Stadt im preuß. Reg.-Bez. und Landkreis Münster, links an der Ems, in 56 m Höhe, an der Nebenlinie Münster-Rheda-Lippstadt
der Preuß.
Staatsbahnen, hat (1895) 2437 E., darunter 39 Evangelische und 39 Israeliten, Post, Telegraph, Reste der ehemaligen
Befestigungen, prächtige Kirche (1654) mit wunderthätigem Marienbild und sog. Gnadenkapelle, Rektoratsschule,
private Knaben- und höhere Mädchenschule, St. Rochushospiz für weibliche Irre und Kranke beiderlei Geschlechts;
Baumwoll-,
Leinen- und Wollweberei, Brauerei, Branntweinbrennereien, Bettfedernsortieranstalt, Liqueurfabrik, Wasser- und Dampfmühlen,
Sägewerk, Jahr- und Kälbermürkte.
Wilhelm, die volkstümlichste Gestalt der schweiz. Heldensage, war der Überlieferung nach ein als Armbrustschütze
und kühner Schiffer weit berühmter Landmann aus Bürglen (Uri),
der von dem Vogte Gehler gefangen gesetzt wurde, weil er dem Hute,
den dieser zu Altdorf als Zeichen der österr. Herrschaft aufgepflanzt hatte, die anbefohlene Reverenz
nicht bewies. Um das verwirkte Leben zu lösen, sollte er vom Haupte seines eigenen Sohnes einen Apfel schießen. Tell wagte
den Schuß und traf glücklich; aber weil er einen zweiten Pfeil aus dem Köcher genommen hatte, um damit, im Fall er sein
Kind getroffen hätte, den Vogt zu töten, sollte er auf dessen Befehl in die Burg Küßnacht übergeführt
werden. Auf der Fahrt über den Vierwaldstätter See gelang es ihm jedoch während eines Sturmes, sich am Axenberg (Tellsplatte)
durch einen kühnen Sprung ans Land zu retten, worauf er sich auf Schleichwegen nach Küßnacht begab und dort durch einen
Pfeilschuß aus einem Hinterhalt in der Hohlen Gasse den heimkehrenden Landvogt tötete und dadurch der Befreiung der Waldstätte
den Weg bahnte. 1315 soll er nach der Vermutung späterer Gelehrten an der Schlacht am Morgarten teilgenommen und bei der Rettung
eines Kindes aus dem angeschwollenen Schächenbach den Tod gefunden haben. 1895 wurde in Altdorf ein Denkmal
T.s (von Kißling) enthüllt.
Als Wahrzeichen T.s gelten die drei Tellskapellen (in Bürglen, zu Küßnacht an der Hohlen Gasse, auf der Tellsplatte) und der
Tellenturm und -Brunnen in Altdorf; indessen reichen namentlich die Tellskapellen, die am ehesten Beweiskraft hätten, nicht
über das 16. Jahrh, zurück. Manches, was mit der Überlieferung von Tell zusammenhängt, namentlich
die Existenz eines Vogtes Geßler, ist urkundlich erschüttert worden. Wir finden die früher nicht namentlich aufgeführte
Sage zum erstenmal aufgezeichnet im sog. Weißen Buch des Archivs von Obwalden
(um 1470) und
der Chronik des Melchior Ruß (1482) sowie
in einem etwa gleichzeitigen Volkslied («Tellenlied»),
wenn auch noch in rohen, unvollkommenen, zum Teil
voneinander abweichenden und sich widersprechenden Umrissen. Im 16. Jahrh. bringen dann Tschudi und andere, aus denen Schiller
geschöpft hat, jene sichtlich ausgeschmückte Darstellung, welche später die herrschende geworden ist. Auf die Entstehung
der Tellsage ist vielleicht ein altgerman. Mythus von Einfluß gewesen. So erzählt der dän. Chronist
Saxo Grammaticus von einem Schützen Toko, den der Dänenkönig Harald Blauzahn zu gleichem Schusse gezwungen und dessen Pfeil
später Harald erlegt habe. Die Isländer legen den Pfeilschuß unter denselben Umständen verschiedenen Männern bei, wie
z. B. Eigil, dem Bruder Wielands des Schmieds. Desgleichen ein Volkslied des nördl. Englands von William
of Cloudeslay. Auch in Holstein, am Oberrhein, in Norwegen an verschiedenen Orten hat sich diese Wandersage eingebürgert.
Züge dieser alten Sagen können auf einen wirklichen Helden der Befreiungskämpfe des 13. Jahrh. übertragen worden sein.
Vgl. Ideler, Die Sage vom Schusse des Tell (Berl. 1836);
Häusser, Die Sage vom Tell (Heidelb. 1840);
Hisely,
Recheres critiques sur l'histoire de Guillaume Tell (Lausanne 1843);
Huber, Die Waldstätte Uri,
Schwyz
und Unterwalden bis zur festen Begründung
ihrer Eidgenossenschaft.
Mit einem Anhang über die geschichtliche Bedeutung des Wilhelm Tell (Innsbr. 1861); H. von
Liebenau, Die Tellsage zu dem Jahr 1230 (Aarau 1864); Vischer, Die Sage von der Befreiung der Waldstätte
nach ihrer allmählichen Ausbildung. Nebst Beilage: Das älteste Tellenschauspiel (Lpz. 1867);
Nochholz, Tell und Geßler in Sage und Geschichte (Heilbr. 1877);
Meyer von Knonau, Die Sage von der Befreiung der Waldstätte
(Bas. 1873);
[* ] eine eiserne Falle zum Fang von Raubtieren, bei der die Stellung mittels eines Tellers erfolgt, der zwischen
die auseinander gehenden und niedergetretenen Bügel eingespannt wird. Tritt ein Tier auf den Teller, so
schlagen die Bügel zusammen. Die nachstehende Abbildung zeigt das Tellereisen fängisch. Es besteht aus einem Kranz (a), der etwa 2 cm
breit ist und 20 cm Durchmesser hat. aus den beiden Bügeln (dd), dem Teller (c), der Feder (d), der Kette (e)
mit dem Anker (k). Die kleinen eisernen Häkchen (gg) dienen zum Festhalten der aufgestellten Bügel, die rund oder viereckig
sind, desgleichen zum Festhalten des Tellers.
(spr. telljēz), Frai Gabriel, bekannter unter dem Namen El Maestro Tirso de Molina,
mehr
spanischer dramat. Dichter, geb. 1572 zu Madrid, wurde vor 1610 Mönch
im Kloster der Mercenarier in Toledo, bekleidete wichtige Stellen in seinem Orden, wurde 1645 Komtur des Klosters Soria und starb 1648. In
seiner dramat. Laufbahn, die er unter dem Namen Tirso de Molina betrat, war er ein Schüler Lope de Vegas.
Er selbst giebt um 1623 die Zahl seiner Komödien auf 300 an. Doch sind von ihm nur etwa 70 Komödien, einige Loas und Zwischenspiele
und Autos sacramentales erhalten.
Von den Komödien befinden sich 51 in der ungemein seltenen Sammlung seiner «Comedias» (5 Bde., Madr.,
Valencia und Tortosa 1627-36),
3 in den «Cigarrales de Toledo» (ebd. 1621-24) und etwa 19 sind zerstreut
gedruckt. Drei der Autos stehen in dem unter seinem wahren Namen herausgegebenen «Deleitar aprovechando» (Madr.
1635, 1677, und 2 Bde., 1765). Die spätern Sammlungen, die von
Madrid 1734-36, von Hartzenbusch und Durand (12 Bde., Madr.
1836-42) und Bd. 5 der «Biblioteca
de autores Españoles» geben nur eine Auswahl. Von den vielen Lustspielen mag nur das berühmte «Don Gil de las calzas verde»
genannt werden.
Nicht minder bedeutend ist er auch in den ernsten Charaktergemälden, wie in der Prudentia de la muger", welches zu den großartigsten
Werken der span. Bühne gehört, in dem ergreifenden Stücke «Escarmientos para el cuerdo» und in dem tiefgedachten
und mit glühenden Farben ausgeführten mystisch-ascetischen Drama «El condenado por desconfiado». Sein Don Juan («El burlador
de Sevilla, ó el convidado de piedra», deutsch von Dohrn, Berl. 1841, und von Ossig in
Reclams «Universalbibliothek») ist die Quelle aller spätern Behandlungen des gleichen Stoffs. Die Novellen
und Gedichte in den «Cigarrales de Toledo» und dem «Deleitar aprovechando» sind von geringerm Wert.
Außerdem ist von Tellez noch ein religiöses Gedicht «Acto de contricion» (Madr. 1630),
eine «Genealogia del Conde de Sástago»
(ebd. 1640) erhalten. -