ähnliche
Bahnen wie
Wieland: durch sorgfältig gepflegte Form, durch kaustischen Witz in franz.
Geschmack, durch die
Anschauungen
moderner
Aufklärung suchte er die adlige Gesellschaft für seine deutsche Schriftstellerei zu interessieren. Sein erstes
Werk, das komische
Heldengedicht in Prosa «Wilhelmine, oder der vermählte Pedant» (Lpz.
1764; neu hg. in Reclams «Universalbibliothek» und Stuttg. 1894 in den
«Deutschen Litteraturdenkmalen»,
Nr. 48),
erregte durch eleganten
Stil und sichere, mit überlegener Satire behandelte Gestaltung gut beobachteter Lebensverhältnisse
Aufsehen. In der poet. Erzählung
«Inokulation der Liebe» (Lpz. 1771) wird ein bedenklicher Scherz durch die leichte
Versifikation gemildert. Sein Hauptwerk ist die
«Reise in die mittäglichen
Provinzen von
Frankreich» (10
Bde., Lpz. 1791-1805),
ein Reiseroman in
Sternes Art, den er mit Rückerinnerungen aus seinen frühern
Reisen (1775-77) durchwebte
und von gemütvollem Ernst bis zum zügellosen Mutwillen schwanken läßt. «Der
heil.
Kilian und das Liebespaar» wurde nach T.s
Tode von Hempel herausgegeben (Lpz. 1818). Eine von ihm
selbst veranstaltete Sammlung seiner Werke erschien zu
Leipzig
[* 2] 1812 (6 Bde.; mit
GrunersBiographie T.s, 7 Bde., 1820; neue
Aufl., 8 Bde., Lpz.
1854-55).
1)
Bezirk im schweiz. Kanton Bern,
[* 3] hat (1888) 30 198 E., darunter 380 Katholiken,
in 29 Gemeinden. - 2) Thun, frz.
Thoune, Hauptstadt des
Bezirks Thun, am
Ausfluß
[* 4] der
Aare, die die Stadt in
zwei
Armen durchfließt, aus dem
Thuner See (s. d.), in 570 m Höhe, an den Linien
Bern-Thun (31 km) der
Schweiz.
[* 5]
Central- und Thun-Interlaken
(27 km) der
Jura-Simplon-Bahn, hat (1888) 5300 E., darunter 209 Katholiken, Post,
Telegraph,
[* 6] Fernsprecheinrichtung, altertümliche Häuser mit
Arkaden und
Terrassen, Rathaus mit
Bibliothek und
Archiv, eine eidgenössische
Militärschule für Offiziere und
Unteroffiziere, Progymnasium, Mädchensekundärschule, histor.
Museum im Schloß, Waisenhaus,
Bezirks- und Bürgerspital, Amtsersparniskasse, Spar- und Leihkasse, Filiale der Kantonalbank,
Gas- undWasserwerk.
Über der Stadt ein gewaltiger viereckiger
Turm
[* 7] mit vier Ecktürmchen, Rest des 1182 erbauten
Zähringen-Kyburger Schlosses, an den 1429 innerhalb der Ringmauern das Amtsschloß der
Berner Schultheißen angebaut wurde,
und die 1738 erbaute got.
Kirche. Thun ist der größte Waffenplatz der Eidgenossenschaft, namentlich für die
Artillerie, welche
auf der nahen
Allmend einen großen Schießplatz hat, und besitzt bedeutende Zeughäuser, eine Reitschule
und Pferderegieanstalt, Munitionsfabrik und Konstruktionswerkstätte; ferner bestehen Holzschnitzerei, Kunsttöpferei und
Majolikafabrikation, Schiefertafelfabrik, Kunstmühle, Ziegelei,
Handel mit
Käse, Leinwand, Sämereien und große Viehmärkte.
Der Fremdenverkehr der Stadt, die den Eingang ins
Berner Oberland bildet, ist bedeutend. Die schönsten Punkte der reizenden
Umgebung sind die Schlösser Schadau,
Chartreuse und Hünegg, der aussichtsreiche Jakobshübeli (640 m)
und der Waldpark des Grüsisberges mit der Kohlerenschlucht. -
Vgl. von Muralt, Führer durch Thun. (Thun 1865);
Roth, Thun und
seine Umgebungen (Bern
[* 8] 1873);
altes Geschlecht, dessen Stammhaus Thun im Pfarrbezirk
Vigo auf dem Nonsberge
im Fleimser
Thal
[* 9] (Südtirol) lag, so daß also das Geschlecht mit dem gleichnamigen
Schweizer Geschlecht nicht, wie angenommen wird, gemeinsame
Abkunft hatte. Durch die beiden
SöhneAntons von Thun (gest. 1522) wurden zwei seit 1604 freiherrliche Linien gegründet:
A. durch Lukas die ältere
(StammCastelThunn), gräflich seit 1629 und derzeit vertreten von
GrafLeopold
von Thun, geb. ital.
Unterpräfekt in
Susa; B. durch
Cyprian die jüngere
(StammCastel Brughier).
Cyprian hinterließ drei
Söhne, welche gleichfalls 1629 den Grafenstand erlangten. Von diesen war der älteste,
ChristophSimon
(gest. 1635 ohne
Kinder), der Erwerber der großen Besitzungen in
Böhmen,
[* 10] die hierauf an
JohannCyprian,
Grafen von Thun vererbten. Sein Zweig hat sich durch Fideïkommißinstitut vom in drei Majorate geteilt:
1) Das Majorat Klösterle, gegenwärtig vertreten durch
Graf Oswald, geb. k. k. Kämmerer, Geheimrat und erbliches
Mitglied des Herrenhauses. Von seinen
Vorfahren machte sich
GrafFranzJoseph von Thun (geb. 1734, gest. 1801)
durch seine Wunderkuren bekannt.
3) Das Majorat Choltitz hat gegenwärtig zum Haupt den
GrafenJohannes von Thun, geb. k. k. Kämmerer.
Georg Siegesmund, der Sohn
Cyprians, stiftete den
Tiroler Zweig, der sich durch seine zwei
Söhne in den ältern
Ast zu Brughier
(auch
Castel Fondo) und den 1850 erloschenen zu Caldes in Südtirol spaltete.
KarlPeter, schwed. Naturforscher, geb. zu
Jönköping,
[* 12] studierte in
Upsala
[* 13] besonders unter Linné
und ging hierauf als
Arzt im Dienste
[* 14] der Holländisch-Ostindischen Compagnie 1772 nach dem
Kap der Guten Hoffnung, wo er sich
drei Jahre aufhielt und
Reisen ins
Innere der von den
Hottentotten und
Kaffern bewohnten
Länder unternahm. 1775 begleitete
er als
Arzt die Gesandtschaft der
Ostindischen Compagnie an den
Kaiser von
Japan
[* 15] und begab sich 1778 wieder nach dem
Kap der Guten
Hoffnung, von wo er dann ins Vaterland zurückkehrte.
Seine naturhistor. Sammlungen überließ er nachher der
Universität zu
Upsala, wo er 1781 als außerord.
und 1784 als ord. Professor der
Botanik angestellt wurde. Thunberg starb auf seinem Landsitze Tunaberg bei
Upsala. Die
wichtigsten
Arbeiten T.s, außer seiner
Reisebeschreibung (deutsch von Groskurd, 2 Bde., Berl.
1792-94), sind die
«Flora Japonica» (Lpz. 1781),
Joh. Heinr. von, Nationalökonom, geb. zu
Kanarienhausen bei Jever, besuchte die Staudingersche landwirtschaftliche
¶
mehr
Lehranstalt zu Flottbeck, lernte unter Thaer zu Celle
[* 19] und bezog auf ein Jahr die Universität Göttingen.
[* 20] 1806 pachtete er
das Gut Rubkow bei Anklam
[* 21] und kaufte 1810 das Gut Tellow in Mecklenburg-Schwerin, das durch die von ihm darauf eingerichtete
Musterwirtschaft sehr berühmt wurde. Eine Wahl in die Frankfurter Reichsversammlung schlug er 1848 aus.
Er starb auf Tellow. Sein Hauptwerk ist «Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie»
(Bd. 1, Hamb. 1826; 2. Aufl.,
Rost. 1842: Bd. 2, 1. Abteil.,
ebd. 1850; 2. Abteil, und Bd. 3, hg. von Schumacher-Zarchlin, Rost. 1863; 3. Aufl. des ganzen
Werkes, Berl. 1875-76). Er machte sich namentlich um die Erweiterung der Lehre
[* 22] Ricardos über die Bodenrente (s. d.) und durch
seine Untersuchungen über einen naturgemäßen Arbeitslohn verdient, für den er in der Formel √ap, wobei a das Existenzminimum
der Arbeiterfamilie, p das Arbeitsprodukt des Arbeiters bedeutet, den richtigen Ausdruck gefunden zu haben
glaubte. Ins Praktische übersetzte er seine Theorie durch ein sehr humanes System der Gewinnbeteiligung seiner Arbeiter an den
Erträgnissen seines Gutes, das auch unter seinem Sohne und Enkel fortgesetzt wurde (s. Bonus). -