Pharisäismus nur allmählich einigermaßen einzudringen vermochte. Das bezeugen
Neues Testament und Josephus. Nach der Mischna
(Sanhedrin I, 6) bestand das S. aus 71 Mitgliedern. Zur Zeit Jesu hatte es nur über
Judäa die Jurisdiktion, aber das orthodoxe
Judentum erkannte damals alle seine
Anordnungen für verbindlich
(Apostelgesch. 9,2; 22,5). Auch überließen
ihm die
Römer
[* 2] alle richterlichen
Entscheidungen und Verwaltungsanordnungen, soweit nicht der Prokurator Kompetenzbeschränkungen
(Joh. 18,31). eintreten ließ. Doch selbst bei Todesurteilen machte dieser seine
Bestätigung von dem jüd.
Urteil über das
Vergehen abhängig. Der Versammlungsort des S. war eine
Halle
[* 3] am
Xystos in
Jerusalem.
[* 4] Das
Verfahren wird in der Mischna
genau beschrieben. -
Schürer, Geschichte des jüd.
Volks,
Tl. 2 (Lpz. 1886). -
Der Sanhedrin, den Napoleon I. zur Regelung der jüd. Angelegenheiten 1806 nach
Paris
[* 7] berief, hat mit
dem S. nur die 71 Mitglieder und den
Namen gemein, denn diese Versammlung hatte nur einen
Entwurf zu einer
Verfassung der
JudenFrankreichs zu beraten, die als jüd. Konsistorialverfassung noch besteht.
(grch.), in der christl. Dogmatik die «Mitwirkung»
des menschlichen Willens bei der
Bekehrung. Für diese Meinung sprach in der Reformationszeit namentlich
Melanchthon und seine Schule, während das strenge Luthertum an der absoluten Unfähigkeit des natürlichen Willens,
vor, bei oder nach der
Bekehrung mitzuwirken, festhielt und die
Lehre
[* 9] von der «Synergie» des Pelagianismus (s.
Pelagianer) beschuldigte. Infolge dieses Gegensatzes entstanden seit 1557 in der deutsch-evang.
Kirche die Synergistischen Streitigkeiten, in denen auf Melanchthonscher Seite Pfeffinger und
Strigel, auf der Seite der
Lutheraner
Flacius und
Amsdorf hervortraten und die mit der Zurückweisung der Melanchthonschen
Richtung in der Konkordienformel (s. d.)
endeten. Das moderne Luthertum hat sich dem S. wieder genähert, doch unter dem
Vorbehalt, daß auch die
Mitwirkung des
Menschen bei der
Bekehrung nicht mit dessen natürlichen, sondern mit den durch die vorbereitende
Gnade geschenkten
Kräften erfolge.
in der
Grammatik heißt constructio ad synesin (oder ad sensum) eine grammatisch genau
genommen unrichtige, aber dem
Sinne entsprechende
Beziehung von Worten (Satzteilen) aufeinander, z. B. «eine
Menge
Menschen kamen (statt: kam) mir entgegen».
neuplatonischer
Philosoph, Redner und Dichter, geb. 379 n. Chr. zu
Kyrene, erhielt zu
Alexandria seine wissenschaftliche
Bildung und wurde dann 397-398 mit einer Sendung an
KaiserArcadius nach
Konstantinopel
[* 10] beauftragt. Nach seiner Rückkehr trat er um 401 zum
Christentum über und wurde 410
Bischof
von
Ptolemais, starb aber schon 412 (wenigstens sicher vor 431). Er legte seine philos.
Ansichten in Reden,
Briefen,
Hymnen und
andern
Schriften nieder und war namentlich der
Ansicht, daß, während das
Volk der
Mythen bedürfe, der Gebildete sich nur an den
philos. Gehalt derselben zu halten habe. Seine gesamten Werke gab
Petavius (Par. 1612 u. ö.) heraus;
einzelne
Schriften bearbeiteten kritisch Krabinger (Landsh. 1850) und Flach (Tüb.
1875). -
Vgl. Seeck,Studien zu S. («Philologus», Bd.
52, 1893).
in der
Grammatik die Ausstoßung eines Vokals
zwischen zwei
Konsonanten im Innern eines Wortes, wie lat. valde, sehr, aus valide, deutsch «bessre»
aus «bessere». - In der
Musik bezeichnet S. die
Bindung aus einem leichten Taktteil auf den nächsten schweren.
Durch die S.
erhält der eigentlich unbetonte Taktteil den
Accent.
(grch.), in der Geschichte der
Philosophie und
Theologie das
Verfahren derjenigen, welche, um den Frieden
unter streitenden Parteien herzustellen, die Unterscheidungslehren derselben dergestalt erklären, daß jede Partei ihre
eigenen Meinungen und
Lehren
[* 11] in den Erklärungen zu finden glaubt. Im 16. Jahrh. wurden
diejenigen
Philosophen, welche zwischen
Platos und
Aristoteles'
Philosophie vermitteln wollten, Synkretisten genannt. In der
prot.
Theologie hießen so seit 1645 die
Anhänger des
GeorgCalixtus (s. d.) und die
Helmstedter Theologen als Vermittler zwischen
Protestantismus und
Katholicismus, weil sie neben der
Heiligen Schrift die
Tradition aus den ersten christl. Jahrhunderten als
untergeordnete Erkenntnisquelle der
Lehre gelten lassen wollten und das
Apostolische Symbolum zur Herstellung des Friedens
unter allen christl. Parteien für hinreichend hielten.
heiliger, genauer der heiligste regierende S., russ. Svjatějšij pravitelstvujuščij
sinod, die an der
Spitze der russ.
Kirche stehende Reichsbehörde in St.
Petersburg,
[* 12] 1721 von
Peter d. Gr.
errichtet und 1723 von den
Patriarchen der orient.
Kirche als ihnen gleichstehend anerkannt. Sie ersetzt für die russ.
Kirche
nicht nur den
Patriarchen, sondern auch die Provinzialsynode (sobor).
Ihre Mitglieder, gegenwärtig sieben, werden vom
Kaiser
ernannt (beständige auf Lebenszeit; die Metropoliten vonPetersburg,
Moskau
[* 13] und Kiew,
[* 14] früher auch Weltgeistliche,
wie der
Beichtvater des
Kaisers und der Obergeistliche der
Armee und der Flotte; residierende auf eine Reihe von Jahren aus
den Epiarchialbischöfen).
Den Vorsitz führt der Metropolit von
Petersburg. Der
Kaiser selbst wird im S. vertreten durch den Oberprokuror, eine
Person
weltlichen
Standes mit den
Rechten und der
Stellung eines Ministers. Thatsächlich ist alle Macht auf diesen
übergegangen, und der S. erscheint nur als ein ihm beigegebener Beratungskörper. Die
Beschlüsse des S. werden als Synodalukase
veröffentlicht. Neben der obersten
Verwaltung, Disciplin und Gerichtsbarkeit in allen kirchlichen Angelegenheiten umfaßt
der Geschäftskreis des S. auch die Censur aller die
Lehre der russ.
Kirche betreffenden
Schriften (wofür
eine besondere geistliche Zensur besteht) und die oberste Instanz in Ehesachen. (S. auch
Russische Kirche
[* 15] und
Rußland
[Verfassung].)
in der prot.
Kirche diejenige organische Einrichtung, nach welcher die kirchliche Gemeinde durch
Synoden und Presbyterien (s. Presbyter; daher auch Synodal-und
¶
mehr
Presbyterialverfassung genannt) vertreten wird. Das Presbyterium bildet den Vorstand einer Lokalgemeinde und besteht aus
dem Geistlichen derselben, der in der Regel den Vorsitz führt, und einer Anzahl von Gemeindemitgliedern (Kirchenvorstand,
Gemeindekirchenrat). Zu seinem Wirkungskreise gehört die Fürsorge für alle äußern kirchlichen Angelegenheiten der Gemeinde,
die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Aufsicht über die Kirchen- und Schulgebäude, die Kirchhöfe,
ferner über das religiös-sittliche Leben in der Gemeinde, die kirchliche Armenpflege, die Beratung allgemeiner kirchlicher
Angelegenheiten, die Zustimmung zu Änderungen im Gottesdienst, zur Einführung neuer Gesangbücher und Katechismen, sowie
die Teilnahme an der Wahl der Pfarrer, wo deren Ernennung nicht ausschließlich durch das Kirchenregiment
geschieht.
Die Synoden bilden in den Kreis-, Diöcesan- oder Provinzialsynoden und in den Landes-(General-)Synoden eine aufsteigende Instanz
und bestehen aus Geistlichen und Laien, sei es zu gleichen Teilen, sei es mit Übergewicht des Laienelements. In den Kreissynoden
haben alle Pfarrer des Kreises und gewählte Abgeordnete der Presbyterien Sitz und Stimme, in den Synoden
der höhern Stufen jedoch nur eine Anzahl gewählter Geistlicher neben einer entsprechenden Zahl von Laiendeputierten, die
von den Kreis- oder Provinzialsynoden gewählt werden. In Berlin
[* 17] werden die Kreissynoden in bestimmten Zeiträumen als Stadtsynode
vereinigt; diese hat sehr ausgedehnte Rechte, besonders finanzieller Natur.
Vielfach ist auch für die höhern Synodalstufen, in Preußen
[* 18] für Provinzial- und Generalsynode, dem Landesherrn
als Inhaber des Kirchenregiments das Recht der Ernennung einer Anzahl von Mitgliedern vorbehalten. Die Landessynode ist der
höchste kirchliche Vertretungskörper der Landeskirche, welcher in Gemeinschaft mit dem Kirchenregiment die gesetzgebende
Gewalt in der Kirche zu üben und nach den meisten Verfassungen auch durch einen ständigen Ausschuß an
wichtigern Verwaltungsmaßregeln Anteil zu nehmen hat.
Dieser Ausschuß, in Preußen Generalsynodalvorstand genannt, wird von der Landessynode am Schlusse jeder ordentlichen Sitzung
gewählt und fungiert so lange, bis die Synode wieder zusammentritt und sich ein Präsidium bestellt hat. Die Geschäfte dieses
Ausschusses sind teils selbständige, teils in Gemeinschaft mit der obersten landesherrlichen Kirchenbehörde
(Oberkirchenrat) auszuübende. Selbständige Funktionen des Ausschusses sind insbesondere: Beschlußfassung über die vom
Kirchenregiment gemachten Vorlagen, über vorgefundene Mängel der kirchlichen Gesetzgebung und Verwaltung, provisorische Zustimmung
zu unaufschieblichen Erlassen des Kirchenregiments an Stelle der nicht versammelten Synode, Vorbereitung der nächsten Versammlung
der letztern, Vollziehung der Beschlüsse der vorangegangenen Synodalversammlung, Verwaltung oder wenigstens Beaufsichtigung
der Verwaltung der Synodalkasse.
Gemeinschaftlich mit dem Oberkirchenrat, zu dessen Sitzungen er dann zugezogen wird, beschließt und entscheidet der Ausschuß:
als letzte Instanz über die dogmatische Stellung eines designierten Pfarrers oder die Lehre eines angestellten Geistlichen,
über alle der Generalsynode vorzulegenden Gesetzentwürfe, über Vorschläge zur Besetzung der höchsten
Kirchenämter, über die vermögensrechtliche Vertretung der Landeskirche und über alle sonstigen Angelegenheiten, in
welchen wegen ihrer vorzüglichen Wichtigkeit der Oberkirchenrat die Zuziehung des Synodalvorstandes beschließt.
Das Kirchenregiment ruht in den meisten Kirchenverfassungen bei dem Landesherrn und den landesherrlich eingesetzten Kirchenbehörden
(Oberkirchenrat, Oberkonsistorium, Landeskonsistorium, Provinzialkonsistorium). (S. Konsistorium.) In den Einzelbestimmungen
über Befugnis und Zusammensetzung der Presbyterien und Synoden weichen die Kirchenverfassungen ziemlich weit voneinander
ab.
Gegenwärtig sind in den meisten evang. Landeskirchen Presbyterial- und Synodalverfassungen
eingeführt. Auf diese Gestaltung wirkten reform. Anschauungen (die reform. Kirche faßt die Gemeindeverfassung dogmatisch)
unzweifelhaft ein. Jedoch waren die reform. Presbyterien aus der Zeit Calvins kirchlich-aristokratische
Körperschaften, die sich selbst durch Kooptation ergänzten und außer der Verwaltung in außerkirchlichen Angelegenheiten
sonst nur mit der Übung der Kirchenzucht beauftragt waren.
Die jetzigen S. dagegen sind vielfach auch aus dem Verlangen entsprungen, die Grundsätze des konstitutionellen Regiments
auf die Kirche zu übertragen, was ein unrichtiger Gedanke ist. Doch dürfte nicht zu bestreiten sein,
daß die Durchführung der S. in den evang. Landeskirchen Deutschlands
[* 19] wesentlich zur Hebung
[* 20] des kirchlichen Sinns in der Laienwelt
beigetragen hat. Die neueste und wegen der äußern und innern Bedeutung der durch sie organisierten Landeskirche
bedeutendste S. ist die in den J. 1873-76 durchgeführte Organisation der preuß. Landeskirche.
Dazu neuerdings (Gesetz vom Abänderungen und Ergänzungen. Nähere Angaben über das in Betracht kommende sehr
umfassende Gesetzesmaterial vgl. in den Lehrbüchern des Kirchenrechts von Richter-Dove-Kahl und Zorn, sowie in dem ArtikelKirchengemeinde in Stengels «Wörterbuch des Verwaltungsrechts».