Enthaltsamkeitsmänner allerdings, da ihnen die
Spirituosen verboten, hauptsächlich auf den Genuß des
Thees oder
Kaffees angewiesen
sind. Die Entstehung des Wortes wird darauf zurückgeführt, daß einst ein Schmied aus
Birmingham
[* 2] in einem Meeting anstatt
«I
am a totaler» mit stotternder
Stimme gesagt haben soll: «I
am a t-t-totaler».
Im J. 1838 begann in
Irland die großartige Thätigkeit des Paters Mathew, eines
Franziskaners, der 1838-41
Millionen seiner Landsleute das Enthaltsamkeitsgelübde abgenommen haben soll. Dagegen machte in England die Sache der Temperánzgesellschaften nur
langsame Fortschritte, bis endlich 1880 R. T.Booth die 1877 in Nordamerika
[* 3] begründete
Blue Ribbon army (s. d.), die ihre
Enthaltsamkeitsforderung besonders auf religiöse Motive gründete, dorthin verpflanzte. Obgleich der
Name der
Blue Ribbon army und das
BlaueBand
[* 4] als
Symbol der
Abstinenz jetzt fast ganz verschwunden ist, so sind die
Vereine jener
christl.
Temperenzler doch bestehen geblieben. Unterstützung finden ihre Bestrebungen durch den
IndependentOrder of good Templars,
der 1851 in
Amerika
[* 5] begründet, 1868 in England eine neue
Heimat fand, und besonders auch durch die Heilsarmee
(s. d.), die ihren Mitgliedern beim Eintritt völlige
Abstinenz auferlegt.
In
Deutschland
[* 6] wurden
Mäßigkeitsvereine in Nachahmung der amerik. und engl. Bestrebungen 1837 zunächst in
Preußen
[* 7] aus Veranlassung
König
Friedrich Wilhelms III. ins Leben gerufen. Geistliche und Regierungsbeamte standen an der
Spitze. 1845 betrug
die Zahl der
Mäßigkeitsvereine 375 mit 60000 Mitgliedern, abgesehen von den bloß kirchlichen und örtlichen Gesellschaften
gleichen Zweckes.
Zwölf Mäßigkeitszeitungen wurden herausgegeben. Als
Apostel zog
Baron von Seld von Stadt zu Stadt. In diesen
Vereinen wurde nur der Branntweingenuß bekämpft, und zwar mit solchem Erfolg, daß viele
Brennereien
den Betrieb einstellen mußten.
Da man für die Landeskultur des
Ostens darin einen schweren Schaden sah, erlahmte allmählich der Eifer angesehener Führer,
die polit. Erregung der Zeit aber zerstreute die
Vereine. Die wenigen übriggebliebenen entschlossen sich zu den strengsten
Grundsätzen der Enthaltung. Sie bilden, 11 an der Zahl, seit 1884 einen Centralverband. Vergebens war
der Versuch, durch einen Kontinentalen Mäßigkeitskongreß zu Hannover
[* 8] (1863) die stockende
Bewegung in
Fluß zu bringen.
(lat.), der Wärmezustand eines Körpers. Man nimmt an,
daß der größere oder geringere Wärmegrad eines Körpers von der stärkern oder schwächern
Bewegung seiner kleinsten
Teile
(Moleküle, s. d.) abhängt. Wenn sich letztere ganz in Ruhe befinden, so
hat nach dieser
Vorstellung der Körper gar keine Wärme,
[* 10] ist absolut kalt. (S.
Absolute Temperatur.) Als
Maß für die Temperatur benutzt man die mit der
Bewegung der kleinsten
Teile verbundene
Ausdehnung
[* 11] der Körper, worauf die Temperaturmesser,
die
Thermometer
[* 12] (s. d.), beruhen. (S. auch Lufttemperatur und
Atmosphäre.) -
Über Kritische Temperatur s. d.
beträchtliche, rasch aufeinander folgende Unterschiede in der Lufttemperatur. Sie
kommen in Europa
[* 13] besonders im
Sommer bei Gewittern vor. Die herabstürzenden Wasser- und Hagelmassen können die Luft in kurzer
Zeit um 10° C. und noch mehr abkühlen, während nachher manchmal eine ziemlich schnelle Erwärmung eintreten kann. Im Winter
können nach starkem Frostwetter schnell hereinbrechende Cyklonen die
Temperatur in kurzer Zeit beträchtlich
erhöhen. Im allgemeinen stehen die Temperatursprünge mit raschen Änderungen in der Windrichtung im Zusammenhang.
Bekannt durch bedeutende Temperatursprünge sind Westsibirien und noch mehr Nordamerika. Hier bewirken die
Northers (s. d.) bedeutende Rückgänge
der Luftwärme. Setzen dann südl.
Winde
[* 14] ein, so steigt die
Temperatur schnell wieder. Am betrug in
Washington
[* 15] z. B. die
Temperatur 3
Uhr
[* 16] nachmittags +19°, am andern Morgen bei Sonnenaufgang -12°. Umgekehrt wurde an andern
Orten bei Nordwestwind früh 7
Uhr -8°, um 2
Uhr nachmittags bei Südwind aber +13° vorgefunden.
die Verteilung der Lufttemperatur (s. d.) auf der
Erdoberfläche.
Über die vertikale s.
Atmosphäre. Zur
Darstellung der horizontalen Temperaturverteilung auf einem größern
Bezirk pflegt man die an den einzelnen
Stellen beobachteten
Temperaturen auf das Niveau des
Meers zu reduzieren, wobei man auf 100 m
Erhebung je nach der Jahreszeit 0,4-0,7 °C., vielfach 0,5° C. durchschnittlich Temperaturabnahme annimmt. Die in Karten
eingeschriebenen
Zahlen pflegt man dann zur Konstruktion von
Isothermen (s. d.) zu verwenden. Je nachdem
man
Beobachtungen in einem bestimmten Zeitmoment oder
Monats- oder Jahresmittel u. s. w. zu
Darstellung anwendet, erhält man
Karten synchroner
Monats- oder Jahresisothermen u. s. w. Zur vergleichenden
Darstellung der Temperaturverteilung auf der Erde pflegt man nur
die Wärmeverhaltnisse im Winter,
Sommer und im Durchschnitt des ganzen Jahres zu geben. So giebt die
hierher gehörende Karte: Temperaturverteilung auf der Erde, die mittlern Wärmeverhältnisse für Januar und Juli als die
beiden extremsten
Monate sowie für das Jahr. Die Jahresisothermen lassen erkennen, daß im allgemeinen die
Temperatur vom
¶
mehr
Äquator nach den Polen zu abnimmt. Es treten jedoch bemerkenswerte Abweichungen von diesem allgemeinen Gesetz auf. Man sieht
drei Gebiete höchster Temperatur von den Isothermen +28 bis 30° C. umschlossen ungefähr unter 10 bis 20° nördl. Br. in
Centralamerika, Afrika
[* 19] und Indien. Nach Süden von dem Wärmeäquator, welcher zwischen dem 10. und 20.°
nördl. Br. liegt, nimmt die Temperatur ziemlich gleichmäßig ab, die Isothermen gruppieren sich um den Südpol, der als ein
Kältepol wird betrachtet werden können.
Nur über den südl. Kontinenten zeigen die Isothermen eigentümliche Nasen, die erkennen lassen, daß die Temperatur (im Meeresniveau)
über den Kontinenten höher ist als unter gleicher Breite
[* 20] über dem Meere. Die Isothermen der höhern nördl.
Breiten gruppieren sich nicht um den Nordpol, sondern mehr um eine Gegend, deren Mitte zwischen 80 und 90° nördl.
Br. und etwa bei 140° westl. Länge von Greenwich liegen wird. Diese von der Isotherme -20° C. umrahmte Gegend
wird man (zunächst bis weitere Beobachtungen vorliegen werden) als die kälteste Gegend der Nordhemisphäre und wohl auch
der ganzen Erde zu betrachten haben, sie ist der nördl. Kältepol.
Die polwärts gerichtete Ausbuchtung der Isothermen liegt auf der nördl. Halbkugel vielfach über dem Meere, so daß hier
die Gewässer in gleicher Breite oft wärmer sind als das feste Land. Besonders tritt dies an der Westküste
Europas hervor und wird der Wirkung des Golfstromes zugeschrieben. Danach ist das Temperaturjahresmittel des Nordens von
Schottland gleich dem von Berlin,
[* 21] und London
[* 22] und Wien
[* 23] haben ebenfalls gleiche Jahrestemperatur. Die Juliisothermen haben in ihrem
Verlauf viel Ähnliches mit denen des Jahres, das System erscheint nur mehr nach Nord zu verschoben.
Auffallend ist der Unterschied ihres Verlaufs über Europa und dem angrenzenden Teil des Atlantischen Oceans von dem der Jahresisothermen.
Es findet im Juli eine entschiedene Abnahme der Temperatur von Südost nach Nordwest statt. Ein ganz anderes
Bild ergeben die Januarisothermen. Der Wärmeäquator liegt über dem südl. Wendekreis. Fast ganz Australien
[* 24] hat Temperaturmittel
von 30° und mehr. In Afrika findet man zwei von der Isotherme -+30° umrahmte Gebiete und ein kleines solches Gebiet in Südamerika.
[* 25]
Auf der nördl. Halbkugel nimmt bis zum 40. Breitengrad die Temperatur ziemlich regelmäßig polwärts
ab. Von da an zeigt sich der große Einfluß von Wasser und Land. Der Atlantische Ocean hat Temperaturen, die auf seiner europ.
Seite erst vom Polarkreis an unter den Eispunkt gehen. Auf den Kontinenten zu beiden Seiten dieser warmen Meeresstraße erstrecken
sich Frostgebiete bis zum Parallel
[* 26] 35° herab. Die Temperaturabnahme ist über Europa eine fast genau
westöstliche.
Die Isothermenkarten haben zu einer Reihe von Vergleichungen und Untersuchungen Veranlassung gegeben, die nach mehrfachen
Richtungen hin Interesse bieten. GeneralA. von Tillo hat so unter der Annahme, daß beide Erdhälften im Jahresdurchschnitt gleiche
Temperatur haben, folgende Temperaturmittel gefunden:
Gebiete
Januar
Juli
Jahr
Nördliche Hemisphäre
+ 8,3
+22,6
15,5
Südliche Hemisphäre
+19,0
+11,9
15,5
Ganze Erde
+13,7
+17,2
15,5
Die Nordhemisphäre hat also einen um 3,6° kältern Winter, dagegen einen ebenso wärmern Sommer als die Südhemisphäre.
Ebenda übersteigt die Sommertemperatur die des Winters um 14,3°, im Süden
aber nur um 7,1° C. Interessant
ist der Unterschied der Lufttemperaturen über den Meeren und dem Festland in gleichen Breiten:
Im Januar ist also auf der ganzen nördl. Halbkugel das Meer wärmer als das Festland, während auf der südl. Halbkugel bis
50° südl. Br. die Kontinente um 4,8° wärmer sind als die Meere. Im Juli übersteigen die Festlandstemperaturen auf dem
ganzen Raum von 50° südl. Br. bis zum Nordpol diejenigen des Meers.
Danach ist Nordamerika im Nordwinter am kältesten und wesentlich kälter als Europa-Asien, auch im Nordsommer
kühler, so das; das Jahresmittel stark von dem für Südamerika absticht. Südamerika und Afrika können wegen ihrer Lage nur
geringe jahreszeitliche Temperaturänderungen haben, anders Australien, das sich im Südwinter verhältnismäßig wenig abkühlt,
dagegen im Südsommer stärker als einer der andern Kontinente erwärmt.
Eine andere Behandlung der Isothermenkarten wurde namentlich von Dove begründet und in neuerer Zeit
von andern Meteorologen ausgebaut. Es wurden die mittlern Temperaturen berechnet, die den einzelnen Breitenkreisen rings um
die Erde zukommen, und als Normaltemperaturen betrachtet, die allen Orten auf dem entsprechenden Breitenkreise zugehören.
Diese Normaltemperaturen haben nach Spitaler folgende Werte:
Der Wärmeäquator liegt demnach im Jahresmittel zwischen 10 und 15° nördl. Br., im Januar zwischen 0 und
5° nördlich und im Juli zwischen 20 und 25° nördlich. Die nördl. Halbkugel ist bis zum 45. Breitengrad
im Jahresmittel wärmer als die südliche, in den höhern Breiten ist sie aber wesentlich kälter als diese. Dove bildete
daraus die Abweichungen der an den verschiedenen Stellen eines Breitengrades beobachteten Temperaturen von
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