(vom lat. textĭlis, gewebt, gewirkt, geflochten) umfaßt alle diejenigen
Prozesse, welche aus
Faserstoffen Gespinste, Geflechte, Gewebe,
[* 4] Gewirke und ähnliche Fabrikate, endlich Bekleidungsgegenstände
aller Art herstellen unter Anwendung des Zusammendrehens, Flechtens, Webens, Wirkens, Nähens, Stickens. Ausgeschlossen ist
hiernach die Papierfabrikation,
[* 5] bei welcher das besondere Hilfsmittel der Ausscheidung aus Wasser zurVereinigung
faseriger Elemente angewandt wird.
Die Rohmaterialien der Textilindustrie sind die Gespinstfasern
[* 6] (s. d.);
diese werden durch die Methoden der
Spinnerei (s. d.) zu
Garn (s. d.) gesponnen, aus welchem dann durch die verschiedenen Methoden
des Flechtens, Webens, Wirkens u. s. w. die
Fadengebilde (s. d.) hervorgehen. Die einzelnen Zweige der Textilindustrie werden
auf besondern Fachschulen gelehrt (s. Färberei- und Appreturschulen, Klöppelschulen,
Konfektionsfachschulen, Kunststickereifachschulen,
Maschinenstickerschulen, Nähschulen,
Spinnereischulen,
Stick- und Schlingschulen,
Webschulen, Wirkschulen).
Joh., oder
Tetzel, eigentlich Diez oder Diezel, Ablaßkrämer, geb. um 1455 zu
Leipzig, studierte daselbst
Theologie
und trat 1484 in denDominikanerorden. 1502 zum Ablaßprediger bestellt, trieb er fünf Jahre lang den
Ablaßhandel in der anstößigsten
Weise. In
Innsbruck
[* 7] wegen ehebrecherischen Umgangs zum
Tode durch Ertränken verurteilt,
auf Fürsprache Kurfürst
Friedrichs von
Sachsen zu ewigem Gefängnis nach
Leipzig abgeführt, auf Verwendung des Erzbischofs
Albrecht von Mainz
[* 8] freigelassen, wurde Tezel zum apostolischen Unterkommissarius, von
Albrecht von Mainz zum
Inquisitor haereticae pravitatis ernannt.
Schon 1509 verkaufte er in
Görlitz
[* 9] unter der Devise «So bald das
Geld im Kasten klingt,
die Seele in den Himmel
[* 10] springt»
seine Ablaßbriefe; im Herbst 1517 betrieb er das
Geschäft im
Brandenburgischen. Dies veranlaßte
Luther, seine 95
Thesen an die Schloßkirche zu Wittenberg
[* 11] anzuschlagen. In
Frankfurt
[* 12]
a. O. 1518 zum
Doktor der
Theologie promoviert, kehrte Tezel nach
Leipzig in das Paulinerkloster zurück, wo er im Aug. 1519 an der
Pest starb.
-
(spr. thäckĕrĕ),WilliamMakepeace, engl.
Schriftsteller, geb. zu Kalkutta,
[* 15] wurde nach England geschickt und lernte so in der
Charterhausschule das Schulwesen kennen, das er später in der Weihnachtserzählung «Doctor
Birch and his young friends» und in verschiedenen seiner größern Werke anschaulich und ergötzlich schilderte.
Hierauf brachte er von 1829 an einige Zeit in
Cambridge zu und ging dann nach
London.
[* 16] Später bereiste
er
Frankreich,
Italien
[* 17] und
Deutschland,
[* 18] teilweise um sein Malertalent auszubilden und sich für die Laufbahn eines Künstlers
vorzubereiten.
Nach einem längern Aufenthalt in
Rom und
[* 19] einem Besuch in
Weimar,
[* 20] wo er
Goethe vorgestellt wurde, ließ er sich 1834 zum regelmäßigen
Betrieb künstlerischer
Studien in
Paris
[* 21] nieder. Seine schriftstellerische Laufbahn begann Thackeray als
Pariser Korrespondent für
die von seinem Stiefvater begründete
Zeitung «The Constitutional», ein
Blatt
[* 22] von vorgeschrittener liberaler Haltung, das jedoch
schon nach einem Jahre wieder einging und in seinem Falle den Rest von T.s nicht unbeträchtlichem Vermögen begrub.
Darauf kehrte Thackeray nach
London zurück und widmete sich nun ganz der litterar. Thätigkeit. Er starb in
London. Seine
ersten größern
Arbeiten, darunter «Yellowplush papers», «The
great Hoggarty diamond», «A shabby genteel story», erschienen in
«Frazer's
Magazine» und machten das Publikum aus ein humoristisches
Talent aufmerksam, dessen
Schärfe an
Swift und dessen Gemütlichkeit an Fielding erinnerte. Noch größere Beachtung fanden die im
«Punch» veröffentlichten, durch
glänzenden Witz und
Humor und beißende Satire ausgezeichneten «Snob papers» (deutsch in
Reclams
«Universalbibliothek»).
Seine
Berichte aus
Paris gab er 1840 als
«Paris sketchbook» (2 Bde.) gesammelt heraus. Diesem
folgte 1842 das «Irish sketch-book» (2 Bde.),
1846 die
«Notes of a journey from Cornhill to
Grand-Cairo»
und 1851 «The Kickleburys on the Rhine». Die meisten dieser
Schriften sowie andere Novellen und
Skizzen, die in Zeitschriften
veröffentlicht und später einzeln herausgegeben wurden, erschienen unter dem
PseudonymMichaelAngelo Titmarsh. Unter seinem
eigenenNamen trat Thackeray zuerst mit dem
Roman«Vanity fair» (1846-48; deutsch u. d. T.: «Jahrmarkt
des Lebens» in Reclams
«Universalbibliothek») hervor, der ihn mit einem
Schlage auf eine
Stufe mit
Dickens erhob und
¶
mehr
auch dem Auslande als einen der ersten Sittenmaler unserer Zeit bekannt machte. Als realistisch herbe Schilderung engl. Sitten
und Eigentümlichkeiten, als vernichtende Satire gegen das selbstsüchtige Treiben der modernen Gesellschaft, als psychol.
und stilistische Meisterbildung gehört das Werk zu den bedeutendsten Erzeugnissen der engl.
Romanlitteratur. Ihm folgte 1850 «Arthur Pendennis», eine geniale Behandlung desselben Themas, in die viele
Thatsachen aus T.s eigener Lebensgeschichte verwoben sind. Eine neue Richtung schlug er in dem histor. Roman «Henry Esmond»
(1852) ein, der mit Scottscher Kunst die Epoche der Königin Anna darstellte. Im Herbst 1852 folgte er einer Einladung nach
den Vereinigten Staaten,
[* 24] um dort seine in England berühmt gewordenen Vorträge über die engl.
Humoristen des 18. Jahrh. zu halten, die als «Lectures
on the English humorists of the eighteenth century» (Lond. 1853) gesammelt erschienen.
Bald nach seiner Rückkehr erschien der Roman «The Newcomes» und 1858-59 «The
Virginians», ein Gegenstück zu «Esmond». Bei einer
zweiten Reise nach Amerika
[* 25] (1855) hielt Thackeray die meisterhaften, ebenfalls später veröffentlichten Vorträge «The
four Georges». 1859 begründete er die Monatsschrift «Cornhill Magazine», in der er den Roman «History of Philip», die Novelle
«Lovel the widower» und die «Roundabout
papers» veröffentlichte. Sein letzter Roman, «DenisDuval», blieb unvollendet. Form und Inhalt seiner Werke
sichern Thackeray eine hohe, wenn nicht die höchste Stellung unter den engl. Humoristen. Unter den zahlreichen Ausgaben seiner Werke
ist vor allem die seit 1880 erschienene «Edition de luxe» (24 Bde.)
zu erwähnen. -
Vgl. Hannay, Memoir of Thackeray (Edinb. 1864);
Taylor, Thackeray the humorist and the man of letters:
the story of his life (Lond. 1864; 2. Aufl. 1868);
Thackerayana. Notes and anecdotes (ebd. 1874 u. ö.);
A. Trollope, Thackeray
(ebd. 1879; deutsch von Katscher, Lpz. 1880);
Conrad, Thackeray, ein Pessimist als Dichter (Berl. 1887).