halboffizielle
Niederlagen, oder auch Vorschriften, welche die Landwirte zum Halten bestimmter Vorräte zwangen. Ähnliche
Einrichtungen bestehen noch heute in
Rußland. Der franz.
Konvent nötigte noch durch ein Gesetz vom J. 1793 alle Getreidehändler
und Landwirte, ihre Vorräte zu deklarieren und zu einem festen Preise zu verkaufen. Vorübergehend sind
Ausfuhrverbote in
Teuerungszeiten mehrfach auch noch im Laufe dieses Jahrhunderts in verschiedenen
Staaten erlassen worden. Auch die
Ausfuhrzölle
haben sich bis zur Mitte dieses Jahrhunderts teilweise in Europa
[* 2] erhalten. Ein weiteres
Mittel, das behufs Bekämpfung der
Teuerung Anwendung fand, war die
Suspension der Luxusgewerbe, die
Korn als Rohstoff verarbeiten, der
Branntwein-, Bier-,
Stärke-, Puderfabrikation u. s. w. Auch diesem begegnet man noch im Laufe dieses Jahrhunderts;
so noch in dem Notjahre 1846/47.
Seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts entwickelte sich mehr und mehr die
Anschauung, daß das geeignetste
Mittel,
um Teuerungen vorzubeugen, in der freien
Entwicklung eines selbständigen Kornhandels zu erblicken sei.
Als aber seit den sechziger Jahren des 19. Jahrh. die überseeische Getreideproduktion
sich immer stärker entwickelte und mit ihren billigen Produkten dem europ. Getreide
[* 3] auf seinen
alten Märkten eine immer empfindlichere Konkurrenz bereitete, entwickelte sich allmählich in den
Staaten, die nicht, wie
England, in der
Lage und gewillt waren, die Interessen der
Landwirtschaft denen der
Industrie und des
Handels
zu opfern, eine Politik, die bezweckte, eine übermäßige Verbilligung des Getreides und anderer wichtiger landwirtschaftlicher
Produkte zu verhüten. In
Deutschland
[* 4] wurden zu diesem Zwecke die bereits abgeschafften Getreide-, Mehl- und Viehzölle 1879 wiederum
eingeführt und in den folgenden Jahren allmählich erhöht.
Ähnlich verfuhren die übrigen
Staaten.
Da aber der getreidereiche
OstenDeutschlands,
[* 5] um den
Vorteil der
durch den
Zoll erhöhten Preise sich nutzbar zu machen, genötigt war, seinen Überschuß anstatt wie früher überseeisch
ins
Ausland, nunmehr zu
Lande nach
Mittel-, West- und Süddeutschland abzusetzen, so daß ihm auf dem teuern Landwege der
größte
Teil des
Vorteils aus den
Zöllen wieder verloren ging, wurde durch Gesetz vom nachdem zuvor durch die
Handelsverträge (s. d.) der J. 1891-94 die Getreidezölle um etwas ermäßigt
waren, der
Identitätsnachweis (s. d.) bei der Ausfuhr von Getreide aufgehoben
und dadurch für den Getreideexport eine Art vonAusfuhrprämie geschaffen. Der tiefgreifendste Versuch,
ein weiteres Sinken der
Getreidepreise
[* 6] zu verhindern und die gesunkenen Preise wieder zu heben, liegt in dem zuerst 1894,
dann noch zweimal im J. 1895 in modifizierter Gestalt im
Reichstage eingebrachten
Antrag Kanitz (s. Getreidehandel und Kanitz).
Ewige Teufe oder unendliche Teufe nennt der
Bergmann die unbestimmte, unbegrenzte, noch nicht erforschte
Tiefe der Flöze und
Gänge nach dem Mittelpunkte der Erde hin.
die aus dem Alten in das
Neue Testament und aus letzterm in die christl.
Dogmatik übergegangene
Vorstellung von einem bösen
Geist, der an der
Spitze
eines
Reichs böser
Geister und in beständigem
und rastlos thätigem Gegensatz gegen Gott und das
Reich Gottes gedacht wurde. Dem hebr. Monotheismus ist die Satanslehre
von Haus aus fremd. Wohl aber kannte schon der althebr. Volksglaube allerlei übermenschliche Unholde
und
Dämonen (s. d.), deren Verehrung von dem Bundesgotte Israels abziehe.
Die Gestalt des Satans erscheint zuerst im Prolog des
BuchesHiob, aber nicht als der spätere Höllenfürst, sondern unter
den
SöhnenGottes, nicht als ein gottfeindliches, sondern als ein Gott dienstbares Wesen, das seine Freude
daran hat, die Frömmigkeit der
Menschen auf die
Probe zu stellen, und hierzu von Gott Erlaubnis erhält. Ähnlich
1Kön.
22, 19-23,. wo einer unter den Engeln, die
GottesThron
[* 8] umstehen, sich erbietet, als Lügengeist durch den Mund falscher
Propheten
zu reden.
Schärfer ausgeprägt ist diese
Vorstellung in den nachexilischen
Büchern. Da ist es Satan, der 1 Chron.
21,1 den
David dazu reizt, das
Volk zu zählen, während der entsprechende ältere
Bericht (2 Sam. 24,1). diese Anreizung von
dem Zorne
Gottes ausgehen läßt; ebenso tritt Satan
Zach. 3, 1. dem Engel
Gottes gegenüber als Ankläger
des Hohenpriesters Josua vor dem
Throne Jahwes. Satan erscheint hier überall als die Personifikation des göttlichen Zorns,
im Gegensatz zu
Gottes in dem Engel Jahwes repräsentierter Bundesgnade.
Späterhin tritt der Satansglaube fast völlig zurück: weder in den
Apokryphen des Alten
Testaments (außer
Weish. 2, 23. fg.)
noch bei
Philo und Josephus ist von ihm die Rede. Desto häufiger ist (z. B.
in den
BüchernTobias und
Baruch) unter pers. Einfluß von untergeordneten
Dämonen die Rede, die allerlei
Unfug anrichten, sogar
in den
Menschen als Plagegeister Wohnung nehmen und nur durch geheimnisvolle
Mittel vertrieben werden können. In der unmittelbar
vorchristl. palästinensischen Litteratur (Henochbuch, Jubiläenbuch) findet sich der
Mythus von den
(1
Mos. 6). gefallenen Engeln ausgebildet, die, unter einem Oberhaupt stehend, die
Menschen zum Götzendienst verführen, ein
Geschlecht von
Dämonen erzeugen und ewiger Verdammnis verfallen.
Auch die
Götter der
Heiden werden als
Dämonen betrachtet, eine
Vorstellung, die schon früh unter den griech.
Juden entstanden war. Das Auftreten Jesu als persönlicher Messias verlieh der Idee von einem dem Wirken des Messias
feindlich gegenüberstehenden, unter einem persönlichen Oberhaupte zusammengefaßten
Reiche des
Bösen erst volle Anschaulichkeit
und Konsistenz. Die
Austreibung böser
Geister erschien auf diesem Standpunkte als die beständige Obliegenheit des fortwährend
mit dem Dämonenreiche im Kampfe begriffenen Messias, die Besiegung des Teufel, dem alle Heidenvölker
unterthan sind, als das Werk, das der
Aufrichtung des Messiasreichs vorhergehen müsse.
Schon in den Reden Jesu wird in mehr oder minder symbolischer
Weise der Kampf mit dem Teufel als Lebensberuf des Messias bezeichnet.
Die neutestamentlichen Schriftsteller malen besonders die Nachstellungen und Versuchungen aus, welche
die Messiasgemeinde von ihrem bösen Feinde, dem «Fürsten dieser Welt»,
dem «Herrscher der Finsternis», zu erdulden hat. In der Offenbarung des
Johannes wird der Satan als der Beherrscher des gottlosen röm.
Weltreichs geschildert, dessen
Bosheit in dem wiederkehrenden
Nero, als dem
Antichrist (s. d.), verkörpert erscheint. Satan ist
der große Drache,
[* 9] die alte Schlange,
[* 10] durch die schon
Eva verführt ist; im Himmel
[* 11]
¶
mehr
durch den Erzengel Michael besiegt, verfolgt er die KircheGottes auf Erden, wird durch den Messias überwunden, auf tausend
Jahre gefesselt, dann noch einmal befreit und nach einem letzten furchtbaren Kampfe in den Schwefelpfuhl geworfen. In den
jüngern Schriften, wie im Evangelium des Johannes, ist der Gegensatz Christi und des Teufel zu einem förmlichen
Dualismus zwischen dem Reiche des Lichts und dem der Finsternis zugespitzt.
Diese neutestamentlichen Vorstellungen bilden bis auf wenige neue Züge schon die Grundlage für den Teufelsglauben der ersten
sechs christl. Jahrhunderte. Als eigentlicher Sitz des Teufel und seiner Dämonen, in denen man immer bestimmter die verschiedenen
heidn. Götter wiedererkannte, galt die ganze heidn. Welt, als vornehmliche Werke des Teufel (als «pompa
diaboli») alles, was irgend mit dem heidn. Kultus zusammenhing, selbst Schauspiele, Fechterspiele, Tänze, allerlei öffentliche
Lustbarkeiten und Schmausereien, sowie die verschiedensten Künste und Gewerbe. Seine Feindschaft gegen die Kirche Christi bethätigte
der Teufel durch Anstiftung von Christenverfolgungen und Ketzereien, durch Verleitung der Gläubigen zum Abfall
und zu allerlei Lastern, durch Plagen mit Krankheiten, Hungersnot u. s. w. Sein Herrschaftsgebiet aber ist die von unzähligen
Teufel bevölkerte Hölle.
Eigentlicher Dualismus ist dem strengen Monotheismus des Judentums und Christentums fremd. Daher Teufel und Dämonen nicht als ursprünglich
böse, sondern als ursprünglich gute aber gefallene Engel galten. Die Gnosis und mehr noch der Manichäismus
ließen eine dualistische Betrachtungsweise des Teufel zu, wobei aber namentlich erstere die schließliche Überwindung
des bösen Princips stets im Auge
[* 13] behält. Die Vorstellung des Origenes und anderer Kirchenlehrer freilich, daß am Ende der
Dinge auch eine Bekehrung des Teufel bevorstehe, wurde von der spätern Kirche verworfen.
Mit besonderer Vorliebe verweilte die kirchliche Theologie bei der Schilderung des Kampfes Christi und des um die Herrschaft
über die Menschen. Das Erlösungswerk wurde anfangs als ein von Christus über den Teufel errungener Sieg, Christi Tod als ein dem
Teufel gezahltes Lösegeld vorgestellt, um die in seiner Gewalt befindlichen Seelen zu erkaufen. Man achtete auch die ungetauften
Christenkinder als vom Teufel besessen, daher die Sitte aufkam, den aus den Neugeborenen vor derTaufe auszutreiben. Für die Austreibung
der Dämonen aus Kranken waren sogar besondere Beamte angestellt. (S. Exorcismus.)
Eine ungleich reichere Ausbildung, als im kirchlichen Altertum, erhielt der Teufelsglaube im german. Mittelalter, zu welcher
Zeit der Glaube an Kobolde, Unholdinnen, Elfen und Zwerge mit den altchristl., durch Mönche und Einsiedler genährten Phantasien
vom Teufel und seinen Dämonen verschmolz. Außer dem Namen Teufel (altdeutsch tiuval) als Benennung von bösen
Geistern jeder Art kommen noch vor die Bezeichnung vâlant, der Verführer (auch vâlantinne, Teufelin), der alte Feind u. a. m.,
wogegen Satan erst seit Luthers Zeit wieder in Aufnahme kam.
Die Wohnung des Teufel dachte man sich in der Hölle (daher die alten Benennungen des Teufel: Hellewart, Hellewirt, Hellehirt);
doch
durften die Teufel gleich den alten Göttern und Geistern auch überall auf, über und unter der Erde verkehren.
Erschien der in rein menschlicher Gestalt, so war er wenigstens lahm, gleich dem ebenfalls vom Himmel herabgestürzten Feuergotte
Hephaistos
[* 14] des griechischen und dem Schmiede Wieland
des deutschen Mythus, und bekleidet mit grauem, grünem
oder rotem Rocke, gleich den Kobolden und Zwergen, den Erd-, Haus- und Herdgeistern des verdrängten Glaubens, zuweilen auch
schwarz und rußig, seinem Wohnorte und dem Gegensatze zum reinen Gotte gemäß. Gewöhnlich aber und zumeist wohl in Übertragung
der den german. Dämonen innewohnenden Macht der Gestaltwandlung erschien er als schwarzes Pferd,
[* 15] als Bock,
[* 16] als Sau, als Wolf, als (Höllen-)Hund, als Rabe, als Schlange u. s. w., oder mit Pferde- oder Bocksfuß, Hörnern und Schwanz.
Andere Züge erinnern an den Hammer
[* 17] Thors (s. d.) und an den angelsächs.
bösen Dämon Grendel (Riegel), dessen Mutter (Grendeles môdor) wiederum des Teufel Mutter oder Großmutter entspricht; daher
die Redensarten «Der Teufel schlägt seine Mutter» (wenn Regenschauer schnell mit Sonnenschein wechseln),
«Wo der Teufel nicht hin kann, da schickt er seine Großmutter hin».
Unter dem wirksamen Einfluß aller dieser neuen Elemente wurden einerseits die Phantasien vom Reiche des Bösen ins Ungeheuerliche
gesteigert, andererseits wurde doch auch das naive Verhältnis des german.
Heidentums zu seinen Dämonen auf das Verhältnis zum Teufel übertragen und gaben seinem Wesen eine bisher unbekannte humoristische
Seite. Von den großen Göttern gingen nur wenige Züge auf den Teufel über, höchstens einige vom Donar (Thor), dem Gott des
Gewitters; daher noch die Redensarten: «Da soll ja der Teufel (Donner) dreinschlagen»;
«Die (entlaufene) Gans ist zum Donner (Teufel) gegangen».
Dagegen überwies man ihm vieles, was man früher von Elementargeistern
niedern Ranges, von Riesen und Elfen oder Wichten (daher Bösewicht, Hellewicht, armer Wicht = armer Teufel) geglaubt hatte. Wie
die Elfen konnte der Teufel erscheinen, verschwinden, sich verwandeln; wie der Alp ritt er die Menschen, oder
nahm er von ihrem Fleische Besitz. Auch die große, nur freilich jetzt etwas gefährlichere Dienstfertigkeit der Elfen übernahm
der Teufel, verdingte sich als Knecht und trug seinen Freunden Getreide und andere Güter, als feuriger Drache zum Schornstein
hineinfahrend, auch Geld zu. Dieser heidn.
Fassung gehört die eine Seite des Mephistopheles im Volksbuche von Faust, während die andere den lutherisch-christlichen
Teufel zeigt. Von den Riesen empfing der Teufel die große physische Kraft
[* 18] und die Lust am Bauen, wobei er nicht selten Steine verlor,
die das Volk bis diesen Tag bewundert; zugleich erbte er auch die riesische Tölpelei und Dummheit, die
menschlicher List und Schlauheit fast immer unterliegt. Daneben bildete sich besonders die Vorstellung von der schädlichen
Macht des Teufel über die Natur, die Witterung, schädliche Tiere u. s. w., weiter aus, die man mit allerlei Zaubermitteln, durch
Glockenläuten, Prozessionen, Weihwasser und kirchliche Verfluchung zu bannen suchte. In engem Zusammenhange
wiederum mit der Herrschaft des Teufel über die Natur stand der Glaube an Hexerei. (S. Hexen.) Verträge mit Göttern kannte schon
das german. Heidentum; Verträge mit dem Teufel, bekräftigt durch blutige Unterschrift, kommen erst im spätern Mittelalter, aber
offenbar noch unter heidn. Einflüssen vor; eins der frühesten Beispiele bietet die Legende von Theophilus
(s. d.). Jeder ungewöhnliche Grad von Wissenschaft und Kunstfertigkeit galt, namentlich in den Zeiten niedriger allgemeiner
Kultur, als durch ein Bündnis mit dem Teufel erworben.
Gesondert von diesem bunten Volksglauben, dessen Trümmer sich in Hunderte von Sagen und Märchen¶