherrscht.
Seine Erfolge nach auswärts
(Deutschland,
Armenien) verdankte Tiberius wesentlich seiner ^[überzähliges Wort:
seinen]
Diplomatie. Im Innern ist Tiberius der Vollender und Ausgestalter des von
Augustus geschaffenen Principats. (S.
Rom [unter
den
Kaisern].) Mehr noch als
Augustus widmete Tiberius seine Fürsorge den in der Republik arg vernachlässigten
Provinzen. Eine vorzügliche,
geordnete Finanzverwaltung gab ihm dafür die
Mittel: der
Staatsschatz betrug bei seinem
Tode 2700 Mill.
Sesterzien (an 600 Mill. M.).
Die Gesetze gegen Verletzung der Majestät wurden streng gehandhabt, ein ganzer
Stand von Angebern (Delatoren) bildete sich
aus und namentlich aus dem hohen republikanisch gesinnten
Adel fielen zahlreiche Opfer. Nirgends fand Tiberius für sein ehrliches
Wollen und
ArbeitenAnerkennung, sondern selbst in der eigenen Familie Haß,
Widerstand und
Intrigue. Sein einziger Sohn Drusus,
der natürliche Thronerbe, starb eines plötzlichen
Todes, wie Tiberius später erfahren mußte, vergiftet durch den Gardepräfekten
Älius Sejanus (s. d.). Während Tiberius sich 26 vollständig in
die Einsamkeit nach
Capri
[* 13] zurückzog, überließ er Sejanus fast die ganze Regierung.
Ihm fällt die systematische Verschärfung des Verhältnisses zwischen Tiberius und
Germanicus'
Witwe, der ältern
Agrippina, und
deren
Söhnen (Nero, Drusus), die mit dem traurigen
TodeAgrippinas, des Nero und Drusus endete, zur Last. Sejans Verrat und
Sturz (31) veranlaßte Tiberius zu einem erneuten furchtbaren Gericht.
Rom hat er seit dem J. 26 nicht wieder
gesehen; er blieb in
Capri. Die raffinierten Ausschweifungen, die ihm dort zugeschrieben werden, sind nur der Niederschlag
des Klatsches der gegen ihn erbitterten röm.
Aristokratie. Bei einem Ausfluge nach
Kap Misenum starb an einer ihn plötzlich
überfallenden
Krankheit (die Gerüchte von seinem gewaltsamen
Tode sind unwahr) 16. März 37 n. Chr. Tiberius hinterließ,
wie
Augustus, Memoiren, die aber bis auf ein geringes Fragment verloren sind. Sein Leben beschrieben
Tacitus und Sueton.
¶
mehr
821 Eine genügende moderne Biographie des Tiberius fehlt noch. Von der ältern Litteratur (vgl. Gentile, L'imperatoreTiberio secondo la moderna critica storica, Mail. 1887) verdienen Erwähnung nur Sievers, Tacitus und Tiberius (Hamburger Gymnasialprogramm,
1850–51 fg., und in den «Studien zur Geschichte der röm. Kaiser», Berl. 1870), und Stahr, Tiberius (ebd.
1863; 2. Aufl. 1873); Stahrs seinerzeit vielgenanntes Buch ist eine oberflächliche Arbeit, die eine Rettung auch des Menschen
um jeden Preis anstrebt und höchstens das Verdienst hat, das größere Publikum auf Tiberius' große Eigenschaften
hingewiesen zu haben.