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nichts ging in Erfüllung, und er begab sich 1588 nach Neapel, [* 2] um den vergeblichen Versuch zu machen, das eingezogene Vermögen seiner Eltern zu erhalten. Hier beschäftigte er sich mit einer gänzlichen Umarbeitung seines großen Gedichts, kehrte nach Rom [* 3] zurück und lebte eine Zeit in Florenz, [* 4] Mantua [* 5] und Neapel, immer unstet und unruhig, sich und andern mißtrauend, krank und arm. Die Umarbeitung seines Werkes «Gerusalemma conquistata» (1593 gedruckt) und die Dichtung «Le [* 6] sette giornate del mondo creato» entstanden in dieser unglücklichen Zeit. Da fand er einen neuen Gönner.
Kardinal Cinzio Aldobrandini, Neffe Clemens' VIII., bewog ihn nach Rom zu kommen, um die feierliche Dichterkrönung auf dem Kapitol zu empfangen. Im Nov. 1594 langte an; man verschob aber die Feierlichkeit bis zum Frühjahr. Während des Winters schwand seine Gesundheit mehr und mehr. Er fühlte sein nahes Ende und ließ sich in das Hieronymitenkloster Sant' Onofrio auf dem Janiculum bringen, wo er an einem Fieber starb und in der Kirche des Klosters bestattet wurde. Der Kardinal Bevilacqua von Ferrara [* 7] ließ ihm ein Denkmal setzen; ein glänzenderes wurde unter Pius IX. von De Fabris über seinem Grabe aufgeführt. Seine Vaterstadt Bergamo hat ihm ein Standbild errichtet.
Mit der «Gerusalemme liberata» gedachte Tasso ein wahres Epos nach den strengen Regeln der Kunst zu schaffen, wählte daher einen würdigen und ernsten histor. Stoff, den ersten Kreuzzug, der in den Zeiten der kath. Reaktion und der Türkenkriege mit den Empfindungen der Gegenwart eng verknüpft schien und dabei auch das Ideal des Rittertums in sich darstellte. Indessen, um dem größern Publikum zu gefallen, verband er damit episodisch die Elemente des Romans, phantastische Geschichten von Liebe und Zauberei.
Allein die Religiosität der Zeit war abstrakt, ohne lebendiges Gefühl, das die Dichtung beseelen konnte, und dazu war die Nachahmung der Alten, die Befolgung der ihnen entnommenen Regeln eine Fessel, die alle freiere Bewegung hemmte. So ist von T.s großen Gedichten nicht eigentlich das Epos, sondern der episodische romantische Teil lebendig und anziehend geblieben. Nicht sein Gottfried, sondern Tancred, Clorinda, Erminia und vor allen die schöne Zauberin Armida sind seine unvergeßlichen Schöpfungen, alle erfüllt von seinem eigenen Geiste, von seiner zu Herzen gehenden Melancholie.
Seine lyrischen Gedichte sind vielfach Gelegenheitsverse, Lobpreisungen, Galanterien, manche allerdings von großer Anmut, «Aminta» ist ein reizendes, zartes Idyll; ganz mißlungen ist die Tragödie «Trismondo». Die zahlreichen Dialoge in Prosa suchen Plato nachzuahmen, leiden aber an Breite [* 8] und Schwerfälligkeit. Die Rosinische Ausgabe von T.s Werken (33 Bde., Pisa [* 9] 1821-31) ist die vollständigste, sehr brauchbar die Mailänder der «Opere scelte» (5 Bde., 1823-25). Kritische Ausgaben von «Gerusalemme liberata» besorgten Orelli (Zur. 1838),
Scartazzini (Lpz. 1871; 2. Aufl. 1882) und Spagnotti (Mail. 1895),
die besten deutschen Übersetzungen Gries (14. Aufl., 2 Bde., Berl. 1880; auch in Reclams «Universalbibliothek») und Streckfuß (4. Aufl., 2 Bde., Halle [* 10] 1847). «L'Aminta e rime scelte» wurden herausgegeben von Orlandini (Flor. 1862),
«Il Rinaldo e l'Aminta» von Mazzoni (ebd. 1884),
«I dialoghi» von Guasti (3 Bde., ebd. 1858-59),
«Le prose diverse» von demselben (2 Bde., ebd. 1875). «Auserlesene lyrische Gedichte» übersetzte K. Förster (2. Aufl., Lpz. 1844). Eine vollständige chronol. Ausgabe seiner sehr wichtigen Briefe lieferte Guasti l5 Bde., Flor. 1853-55),
mit wertvollen Abhandlungen über Tasso. Die von Graf M. Alberti herausgegebenen «Manoscritti inediti di Tasso Tasso» (Lucca [* 11] 1837) sind unecht. - T.s Leben wurde von vielen beschrieben; so von G. Manso (Neap. 1619), am vollständigsten von P. A. Serassi (Rom 1785; neue Aufl., von Guasti, Flor. 1858).
Vgl. ferner Ranke, Zur Geschichte der ital. Poesie (Berl. 1837);
Streckfuß, Tasso. T.s Leben (ebd. 1840);
Milman, Life of Tasso. Tasso (2 Bde., Lond. 1850);
G. Voigt, Tasso. Tasso am Hofe von Ferrara (in Sybels «Histor. Zeitschrift», Bd. 20, Münch. 1868);
D'Ovidio, Il carattere, gli amori e le sventure di Tasso. Tasso (Mail. 1875);
Cecchi, Tasso Tasso, il pensiere e le belle lettere nel secolo XVI (Flor. 1877; deutsch von Lebzeltern, Lpz. 1880);
Ferrazzi, Torquato Tasso (Bassano 1880);
Speyer, [* 12] Torquato Tasso (im 10. Bd. des «Neuen Plutarch», Lpz. 1884);
Corradi, Le infermità di Tasso. (in den «Memorie dell' Istituto Lombardo», Mail. 1881);
G. Campori und A. Soberti, Luigi, Lucrezia e Leonora d'Este (Tur. 1888).