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Tabak-, Cigarren- und Cigarettenindustrie (Stuttg. 1897 fg.).
Tabak-, Cigarren- und Cigarettenindustrie (Stuttg. 1897 fg.).
für das Gebiet des Deutschen Reichs. Sitz ist Berlin, [* 2] Sitz der 5 Sektionen: Berlin, Leipzig, [* 3] Frankfurt [* 4] a. M., Bremen, [* 5] Mannheim. [* 6] Ende 1895 bestanden 6172 Betriebe mit 123 051 versicherten Personen, deren anzurechnende Jahreslöhne 62 987 236 M. betrugen. Die Jahreseinnahmen beliefen sich auf 126 171 M., die Ausgaben auf 83 092 M., der Reservefonds Ende 1895 auf 177474 M. Entschädigt wurden 1895: 43 Unfälle (0,35 auf 1000 versicherte Personen), darunter 2 Unfälle mit völliger Erwerbsunfähigkeit. Die Summe der gezahlten Entschädigungen, einschließlich der Renten für Unfälle aus frühern Jahren, betrug 1895: 44 810 M. (S. Berufsgenossenschaft.)
Tabakfermentation, Tabakmühlen, Tabakpaketiermaschine, s. Tabak. ^[= (Nicotiana L.), Pflanzengattung aus der Familie der Solanaceen (s. d.) mit gegen 40 Arten, meist ...] [* 7]
ein mit Zusatz von Tabakstengeln und -Rippen hergestelltes, als Deckblatt für Cigarren benutztes Papier oder auch ein so bereitetes Cigarettenpapier.
s. Tabak. ^[= (Nicotiana L.), Pflanzengattung aus der Familie der Solanaceen (s. d.) mit gegen 40 Arten, meist ...]
und Tabaksmonopol. Der Tabak ist als ein entbehrliches Genußmittel, das aber gleichwohl von der Masse der Bevölkerung [* 8] in beträchtlicher Menge verbraucht wird, unzweifelhaft ein sehr passender Gegenstand der indirekten Besteuerung und auch bald nach seiner Verbreitung in Europa [* 9] als solcher behandelt worden. Solange er nur aus überseeischen Ländern eingeführt wurde, konnte man sich mit der Erhebung eines Eingangszolls begnügen; aber da schon frühzeitig auch in Europa Versuche mit dem Tabaksbau gemacht wurden, mußten noch weitere Maßregeln zur Durchführung der Besteuerung zu Hilfe genommen werden.
Das älteste der hierbei angewandten Systeme ist die Besteuerung des Tabakshandels. England führte dieselbe 1652 ein. Der Tabaksbau in England wurde verboten und die Besteuerung in Form von Zöllen auf den eingehenden Tabak unter gleichzeitiger Erhebung von Licenzen vom Tabakshandel und der Tabaksfabrikation durchgeführt. Das System gilt auch für Schottland seit 1782 und für Irland (mit einer Unterbrechung von 1799 bis 1831). Großbritannien [* 10] bezieht auf diese Weise aus der Tabakssteuer gegen 200 Mill. M. jährlich (1894/95: 216 Mill. M. oder 5,5 M. pro Kopf).
Das gleiche System bestand auch in Portugal [* 11] auf Grund des Dekrets vom bis 1884. Schweden [* 12] erhebt nur Zölle, aber keine innern Abgaben vom Tabak, ohne den Tabaksbau zu verbieten; ebenso Norwegen, Dänemark, [* 13] Finland, die Schweiz [* 14] und Holland. Das System hat, vom finanztechnischen Standpunkte aus betrachtet, etwas sehr Verlockendes, widerstreitet aber den Interessen der Landwirtschaft und könnte jedenfalls heutzutage in Ländern, die bereits einen einigermaßen ausgedehnten Tabaksbau besitzen, nicht mehr neu eingeführt werden.
Fast ebenso alt ist die Tabaksbesteuerung in der Form des Monopols, das in Portugal bereits 1664, in einem Teile des österr. Gebietes schon 1670 und in Frankreich im Anschluß an das bestehende Steuerpachtsystem 1674 eingeführt wurde. In letzterm Lande hat das Monopol, das in der Revolutionsperiode aufgehoben und unter Napoleon 1811 wiederhergestellt wurde, den größten finanziellen Erfolg aufzuweisen. Das Monopol ist, soweit der Bruttoertrag in Betracht kommt, unzweifelhaft von vielen Vorteilen begleitet. Es gestattet eine Abstufung des Steuerzuschlags nach der Qualität der verschiedenen Tabaksfabrikate. Es bringt dem Staate außer der eigentlichen Steuer einen Unternehmergewinn ein, der durch möglichst rationellen Großbetrieb vermehrt werden kann, während bei freiem Verkehr sich eine große Menge von kleinen Fabrikanten und Zwischenhändlern auf Kosten der Konsumenten einschieben kann.
Das Monopol sichert ferner die Konsumenten mehr gegen Fälschungen des Materials und macht es ihnen möglich, an jedem Orte im ganzen Lande die gleichen Fabrikate zu dem gleichen Preise zu erhalten. Auch werden die in der Privatindustrie unumgänglichen beträchtlichen Auslagen für Personal, Ladenmiete, Reklame, Reisespesen u. s. w. sowie die allzu große Zersplitterung des Detailverkaufs durch Monopolverwaltung erspart. Dagegen muß der inländische Tabaksbau lästige Beschränkungen und Kontrollen über sich ergehen lassen, wofür er freilich zum Teil Entschädigung durch den gesicherten Absatz zu angemessenen Preisen erhält, soweit eben der gebaute Tabak auch für die Fabrikation brauchbar ist; ein Umstand, der um so bedeutungsvoller wird, besonders finanzpolitisch, seitdem in transoceanischen Ländern gute und billige Tabake einer Monopolverwaltung zur Verfügung stehen.
Außer in Frankreich, Österreich [* 15] und Ungarn [* 16] (seit 1850) besteht das Tabaksmonopol in Italien [* 17] (seit 1865, anfangs verpachtet, seit 1884 im eigenen Betrieb der Regierung), in Spanien seit 1730, in Rumänien [* 18] seit 1865, in Serbien seit 1885 (bis Mitte 1889 an eine Gesellschaft verpachtet), in der Türkei [* 19] seit 1884 (Pachtsystem), in Mexiko [* 20] seit 1764. In Portugal besteht seit 1884 ein Fabrikationsmonopol, welches 1891 aufs neue an eine Gesellschaft verpachtet wurde; der Handel ist aber frei.
Die höchsten Erträge unter allen Staaten zieht Frankreich aus dem Tabak. Im Jahresdurchschnitt war die Reineinnahme 1815-17 etwa 28 Mill. M., 1867-69 etwa 154 Mill. M., 1884 betrug sie 245 Mill. M., 1892: 252 Mill. M., 1896: 304,8 Mill. M. (7,96 M. auf den Kopf). Das Monopol brachte in Italien 1895/96 (Voranschlag) 192 Mill. Lire (5,03 M.), in Österreich 1895: 89,4 Mill. Fl. (6,3 M.), in Ungarn 1895: 52,i Mill. Fl. (5,8 M.), in Spanien 95,2 Mill. Pesetas (4,3? M.). Eine besondere Form des Monopols ist das Rohtabakshandelsmonopol, bei welchem der Staat den Tabak aufkauft und mit einem Preiszuschlag an die Händler und Fabrikanten weiter verkauft. Diese Form ist bisher noch nirgends zur Anwendung gekommen. Eine Mittelstufe wäre der seiner Zeit vom deutschen Bundesrat gemachte Vorschlag, den ausländischen Tabak einem hohen Wertzoll zu unterwerfen und das Rohtabaks-Handelsmonopol nur auf die heimische Ernte [* 21] zu erstrecken. Hier würden neben dem Monopol noch die Schwierigkeiten einer hohen Rohstoffbesteuerung bestehen.
Eine dritte Form der Tabaksbesteuerung ist die Flächensteuer, die nach der Flächenausdehnung des mit Tabak bepflanzten Bodens bemessen wird, mit oder ohne Abstufung nach Ertragsklassen. Diese Steuerform ist thatsächlich eine Art Grundsteuer und ist sehr wenig leistungsfähig. Auch belastet sie sehr ungleich, da sie auf die wechselnde Höhe des Ertrags und die verschiedene Beschaffenheit des Tabaks keine Rücksicht nimmt. Die Flächensteuer bestand früher in Preußen [* 22] und nach dem Gesetz vom ¶
als gemeinsame Steuer im Zollverein. Der Ertrag war geringfügig und erreichte im Zollverein netto durchschnittlich kaum 1 Mill. M. jährlich. Nach mehrfachen Anregungen zu einer Reform der Steuer und einer 1878 vorgenommenen großen Enquete kam nach Ablehnung des von der Reichsregierung gewünschten Monopols das Gesetz vom zu stande, welches eine Besteuerung des Rohtabaks nach dem Gewicht der fermentierten Blätter einführte und nur für ganz kleine Pflanzungen die Flächensteuer beibehielt.
Die Gewichtssteuer (die vierte Form der Tabaksbesteuerung) beträgt in Deutschland [* 24] 45 M. für 100 kg. Dieser Satz ist seit 1882 in Geltung. Als Übergangssatz wurden 1880: 20 M. und 1881: 30 M. für 100 kg erhoben. Für die zur Verwendung kommenden Surrogate sind 65 M. für 100 kg zu zahlen. Die als Ergänzung noch beibehaltene Flächensteuer ist seit 1882: 4,5 Pf. (1880: 2. Pf., 1881: 8 Pf.) für den Quadratmeter. Zugleich wurde der Eingangszoll bedeutend erhöht (für Tabaksblätter auf 85 M., für Fabrikate auf 180-270 M.).
Bei der Ausfuhr von Tabak und Fabrikaten wird eine Steuervergütung gewährt. Der Ertrag dieser Steuer hat den Erwartungen wenig entsprochen. Er stieg vorübergehend im Erntejahr 1881/82 auf 11 640000 M., war aber 1883/84 wieder auf 8 390000 M. zurückgewichen. Seitdem ist er wieder bis 1886/87 (11 067000 M.) gestiegen und danach bis 1888/89 auf 10 964 500 M. gesunken. 1893/94 betrug er 11 918 300 M., nach dem Voranschlage für 1897/98 11 293000 M. Die mit Tabak bebaute Fläche war 1880: 24 259 ha, 1888 nur 18 032 ha, 1892: 14 730 ha, 1893: 15 198 ha, 1894: 17 575 ha, 1895: 21 154 ha. Dagegen ist der Ertrag des Eingangszolls, nach einem starken Rückgange im J. 1879/80, wieder gestiegen und belief sich 1888/89 auf 38 741000 M., 1893/94: 44 465 600 M., 1894/95: 46 308 900 M., 1895/96: 48 096 900 M. Im ganzen bezog das Reich 1894/95 aus der Tabaksbesteuerung nach Abzug der Ausfuhrvergütungen 57 486 900 M. und 1895/96: 59 887000 M. gegen 20 614 300 im J. 1877/78. Es ist dies im Vergleich mit den entsprechenden Einnahmen anderer Staaten noch immer eine sehr mäßige Summe (1 M. pro Kopf). Die besprochene Gewichtssteuer ist eine Materialsteuer; die letztere ist auch in der Form der Wertsteuer denkbar, hat aber als solche keine Bedeutung erlangt.
Die Fabrikatsteuer kann zwar ebenfalls hohe Erträge liefern, aber sie belastet dann die Konsumenten verhältnismäßig entschieden stärker als das Monopol, da sie zu der Konzentrierung der Fabrikation in den Händen weniger Großunternehmer führt, die ihrerseits eine mehr oder weniger monopolistische Stellung erhalten, ohne dem Publikum dieselben Garantien in Bezug auf Unverfälschtheit und Gleichmäßigkeit der Qualität zu bieten wie der Staatsbetrieb.
Auch erfordert die Fabrikatsteuer sehr lästige und auch auf den Tabaksbau auszudehnende Kontrollvorschriften. Die Fabrikatsteuer bestand früher in der Türkei und ist noch in Rußland (seit 1877) und in den Vereinigten Staaten [* 25] von Amerika [* 26] (seit 1868) vorhanden. Die Erhebung erfolgt durch Stempelmarken, die auf den Waren derart anzubringen sind, daß sie beim Verbrauch zerstört werden müssen (russ. Banderollensystem). Dies Verfahren verlangt natürlich eine genaue Kontrolle des Handels.
Das russ. Besteuerungssystem beruht auf zwei gleich verwerflichen Grundsätzen: a. Lokalisierung der Tabaksfabrikation und b. Steuerkontingentierung an die Tabaksfabrikanten; denn beide führen im Princip zum Privatmonopol einer Majorität von Fabrikanten. Daß auch das amerik. System, nach welchem sich die Steuerbehörde um die geerntete Menge Tabak gar nicht kümmert und die Kontrolle erst beim Tabakshändler beginnen läßt, unleugbare Schwächen hat, geht aus dem Bericht hervor, den die deutschen Delegierten seiner Zeit für die 1878er Tabaksenquete (vgl. Bd. 4 der Drucksachen, S. 47 fg.) geliefert haben. Die Vereinigten Staaten bezogen 1893/94 aus der Fabrikatsteuer 28,6 Mill. Doll., was auf den Kopf etwas über 2 M. ausmacht. In Rußland betrug der Ertrag 1891: 28,3 Mill. Rubel und ist für 1895 mit 31,7 Mill. veranschlagt. In Deutschland ist 1893 und 1895 eine Fabrikatsteuer versucht worden;
indes sind die bezüglichen Entwürfe nicht zur Annahme gelangt.
Vgl. von Mayr, Vorbereitende Studien zur Einführung des Tabaksmonopols in Deutschland (Stuttg. 1878);
ders., Das Deutsche Reich [* 27] und das Tabaksmonopol (anonym, ebd. 1878);
ders., Tabakssteuer (in Stengels «Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts», Freib. i. Br. 1890);
Mähreln, Die Besteuerung des Tabaks im Zollverein (Stuttg. 1868);
M. Mohl, Denkschrift für eine Reichstabaksregie (ebd. 1878);
R. Schleiden, Zur Frage der Besteuerung des Tabaks (in Hirths «Annalen», 1878);
Felser, Das Tabaksmonopol und die amerik.
Tabakssteuer (in Hirths «Annalen», 1878);
ders., Zur Tabakssteuerfrage (Lpz. 1878);
Krükl, Das Tabaksmonopol in Österreich und Frankreich (Wien [* 28] 1879);
Pierstorff, Entwicklung der Tabakssteuergesetzgebung in Deutschland (in Conrads «Jahrbüchern», Bd. 23);
ders., Ältere und neuere Litteratur zur Frage der Tabaksbesteuerung in Deutschland (ebd., Bd. 30) u. s. w.; Bericht der deutschen Enquetekommission über die Tabaksbesteuerung vom (6 Foliobände);
Lewinstein, Die Belastung des Tabaks in den europ. Staaten (Berl. 1894);
zahlreiche deutsche Handelskammerberichte, insbesondere von Mannheim und Bremen, den Haupttabaksplätzen Deutschlands. [* 29]