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Das allgemeine Schema einer elektrischen Straßenbahn mit oberirdischer Stromzuführung ist in Taf. I, Fig. 5, gegeben. Der elektrische Strom wird von der Dynamomaschine A erzeugt, geht in der Richtung der Pfeile in die oberirdische Leitung B, wird von dieser durch die Kontaktrollen C abgenommen und den im Wagengestell befindlichen Elektromotoren D zugeführt, von denen er durch die Schienen E zur Dynamomaschine zurückkehrt. Auf Taf. I, Fig. 8, ist ein Wagen mit oberirdischer Stromzuführung der Straßenbahn zu Zwickau abgebildet. Die beiden andern, weniger gebräuchlichen Systeme sind durch Taf. I, Fig. 6 (Budapester Bahn mit unterirdischer Stromzuführung) und Fig. 7 (Accumulatorenwagen nebst der Vorrichtung zum Einsetzen der Batterie) erläutert. Näheres s. Elektrische Eisenbahn. Bei jedem elektrischen Motorwagen sind die Elektromotoren im Untergestell des Wagens in Achsenhöhe angebracht (s. Taf. II, Fig. 1). Das Motorgestell ist einerseits drehbar mit der Wagenachse verbunden, andererseits hängt es federnd an einer Querverbindung des Untergestells. Die schnelle Rotation der Elektromotoren wird durch Zahnradübersetzung ins Langsame auf die Wagenachsen übertragen. Bei dem abgebildeten Untergestell, wie es die Wagen in Halle besitzen, ist die Räderübersetzung eine doppelte; bei neuern Wagen, wie z. B. dem Zwickauer Wagen auf Taf. I, Fig. 8, ist die Rotationsgeschwindigkeit der Elektromotoren so niedrig, daß nur eine einfache Räderübersetzung nötig ist, wodurch der Reibungsverlust bedeutend vermindert wird.
In den letzten Jahren ist eine große Anzahl neuer Konstruktionen elektrischer S. für unterirdische Stromzuführung ersonnen worden, ohne daß dieselben jedoch praktische Verwendung gefunden haben. Die neueste Anordnung der Accumulatoren geschieht in der Weise, daß eine Batterie von 200 Elementen fest in den Wagen eingebaut und während der Fahrt außerhalb der Hauptstraßen der Stadt, wo oberirdische Zuleitung leicht ausführbar und aus ästhetischen Rücksichten zulässig erscheint, geladen wird. Innerhalb der Stadt, oder in den Hauptstraßen, übernimmt dann die Batterie die Stromlieferung. Dieses System, ausgebildet von der Accumulatorenfabrik, Aktiengesellschaft Hagen, soll sich in Hannover, wo die Einführung zuerst erfolgte, gut bewährt haben und wird neuerdings in Dresden und Paris versucht. Gegenwärtig ist diese Lösung der Frage des elektrischen Betriebes innerhalb der Städte, wo oberirdische Leitung nicht statthaft ist, die vollkommenste. Die zuerst verwendeten Batterien hatten eine Kapacität von 80 Amperestunden bei etwa 390 Volt Entladespannung; in neuerer Zeit hat man 40 Amperestunden als genügend erachtet, was unter Berücksichtigung des erheblichen Gewichts der Batterien einen wesentlichen Fortschritt bedeutet. Wenn man im Mittel pro Wagenkilometer einen Energieverbrauch von 400-500 Watt annimmt, so kann ein Wagen mit vollgeladener Batterie etwa 10-12 km allein mit der Batterie zurücklegen, unter Berücksichtigung einer 30prozentigen Reservekapacität.
Bei strenger Kälte heizt man die Pferdebahnwagen, wie z. B. in Dresden, vorteilhaft mit Glühstoff, der in einfachen Blechkästen unter den Wagensitzen glimmt. Bei elektrischen Wagen werden Spiralen aus feinem Draht angebracht, die, vom elektrischen Strom durchflossen, erglühen. In den Wagen der Dampfbahnen lassen sich Heizschlangen anbringen, in denen Kessel- oder Auspuffdampf cirkuliert. Die Lührigschen Gasmotorwagen werden durch die vom Motor produzierte Wärme genügend warm gehalten, da sich die Motoren unter den Sitzen befinden.
Neuerdings benutzt man die E. auch für den Güterverkehr. So werden in Gera ganze Eisenbahnwaggons auf den Straßenbahngleisen mittels Trucks nach den Fabriken befördert.
Vergleichung der Systeme. Die Unvollkommenheiten des Pferdebetriebes für S., besonders die Kostspieligkeit, die geringe Geschwindigkeit und die Verunreinigung der Straßen, legen es nahe, allmählich den Motorbetrieb einzuführen. Am elegantesten ist unter allen Umständen der elektrische Betrieb, da der Elektromotor am ruhigsten arbeitet, keinen Geruch verbreitet, die wenigste Wartung und Reparatur erheischt und auch am bequemsten zu regulieren ist. Von den drei elektrischen Betriebssystemen hat das mit Accumulatorenbetrieb die meisten Vorzüge; denn jeder Wagen führt seine Kraftquelle mit sich und braucht daher keine Stromleitung, wodurch er unabhängig von event. Störungen in einer Centrale oder Leitung wird; auch kann ein Accumulatorenwagen ohne weiteres ein Pferdebahngleis befahren, was für Pferdebahngesellschaften, die einzelne Linien elektrisch betreiben wollen, von Vorteil ist. Daß das Accumulatorensystem noch keine allgemeinere Anwendung zuläßt, hat seinen Grund in der bisherigen Unvollkommenheit der Accumulatoren selbst. Einerseits repräsentieren die Accumulatoren eine bedeutende tote Last, andererseits sind die vom Accumulator gelieferten Strommengen nicht sicher vorher zu berechnen, da sie bei verschiedenen gleichen Ladungen sehr verschieden ausfallen, weshalb der Betrieb unter Umständen unökonomisch und unsicher sein kann. Bis jetzt ist am weitesten entwickelt in Bezug auf Ökonomie und Betriebssicherheit, daher auch am weitesten verbreitet, das System mit oberirdischer Stromzuleitung.
Anlage- und Betriebskosten (für eingleisige Strecken und Wagen des Einspännertypus):
Straßenbahnsysteme | Anlagekosten pro Nutzkilometer in Mark | Betriebskosten pro Wagenkilometer in Pfennig. |
---|---|---|
Pferdebahn | 70000 | 22-28 |
Zweispännerbetrieb | - | 30-40 |
Druckluftbahn | 110000 | 40 |
Kabelbahn | 120000 | 50-65 |
Elektrische Bahn mit oberirdischer Stromzuleitung | 90-100000 | 20-25 |
Gasbahn | 60-70000 | 16* |
* Bei einem Gaspreis von 12 Pf. für 1 cbm.
Statistisches. Die S. haben sich außerordentlich rasch entwickelt. Beträchtliche Ausdehnung haben die Dampfstraßenbahnen in Italien, vornehmlich in Oberitalien erlangt, wo dieselben sich als ein mächtiges Hebungsmittel des Verkehrs ganzer Gegenden und dabei namentlich wegen der geringen Anlagekosten als lebensfähige Unternehmen erwiesen haben. 1895 waren rund 3000 km E. im Betrieb und gingen von Turin 7, von Brescia, Mantua, Bologna und Alessandria je 4 und von Mailand 10 Dampfstraßenbahnen aus. Diese Anlagen führen oft bis 40 km in das Land hinein und stoßen vielfach mit den angrenzenden S. zusammen, so daß sich jetzt über Oberitalien ein fast zusammenhängendes Netz von S. ausdehnt. (S. Italienische Eisenbahnen.)
Auch in den Niederlanden sind Dampfstraßenbahnen in größerm Umfange vorhanden. (S.
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Niederländische Eisenbahnen.) Die erste Straßenbahn (Haag-Scheveningen) wurde 1863 erbaut. Bei den niederländischen S. werden ebenso wie in Italien neben den Personen auch Güter befördert. Am 1. Jan. 1896 waren rund 1144 km S. vorhanden. 1895 wurden 443 74 034 Personen und 362 965 t Güter befördert. In Deutschland sind fast in allen größern Städten S. vorhanden. Die deutschen S. sind von Berlin ausgegangen, wo dem dän. Ingenieur Moller 1864 auf Grund einer Kabinettsorder die Genehmigung zur Anlage einer Straßenbahn durch den Thiergarten nach Charlottenburg erteilt wurde. In Preußen hat der Bau von S. durch das Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892 (Gesetzsammlung S. 225 fg.), welches das gesamte Straßen- und Kleinbahnenwesen regelt, einen Aufschwung genommen. Zahlreiche Bahnen sind auf Grund dieses Gesetzes, dessen einzelne Abschnitte durch eine Ausführungsanweisung der Minister des Innern und der öffentlichen Arbeiten vom 22. Aug. 1892 näher erläutert werden, genehmigt worden, von welchen inzwischen viele bereits fertig gestellt und dem Betriebe übergeben sind. Aber auch finanziell beteiligt sich der Staat an dem Bau von Kleinbahnen und sind für diesen Zweck in den Gesetzen vom 8. April 1895, 3. Juni 1896 und 8. Juni 1897 Beträge von zusammen 21 Mill. M. vorgesehen. In Österreich, wo ebenfalls neuerdings durch das Gesetz vom 31. Dez. 1894 über Bahnen niederer Ordnung der Bau von S. gefördert werden soll, bestanden 1894 außer kleinern unbedeutenden Specialbahnen 136,45 km Dampftramways und 166,65 km S. mit Pferdebetrieb; auf letztern wurden 1894 80 576 862 Personen befördert. In Ungarn (einschließlich Kroatien und Slawonien) waren 1894: 174 km vorhanden, welche mit Pferden und Dampfkraft betrieben wurden. Das Anlagekapital stellte sich auf 12 817 588 Fl. oder 73 664 Fl. auf 1 km; 53 851 015 Personen und 456 212 t Güter wurden befördert und 3 880 997 Fl. vereinnahmt; die Ausgaben betrugen 3 075 762 Fl. In Frankreich, welches seine erste Straßenbahn (Paris) 1854 eröffnete, waren 1. Juli 1894: 1795 km im Betrieb, deren Herstellung die Summe von 211 278 717 Frs. erforderte. Im ersten Halbjahre 1894 wurden 24 245 546 Frs. vereinnahmt und 22 444 856 Frs. (gleich 93 Proz. der Einnahmen) verausgabt, so daß ein Überschuß von 1 800 900 Frs. verblieb. Am 1. Jan. 1896 waren 2179 km im Betrieb. Am dichtesten war das Netz der S. im Seinedepartement, und es wurden auf den sämtlichen Trambahnen, die in Paris sowohl innerhalb als außerhalb der Stadtmauern betrieben werden, 1892: 150 570 601 Personen befördert.
Bis 1876 waren in Großbritannien, wo die erste Straßenbahn (Birkenhead) 1860 eröffnet wurde, nur 254 km S. mit einem Anlagekapital von rund 45 Mill. M. hergestellt, 1887 bereits 1418 km mit einem Baukapital von nahezu 268 Mill. M. Ein Kilometer Straßenbahn kostete daher durchschnittlich 188 690 M., während 1 km Eisenbahn in England durchschnittlich 542000 M. kostet. 1896 wurden bei den in England betriebenen 1621 km S. verwendet: 35 621 Pferde, 568 Lokomotiven und 4663 Wagen. Die Zahl der von den englischen S. beförderten Reisenden belief sich 1878 auf 146 Mill., 1886/87 auf über 416,5 Mill., 189495 auf 661,76 Mill. In Rußland waren 1896/97 rund 580 km S. vorhanden. In den Vereinigten Staaten von Amerika waren Ende 1895 über 20000 km S. im Betrieb. 1895/96 wurden auf den S. auf der Straßenoberfläche (street surface railroads) des Staates Neuyork 593 Mill. Personen befördert. Die erste Straßenbahn wurde 1832 in Neuyork erbaut. Von den S. Australiens sind die Trambahnen der Kolonie Neusüdwales hervorzuheben, welche bei einer Länge von 98 km 1894/95: 66 352 069 Personen beförderten.
Die Zahl der elektrischen S. in Europa betrug 1. Jan. 1897: 150 (111 im Vorjahre); bei 122 Bahnen war oberirdische, bei 8 unterirdische Stromzuleitung angewendet, 12 hatten Accumulatorenbetrieb, die übrigen andere Systeme.
Verteilung der europäischen S. auf die einzelnen Länder:
Linien in | Gleislänge km 1896 | Gleislänge km 1897 | Zahl der Motorwagen 1896 | Zahl der Motorwagen 1896 | ||
---|---|---|---|---|---|---|
Deutschland | 406,4 | 642,69 | 857 | 1631 | ||
Frankreich | 132,0 | 279,36 | 225 | 432 | ||
Großbritannien | 107,3 | 127,42 | 168 | 200 | ||
Italien | 39,7 | 115,67 | 84 | 289 | ||
Österreich-Ungarn | 71,0 | 83,89 | 157 | 194 | ||
Schweiz | 47,0 | 78,75 | 86 | 129 | ||
Spanien | 29,0 | 47,00 | 26 | 40 | ||
Belgien | 25,0 | 34,90 | 48 | 73 | ||
Rußland | 10,0 | 14,75 | 32 | 48 | ||
Serbien | 10,0 | 10,00 | 11 | 11 | ||
Schweden-Norwegen | 7,5 | 7,50 | 15 | 15 | ||
Bosnien | 5,6 | 5,60 | 6 | 6 | ||
Rumänien | 5,5 | 5,50 | 15 | 15 | ||
Holland | 3,2 | 3,20 | 14 | 14 | ||
Portugal | 2,8 | 2,80 | 3 | 3 | ||
Zusammen | 902,0 | 11 459,03 | 1747 | 3100 |
Am 20. Mai 1895 wurde in Berlin der «Deutsche Straßen- und Kleinbahn-Verein» begründet, welcher die Förderung der Interessen der deutschen S. und aller übrigen Kleinbahnen (Lokalbahnen u. s. w.) bezweckt.
Litteratur. Kinair Clark, Die S., deren Anlage und Betrieb (deutsch von Uhland, Lpz. 1880); Die Straßen- und Zahnradbahnen. Mitteilung von Erfahrungsresultaten über Bau und Betrieb derselben (8. Supplementband zu dem «Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens in technischer Beziehung», Wiesb. 1882); von Lindheim, S. in Belgien, Deutschland, Großbritannien und Irland, Frankreich, Italien, Österreich-Ungarn, den Niederlanden, Niederländisch-Indien, der Schweiz und den verschiedenen Staaten von Amerika (Wien 1888); Hilse, Das Unfallsgefahrengesetz in dem Straßenbahnbetriebe Deutschlands (Wiesb. 1889), mit Übersichten über den Umfang des Straßenbahnnetzes der Welt; ders., Handbuch der Straßenbahnkunde, Bd. 1 u. 2 (Münch. und Lpz. 1892 u. 1893); Max Hahn, Kompendium der Bahnen niederer Ordnung (Tl. 1, Berl. 1895); Müller, Grundzüge des Kleinbahnwesens (ebd. 1895); Schiemann, Bau und Betrieb elektrischer Bahnen (2. Aufl., Lpz. 1897); Der Gasbetrieb (System Lührig) für S., hg. von der Deutschen Gasbahngesellschaft in Dessau (1895); Fromm, Die Gasbahn Hirschberg-Warmbrunn-Hermsdorf (Wiesb. 1896); Koestler, über nordamerikanische S. (Wien 1896); Krämer, Die elektrische Eisenbahn bezüglich ihres Baues und Betriebes (ebd. 1896); Die elektrischen S. mit oberirdischer Stromzuführung nach dem System der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft zu Berlin (2. Aufl., Berl. 1897).
Zeitschriften: