Theodorshalle - Theodosius II. (byzantinischer Kaiser)
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Italien
[* 2] erfreute sich dauernder Ruhe und so sorgsamer
Verwaltung, daß
Ackerbau,
Handel und
Gewerbe wie Kunst und Wissenschaft
eine neue
Blüte
[* 3] zeigten und der Unternehmungsgeist längst verlassene und versumpfte
Strecken zu kultivieren begann. Doch
gewann Theodorich die
Römer
[* 4] nicht für sich. Als nun
Kaiser Justin die
Arianer, T.s Glaubensgenossen, verfolgte
und ihm der röm.
Bischof, den Theodorich deshalb nach
Konstantinopel
[* 5] schickte, nicht kräftig genug dagegen gewirkt zu haben schien,
ließ in heftigem Zorn den
Bischof ins Gefängnis werfen sowie den
PhilosophenBoethius und dessen Schwiegervater
Symmachus wegen
des
Verdachts hochverräterischer
Verbindungen mit
Konstantinopel 525 hinrichten. Theodorich starb 26. Aug. 526 und
wurde bei Ravenna in einem noch erhaltenen großartigen
Mausoleum (s.
Tafel: Altchristliche Kunst II,
[* 1]
Fig. 1) beigesetzt.
Aber der
Fanatismus der rechtgläubigen Katholiken ließ nach dem
Siege der
Byzantiner über die
Ostgoten später dem
Leichnam
keine Ruhe, und die
Asche des großen Königs ward in alle
Winde
[* 6] zerstreut. Da Theodorich keine
Söhne hinterließ,
ging das
Reich auf seinen minderjährigen Enkel
Athalarich über, für den seine
MutterAmalasuntha, die Tochter T.s, die
Vormundschaft
führte. Theodorich ist eine Lieblingsgestalt der deutschen
Heldensage geworden. Unter dem
Namen Dietrich (s. d.) von Bern
[* 7] ist er der Mittelpunkt
eines Sagenkreises, der durch das ganze Mittelalter sich fortbildete. -
Vgl. Dahn, Die Könige der
Germanen,
Abteil. 3 (Würzb. 1866);
Deltuf, Théoderic, roi des Ostrogoths et d'Italie (Par. 1869);
Kaufmann, Deutsche
[* 8] Geschichte bis
auf
Karl d. Gr. (2 Bde., Lpz.
1880-81);
Hodgkin, Theodoric the
Goth (Neuyork
[* 9] und Lond. 1891);
Pfeilschifter, Der Ostgotenkönig Theodorich d. Gr. und die kath.
Kirche
(Münster
[* 10] 1896).
vonMopsuestia, griech.
Kirchenlehrer, das eigentliche Haupt der
Antiochenischen Schule, aus
Antiochia gebürtig,
durch den heidn.
Philosophen Libanius gebildet, wurde Mönch, später Diakonus zu
Antiochia und 393
Bischof von Mopsuestia in
Cilicien, wo er 429 starb. Seine theol.
Richtung war allen idealistischen
Spekulationen abgewandt; er vertrat
das
Recht der histor. Forschung. Als Hauptvertreter des Pelagianismus und des Nestorianismus wurde er auf dem
Konzil zu
Konstantinopel 533 als
Ketzer verdammt. Er war der erste Exeget seiner Zeit und verband mit dem Streben nach treuer Erfassung des wörtlichen
Sinns eine damals schon fast unerhörte Freimütigkeit der histor. Kritik, die neben seinen dogmatischen
«Ketzereien» wohl die Hauptursache geworden ist, daß seine zahlreichen
Werke frühzeitig untergingen. Von seinen exegetischen
Schriften sind noch Fragmente vorhanden; seinen Kommentar über die
zwölf kleinen
Propheten gaben Wegnern
(Bert. 1834) und Mai in der «Scriptorum veterum nova collectio», Bd. 6
(Rom
[* 12] 1832), seine Kommentare zum
NeuenTestament Fritzsche (Zür. 1847), Pitra (Par. 1852), Jacobi
(Halle
[* 13] 1855-60), Suete (2 Bde.,
Cambr. 1880
u. 1882), die syr. Fragmente Sachau (Lpz. 1869) heraus.
Baethgen wies außerdem syr. Kommentare zu den Psalmen
und zum Johannesevangelium von Theodorus nach. -
Vgl. Fritzsche,De Theodori Mopsuestiani vita et scriptis
(Halle
1837);
Kihn, Theodorus von Mopsuestia und Junilius
Africanus (Freib. i. Br. 1880).
der
Große, röm.
Kaiser (379-395), wurde 346 n. Chr. zu
Cauca im nördl.
Spanien
[* 14] geboren. Sein ausgezeichneter
VaterFlavius Theodosius hatte unter Valentinian I. Britannien 367-370 vortrefflich regiert und glücklich gegen die Picten
und Scoten verteidigt, darauf 373-375 einen
Aufstand in
Afrika
[* 15] niedergeworfen, war aber zu Anfang 376 unter
Kaiser Gratian durch
Intriguen gestürzt und zu
Karthago
[* 16] unschuldig hingerichtet worden. Der Sohn diente zuerst unter seinem
Vater und erhielt 374 das Kommando in
Mösien.
Nach Ermordung des
Vaters ging er nach
Spanien zurück, wo er als Privatmann lebte, bis nach der
Niederlage des
KaisersValens durch die Goten bei
Adrianopel (378) der nunmehrige Herr des Gesamtreichs, Gratian, 19. Jan. 379 ihn zur
Mitregentschaft berief und ihm den
Osten überwies. Theodosius setzte den furchtbaren Verheerungen der Goten in den
Ländern südlich
von der Donau durch energische Kriegführung und kluge Unterhandlungen allmählich (bis 382) ein Ziel, freilich um
den Preis, daß die
Germanen als freie Verbündete, nicht als
Unterthanen in die Grenzen
[* 17] des Römerreichs aufgenommen wurden.
Als dann Gratian 383 durch Maximus, der in Britannien und
Gallien als
Usurpator auftrat, gestürzt wurde, erkannte Theodosius den
Sieger
vorläufig an und verlangte nur, daß Gratians
Bruder, Valentinian II., unter der
Vormundschaft seiner
Mutter Justina,
Afrika,
Italien und Illyricum behielt. Aber 387 brach Maximus in
Italien ein; Theodosius, der jetzt in zweiter
Ehe die
schöne
Galla, die Tochter der nach dem Ostreiche geflüchteten Justina, heiratete, zog ihm 388 entgegen, besiegte ihn und
ließ ihn hinrichten.
Zum Verwalter des Westens unter Valentinian bestellte Theodosius seinen bewährten fränk.
Feldherrn
Arbogast. Indessen geriet dieser bald mit Valentinian in Zwist, ließ ihn 392 töten und erhob einen
Heiden, den
Rhetor Eugenius, zum
Kaiser.
Wieder mußte Theodosius gewaltsam einschreiten, er schlug 394 den
Arbogast bei
Aquileja, Eugenius wurde
gefangen und enthauptet. Theodosius vereinigte nun zum letztenmal das gesamte Römerreich unter
einheitlicher Herrschaft; aber schon 17. Jan. 395 starb er zu Mailand,
[* 18] nachdem er seinen ältern Sohn
Arcadius im
Osten, den jüngern
Honorius im
Abendland als Nachfolger bestimmt hatte. Der
Beiname der
Große ist Theodosius von Kirchengnaden zu teil geworden. Thatkräftig
und glücklich als Feldherr, hat er als fanatischer Nicäaner das
Heidentum direkt verboten und verfolgt
und sich der
Kirchengewalt gebeugt. Berühmt ist die
Kirchenbuße, der er sich gegenüber dem
BischofAmbrosius von Mailand unterwarf,
nachdem er im April 390 zur
Strafe für eine blutige Meuterei in
Thessalonich ein grauenhaftes Blutbad hatte anrichten lassen.
-
Vgl. Güldenpenning und Ifland, Der
Kaiser Theodosius d. Gr.
(Halle 1878).
II. oder der
Jüngere, Enkel des vorigen, folgte, erst 7 J. alt, 1. Mai 408 n. Chr. seinem
VaterArcadius als
oström. oder byzant.
Kaiser. Für ihn, der seine Zeit am liebsten zwischen Andachtsübungen,
Übungen im Schönschreiben (daher
¶
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Kalligraphos genannt), der Jagd und dem Reiten teilte, leitete die Staatsgeschäfte seit des ausgezeichneten Präfekten Antheinius'
Rücktritt 414 die damals zur Augusta erhobene, reich begabte Prinzessin Pulcheria, des Theodosius nur zwei Jahre ältere Schwester.
Sie erhielt aber bald eine Rivalin in der Frau, die sie selbst 421 dem Bruder als Gattin zugeführt hatte,
Athenais (s. d.), als Christin Eudokia genannt. Theodosius starb Ende Juli 450. (Vgl. Güldenpenning, Geschichte des Oströmischen
Reichs unter den Kaisern Arkadius und Theodosius II., Halle 1885.) - Nach ihm wird benannt der TheodosianischeCodex, eine unter seiner
Regierung 435 begonnene umfassende Kodifikation aller seit Konstantin d. Gr. erschienenen allgemeinen
kaiserl. Erlasse.
Die Sammluug wurde 438 für das östl. Reich als Gesetzgebung veröffentlicht und 443 auch in dem Abendlande angenommen. Sie
besteht aus 16 Büchern; die fünf ersten (diese teils nur im Auszug, teils in Fragmenten erhalten) enthalten das Privatrecht,
die übrigen das Staats-, Verwaltungs- und Kriminalrecht. Unter den ältern Ausgaben ist wegen des trefflichen
Kommentars die von Gothofredus (Lyon
[* 20] 1665; neue Ausg. von Ritter, Lpz. 1736-45), unter den neuern
die von Hänel (Bonn
[* 21] 1842) wegen Vollständigkeit und Behandlung des Textes ausgezeichnet.