(gegründet 1231) und der Neustadt
[* 2] (1264), welche 1454 vereinigt wurden. Hierzu ist durch Verlegung der Festungsumwallung
im O. die zum
Teil noch unbebaute Wilhelmstadt gekommen. Die den südwestl.
Teil der
Altstadt abschließende
Mauer nebst
Graben
ist 1887/88 eingeebnet. Nach dem Weichselufer zu wird die Stadt von einer krenelierten
Mauer mit
Thor-
und Flankentürmen, im übrigen von Festungswerken und
Forts (s. unten) umgeben. Außerhalb der Festungswerke liegen im N.
die Culmer, im O. die
Jakobs- und im W. die
Bromberger und Fischervorstadt.
Die Stadt hat je 3 evang. und kath.
Kirchen, darunter die kath. Johanniskirche mit dem ältesten
Bild desKopernikus,
eine
Synagoge, ein Bronzestandbild (1853) des
Kopernikus von
Tieck, Kriegerdenkmal (1880) mit Mosaikbildern, Bayerndenkmal, 1888 vom
Königreich
Bayern
[* 3] zu Ehren der 1813 bei der Verteidigung von Thorn
[* 4] gefallenen
Bayern errichtet, mehrere durch schöne Giebel
beachtenswerte Privathäuser im althanseatischen
Stil, ein Rathaus mit
Turm
[* 5] (40 m), kunstvollen
Thüren und wichtigemArchiv,
Reste des 1454 zerstörten Ordensschlosses (ein
Turm, der sog.
Dansker, mit schönem Schwibbogen), einen schiefen
Turm (15 m
hoch, mit
Abweichung von 1,5 m) der alten Festungsmauer, Artushof, 1889-91 neu erbaut (Gesellschaftshaus mit Konzertsaal),
ferner ein königl. Gymnasium, 1568 errichtet, seit 1855 mit Realgymnasium verbunden, städtische
und private höhere Mädchenschule, erstere mit Lehrerinnenseminar, Mittelschulen, Museum,
Krankenhaus,
[* 6] Siechenhaus,
Wilhelm-Augusta-Stift, Waisenhaus, Hospitäler,
Wasserwerk,
Kanalisation,
Gasanstalt, Schlachthaus, Vorschußverein,
PolnischerDarlehnsverein, Kreditgesellschaft, städtische und Kreissparkasse.
Die Industrie liefert
Maschinen, Seife, Schnupftabak, Mineralwasser, Schokolade,
Sprit, Essig und berühmten
Pfefferkuchen; ferner
bestehen 2 Dampfmühlen, 6 Dampfsägewerke, 5
Brauereien, Bautischlerei und Bauschlosserei, Ziegelei, lebhafter
Handel mit
Getreide,
[* 7] Holz,
[* 8]
Wein,
Steinkohlen, Kolonial- und Eisenwaren, Wollmarkt, Jahr-, Schweine-,
Pferde- und Viehmärkte.
Bei Thorn ein Schießplatz für die Fußartillerie. Thorn steht mit
Polen,
Danzig,
[* 9]
Stettin
[* 10] und
Berlin
[* 11] durch Schiffahrt in
Verbindung.
Frachtdampfer befahren die Weichsel von Warschau
[* 12] ab bis
Danzig, Personendampfer von Warschau bis Thorn 1895 fuhren zu
Berg 410 beladene
und 26 unbeladene Frachtschiffe mit 59000 t Tragfähigkeit und 33000 t
Gütern, zu
Thal
[* 13] 465 und 11 Schiffe
[* 14] mit 57000 und 39000 thorn.
Geschichte. Thorn wurde 1231 vom
DeutschenOrden
[* 15] gegründet und durch deutsche Einwanderer bevölkert; die Ansiedler erhielten das
unter dem
Namen Culmer Handveste bekannte Privilegium. Auf der «Bazarkämpe»
wurde 1411 zwischen dem
DeutschenOrden und den
Polen der erste
Thorner Friede geschlossen, in dem Samogitien an
Polen abgetreten
wurde. Nachdem sich die Stadt 1454 vom
DeutschenOrden losgesagt und dem Schutz des Königs von
Polen übergeben hatte, eroberten
und zerstörten die
Bürger(6. Febr.) das Ordensschloß; den darüber ausgebrochenen
Krieg beendete 1466 der
zweite
Thorner Friede. (S.
Deutsche Ritter.)
[* 16] Der
Rat und die Bürgerschaft von Thorn bekannten sich 1557 zur luth.
Lehre.
[* 17] Vom 28. Aug. bis fand auf Veranlassung des poln. Königs Wladislaw IV. zu
Thorn das sog. Colloquium charitativum zur Versöhnung der Katholiken,
Lutheraner und
Reformierten statt, das
aber nur Erbitterung der Gemüter zur Folge hatte. Streitigkeiten der Jesuitenschüler
mit
Schülern des prot. Gymnasiums bei einer Prozession am Skapulierfest, verursachten
Unruhen, wobei das Jesuitenkolleg
vom
Volke erstürmt wurde. Dieser
Vorfall wurde von der poln. Regierung mit unerhörter Grausamkeit durch
das sog.
Thorner Blutbad bestraft, indem der
Bürgermeister der Stadt, Joh. Gottfr. Rösner, nebst neun
Bürgern enthauptet
und ihre
Güter eingezogen wurden.
Vergebens verwendeten sich die
Bürgen des Friedens von Oliva, besonders der König von
Preußen,
[* 18] für die recht- und schutzlosen
Evangelischen. Nach der zweiten
TeilungPolens (1793) huldigte Thorn dem König von
Preußen, im
Tilsiter Frieden
(1807) kam es an das Großherzogtum Warschau, durch den
Wiener Kongreß (1815) wieder an
Preußen. Thorn war Mitglied der
Hansa
und im 14. und 15. Jahrh.
die erste Stadt
Preußens,
[* 19] «die Königin der Weichsel». Als Festung
[* 20] erhielt es
erst im 17. Jahrh. Wichtigkeit.
Erst nach dem
Tilsiter Frieden wurde Thorn von den
Franzosen mit Wällen umgeben und nach der zweiten preuß. Besitznahme 1818-24
als Grenzfestung ausgebaut. Infolge der Wichtigkeit seiner
Lage wurde Thorn neuerdings zu einem Waffenplatz ersten Ranges erhoben;
in Entfernung von etwa 8 km liegen auf dem rechten Weichselufer Feste König Wilhelm,
FortsBülow,
Yorck,
Scharnhorst,
Graf Dohna,
Friedrich d. Gr.,
Heinrich von Plauen,
[* 21]
HerzogAlbrecht, auf dem linken Ufer
Großer Kurfürst,
Ulrich von
Jungingen, Winrich von Kniprode,
HermannBalk und
Hermann von
Salza. Belagert wurde Thorn 1629, 1655, 1658, 1703 und 1813. -
Vgl.
Zernecke, Thornische Chronika (Thorn 1711
u. 1727);
Wernicke, Geschichte T.s (2 Bde., ebd. 1842);
Hoburg,
Die
Belagerungen der Stadt und Festung Thorn (ebd. 1850);
Kestner, Beiträge zur Geschichte der Stadt Thorn (ebd. 1883).
der zweithöchste Gipfel des Dachsteingebirges in den
Salzburger Kalkalpen (s. Ostalpen), 2946 m
hoch, bildet den Grenzpunkt zwischen Oberösterreich,
Steiermark
[* 22] und
Salzburg
[* 23] und wird am besten über die untere Windlucke
(2740 m) von der Grobgesteinhütte (1700 m) aus in 4½
Stunden bestiegen.
Die Aussicht übertrifft jene vom Dachstein (s. d.),
doch ist die Besteigung schwieriger.
Bertel
(d. i.
Bartholomäus, gewöhnlich
Albert genannt), dän. Bildhauer, geb. in
Kopenhagen.
[* 25] Sein
Vater, ein
Isländer, schnitzte Gallionsfiguren (s. Gallion); er half anfangs dem
Vater in der
Arbeit und kam
dann mit seinem 11. Jahre auf die Kunstakademie in Kopenhagen. Nachdem ihm mit 17 Jahren die kleine,
zwei Jahre später die große silberne
Medaille zuerkannt worden, nahm sich der Historienmaler
Abildgaard seiner an. Thorwaldsen erhielt 1791 die
kleine
¶
mehr
und 1793 die große goldene Medaille und gewann dadurch in dem Staatsminister GrafenReventlow einen Beschützer. Im März 1797 kam
er nach Rom,
[* 27] wo damals Canova und Carstens lebten; besonders die Arbeiten des letztern lenkten seinen Blick auf die ideale Schönheit
der antiken Plastik. Am Ende seines auf drei Jahre festgesetzten röm. Studienaufenthalts
hoffte Thorwaldsen noch vor seiner Rückkehr durch eine
[* 26]
Figur des Jason einen Beweis seiner Fortschritte abzulegen; die in übernatürlicher
Größe 1803 hergestellte Arbeit erregte allgemeine Bewunderung. (S. Tafel: Skandinavische Kunst
[* 28] III,
[* 26]
Fig. 3.) Dennoch wäre
Thorwaldsen ins Vaterland zurückgekehrt, wenn nicht vor der (zufällig um einen Tag verschobenen) Rückreise der
Engländer Th. Hope den Jason in seiner Werkstatt gesehen und die Ausführung in Marmor bestellt hätte.
Damit war T.s Glück gemacht; es wurden ihm nun mehr und mehr Bestellungen zu teil. Mit Canova, der seine Verdienste anerkannte,
stand er fortwährend in freundschaftlichem Verhältnis. Zu seinen vorzüglichsten Schöpfungen auf dem
Gebiete des klassischen Reliefstils, den er neu belebte, gehört das Gipsmodell zum Fries (17,5 m lang) des sog.
Alexanderzugs (Siegeseinzug Alexanders d. Gr. in Babylon), welches in der kurzen Zeit von drei Monaten zum Zweck der Ausschmückung
des Quirinals beim beabsichtigten, aber dann nicht erfolgten Besuche Napoleons I. in Rom (1812) ausführte
(Stiche von Amsler mit BeschreibungvonL. Schorn, Münch. 1835, und mit Text von Lücke, Lpz. 1870). Der König von Dänemark
[* 29] übertrug
Thorwaldsen die Ausführung desselben in Marmor für das Schloß Kristiansborg in Kopenhagen.
Ein zweites Marmorexemplar (1818-28) kam in den Besitz des GrafenSommariva und befindet sich in der Villa
Carlotta (s. Cadenabbia) am Comer See. (Die bedeutungsvollste Gruppe des Zuges veranschaulicht
[* 26]
Fig. 4 der
beigefügten Tafel.) Ferner sind von seinen Reliefs zu nennen: vier aus dem Leben des Achilleus, zwei Reliefs: Morgen und Nacht
(s. ebd.,
[* 26]
Fig. 1 u. 3), vier Reliefs: die vier Jahreszeiten,
[* 30] eins: die Alter der Liebe. Unter seinen statuarischen
Einzelwerken erlangten besondern Ruf: die Venus (drei Exemplare in Marmor für England ausgeführt), die drei Grazien, die
Hebe, der sitzende Hirtenknabe und Merkur
[* 31] als Argustöter (1818). Für Luzern
[* 32] führte er einen an seinen Wunden sterbenden Löwen
[* 33] aus (von ihm 1819 in Gips,
[* 34] von einem andern Bildhauer 1821 in die natürliche Sandsteinwand gearbeitet),
als Denkmal für die bei Verteidigung der Tuilerien gefallenen Schweizergarden. 1819 trat er eine Reise durch Deutschland
[* 35] nach Dänemark an, die einem Triumphzuge glich. In Kopenhagen angelangt, wurde er von der Kommission für
den Wiederaufbau der Frauenkirche in Kopenhagen wegen des plastischen Schmucks in Anspruch genommen. Thorwaldsen lieferte hierfür
den predigenden Johannes im Giebelfelde des Vorbaues, einen Fries am Eingänge (den Einzug Christi in Jerusalem
[* 36] darstellend),
die Kolossalfiguren Christi und der 12 Apostel im Langhause und den Taufengel im Chorraum. Im Aug. 1820 kehrte
Thorwaldsen von neuem nach Rom zurück über Berlin, Dresden,
[* 37] Breslau,
[* 38] Warschau, woselbst ihm das Reiterstandbild des Fürsten JosephPoniatowski
(im Schloß des Fürsten Paskewitsch in Homel bei Minsk) und das Bronzestandbild des Kopernikus (1822 errichtet) übertragen
wurde und er auch den KaiserAlexander I. porträtierte, Krakau,
[* 39] wo er unter anderm ein Marmorstandbild
des
Grafen Wladimir Potocti im Dom (s. Tafel: Skandinavische Kunst III,
[* 26]
Fig. 1), und Troppau,
[* 40] wo er das Denkmal für den Fürsten
Schwarzenberg übernahm, und endlich Wien.
[* 41]
Auch das prächtige Grabmal für Papst Pius VII. in der Peterskirche zu Rom (linke Seitenfigur s. Fig. 2 der beigefügten
Tafel) stammt von ihm. Ein Besuch des damaligen Kronprinzen, nachherigen Königs Ludwig I. von Bayern brachte ihn in noch engere
Freundschaftsbeziehungen zu diesem. Infolgedessen besuchte Thorwaldsen München.
[* 42] Auch von hier nahm er mehrere Bestellungen mit nach
Rom, bis er 1838 abermals eine Reise nach Kopenhagen unternahm, wozu ihn hauptsächlich die daselbst beabsichtigte
Gründung eines Museums für seine Werke und Kunstschätze veranlaßte. Eine kurze Reise nach Rom ausgenommen, lebte er nun
bis an sein Ende in Kopenhagen. Er starb plötzlich während einer Vorstellung im Theater.
[* 43]
Gegen 200 Basreliefs, gegen 100 Büsten, 15 Porträtstatuen, etwa 60 Statuen aus dem griech. Mythus und der christl. Offenbarung,
etwa 10 Grabmäler hat er gefertigt. Als Künstler gebührt Thorwaldsen der Ruhm, den Geist der antiken Plastik wieder in die moderne
Skulptur eingeführt zu haben. Auch zeichnet ihn ein gediegener Geschmack und hohe technische Meisterschaft
aus. 1875 wurde ihm zu Reykjavik auf Island
[* 47] ein Denkmal gesetzt. Thorwaldsen war nicht verheiratet (von der Anna Maria Magnani hatte
er eine Tochter, geb. 1813); zum Erben seines Nachlasses, namentlich seiner sämtlichen Kunstwerke und Kunstschütze setzte
er den Staat mit der Bedingung ein, daß zu Kopenhagen ein eigenes Gebäude zur Aufbewahrung dieser Arbeiten
gebaut werde.
Dies geschah auch nach einem von Bindesböll entworfenen Plane: das Gebäude ist aus vier Flügeln gebildet, die einen freien
Raum mit der Grabstätte des Meisters (seit 1848) umschließen. Nachdem schon vorher alle Kunstschätze
T.s aus Italien
[* 48] nach Dänemark gebracht waren, erfolgte 1846 die Eröffnung des Thorwaldsen-Museums. Einen Katalog desselben
verfaßte Müller (5 Sektionen, Kopenh. 1849-51); eine Sammlung von Lithographien (120) sämtlicher Werke T.s in der Ordnung,
wie sie im Museum aufgestellt sind, gab Holst im «Musée Thorwaldsen» (Kopenh.
1852).
Von Publikationen seiner Werke sind zu nennen: J. M. Thieles Kupferwerk in vier Bänden mit Text (deutsche
Ausg., 2 Bde., Lpz. 1832 u. 1834), S. Müller, Thorwaldsen, Hans Liv og Hans Vœrker (Kopenh. 1893). -