als
Typus der Schwergläubigkeit und der Zweifelsucht. Nach den apokryphen
«Akten des Thomas» führte er den
NamenJudas Thomas, wurde
von
Christus als Sklave nach
Indien verkauft, wo er dem König Gundaforus einen
Palast erbauen sollte, aber die ihm dafür übergebenen
Schätze verwendete, um den
Armen Gutes zu thun. Als der König dies erfuhr, wollte er ihn hinrichten
lassen, bis er hörte, daß Thomas ihm von jenen Schätzen einen
Palast im Himmel
[* 2] erbaut habe. Nach derselben Legende wurde Thomas, nachdem
er viele Wunder gethan und eine große Menge zum christl.
Glauben bekehrt hatte, auf
Befehl eines Königs Mesdeus durch die
Lanzen von vier
Soldaten durchbohrt. Die Nachrichten der Kirchenväter sind von dieser Legende abhängig. Die
«ActaThomae»
sind von Thilo (Lpz. 1823),
im syr.
Text mit engl.
Übersetzung von Wright
(«Apocryphal acts of the Apostles», 2 Bde.,
Lond. 1871),
zuletzt in vollständigem griech.Texte von
Bonnet («Supplementum codicis apokryphi», Lpz.
1883) herausgegeben. Die ind.
Christen, die mit der syr.
Kirche in
Verbindung standen und seit dem 5. Jahrh. von der Reichskirche
als
Nestorianer (s. d.) getrennt wurden, betrachteten den Thomas als
Stifter ihrer
Kirche und nannten sich nach ihm Thomaschristen.
Auch die pers.
Nestorianer erklärten sich für
Schüler des
Apostels Thomas. Dem
Apostel Thomas wird auch ein «Evangelium
infantiae Christi» (daher auch «Evangelium secundum Thomam» genannt)
zugeschrieben, das die
Lücken der evang. Geschichte für die Zeit von der Kindheit bis zum Auftreten Jesu auszufüllen
sucht, doch stets als apokryph galt (abgedruckt in
Tischendorfs «Evangelia apocrypha», 2. Ausg.,
Lpz. 1876). Dem Thomas ist in der röm.
Kirche der 21. Dez., in der griech.
Kirche der 6. Okt., daneben auch der erste Festtag des mit
Ostern beginnenden
Kirchenjahres
(Thomassonntag) geweiht. In Abbildungen sieht man Thomas mit einem Winkelmaße, Lanze,
Stab
[* 3] oder
auch mit einer Meßschnur. Er ist der
Patron der
Architekten und Zimmerleute. -
Vgl. Lipsius, Die apokryphen
Apostelgeschichten, Bd. 1 (Braunschw.
1882).
aKempis, deutscher
Mystiker, nach seinem im Erzstift Köln
[* 4] (nicht in Oberyssel) belegenen Geburtsort
Kempen
(Campen)
genannt, eigentlich aber Hamerken oder
Hämmerlein (lat. Malleolus), geb. 1380,
besuchte 1392 die Schule der
Brüder des gemeinsamen Lebens zu Deventer, wo er den Unterricht des Gerhard Groote und des
Florentius Radewins
erhielt, trat 1407 in das von der
Brüderschaft gestiftete Augustinerkloster Agnetenberg bei
Zwolle, wurde 1414 Priester, 1423 Subprior,
später Prokurator und 1447 nochmals Subprior des
Klosters, und starb, 91 J. alt, Ausgezeichnet
durch Frömmigkeit und Gemütstiefe, wirkte Thomas a Kempis höchst segensreich als
Lehrer und Erzieher der
Jugend.
die den Ruhm seines
Namens über die ganze
Erde verbreitet haben.
Die ersteAusgabe seiner sämtlichen Werke erschien ohne Angabe von Ort und Jahr (wahrscheinlich um 1474 zu
Utrecht,
[* 6] ohne die «Imitatio»); die beste, aber auch nicht
vollständige
besorgte der
Jesuit Sommalius (Antw. 1599 u. ö.; zuletzt Köln 1728,1757),
eine neue wurde angefangen von
Kraus (Bd. 1: «Oposcula»,
Trier
[* 7] 1868). Eine
Übersetzung sämtlicher Werke hat Silbert besorgt (4 Bde.,
Wien
[* 8] 1838-40). -
Vgl. Bähring, Thomas a Kempis von
Kempen, der Prediger der
Nachfolge Christi, nach seinem äußern und innern Leben (2.
Ausg., Lpz. 1872);
Kettlewell, Thomas a Kempis and the brothers of common life (2 Bde.,
Lond. 1881-84);
Cruise, a
Kempis (ebd. 1887) und die Litteratur beim
ArtikelNachfolge Christi; ferner Hirsche,
[* 9] Prolegomena
zu einer neuen
Ausgabe der Imitatio (3 Bde., Berl.
1873-93).
vonAquino,Scholastiker, geb. 1225 oder 1227 auf dem Schlosse Roccasicca
im Neapolitanischen, aus einem gräfl. Geschlecht, wurde erzogen von den
Benediktinern zu
Monte-Cassino und setzte dann seine
Studien in Neapel
[* 10] fort. Wider den Willen seiner Familie trat er 1244 in den
Dominikanerorden und war noch
Schüler des berühmten
Scholastikers
Albert d. Gr. in Köln, wo er auch seit 1248 alsLehrer der scholastischen
Philosophie auftrat. 1252 ging
er nach
Paris.
[* 11]
Seine scharfsinnige Anwendung der
Lehren
[* 12] des
Aristoteles auf die wissenschaftliche Bearbeitung der
Theologie verschaffte ihm
bald einen ausgezeichneten Ruhm. Er verteidigte seinen
Orden
[* 13] durch die Streitschrift «Contra impugnantes Dei cultum et religionem»,
und wurde von
Urban IV. 1261 nachItalien
[* 14] berufen, um zu
Rom,
[* 15]
Bologna und Pisa
[* 16]
Philosophie zu lehren, worauf
er von seinem
Orden zum
Definitor der röm.
Provinz ernannt wurde. Seit 1272 hielt er sich in dem Dominikanerkloster zu Neapel
auf, um ganz seinen
Studien und Vorträgen zu leben. Auf der
Reise zur Kirchenversammlung nach
Lyon
[* 17] starb er zu
Fossanuova.
Noch während seines Lebens genoß Thomas von Aquino das größte Ansehen in der
Kirche; seine zahlreichen
Schüler nannten ihn Doctor universalis,
auch Doctor angelicus und den zweiten
Augustinus.
Johann XXII. versetzte ihn 1323 unter die
Heiligen. Seine Hauptwerke sind
der Kommentar über des
Petrus Lombardus vierBücher «Sententiarum», die
«Summa de veritate fidei catholica
contra gentiles» und die
«Summa theologiae», denen die «Quaestiones disputatae et quodlibetales»
und die «Opuscula theologica» sich anschließen.
Sie zeichnen sich nicht nur durch einen staunenswerten Aufwand von Fleiß und dialektischer Kunst, sondern auch durch den
darin unternommenen großartigen Versuch aus, das kirchliche Lehrsystem zu einer einheitlichen philos.
Weltanschauung zu erheben. Die christl.
Sittenlehre behandelte er in einer ihm eigentümlichen
Anordnung und einem
Umfang, wodurch
er sich den Ehrennamen des
Vaters der
Moral erwarb. In der Reformationszeit wurde seine
Autorität von den
Protestanten ebenso
eifrig bestritten, als von den Katholiken verteidigt.
DasTridentinische Konzil erhob eine Reihe von
Lehren in der von Thomas von Aquino vorgetragenen Form zu kirchlichen Glaubenssätzen,
und noch heute gilt er als der angesehenste Dogmatiker der kath.
Kirche, wie denn sowohl
Pius IX., als ganz besonders
Leo XIII.
in seiner sog.
Thomas-Encyklika («Aeterni patris») vom die
Philosophie und
Theologie des Thomas von Aquino als
Grundlage aller gelehrten
Studien der kath. Christenheit erklärten. Aus dem Franziskanerorden trat im Anfange des 14. Jahrh.
Duns Scotus (s. d.) als T.s Gegner
auf und gründete die philos.-theol. Schule der Scotisten, denen
¶
mehr
seitdem die Thomisten, meist Dominikaner, als Anhänger des Thomas von Aquino gegenüberstanden. Die Thomisten vertraten in der Philosophie einen
gemäßigten Realismus, folgten der strengen Lehre
[* 19] Augustins von der Gnade und bestritten die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau
Maria. Die Scotisten sind entschlossene Realisten, neigen sich zum Semipelagianismus und behaupten die unbefleckte Empfängnis
der Jungfrau Maria. Der Streit wurde lange Zeit fortgesetzt mit einer Erbitterung, die fast mehr noch,
als im wissenschaftlichen Interesse, ihren Grund in der Ordenseifersucht zwischen Dominikanern und Franziskanern hatte. Die
Werke des Thomas von Aquino wurden von Pius V. (17 Bde., Rom 1570-71), neuerdings unter den AuspizienLeo XIII. (ebd., seit 1882)
herausgegeben. Einen Kommentar seiner Schriften enthält Thömes, «Divi Thomae Aquinatis opera et praecepta» (Berl. 1875).
Vgl. Hoertel, Thomas von Aquino und seine Zeit (Augsb. 1846);
K. Werner, Der heilige Thomas von Aquino (3 Bde., Regensb.
1858-59);
Jourdain, La philosophie de Saint
[* 20] Thomas von Aquino (2 Bde., Par.
1858);
Gibelli, Vita di Saint Thomas von Aquino (Bologna 1862);
Baumann, Die Staatslehre des Thomas von Aquino (Lpz. 1873);
Holtzmann,
Thomas von Aquino von Aquino und die Scholastik (Karlsr. 1874);
Cicognani, Sulla vita e sulle opere di S. Tommaso (Vened. 1874);
Otten, Erkenntnislehre
des Thomas von Aquino (Paderb. 1882);
Lecoultre, La psychologie d'Aristote et de Thomas von Aquino (Par. 1883);
Summe des Thomas von Aquino von Aquino(Luzern
[* 22] 1894); Abert, Sancti Thomae Aquinatis compendium theologiae (Würzb. 1896); Schütz, Thomaslexikon
(Paderb. 1895).