Kroninhabers an einer derartigen gesetzlichen Vorsorge fehlen, dann würde die
Volksvertretung berufen sein, den
Thron
[* 2] durch
Wahl eines neuen Monarchen wieder zu
besetzen. -
Vgl.
Schulze, Das deutsche Fürstenrecht (im 1.
Teil von von Holtzendorffs
«Encyklopädie
der Rechtswissenschaft», 5. Aufl., Lpz. 1890);
G.
Meyer, Lehrbuch des deutschen
Staatsrechts (4. Aufl.,
ebd. 1895), §. 85.
die Rede, welche der Monarch bei Eröffnung der Sitzungen der Landesvertretung, vor dem
Thron stehend, von
seinen Ministern und Würdenträgern umgeben, an die versammelten Mitglieder des Landtags oder Parlaments zu halten pflegt.
In dieser Rede werden die zu verhandelnden Gegenstände bezeichnet, bisweilen auch ein kurzer Abriß
des
Standes der Staatsverhältnisse und der von dem Fürsten im Einvernehmen mit seinen Ministern befolgten und weiter zu
befolgenden Politik gegeben. Die Thronrede wird daher als ein polit. Programm des Ministeriums angesehen und giebt
der Landesvertretung Gelegenheit, sogleich beim Beginn ihrer Sitzungen sich in der
Adresse (s. d.) über ihre
Stellung zu diesem
System auszusprechen. In Vertretung des Monarchen kann die Thronrede auch vom Ministerpräsidenten oder einem
andern Mitgliede des Ministeriums im
Namen des Monarchen verlesen werden.
griech. Geschichtschreiber, geb. etwa um 460
v. Chr. zu
Athen,
[* 3] war der Sohn des Olorus (eines
Abkömmlings
des thraz. Fürsten Olorus, dessen Tochter Hegesipyle im J. 515
Miltiades geheiratet hatte: auch Thucydides'
Mutter hieß angeblich
Hegesipyle). Er besaß in Skapte
Hyle, auf der thraz.
Küste, derInselThasos gegenüber,
Güter (besonders
Bergwerke). In der
Philosophie waren angeblich
Anaxagoras, in der
RedekunstAntiphon seine
Lehrer; im ganzen steht Thucydides unter dem
Einfluß der um die Mitte des 5. Jahrh. siegreich vordringenden ältern
Sophistik. 429 erkrankte an der
Pest, genas aber und
befehligte im
PeloponnesischenKriege 424 ein athenisches
Geschwader bei
Thasos.
Da er zur Rettung von
Amphipolis, welches damals durch den Spartaner
Brasidas überrumpelt wurde, um einige
Stunden zu spät
anlangte, wurde er von den Athenern wegen Hochverrats zum
Tode verurteilt. Er entzog sich der ungerechten
Strafe durch freiwillige
Verbannung. In dieser
Verbannung, die er an verschiedenen Orten (unter anderm hielt er sich im
Peloponnes
und in
Sicilien auf) verlebte, sammelte Thucydides den
Stoff zu seinem unsterblichen Geschichtswerke über den
PeloponnesischenKrieg;
teilweise scheint er es auch schon ausgearbeitet zu haben. 403 nach
Athen zurückberufen, widmete er sich ganz der Ausarbeitung
seines Werkes, wurde aber bald nach 400 durch den
Tod, angeblich von Mörderhand, an der Vollendung gehindert.
In demGrabe des Kimonischen Geschlechts zu
Athen wurde er beigesetzt. Thucydides' Werk behandelt den Hauptteil (431-411) des
PeloponnesischenKrieges (431-404), dessen Bezeichnung und Umgrenzung eben von Thucydides herrührt.
Über die Abfassungszeit der einzelnen
Bücher herrscht
Streit. Die lange herrschende
Ansicht F. W. Ullrichs, daß I, 1-IV, 48 nach dem Frieden des
Nikias (421),
IV,
49-VIII nach dem Ende des
PeloponnesischenKrieges abgefaßt seien, hat manche Bedenken.
Wahrscheinlich ist die Reihenfolge der Entstehung:
Buch VI und VII (sicil. Expedition),
Buch II-IV (erste Hälfte des
PeloponnesischenKrieges), I (Einleitung),Buch V und VIII (zweite Hälfte des
Krieges). Thucydides ist der erste wirkliche und zugleich
der größte
Historiker des
Altertums, lieferte auch
die ersteDarstellung selbsterlebter Ereignisse. Und dabei beschränkte
er sich nicht bloß auf Erzählung und Unterhaltung, wie die meisten seiner Vorgänger, in vieler
Beziehung auch noch Herodot,
sondern legte mit tiefem
Blick und scharfem
Geiste die einzelnen Begebenheiten nach ihrem ursächlichen
Zusammenhange dar und erörterte zugleich die Grundsätze und Beweggründe der handelnden
Personen.
Die Hauptvorzüge von Thucydides' Werk sind strenge Wahrhaftigkeit, kritische Genauigkeit und große
Schärfe und Feinheit der Charakterzeichnung;
freilich sind seine
Urteile zuweilen parteiisch. Für die Charakteristik der einzelnen
Personen wie bestimmte
Situationen sind besonders die in die
Darstellung eingeflochtenen Reden von Bedeutung, in denen er zugleich gelegentlich seine
eigenen
Ansichten darlegt. Sein
Stil ist streng und knapp, infolge der Kürze und des verwickelten Periodenbaues bisweilen
ziemlich dunkel. Eine Fortsetzung von Thucydides' Werk lieferte unter andermXenophon (s. d.) in seinen «Hellenika».
Eine umfassende Gesamtausgabe des Thucydides (mit den Kommentaren früherer Herausgeber) ist die von Poppo (11 Bde.,
Lpz. 1821-51), von dem auch eine Handausgabe erschien (4 Bde.,
Gotha
[* 4] und
Erfurt
[* 5] 1843-56; neue, zum
Teil 3. Aufl., fortgesetzt von
Stahl, Lpz. 1866-86). Zu den besten Handausgaben gehören
ferner die von
Bekker (3 Bde., Oxf. 1821; in einem
Bande zuletzt Berl. 1868), Krüger (3. Aufl., 2 Bde.,
Berl. 1860),
Böhme (4.
u. 5. Aufl., 2 Bde., Lpz.
1874-85),
Stahl (2 Bde., ebd. 1873-74) und Classen (4. Aufl.,
von Steup, 8 Bde., Berl. 1897 fg.).
Von deutschen
Übersetzungen ist die beste die von Heilmann (Lemgo 1760; neueste Überarbeitung von
Bredow,
1823). -
Vgl. Krüger, Untersuchungen über das Leben des Thucydides (Berl. 1832; mit Nachtrag 1839);
Röscher, Leben, Werk und Zeitalter des Thucydides (Gött. 1842);
Ullrich, Beiträge zur Erklärung des Thucydides (Hamb. 1846);
ders., Beiträge
zur Kritik des Thucydides (Abteil. 1-3, ebd. 1850-52);
Wilamowitz, Die Thucydides-Legende (im «Hermes»,
[* 6] 1877);
Schöll, Zur Thucydides-Biographie (im «Hermes», 1878);
FriedrichWolfgangKarl, Jurist, geb. zu
Büdingen in der Wetterau, studierte
in Gießen,
[* 8] besuchte nach bestandener zweiter jurist. Staatsprüfung zu seiner weitern Ausbildung die
UniversitätBerlin
[* 9] und 1855 England
und
Frankreich, arbeitete dann zwei Jahre im hess. Justiz- und Verwaltungsdienst und habilitierte
sich 1858 in Gießen für
deutsches Recht. Er wurde 1862 außerord., 1871 ord. Professor in
Tübingen.
[* 10] Seine Hauptwerke sind: «Die
Gau- und Markverfassung in
Deutschland»
[* 11] (Gieß. 1860),