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dieser Reisen durch Deutschland, [* 2] Italien, [* 3] Frankreich und England unternehmen sollte. Nach der Rückkehr (Jan. 1769) folgte er als wirklicher Leibarzt dem Könige nach Kopenhagen. [* 4] Als S. den zweijährigen Kronprinzen, den nachherigen König Friedrich VI., mit Glück behandelte, übertrug ihm die Königin Karoline Mathilde (s. d.) die Erziehung des Prinzen und machte ihn allmählich zum Vertrauten ihrer nicht glücklichen Lage. S. bewirkte die Versöhnung der königl. Gatten und stieg hierauf bei beiden noch höher in Gunst. Er knüpfte nun die schuldvolle Verbindung mit der Königin, die für beide so verhängnisvoll werden sollte. Im Mai 1770 zum Vorleser des Königs, Konferenzrat und Kabinettssekretär der Königin ernannt, faßte er den kühnen Entschluß, nach dem Muster Friedrichs II. von Preußen [* 5] als aufgeklärter Reformator aufzutreten. Zu diesem Zwecke wußte er die einflußreichsten Persönlichkeiten zu entfernen. Am mußte Graf Joh. Hartwig Ernst von Bernstorff seine Stelle als Minister niederlegen, und als die übrigen Mitglieder des Staatsrats mit der neuen Politik ebenfalls in Widerspruch gerieten, ward der Staatsrat aufgehoben.
Die Königin und S., in deren Händen jetzt die Gewalt lag, entfernten den schwachen Christian gänzlich von den Geschäften. Am wurde S. zum Geh. Kabinettsminister mit einer bisher in Dänemark [* 6] unerhörten Machtvollkommenheit ernannt und in den dän. Grafenstand erhoben. In seiner auswärtigen Politik war S. bemüht, Dänemark vom russ. Einfluß freizumachen und demselben in Schweden [* 7] einen natürlichen Verbündeten zu verschaffen. Die Veränderungen, die er im Innern vornahm, waren auf Beförderung des Wohlstandes, der bürgerlichen Freiheit und der Aufklärung gerichtet. Er führte eine unbeschränkte Preßfreiheit ein ordnete die Finanzen, verringerte die Abgaben, begünstigte den Unterricht, milderte die Strafgesetze und brachte Regelmäßigkeit in die Verwaltung.
Durch Aufhebung der erimierten Gerichtsstände ward in Dänemark die Gleichheit vor dem Gesetz hergestellt; die Folter wurde abgeschafft u. s. w. Eine Verordnung vom setzte die Frondienste des leibeigenen Bauernstandes auf ein bestimmtes Maß fest. Die sog. Landwesenskommission arbeitete Vorschläge aus zu einer vollständigen Aufhebung des Heimatszwanges in Dänemark. Die kirchliche Sittenaufsicht wurde beschränkt, bei Besetzung der Ämter sollte eine strenge Auswahl eintreten.
Durch diese Maßregeln fühlten sich die Adels- und Beamtenkreise sowie die orthdoxe Geistlichkeit in ihren Interessen verletzt. Auch die Geburt der Prinzessin Luise Auguste, gab bei dem Zustande des Königs zu den ehrenrührigsten Gerüchten Anlaß. Zum Sturze S.s vereinigten sich die Stiefmutter Christians VII., die Königin-Witwe Juliane Marie, geborene Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel, und deren Sohn, der Erbprinz Friedrich von Dänemark. An dieselben schlossen sich an der Kabinettssekretär Guldberg, Graf von Rantzau-Ascheberg, Kriegskommissar Beringskjold, Oberst Köller und Generalmajor von Eichstädt.
In der Nacht vom 16. zum begaben sich die Verschworenen in das Schlafzimmer des Königs und zwangen ihn zur Unterzeichnung von zwei Papieren, von denen das eine Eichstädt zum Kommandanten von Kopenhagen ernannte, das andere diesem und Köller unbeschränkte Vollmacht erteilte. Hierauf ließ man ihn 15 Haftbefehle gegen S., dessen Bruder Karl August S., Graf Brandt, Oberst Falkenskjold und andere Anhänger S.s ausfertigen. Mit Mühe ließ sich Christian auch dahin bringen, die Verhaftung seiner Gemahlin nach Kronborg bei Helsingör [* 8] anzubefehlen. Köller bemächtigte sich nun S.s; Rantzau nahm die Königin gefangen.
S. und Brandt wurden nach der Citadelle gebracht. Die Untersuchung gegen S. und die andern mit ihm Gestürzten wurde einer Kommission von neun Personen übertragen, worunter sich auch Guldberg befand. Am erschien S. vor seinen Richtern. Man zieh ihn eines verbrecherischen Umgangs mit der Königin, der Anwendung einer mörderischen Methode bei Erziehung des Kronprinzen, der Anmaßung und des Mißbrauchs der höchsten Gewalt. In dem Verhör bekannte S. den verbotenen Umgang mit der Königin.
Darauf begab sich 9. März eine zweite Kommission zur Königin nach Kronborg, die S.s Geständnisse als wahr unterzeichnete. Die Kommission veranlaßte die Trennung der königl. Ehe 6. April. Am 25. April wurden S. und Brandt als Majestätsverbrecher zum Tode verurteilt; es wurde ihnen erst die rechte Hand, [* 9] dann der Kopf abgehauen, der Körper darauf gevierteilt. Von den übrigen Gefangenen, die in den Prozeß verwickelt waren, wurden vier, darunter S.s Bruder, des Landes verwiesen, die andern wurden interniert oder gingen straffrei aus. Die Geschichte S.s wurde als Trauerspiel von Mich. Beer und Heinr. Laube behandelt.
Vgl. Höst, Der Graf S. und sein Ministerium (1824; deutsch, Kopenh. 1820);
Falkenskjold, Mémoires (Par. 1826);
Münter, Bekehrungsgeschichte des Grafen von S. (Kopenh. 1773);
Jenssen-Tusch, Die Verschwörung gegen die Königin Karoline Mathilde und die Grafen S. und Brandt. Nach bisher ungedruckten Originalakten (Lpz. 1864);
Schiern, Bidrag til Oplysning af Katastrophen den (Kopenh. 1871);
Wittich, Struensee (Lpz. 1878);
Blangstrug, Christian VII og Caroline Mathilde (Kopenh. 1890);
«Tidsfkrift for Retsvidenskab», 4. Jahrg., S. 218-303 (ebd. 1891).