Leitung er anfänglich mit Mendelssohn und Henning teilte, seit 1845 aber allein führte. 1869 wurde er zum Oberkapellmeister
ernannt, 1881 Präsident der
Akademie der Künste und
Vorsitzender ihrer musikalischen Sektion. Er starb in
Berlin.
[* 2] Als
Komponist hat Taubert bleibende Bedeutung durch seine «Kinderlieder»,
die in 13 Sammlungen von 1843 bis 1878 erschienen sind und das Gebiet des musikalisch
Naiven, Anmutigen
und fein Humoristischen in gelungenster Art vertreten. Seine größern Werke
(Sinfonien,
Opern, Schauspielmusiken) haben keine
Verbreitung gefunden.
Sein Sohn Emil Taubert, Dichter, geb. zu
Berlin, studierte daselbst
Philologie und
Philosophie, wurde
Lehrer amFriedrich-Wilhelms-Gymnasium
und 1877 Oberlehrer am königl. Lehrerseminar. Seit 1887 war er Theaterintendanturrat in der
Verwaltung der königl. Schauspiele. Er starb in
Berlin. Taubert schrieb, außer verschiedenen Novellen in Zeitschriften:
«Gedichte» (Berl. 1865),
(Surditas), die Unfähigkeit, Gehörseindrücke zu empfinden. Man unterscheidet eine vollständige Taubheit
(Kophosis),
d.
i. den
Mangel jedweder Gehörswahrnehmung, und eine unvollständige,
d. i. ein mehr oder weniger unvollkommenes
Hören (Baryecoia; Auditus difficilis). Sehr verschiedene
Krankheiten des Gehörorgans können Taubheit herbeiführen und sowohl
die schallaufnehmenden und schallleitenden
Teile des
Ohrs als auch die schallempfindenden
Teile desselben betreffen, also im
äußern Gehörgange, im
Trommelfell, im Mittelohr, im innern
Ohr,
[* 4] im Hörnervenstamm oder in den Gehirnpartien, von denen
der Hörnerv entspringt, ihren Sitz haben. Da Taubheit und Schwerhörigkeit nur ein
Symptom einer großen Menge der verschiedenartigsten
Krankheitszustände des Gehörorgans (s.
Ohrenkrankheiten) sind, so ist es natürlich, daß sie nicht von einem und demselben
Heilmittel oder Heilverfahren beseitigt werden können.
Die vollständige Taubheit ist unheilbar, kommt aber verhältnismäßig selten vor. Die Schwerhörigkeit
bietet je nach der ihr zu
Grunde liegenden
Krankheit der Behandlung mehr oder weniger Aussicht auf Erfolg. Je länger die Zeit
ist, seit der die Schwerhörigkeit besteht, desto geringer ist die Aussicht auf
Heilung. Deshalb ist jedem Ohrenkranken dringend
zu raten, möglichst bald bei einem Ohrenarzt Hilfe zu suchen. In nicht seltenen Fällen bleibt sonst
dem Schwerhörigen nur der Gebrauch eines seinen Zweck nur unvollständig erfüllenden
Hörrohrs (s. Hörmaschinen)
[* 5] übrig.
Ist die Taubheit angeboren oder in früher
Jugend erworben, so führt sie zur Taubstummheit. (S.
Taubstumm.)
Nach dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetz §. 188 ist zur gerichtlichen Verhandlung mit tauben oder
stummen
Personen, sofern nicht eine schriftliche Verständigung erfolgt, eine
Person als Dolmetscher zuzuziehen. Ob einem
Tauben
[* 6] bei der mündlichen Verhandlung ein Vortrag zu gestatten, ist dem Ermessen des Gerichts überlassen. In Strafsachen, welche
vor dem Landgericht verhandelt werden, muß dem tauben oder stummen Angeschuldigten ein Verteidiger bestellt werden.
Kann ein
Tauber oder
Stummer,
obschon er volljährig ist, seine Angelegenheiten nicht selbst verwalten, so ist ihm ein Pfleger
zu bestellen; nach dem
DeutschenBürgerl. Gesetzb. §. 1910 jedoch nur mit seiner Einwilligung, es sei denn, daß eine Verständigung
mit ihm nicht möglich ist.
Friedr.,Humanist, geb. zu Wonsees bei
Bayreuth,
[* 7] wurde von 1592 an auf der
Universität zu Wittenberg
[* 8] gebildet und erhielt daselbst 1595 die Professur der
Dichtkunst und schönen Wissenschaften, die
er bis zu seinem
Tode, bekleidete. Wegen seiner Fertigkeit im
Dichten und seines heitern
Humors wurde er
häufig an den kurfürstl.
Hof
[* 9] gerufen. Die Verirrungen seiner Zeit bekämpfte er mit den Waffen
[* 10] des Ernstes und Spottes und
wies auf eine gründliche Beschäftigung mit der
Sprache
[* 11] hin. Einen glänzenden
Beweis dieser Bestrebungen liefern außer der
«Dissertatio de lingua latina» (Wittenb. 1602 u. ö.)
seine
Ausgaben des
Virgilius (ebd. 1618) und des Plautus (ebd. 1605; 3. Aufl. 1621). Seine
witzigen Einfälle und Aussprüche erschienen u. d. T. «Taubmanniana»
(Frankf. und Lpz. 1707), zuletzt von Örtel
(Münch. 1831). -
Vgl.
Brandt, Glänzende Taubenflügel,d. i. Leben T.s (Kopenh.
1675);
Ebert, Leben und Verdienste
Friedrich T.s (Eisenb. 1814);
Genthe,Friedrich Taubmann als
Mensch und Gelehrter
(Lpz. 1859);
H.L. Schmitt, Narratio de Friderico Taubmanno adolescente (2. Aufl., ebd. 1861);
heißen diejenigen
Menschen, die infolge ihrer
Taubheit (s. d.) stumm geblieben sind.
Der
Mangel des
Gehörs, die
Taubheit, kann angeboren sein oder wird in den ersten Lebensjahren erworben und zwar entweder noch
bevor die
Kinder überhaupt Versuche zum Sprechen gemacht oder nachdem sie bereits einige Zeit gesprochen haben. Man unterscheidet
hiernach eine angeborene und eine erworbene Taubstummheit. Die
Taubstummen sind übrigens zu unterscheiden
von denen, die wohl hören, aber nicht sprechen können, weil ihre
Sprachorgane
(Zunge,
Gaumen,
Stimmbänder u. s. w.) fehlerhaft
gebildet sind, und ebenso sind sie nicht mit jenen Unglücklichen zu verwechseln, die infolge des
Blödsinns stumm sind.
Die
Taubstummen sind in den meisten Fällen bildungsfähig und besitzen mit seltenen Ausnahmen fehlerfreie,
wenn auch infolge ihres unterbliebenen Gebrauchs in ihrer Ausbildung zurückgebliebene
Sprachorgane. Sie vermögen demnach
auf künstlichem Wege mit Hilfe der
Augen und des Gefühls die Wortsprache zu erlernen. Je geringer der Einfluß ist,
den derMangel des Gehörsinns auf den übrigen Körper ausübt, indem hauptsächlich nur das gänzliche
Unterlassen des artikulierten Sprechens die Respirationsorgane nicht hinreichend kräftigt oder übermäßige Anstrengung
häufig
Krankheiten derselben erzeugt, desto größer ist dieser Einfluß auf den
Geist. Das
Gehör
[* 12] ist der Zeit und dem Werte
nach das erste
Mittel zur geistigen
Bildung; denn die
Vorstellungen, die
Gesicht
[* 13] und Gefühl geben, wirken
nicht so tief auf die Seele ein, wie die durch das
Gehör erzeugten. Während der
Blinde durch sein
Gehör jede Idee vom
Übersinnlichen
zu fassen vermag, die ihm von außen
¶
mehr
zugeführt wird, erhält der Taube durch das Auge
[* 15] nur Vorstellungen vom Sinnlichen und ist dadurch lediglich auf Sinnliches
hingewiesen.
Der ungebildete Taubstumme denkt nicht, wie der Hörende, in Worten, in Begriffen, sondern nur in Anschauungen und Bildern.
Ein klares abstraktes Denken ist ihm unmöglich. Aus diesem Grunde stellte man diese Unglücklichen in
frühern Zeiten in gleiche Reihe mit den Blödsinnigen und hielt sie für bildungsunfähig. Auch in sittlicher Beziehung steht
der ungebildete Taubstumme auf sehr niedriger Stufe, zumal wenn er in einer Umgebung aufgewachsen ist, die sich wenig um ihn
gekümmert oder wohl gar zum Bösen Anleitung gegeben hat. Um sich verständlich zu machen, bedient er
sich der Gebärdensprache. (S. Gebärden.) Obgleich dieselbe (namentlich in Frankreich) sehr vervollkommnet worden, so kann
sie doch nie die hörbare Sprache ersetzen; aber sie ist wichtig als das erste Bildungsmittel des Taubstummen.
Eine höhere Ausbildung des Taubstummen wird jedoch nur durch das Wort möqlich, nur dadurch kann Geist
und Herz in ähnlicher Weise wie bei den Hörenden veredelt werden. Es ist dies die schöne, aber schwere Aufgabe des Taubstummenunterrichts
(s. d.), dessen Resultate besonders bei befähigten Taubstummen wahrhaft bewundernswert sind. Nicht nur, daß viele dieser
gebildeten Taubstummen sich als geschickte Handwerker und Künstler auszeichnen, einzelne unter ihnen
sind sogar schriftstellerisch thätig gewesen, wie der verstorbene Karl Teuscher in Leipzig
[* 16] und Otto Kruse in Altona.
[* 17]
Gelangen auch nur wenige auf eine solche Stufe geistiger Ausbildung, so gelingt es doch bei den meisten, daß sie wenigstens
der Hauptvorteile der Sprache teilhaftig werden. Freilich klingt das Sprechen vieler dieser Armen gewöhnlich
rauh und monoton und beleidigt das an modulierte Sprache gewöhnte Ohr. Die Zahl der Taubstummen läßt sich nicht genau angeben;
man rechnet im allgemeinen 1 Taubstummen auf 1400 Menschen, also 700 auf 1 Mill. Demnach müßten auf der ganzen Erde etwa 1 Mill.
Taubstumme sein, wovon auf Europa
[* 18] 220000, auf Deutschland
[* 19] etwa 30000 kämen. In gebirgigen Gegenden kommt
die Taubstummheit häufiger als in den mehr ebenen vor. Die männlichen Taubstummen verhalten sich zu den weiblichen wie 4:3;
die bildungsfähigen zur Gesamtzahl wie 3:10. -
Für Taubstumme gelten die rechtlichen Vorschriften wie für Taube (s. Taubheit) und Stumme. Besonders vorgeschrieben ist im
Deutschen Strafgesetzbuch §. 58, daß ein angeklagter Taubstummer, welcher die zur Erkenntnis der Strafbarkeit einer
von ihm begangenen Handlung erforderliche Einsicht nicht besaß, freizusprechen ist. Im schwurgerichtlichen Verfahren ist
deshalb eine besondere Frage zu stellen.