Schafott. Sein
Tod war groß wie sein Leben, er selbst gab dem
Henker das Zeichen zum Todesstreich. Die «Letters and despatches
ofThomas Wentworth, Earl of S.» (2 Bde., Lond.
1739) gab Knowler heraus. -
peinliche Gerichtsbarkeit, die Ausübung der
Staatshoheit zur Verwirklichung des staatlichen
Strafrechts, im Gegensatz zur
Civilgerichtsbarkeit, welche den Schutz des Privatrechts zum Ziel hat. (S.
Gerichtsbarkeit.)
und Strafgesetzbuch, s.
Strafrecht^[= früher Kriminalrecht oder Peinliches Recht genannt, im objektiven Sinne der Inbegriff derjenigen ...] und
Strafgesetzgebung.
Den Ausgangspunkt und die Grundlage der deutschen S. bildet die Peinliche Gerichtsordnung
KaiserKarls V. von 1532 (s.
Carolina). Sie ist zwei und ein halbes Jahrhundert lang die amtliche
Quelle
[* 2] für die deutsche Rechtsprechung
in Strafsachen gewesen.
Ihre letztenSpuren reichen bis zum J. 1871. Damals wurden mit der Einführung
des
Reichsstrafgesetzbuches die letzten Reste gemeinen deutschen
Strafrechts, welche bis dahin noch in beiden
Mecklenburg,
[* 3] in
Schaumburg-Lippe und in
Bremen
[* 4] bestanden, beseitigt. In Lauenburg
[* 5] galt dasselbe noch bis zu der im J. 1876 vollzogenen Einverleibung
in
Preußen.
[* 6]
Die ausschließliche Geltung der
Carolina hatte bereits mit dem Ende des 18. Jahrh. ihre Endschaft erreicht.
Sie wurde durch die territoriale S. verdrängt. Bis dahin durch Wissenschaft
(BenediktCarpzov, s. d.) und Praxis mühsam fortgebildet,
erfuhr sie durch letztere, welche den wechselnden
Anschauungen der
Zeiten folgte, sehr wesentliche Umgestaltungen in dem
Thatbestande
derVerbrechen, dem
System und den
Mitteln der
Strafen; Verhängung außerordentlicher
Strafen, unkontrollierbare
Art der Zumessung führten zu einem Zustande, der von richterlicher Willkür nicht mehr weit ab war.
Die Umwandlung zur modernen S. vollzog sich in der Territorialgesetzgebung nicht ohne den Einfluß der naturrechtlichen
Philosophie
und der Litteratur der
Aufklärung (s. d. und
Beccaria). In diesem
Sinne erging das unter
Joseph II. erlassene
Österr. Strafgesetzbuch vom J. 1787 und das unter
Friedrich d. Gr. in
Angriff genommene
Preuß. Allg.
Landrecht, das, 1794 publiziert,
in den 1577
Paragraphen (das Deutsche
[* 7]
Reichsstrafgesetzbuch hat deren 370) des 20.
Titels des II.
Teils das
Strafrecht enthält. 1813 folgte
Bayern
[* 8] mit seinem epochemachenden Strafgesetzbuch, wesentlich ein Werk P. I. A.
Feuerbachs (s. d.). Vom Ende der dreißiger
Jahre an bis zum Beginn der fünfziger waren die deutschen
Bundesstaaten im wesentlichen in den
Besitz von strafrechtlichen
Kodifikationen gelangt. In
Preußen kam nach 25jähriger
Arbeit und nach
Aufstellung von 10 verschiedenenEntwürfen
das Strafgesetzbuch vom zu stande.
Knappe und scharfe Umschreibung der allgemeinen Verbrechensbegriffe und der
einzelnen
Thatbestände unter Vermeidung weitgehender Kasuistik, logische
Gliederung der einzelnen Materien zeichnen dasselbe
aus; die Anlehnung an die einfache, klare und bestimmte
Sprache
[* 9] des franz. Gesetzbuches (s. unten) ist unverkennbar.
Bedeutung in der Geschichte
der S. hat das preuß. Strafgesetzbuch dadurch
erlangt, daß es die Grundlage für das
Reichsstrafgesetzbuch wurde.
Die erste amtliche Anregung zu diesem Gesetz hatte der
auf
Antrag des
Abgeordneten Lasker gefaßte Beschluß des konstituierenden
Reichstags des Norddeutschen
Bundes gegeben, unter
die der Bundesgesetzgebung unterliegenden Angelegenheiten auch dasStrafrecht aufzunehmen. So kam der
Art. 4, Nr. 13, der Bundesverfassung zu stande, welche im
Entwurf das
Strafrecht der gemeinsamen Gesetzgebung noch nicht unterstellt
hatte. Im Laufe von 2 Jahren wurden 3
Entwürfe ausgearbeitet.
Nicht ohne lebhafte
Debatten, namentlich wegen Beibehaltung der
Todesstrafe, kam das Gesetz zu stande. Es trägt das
Datum des und trat zunächst am in Kraft.
[* 10] Ein Jahr später, nachdem inzwischen das
Deutsche Reich gegründet
war, hat es als Strafgesetzbuch für dasselbe
(Reichsstrafgesetzbuch) in dessen ganzem
Umfange Geltung erlangt. Eine umfassende
Reform kam 1876 durch die Novelle vom 26. Febr. zu stande, welche namentlich die Zahl der
Antragsdelikte (s. d.)
verminderte; andere folgten 1877, 1880, 1888, 1891, 1893, 1894, 1896 (hierdurch Art. 34 des Einführungsgesetzes zum
Bürgerl.
Gesetzbuch).
Das Reichsstrafrecht geht dem Landesstrafrecht vor. Letzteres ist nur in besondern Vorschriften in Kraft geblieben: einzelne
Polizeistrafgesetze,
Vereins- und Versammlungsrecht, Forstdiebstahl. Neben dem
Reichsstrafgesetzbuch bestehen, sich
auf die mannigfachsten Gebiete erstreckend, eine große Zahl strafrechtlicher Nebengesetze des
Reiches, von denen die neuesten
mit der
Socialpolitik zusammenhängen. Sie enthalten im allgemeinen nicht hohe Strafbestimmungen.
Hierher gehören die Gesetze über
Nachdruck und verwandte Gebiete; die
Zoll- und Steuergesetze
(Brau-,
Salz-,
Tabak-,
Branntwein-,
Zucker-,
Stempelsteuer), die Gewerbeordnung mit ihren Novellen, das Handelsgesetzbuch, das
Sprengstoffgesetz,
die Gesetze, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
Kranken-,
Unfall- ^[Beistrich fehlt]
Alters- und Invaliditätsversicherung, das Impf-, Nahrungsmittel-, Rinderpest-, Viehseuchen-, Reblaus-
und Weingesetz, die Gesetze, betreffend Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen, mit
Butter,
Käse, Schmalz und deren
Ersatzmitteln und betreffend Verwendung gesundheitsschädlicher
Farben, das Vogelschutzgesetz, die
Patent-,
Marken-,
Musterschutz-, Münzgesetze, das Gesetz zur Bekämpfung des unlautern
Wettbewerbs, das
Börsen- und das Depotgesetz,
das Gesetz betreffend die
Abzahlungsgeschäfte, die Seemanns- und Strandungsordnung, die
Not- und Lotsensignalordnung, die
Verordnungen zur Verhütung des Schiffszusammenstoßes und über das Verhalten nach einem Zusammenstoß, das Gesetz, betreffend
die Schiffsmeldungen bei den
Konsulaten des
DeutschenReichs und das zum Schutz der unterseeischen
Telegraphenkabel, der internationale
Vertrag, betreffend die Regelung der Fischerei
[* 11] in der Nordsee, das Gesetz, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe
und das Gesetz, betreffend die Verpflichtung deutscher Kauffahrteischiffe zur Mitnahme hilfsbedürftiger Seeleute, das
Auswanderungs-
und das Sklavenraubgesetz, das Post-,
Telegraphen-,
Binnenschiffahrts-, Flößerei- und das Preßgesetz,
das Militärstrafgesetzbuch, das Rayongesetz, das Gesetz über die
Kriegsleistungen, gegen den Verrat militär.
¶
Auch die außerdeutsche S. hatte sich seit dem zweiten Drittel des Jahrhunderts stetig fortentwickelt. Sämtliche europ.
Staaten, mit Ausnahme von England und einigen Schweizerkantonen, besitzen jetzt Kodifikationen; von den außereurop.
Kulturvölkern haben die meisten S. neuern Datums, welche sich überwiegend an europ. Vorbilder anlehnen.
Die außerdeutsche S. sondert sich in 3 Gruppen: I. Staaten mit vorwiegend german. Recht, II. Staaten mit vorwiegend roman.
Recht, III. Staaten mit andern Rechten.
I. Zur ersten Gruppe gehören:
1) Österreich
[* 13] und Fürstentum Liechtenstein,
[* 14] Strafgesetzbuch vom eine Revision des Strafgesetzbuches vom
das wiederum eine verbesserte Ausgabe des Josephinischen Gesetzbuches vom ist, durch Einzelgesetze vielfach ergänzt
und geändert, im Strafsystem gemildert (Kerkerstrafe mit Eisen
[* 15] und körperlicher Züchtigung). Seit 30 Jahren ergebnislose
Gesetzgebungsarbeit, neuester, wesentlich dem DeutschenStrafgesetz nachgebildeter, aber infolge Rücktritts des Ministeriums
Taaffe unerledigt gebliebener Entwurf von 1889 und 1893. 2) Südosteuropäische Staatengruppe: Kroatien
und Slawonien mit Österr.
Strafgesetzbuch, desgleichen Bosnien
[* 16] und Herzegowina (seit 1881), Ungarn
[* 17] mit dem dem Deutschen nachgebildeten Strafgesetzbuch
von 1878, Serbien
[* 18] mit dem dem Preuß. Strafgesetzbuch von 1851 nachgebildeten Strafgesetzbuch von 1860, Griechenland
[* 19] mit dem
dem Bayr. Gesetzbuch nachgebildeten Strafgesetzbuch von 1833. (Türkei
[* 20] und Rumänien gehören zur zweiten
Hauptgruppe.) 3) Die deutschen Schutzgebiete, in denen das Deutsche Strafgesetzbuch und die sonstigen Bestimmungen
der deutschen Strafgesetze Geltung haben (Gesetz vom 4) Die Schweiz.
[* 21] Sie hat kein einheitliches Bundes-Strafrecht,
es gelten 22 kantonale Strafgesetzbücher, einige Kantone haben gar kein geschriebenes Strafrecht; die
Vorarbeiten für eine einheitliche S. sind bis zu einem von Professor Stooß verfaßten und einer Expertenkommission beratenen
Vorentwurf von 1896 gediehen, der, dem ital. Strafgesetz nachstrebend, zum Teil die Anschauungen moderner Kriminalpolitik zu
verwirklichen vorschlägt.
5) Holland und Niederländisch-Indien, ersteres mit dem Strafgesetzbuch vom (bis dahin galt
franz. Recht), einem Produkt des nationalen Rechtsbewußtseins, zugleich dem aufs beste ausgearbeiteten Ausdruck zeitgenössischer
Wissenschaft; letzteres mit einem Strafgesetzbuch von 1866 für Europäer (neuer Entwurf von 1891) und einem Strafgesetzbuch
von 1872 für Inländer.
6) Der skandinavische Norden.
[* 22] Ein Strafgesetzbuch von 1812 gilt mit Abänderungen von 1866, 1874,
1889, 1890 in Norwegen,
[* 23] wo übrigens der Entwurf eines neuen ausgearbeitet ist, eins von 1864 mit Abänderungen in Schweden;
Dänemark
[* 24] besitzt ein Strafgesetzbuch von 1866, Finland ein solches vom welches in Kraft trat.
7) Staatengruppe mit englischem Recht (England, Indien, Australien,
[* 25] Malta, Canada, Nordamerika).
[* 26] A. England.
England mit Irland besitzt zwar noch kein allgemeines Strafgesetzbuch, nichts destoweniger beruhen die meisten Strafbestimmungen
und ein großer Teil der Definitionen der Delikte heute nicht mehr auf Gewohnheitsrecht (Common Law), sondern auf vielen einzelnen
Gesetzen (StatuteLaw), unter welchen die fünf Consolidation Acts von 1861 hervorragen, welche Diebstahl,
Unterschlagung, Raub, Untreue u. s. w., Sachbeschädigung, Fälschung, Falschmünzerei, Mord, Körperverletzung, Sittlichkeitsverbrechen,
Verleumdung behandeln.
Freilich sind diese Einzelgesetze nicht eben glücklich abgefaßt. So vermag Stephen, der bedeutendste aller engl. Kriminalisten
und der Verfasser des Entwurfs einer Strafrechtskodifikation von 1878, von dem Diebstahlsgesetz des J. 1861 zu sagen, es sei
«eins der verwickeltsten, schwerfälligsten und auf den ersten
Blick trostlos unverständlichsten Erzeugnisse gesetzgeberischer Thätigkeit, welchen ich je begegnet bin. Es besteht
aus 123 Artikeln und ist, wie ich glaube, beinahe ebenso umfangreich wie das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich».
Und doch beruht die Definition des Diebstahls wie des Mords noch auf Gewohnheitsrecht. Daß eine ziemlich
frei schaffende Rechtsprechung dritte Rechtsquelle ist (CaseLaw), erscheint hiernach als selbstverständlich. Der 1879 dem
Parlament vorgelegte Entwurf Stephens scheiterte, weil sich keine der polit. Parteien für eine Reform interessierte, die sich
nicht in leicht verständlichen Schlagworten zusammenfassen ließ. Es fehlt in England eben der Einfluß einer entsprechenden
strafrechtlichen Wissenschaft. In Schottland gelten nicht einmal die Konsolidationsgesetze von 1861; hier herrschen Gewohnheitsrecht
und Gerichtsgebrauch fast noch ausschließlich. B. In Indien gilt das Strafgesetzbuch von 1860, bei dessen Abfassung Stephen
wesentlich beteiligt war; es bildet die Grundlage für das Strafgesetzbuch für Singapur
[* 27] und die Straits Settlements (vom
C. Engl. Recht liegt auch den Strafgesetzbüchern der engl. Kolonien in Australien (aus den J. 1876, 1883, 1886) zu Grunde. D.
Die Vereinigten Staaten
[* 28] von Amerika,
[* 29] deren Strafrecht sich wesentlich an das englische anlehnt, besitzen keine erschöpfende
gemeinsame S. Einzelne Staaten haben den Versuch einer Kodifikation gemacht, voran Neuyork
[* 30] mit dem in
Kraft getretenen, später mehrfach abgeänderten Strafgesetzbuch, dessen Systematik und Einzelbestimmungen nicht unangefochten
geblieben sind.
II. Zur zweiten Gruppe gehören:
1) Frankreich mit dem Code pénal Napoleons vom J. 1810, hervorragend durch seine technische Vollendung: Bündigkeit der Sprache,
Schärfe des Ausdrucks und Klarheit des Systems. Durch eine Reihe von Gesetzen sind wesentliche Änderungen
herbeigeführt (s. Code Napoléon). Seit 1887 ist eine Reform der S. in Vorarbeit. Der Entwurf einer im Justizministerium gebildeten
Kommission liegt fertig vor. In den franz. Kolonien ist der Code pénal seit 1877, 1878 und 1880 eingeführt. In Belgien
[* 31] gilt
er in der vereinfachten und verbesserten Form des Code pénal belge von 1867, welcher wiederum noch vereinfacht 1888 im
Kongostaat
[* 32] und, wenig modifiziert, 1879 in Luxemburg eingeführt ist. Unverändert oder fast unverändert ist das franz.
Gesetz in Monaco
[* 33] (1875) und in Rumänien (1874) in Kraft, während in der Türkei und in Bulgarien (ein
EntwurfStoilows nach holländ.-ungar. Muster von 1888 ist nicht Gesetz geworden) das im Geiste franz. Rechts verfaßte türk.
Gesetzbuch (The Ottoman Penal Code vom 28. Zilhidžé 1274, d. i. von 1858: Übersetzung von Walpole 1888) gilt, wozu jedoch
in Bulgarien ein dem gleichen russ. Gesetz
¶