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meisten andern nur die Fundamente mehr oder weniger gut erhalten sind. Von den vielen [* 2] in Italien [* 3] sind, außer denen zu Rom [* 4] selbst, namentlich die wieder entdeckten zu Herculanum und Pompeji [* 5] zu erwähnen. In Gallien sind die von Arles, Orange (s. Taf. I, [* 1] Fig. 1-3), Bordeaux, [* 6] Besançon [* 7] in Resten erhalten.
Vgl. Wieseler, Theatergebäude und Denkmäler des Bühnenwesens bei den Griechen und Römern (Gött. 1851);
Strack, Das altgriech. Theatergebäude (Potsd. 1843);
Geppert, Die altgriech. Bühne (Lpz. 1843);
Schönborn, Die Skene der Hellenen (Berl. 1858);
Wieseler, Griechisches (in der «Allgemeinen Encyklopädie» von Ersch und Gruber, 1. Sekt., 83. Bd., Lpz. 1866);
Sommerbrodt, Scaenica (Berl. 1876);
Kawerau, Theatergebäude (in Baumeisters «Denkmälern des klassischen Altertums», Münch. 1884-88);
Alb. Müller, Lehrbuch der griech. Bühnenaltertümer (Freib. i. Br. 1886);
Stengel [* 8] und Öhmichen, Sacralaltertümer und Bühnenwesen der Griechen und Römer [* 9] (Münch. 1890);
Haigh, The Attic theatre
(Oxf. 1890);
Öhmichen, Griech. Theaterbau [* 10] (Berl. 1886);
für das röm. Theaterwesen: Becker, Handbuch der röm. Altertümer, Bd. 1 (Lpz. 1843), und in dem «Handbuch» von Marquardt und Mommsen, Bd. 6 (von Marquardt; 2. Aufl. von Wissowa, ebd. 1885), den Abschnitt über die Spiele von Friedländer; R. Opitz, Schauspiel und Theaterwesen der Griechen und Römer (ebd. 1889);
Arnold, Das altröm. Theatergebäude (ebd. 1873);
Ribbeck, Die röm. Tragödie (ebd. 1875);
Bethe, Prolegomena zur Geschichte des Theater im Altertum (ebd. 1896);
Robert, Die Scenerie des Aias, der Eirene und des Prometheus (im «Hermes», [* 11] Bd. 31 [1896], S. 530-577);
Körting, Geschichte des griechischen und römischen Theater (Paderb. 1896);
besonders aber Dörpfeld und Reisch, Das griechische Theater (Lpz. 1896).
Das moderne Theater wuchs wie das antike aus dem Gottesdienst, seine Gestaltung aus den Trümmern der antiken Kunst hervor. Da frühzeitig die Kunst im Dienste [* 12] der Kirche stand, so bequemte sich die bauliche Anlage der Gotteshäuser dem Zweck der heiligen Festspiele an und gemahnte an die antiken Muster. Bot der Bau der Kirche die örtliche Gelegenheit der Spiele nicht von selbst, so ward sie durch aufgeschlagene Gerüste dazu hergestellt. Und dies geschah auch, als zunehmende Verweltlichung auch allzu personenreiche Texte die Kirchenspiele, Mysterien (s. d.) genannt, aus dem Gotteshause ins Freie auf Kirchhöfe, Straßen, Märkte verbannte.
Während uns erhaltene Grundrisse erweisen, daß anfangs auch im freien Raume die Anordnung der terrassenförmig ansteigenden dreiteiligen Bühne nicht aufgegeben war, so erweiterte und verwirrte sich doch nur zu bald, des kirchlichen Rahmens beraubt, das Scenenbild. In Frankreich, das schon im Mittelalter vorangehend für die theatralische Entwicklung wurde, suchte man die geschlossene Anlage zu bewahren, indem man die Zahl der Emporbühnen hoch übereinander steigerte, oder die drei Bühnenräume durch Zwischenteilung in zahlreiche sog. loges vervielfältigte, oder auch die Bühnenbauten in stumpfen Winkeln um die Zuschauer stellte, die sich nun von einem zum andern wenden mußten, oder man gab den festen Stand ganz auf und verteilte, gleich den Stationsaltären der Fronleichnamsprozessionen, die Handlung auf Einzelbühnen in verschiedenen Gassen. (So beim Einzug Ludwigs XI. in Paris.) [* 13] Solange dem Schaugerüst eine geschlossene Form gegönnt blieb, ergab der Inhalt der Texte die Verteilung von Himmel [* 14] ins oberste, Erde ins mittlere und Höllenloch ins unterste Stockwerk. Im Grundsatz hielt man sich an diese Anordnung auch da noch, als die Spiele in Raum und Zeit ausarteten. Sie dauerten mehrere Tage, daher die Abteilungen «Tagewerke» hießen, und dehnten ihren Schauplatz über weite Märkte aus.
Wie in Spanien [* 15] und England ein Hofraum mit seinen Fenstern oder umlaufenden Galerien den Blick auf ein an der einen Schmalseite des Hofs aufgestelltes Gerüst gewährte, so gab ein Marktplatz mit allen Fenstern, ja den Dächern dreier Häuserreihen vielen Gelegenheit zum Schauen.
Als die Reformation das Bühnenspiel zur lebendigen Zunge des Glaubensstreites machte, verlangte der gesprochene, längst deutsch gewordene Text für Sprecher und Hörer den engern Raum. So zogen sich die Spiele in Höfe, Säle, Scheunen (Stadel), wenn nicht in die Aula einer Schule zurück, denn die Schulkomödie, anfangs als Übung im Lateinischen, war durch Luthers und seiner Anhänger Ermunterung in Aufnahme gekommen und bemächtigte sich gleichfalls des Bekenntnisstreites.
Wetteifernd mit diesen waren aus der Meistersingerzunft die Bürgerspiele erwachsen. Als die ihnen nach Einführung der Reformation an den meisten Orten zum Zweck ihrer Singeschule und Spiele eingeräumten Kirchen wegen allzu grober Verweltlichung der Spiele wieder entzogen waren, mußten sie sich mit den Räumen der Wirtshäuser begnügen. Hier mußten sie auf flachem Boden spielen und demgemäß in der Wahl der Spiele sich wieder auf Gespräche, Schwanke oder solche Handlungen beschränken, welche jeder Anforderung an Erhöhung der Bühne oder Versenkung entsagten.
Das «Tantzhaus» war ein unbedeckter Hofraum; in ihm war eine Brücke [* 16] (der süddeutsche Ausdruck für ein Gerüst, das lat. pons) errichtet, hinter welcher eine zweite Emporbühne, «Zinne» geheißen (gleichfalls süddeutscher Ausdruck für Altan), sich erhob, die bald die wirkliche Zinne einer Burg, bald einen Altan, bald auch den Himmel vorstellte; nicht anders wie die Emporbühne der Antike. Ein Thor in der Mittelwand ließ durch Auseinanderschieben der Thürflügel das Innere des Schauplatzes («im Perspektiv») wahrnehmen, gleich wie die Exostra oder das Ekkyklema der antiken Scene.
Nicht die Not, sondern eigene Wahl bewog die Pariser Société des Comédiens, welche das gelehrte Drama nach dem Muster der Alten aufbrachten, in der Mitte des 16. Jahrh. schon sich der einfachen, teppichumhangenen Scene zu bedienen.
Im grellsten Gegensatze zu dieser gewaltsamen Rückkehr zu schlichter Einfachheit stand der Luxus der Aufzüge, [* 17] Inventionen und Zauberfeste, welcher mit der aus den Schäferspielen hervorgegangenen Oper auf die Bühnen der italienischen Höfe übergegangen war. Die Architekten Peruzzi und Serlio (Architettura", Par. 1545) brachten hier das System des Theaterbaues zur Sprache. [* 18] (Vgl. Flechsig, Die Dekoration der modernen Bühne in Italien, Dresd. 1894.) Auch der span. Bühne war durch Lope de Vegas geistliche und weltliche Schauspiele alles zugemutet worden, was die Erfindungskraft jener Zeit nur an theatralischer Täuschung leisten mochte. In die Niederlande [* 19] hatte die span. Herrschaft diesen theatralischen Pomp verpflanzt. ¶
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Noch aber hatte die attische Bühne nicht aufgehört, die Grundformen der christlichen zu bestimmen. Die drei Zugänge hatten sich zu drei Durchsichten von prächtiger röm. Architektur erweitert, deren wandelbare Ferne, namentlich die der mittlern, fort und fort die dekorative Ortsbestimmung [* 21] übernahm. Auch die Emporbühne der Galerien und Balkone war noch nicht verschwunden. Die großen Rollwände oder der teilbare Vorhang, welcher die Hinterbühne verhüllte oder plötzlich eröffnete, bot Gelegenheit zur Entfaltung glänzender dekorativer Effekte.
In dem ital. Operntheater des 17. und 18. Jahrh. wurden außer dem Proscenium, der architektonischen Umrahmung des Bühnenraums, seitliche Coulissen (s. d.) aufgestellt, die nach hinten vorrückend durch einen Hintergrund abgeschlossen wurden. Der Bühnenraum erhielt dadurch eine außerordentliche Vertiefung, so daß sich sowohl für größere Schauspielermengen als für Maschinerie genügender Platz bot. Berühmt waren namentlich die venezianischen in San Crisostomo war z. B. die Bühne gegen 20 m breit und 23 m tief.
Die ital. Maler, namentlich der Bologneser Schule, verstanden es, durch Coulissen und Versetzstücke auf der Bühne großartige Raumwirkungen zu erzeugen, die an sich schon eine Sehenswürdigkeit boten. Durch ital. Meister ausgebildet, errichteten deutsche Architekten in den «Stadeln» die scenia di comedia zu Ulm, [* 22] Augsburg, [* 23] Nürnberg [* 24] u. s. w. Aber dies deutsche Theater des 17. Jahrh. benutzte eine «Scena oder Brucken», welches der modernen flachen Bühne gleicht. Sie hat Vorhänge, ein hinter 6 Fuß hoher Wand verstecktes Orchester, prismatische Seitencoulissen und hinter dem teilbaren «hintern Rahmen» (Rückwand) einen offenen «Graben» bekommen, von wo aus, wie bei den modernen mechanischen Theater, bewegliche Erscheinungen, Schiffe, [* 25] Seeungeheuer u. s. w. von unten her auf Rollen [* 26] fahrend bewegt werden. Ferner hat sie seitlich durch die Coulissen gedeckte Hebwerke, sowie noch heute das Flugwerk im Oberammergauer Spiel, auf dem der Engel auf und nieder schwebt, der Heiland gen Himmel fährt; sie hat Obermaschinerie («Zwerchbalken») mit kunstreicher, durch wassergefüllte Glaskugeln verschärfter Ober-, Unter- und Seitenbeleuchtung u. s. w.
Die Ansprüche an die ergänzende Phantasie des Publikums wurden geringer; man suchte dem Beschauer die scenischen, meist phantastischen Vorgänge durch mechan. Bühneneinrichtungen vorzuführen. In den Opern und Jesuitenspielen hat sich die Erfindungskraft 100 Jahre lang an den reichsten architektonisch oft sehr bemerkenswerten Dekorationen sowie an den verwickeltsten Mechanismen versucht. So entstand im Laufe des 18. Jahrh. die Bühne mit darunterliegendem Keller, der sog. Untermaschinerie in 2-4 übereinanderliegenden Abteilungen, mit Freifahrten, Schlitzen, Versenkungen, Klappen im Bühnenpodium, welches meist schräg nach vorn abfallend ausgeführt wurde, mit einem hohen Aufbau und darüber befindlichen Schnürboden zum Emporziehen der Soffiten, d. h. derjenigen Dekorationsstücke, die den Bühnenraum nach oben abschließen und aus senkrecht hängenden, nach den Principien der Theaterperspektive (s. d.) bemalten Flächen bestehen, ferner mit Maschinengalerien längs der Seitenwände und vielen dieselben oberhalb verbindenden Brücken. [* 27] Diese Räume waren angefüllt mit Vorrichtungen zur Bewegung der Dekorationen und Personen und mit Beleuchtungskörpern.
Die künstlerische Gestaltung des modernen Theater wurde zuerst in Italien versucht, wo Palladio (s. d.) im Teatro Olimpico zu Vicenza äußerst geistvoll sich bemühte, die antike Einrichtung wieder aufzunehmen, indem er ein mit drei Thoren sich öffnendes prachtvolles Scenenhaus und von diesem aus fünf nach hinten sich verengende Gaffen in Reliefperspektive [* 28] errichtete. Die Zuschauer saßen auf steil aufsteigenden, im Flachbogen gebildeten Stufen. Das Teatro Farnese in Parma [* 29] (von Alcotti 1618) ist schon in einen oblongen Saal eingebaut, dessen eine Hälfte durch ein Proscenium abgeteilt wurde, während die andere hufeisenförmig drei Ränge umgeben. Das Theater hinter den Uffizien zu Florenz [* 30] von Buontalenti (geb. 1536, gest. 1608) und seinen Schülern Giulio Parigi und Migliori brachte die Bühneneinrichtung auf jene Höhe, die die zeitgenössische Oper zu fordern begann.
Berühmt waren im 18. Jahrh. die Theater zu Venedig, [* 31] bei welchen die Versenkungen, plötzlichen Verwandlungen, Wechsel der Prospekte zuerst zu vollendeter Durchführung kamen. Giacomo Torelli (geb. 1608, gest. 1678), Francesco Guitti (baute 1638 das Theater zu Ferrara), [* 32] Micchetti glänzten als Baumeister sowohl wie als Maler von Dekorationen. In Bologna entwickelte sich darauf die Schule der Theaterbaumeister, welche im 18. Jahrh. fast alle Bühnen Europas beherrschte. So errichteten Tomaso Giusti 1686 das Theater zu Hannover, [* 33] Francesco Saturini das zu München; [* 34] Alessandro und Girolamo Mauro, namentlich aber die gefeierte Familie Galli Bibiena (s. d.) brachten das System zur Blüte. [* 35]
Der Zuschauerraum war in den von den Italienern gebauten Theater (Teatro reale zu Mantua [* 36] von Galuzzi, zu Prag [* 37] von Giuseppe G. Bibiena, Teatro Manzoni zu Pistoja, Communale zu Bologna [1756-63], Pergola zu Florenz von Antonio G. Bibiena und zahlreichen andern) meist hufeisenförmig im Grundriß behandelt. Der Hof [* 38] saß im Parterre, die erste Reihe Logen war für die Hofdamen, die obern für die meist geladenen Zuschauer bestimmt. Das Proscenium war bereits in moderner Weise ausgestaltet, die Bühne sehr geräumig.
Großartig und bisher nicht wieder erreicht war die scenische Einrichtung, in der phantastische Architekturen
die Hauptrolle spielten. Auch nach Frankreich, England, Spanien, Rußland brachten Italiener die Bauart ihrer Theater; die alte Comédie
française
im Faubourg St. Germain baute aber 1687 François Dorbay (gest. 1697). Auch hier
waren schon die Logen in drei Ränge verteilt, der hintere stark erhöhte Teil des Parterre aber für
Stehplätze eingerichtet. Das bescheidene Proscenium ragte weit in den Saal hinein, weil auf beiden Seiten der Bühne die bancs
du théâtre
standen, bevorzugte Sitzreihen, die für die Schauspieler selbst auf der Bühne nur 5 m frei ließen. Die Opernhäuser
im Louvre, in Versailles
[* 39] waren dagegen ganz nach ital. Weise eingerichtet. In der Mitte des 18. Jahrh.
begann das Theater dem Klassicismus und mit diesem größerer Einfachheit und Strenge sich zuzuneigen. Francesco Scipione Maffei
(s. d.) führte diesen Geschmack zuerst am Teatro Filarmonico zu Verona
[* 40] durch, Giovanni Nicolo Servandoni (geb. 1695, gest.
1766) und sein Lehrer Giovanni Paolo Panini (geb. 1691, gest. 1765) brachten ihn in
Paris, Dresden,
[* 41] London
[* 42] und damit in der ganzen Welt zum Siege, namentlich in Hinsicht auf die scenische Einrichtung; das neue
Theater zu Versailles (1770 von Gabriel) zeigt ihn bereits vollkommen durchgeführt. (Vgl. Gurlitt, Geschichte
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