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hintere, unmittelbar vor der Scene liegende Hälfte der kreisrunden Orchestra; hier spielten die Schauspieler in derselben Ebene wie der Chor, ihr Spielplatz war nicht, wie man früher annahm, auf einer erhöhten Bühne, die durch das Proskenion gebildet wäre, sondern vor dem Proskenion in der Orchestra. Nur in besondern, durch die Handlung gegebenen Fällen, z. B. bei Göttererscheinungen, wurde das Dach [* 2] des Proskenions oder der Scene oder das zweite Stockwerk (s. Taf. I, [* 1] Fig. 1) benutzt.
Diese konventionelle Einrichtung der griech. Bühne erhielt sich Jahrhunderte hindurch. Die alte Bühne hat sich der körperlichen und gemalten Dekorationen nicht in dem Sinne realistischer Täuschung bedient, sondern in der scenischen Darstellung manches nur symbolisch angedeutet und der Phantasie der Zuschauer viel zu ergänzen übrig gelassen. Vor allem blieben der antiken Bühne die modernen Lichteffekte versagt, da die Vorstellungen stets bei Tage stattfanden; doch besaß sie viele ähnliche Einrichtungen wie die moderne.
Auch war in einigen antiken Stücken, wie in den «Eumeniden» des Äschylos und dem «Aias» des Sophokles, ein Scenenwechsel erforderlich. Gewiß wurde die Scene regelmäßig durch verschieb- und wegnehmbares Getäfel oder Tapeten gebildet. Eine weitere Dekorationsvorrichtung, ähnlich unsern Coulissen, hatten die Griechen in den Periakten, dreiseitigen breiten Pfeilern, deren Wände verschiedene Dekorationsansichten darboten und die, an den Seiten der Bühne nahe den Paraskenien auf Zapfen [* 3] stehend, umgedreht wurden, wodurch ein sichtbarer Scenenwechsel ausgeführt werden konnte. Daß die antike Bühne eine Ober- und Untermaschinerie besaß, ist wahrscheinlich, denn es wird ein Hebewerk erwähnt, vermittelst dessen die Entführung eines Leichnams und Luftfahrten der Götter und Heroen über die Bühne bewirkt wurden.
Noch zur Zeit der Blüte [* 4] der dramat. Poesie im 5. Jahrh. v. Chr. bestand in Griechenland [* 5] kein festes Theater; [* 6] die Sitze sowohl wie das Spielhaus, die Scene, waren von Holz. [* 7] Erst im 4. Jahrh. v. Chr. trat an die Stelle des Holzbaues ein Steinbau, aber die Art des Spielens und die Einrichtung der Scene blieb zunächst dieselbe. Das älteste erhaltene steinerne Theater ist das Dionysostheater in Athen [* 8] am Fuße der Akropolis; [* 9] es bot die Aussicht auf das Meer und benutzte einen Teil des Felsens als Hinterwand und Unterbau zum Schauplatz. Es enthielt Raum für etwa 15000 Personen und wurde auch zu Volksversammlungen u. s. w. benutzt.
Man baute auch sonst in Griechenland die Theater womöglich an dem Abhang eines Hügels oder Felsens, um hier die Sitze der Zuschauer stufenweise übereinander anlegen zu können. Zwischen den in erweitertem Halbkreis angebrachten Sitzreihen liefen ein oder mehrere breite Gänge umher; Treppen [* 10] führten zwischen den Sitzräumen strahlenförmig von unten nach oben und zerlegten den ganzen Zuschauerraum in große Keile. Die untersten Reihen hinter der Orchestra galten für die vornehmsten Plätze, wo die Priester und Behörden sowie andere fremde und einheimische Personen, welchen dieses Ehrenrecht verliehen war, saßen.
Bei den Griechen fanden ebenso wie bei den Römern die theatralischen Vorstellungen nur bei religiösen Festen statt. Sie gingen vom Staate aus und standen unter Aufsicht von Staatsbeamten. In Athen stand an der Spitze ein Archon, der die geschäftliche Oberleitung hatte. Der Staat sorgte für die Schauspieler. Von ihm wurden die Protagonisten (erste Schauspieler) ausgewählt und durch das Los den einzelnen Dichtern zugeteilt. Diese hatten dann für die andern Schauspieler zu sorgen.
Der Chor (s. d.) wurde von einem reichen Bürger gestellt, ausgerüstet, mit Kostümen versehen und während der Einübung unterhalten; diese vom Staat auferlegte Leistung hieß «Liturgie». Bei jedem Feste wurden mehrere Dramen gegeben, so daß deren Aufführung mehr als einen Tag in Anspruch nahm. Die Dramen (Komödie wie Tragödie) wurden von fünf Kunstrichtern beurteilt. Nach ihrem Ausspruch erteilte man die Preise, die in einem Epheukranze und namhaften Geldsummen bestanden. Der Staat baute die Theater. Das Gebäude mit Zubehör, also auch den Dekorationen, hatte der Theaterpächter zu erhalten, der seine Auslagen durch das Theorikon (Eintrittsgeld) deckte. Dieses betrug zwei Obolen (25 Pf.) und ward seit Perikles' Zeit den weniger bemittelten Bürgern vom Staate gezahlt.
Das römische Theater zeigt bei im ganzen ähnlicher Anlage im einzelnen wesentliche Verschiedenheiten, die sich zum Teil aus den durch den Wegfall des Chors veränderten Bedingungen des Spieles erklären. Das Hauptsächliche ist die Teilung der Orchestra in eine vordere tiefere Hälfte und einen hintern erhöhten Raum, welcher nun als abgegrenzte feste Bühne vor dem Proskenion sich darstellt. Die vordere Hälfte wurde jetzt zu dem Zuschauerraum mit einbezogen, dieser pflegt im Grundriß die Gestalt eines Halbkreises zu haben.
Der Theaterbau [* 11] in Rom [* 12] beginnt mit dem 2. Jahrh. v. Chr. Die Gebäude waren aus Holz und wurden nach den Spielen jedesmal wieder abgebrochen. Erst im J. 55 v. Chr. erhielt Rom das erste steinerne Theater durch Pompejus. Ein zweites erbaute Cornelius Balbus 13 v. Chr., und in demselben Jahre wurde das dritte, das des Marcellus, eingeweiht, von dem noch bedeutende Reste erhalten sind. Neben diesen drei steinernen Theater sind aber immer von neuem in der röm. Kaiserzeit auch Theater für zeitweiligen Gebrauch aufgeschlagen und oft mit größter Pracht ausgestattet worden. Seit 133 v. Chr. war im römischen Theater der Vorhang (Hulaeum) eingeführt, der während des Spiels in einer Vertiefung vor der Bühne ruhte und am Schluß aufgezogen wurde.
Bei den Römern wurden für die scenischen wie für die Circensischen Spiele (s. d.) von Staats wegen Summen bewilligt, aber da die Veranstaltung solcher Spiele ein Weg war, sich die Gunst des Volks zu erwerben, wurden von den mit der Leitung beauftragten Magistraten aus eigenen Mitteln große Summen noch dazu gegeben. Privatpersonen und vollends die Kaiser veranstalteten die von ihnen gegebenen Spiele ganz aus ihren Mitteln.
Reste von altklassischen Theateranlagen sind zahlreich. Das Dionysostheater zu Athen läßt in seinen verschiedenen Umbauten die einzelnen Perioden der Entwicklungsgeschichte des Theater erkennen. Das gut erhaltene Theater von Epidauros (s. d.), im Altertum berühmt wegen seiner Schönheit, ist besonders wichtig, weil es die ursprüngliche griech. Anlage der Hauptteile unverändert durch spätere Umbauten zeigt. Andere Theater sind erhalten in Peiraieus, in Oropus, Eretria, Sikyon, Megalopolis, Sparta, Messene, auf Delos, in Kleinasien in Assus, Pergamon, [* 13] Priene, Magnesia, Ephesos, [* 14] Milet. Das Theater zu Aspendos in Kleinasien ist durch die noch vorhandenen Reste des Scenengebäudes merkwürdig, von dem bei den ¶
[* 15] ^[Abb. 1. Antikes Theater zu Orange (rekonstruiert).]
[* 15] ^[Abb. 2. Antikes Theater zu Orange (jetziger Zustand).]
[* 15] ^[Abb. 3. Grundrisse zur
Fig. 1.]
[* 15] ^[Abb. 4. Grundrisse vom Paterregeschoß des Opernhauses zu Budapest. [* 16] Erbauer: Nikolaus Ybl.] ¶
0748b Theater II 1. Hofburgtheater zu Wien, [* 18] von G. Semper und K. von Hasenauer erbaut (1888 vollendet. 2. Opernhaus zu Frankfurt [* 19] a.M., 1873–80 nach Plänen von Lucä erbaut. 3. Opernhaus zu Budapest, 1875–84 von Nikolaus Ybl erbaut. 4. Theater zu Wiesbaden, [* 20] 1892–94 von Fellner und Helmer erbaut. ¶
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meisten andern nur die Fundamente mehr oder weniger gut erhalten sind. Von den vielen in Italien [* 22] sind, außer denen zu Rom selbst, namentlich die wieder entdeckten zu Herculanum und Pompeji [* 23] zu erwähnen. In Gallien sind die von Arles, Orange (s. Taf. I, [* 21] Fig. 1-3), Bordeaux, [* 24] Besançon [* 25] in Resten erhalten.
Vgl. Wieseler, Theatergebäude und Denkmäler des Bühnenwesens bei den Griechen und Römern (Gött. 1851);
Strack, Das altgriech. Theatergebäude (Potsd. 1843);
Geppert, Die altgriech. Bühne (Lpz. 1843);
Schönborn, Die Skene der Hellenen (Berl. 1858);
Wieseler, Griechisches (in der «Allgemeinen Encyklopädie» von Ersch und Gruber, 1. Sekt., 83. Bd., Lpz. 1866);
Sommerbrodt, Scaenica (Berl. 1876);
Kawerau, Theatergebäude (in Baumeisters «Denkmälern des klassischen Altertums», Münch. 1884-88);
Alb. Müller, Lehrbuch der griech. Bühnenaltertümer (Freib. i. Br. 1886);
Stengel [* 26] und Öhmichen, Sacralaltertümer und Bühnenwesen der Griechen und Römer [* 27] (Münch. 1890);
Haigh, The Attic theatre (Oxf. 1890);
Öhmichen, Griech. Theaterbau (Berl. 1886);
für das röm. Theaterwesen: Becker, Handbuch der röm. Altertümer, Bd. 1 (Lpz. 1843), und in dem «Handbuch» von Marquardt und Mommsen, Bd. 6 (von Marquardt; 2. Aufl. von Wissowa, ebd. 1885), den Abschnitt über die Spiele von Friedländer; R. Opitz, Schauspiel und Theaterwesen der Griechen und Römer (ebd. 1889);
Arnold, Das altröm. Theatergebäude (ebd. 1873);
Ribbeck, Die röm. Tragödie (ebd. 1875);
Bethe, Prolegomena zur Geschichte des Theater im Altertum (ebd. 1896);
Robert, Die Scenerie des Aias, der Eirene und des Prometheus (im «Hermes», [* 28] Bd. 31 [1896], S. 530-577);
Körting, Geschichte des griechischen und römischen Theater (Paderb. 1896);
besonders aber Dörpfeld und Reisch, Das griechische Theater (Lpz. 1896).
Das moderne Theater wuchs wie das antike aus dem Gottesdienst, seine Gestaltung aus den Trümmern der antiken Kunst hervor. Da frühzeitig die Kunst im Dienste [* 29] der Kirche stand, so bequemte sich die bauliche Anlage der Gotteshäuser dem Zweck der heiligen Festspiele an und gemahnte an die antiken Muster. Bot der Bau der Kirche die örtliche Gelegenheit der Spiele nicht von selbst, so ward sie durch aufgeschlagene Gerüste dazu hergestellt. Und dies geschah auch, als zunehmende Verweltlichung auch allzu personenreiche Texte die Kirchenspiele, Mysterien (s. d.) genannt, aus dem Gotteshause ins Freie auf Kirchhöfe, Straßen, Märkte verbannte.
Während uns erhaltene Grundrisse erweisen, daß anfangs auch im freien Raume die Anordnung der terrassenförmig ansteigenden dreiteiligen Bühne nicht aufgegeben war, so erweiterte und verwirrte sich doch nur zu bald, des kirchlichen Rahmens beraubt, das Scenenbild. In Frankreich, das schon im Mittelalter vorangehend für die theatralische Entwicklung wurde, suchte man die geschlossene Anlage zu bewahren, indem man die Zahl der Emporbühnen hoch übereinander steigerte, oder die drei Bühnenräume durch Zwischenteilung in zahlreiche sog. loges vervielfältigte, oder auch die Bühnenbauten in stumpfen Winkeln um die Zuschauer stellte, die sich nun von einem zum andern wenden mußten, oder man gab den festen Stand ganz auf und verteilte, gleich den Stationsaltären der Fronleichnamsprozessionen, die Handlung auf Einzelbühnen in verschiedenen Gassen. (So beim Einzug Ludwigs XI. in Paris.) [* 30] Solange dem Schaugerüst eine geschlossene Form gegönnt blieb, ergab der Inhalt der Texte die Verteilung von Himmel [* 31] ins oberste, Erde ins mittlere und Höllenloch ins unterste Stockwerk. Im Grundsatz hielt man sich an diese Anordnung auch da noch, als die Spiele in Raum und Zeit ausarteten. Sie dauerten mehrere Tage, daher die Abteilungen «Tagewerke» hießen, und dehnten ihren Schauplatz über weite Märkte aus.
Wie in Spanien [* 32] und England ein Hofraum mit seinen Fenstern oder umlaufenden Galerien den Blick auf ein an der einen Schmalseite des Hofs aufgestelltes Gerüst gewährte, so gab ein Marktplatz mit allen Fenstern, ja den Dächern dreier Häuserreihen vielen Gelegenheit zum Schauen.
Als die Reformation das Bühnenspiel zur lebendigen Zunge des Glaubensstreites machte, verlangte der gesprochene, längst deutsch gewordene Text für Sprecher und Hörer den engern Raum. So zogen sich die Spiele in Höfe, Säle, Scheunen (Stadel), wenn nicht in die Aula einer Schule zurück, denn die Schulkomödie, anfangs als Übung im Lateinischen, war durch Luthers und seiner Anhänger Ermunterung in Aufnahme gekommen und bemächtigte sich gleichfalls des Bekenntnisstreites.
Wetteifernd mit diesen waren aus der Meistersingerzunft die Bürgerspiele erwachsen. Als die ihnen nach Einführung der Reformation an den meisten Orten zum Zweck ihrer Singeschule und Spiele eingeräumten Kirchen wegen allzu grober Verweltlichung der Spiele wieder entzogen waren, mußten sie sich mit den Räumen der Wirtshäuser begnügen. Hier mußten sie auf flachem Boden spielen und demgemäß in der Wahl der Spiele sich wieder auf Gespräche, Schwanke oder solche Handlungen beschränken, welche jeder Anforderung an Erhöhung der Bühne oder Versenkung entsagten.
Das «Tantzhaus» war ein unbedeckter Hofraum; in ihm war eine Brücke [* 33] (der süddeutsche Ausdruck für ein Gerüst, das lat. pons) errichtet, hinter welcher eine zweite Emporbühne, «Zinne» geheißen (gleichfalls süddeutscher Ausdruck für Altan), sich erhob, die bald die wirkliche Zinne einer Burg, bald einen Altan, bald auch den Himmel vorstellte; nicht anders wie die Emporbühne der Antike. Ein Thor in der Mittelwand ließ durch Auseinanderschieben der Thürflügel das Innere des Schauplatzes («im Perspektiv») wahrnehmen, gleich wie die Exostra oder das Ekkyklema der antiken Scene.
Nicht die Not, sondern eigene Wahl bewog die Pariser Société des Comédiens, welche das gelehrte Drama nach dem Muster der Alten aufbrachten, in der Mitte des 16. Jahrh. schon sich der einfachen, teppichumhangenen Scene zu bedienen.
Im grellsten Gegensatze zu dieser gewaltsamen Rückkehr zu schlichter Einfachheit stand der Luxus der Aufzüge, [* 34] Inventionen und Zauberfeste, welcher mit der aus den Schäferspielen hervorgegangenen Oper auf die Bühnen der italienischen Höfe übergegangen war. Die Architekten Peruzzi und Serlio (Architettura", Par. 1545) brachten hier das System des Theaterbaues zur Sprache. [* 35] (Vgl. Flechsig, Die Dekoration der modernen Bühne in Italien, Dresd. 1894.) Auch der span. Bühne war durch Lope de Vegas geistliche und weltliche Schauspiele alles zugemutet worden, was die Erfindungskraft jener Zeit nur an theatralischer Täuschung leisten mochte. In die Niederlande [* 36] hatte die span. Herrschaft diesen theatralischen Pomp verpflanzt. ¶